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[RI VII] Ludwig der Bayer (1314-1347) - [RI VII] H. 9

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Ks. Ludwig bestätigt für sich und seine Erben und Nachfolger in Bayern dem Rat und der Bürgergemeinde von Cham folgende Privilegien: (1) Der Gerichtsstand ihrer Bürger, derjenigen, die Bürgerrecht haben, der Diener der Bürger sowie der in ihrem Burgfrieden Wohnenden ist die Stadt Cham, ohne Rechtsgewalt seiner Amtleute gegen ihren Willen; (2) bei schwerer Schuld oder Anklage gegen ihre Bürger soll nach Ratschlag des Zwölferrates der Stadt eine Kaution vom Beklagten genommen, dessen Gut aber von seinen Amtleuten unbehelligt gelassen werden; (3) kein Bürger oder einer ihrer Diener soll wegen Worten festgesetzt werden, sondern nur wegen Vergehen mit bewaffneter Hand (mit worten kein vesst nicht vesten mug, dann mit werdender handt)1; (4) bei Streitigkeiten zwischen ihren Bürgern untereinander oder mit auswärtigen Personen sind die Beteiligten nach Willen der Mehrheit der Augen- und Ohrenzeugen zu richten; (5) wurde einer ihrer Bürger wegen einer Schuld oder Anklage von einem in- oder ausländischen Amtmann bestraft, soll er in der Stadt straffrei bleiben; (6) bei Verbal- oder Realinjurien zwischen ihren Bürgern untereinander oder mit auswärtigen Personen kann bei stattgefundener friedlicher Einigung der Richter nicht eingreifen; (7) wirft ein Wirt einen betrunkenen oder ungezogenen Gast hinaus, bleiben er und seine Helfer straflos; (8) verliehene Trink- oder Spielgelder an einen noch nicht verheirateten, unmündigen oder seinen Unterhalt nicht selbst verdienenden Bürgersohn unterliegen nicht dem Rückforderungsrecht; niemand, auch nicht der Bürgerknecht, kann ihn höher pfänden, als er an barem Geld bei sich oder über dem Gürtel trägt (ob gürtel tragen); (9) erhebt der Richter von ihren Bürgern eine Strafe, die zu hoch erscheint, wie das oft geschieht, so kann der Rat über die Höhe der Buße entscheiden, für deren Bezahlung eine Frist von 14 Tagen gilt; ihre höchste Strafe soll 65 Pfund Regensburger Pfennige betragen ausgenommen die drei Sachen, die zum Tod führen; (10) der Richter soll über alle Fälle richten mit Ausnahme derjenigen, die zum Tod führen, die dem kaiserlichen Viztum vorbehalten sind; (11) weder er, sein Viztum oder sonst jemand werden Richter, Schultheiß oder Fronboten in der Stadt einsetzen, sondern diese soll drei Männer vorschlagen, aus denen er oder sein Viztum den Richter wählen; (12) Bürger dürfen für Essen, Trinken und Waren annehmen, was man ihnen dafür bietet, ausgenommen zerdrückte Kelche, blutige Gewänder und gestohlenes Getreide (ungewintz korn), wovon sie nur straflos mit dem Nachweis bleiben, dass sie davon nichts gewusst und es ohne Betrug angenommen haben; (13) Vermietungen von Häusern durch Geistliche, Laien, Edle und Unedle unterliegen der Steuerpflicht; (14) Seelgerätstiftungen auf innerhalb des Burgfriedens gelegenen Häusern, Äckern, Wiesen, Gärten oder anderes müssen innerhalb eines Jahres an einen Bürger der Stadt weiterverliehen werden, der dann wie andere Bürger der Steuerpflicht unterliegt; (15) Kauf, Verkauf oder Verpfändung von Wiesen, Äckern oder Gärten, die innerhalb des Burgfriedens liegen oder zur alten Stadt2 gehören, an auswärtige Personen ändern nichts an der Steuerpflicht gegenüber der Stadt; (16) der Nachlass eines ohne Kinder oder Testament verstorbenen Bürgers, einer Bürgerin oder anderer zur Stadt gehörender Personen fällt an die nächsten Verwandten; bei Vorliegen eines Testaments ist dies maßgebend ohne Hinderung durch seine Amtleute; (17) was die Bürger festsetzen oder gebieten, ist zu befolgen; Übertretungen werden durch sie bestraft, wobei dem Richter nach Gutdünken ein Teil [der Strafgelder] zufällt, ohne dass des Ks. Amtleute eingreifen dürfen; (18) der Stadt allein steht bei falscher Steuerzahlung die Verhängung einer Strafe zu; weder an den Ks. noch seine Amtleute geht dabei ein Anteil; (19) Auseinandersetzungen zwischen zwei oder mehreren Bürgern oder mit auswärtigen Personen wegen eines Verkaufs können gütlich beigelegt werden, wobei der Richter nur eingreifen darf, wenn er eine Strafe verhängen kann; (20) die 12 Mitglieder des Rates dürfen ohne Fronboten Güter eines Schuldners pfänden, während dies den übrigen Bürgern mit Fronboten und bis ins dritte Gericht gestattet ist, wobei die Fronboten bei der Pfändung keine richterliche Erlaubnis benötigen; (21) das Brau- und Schankrecht im Gericht Cham haben nur rechte Tavernen; (22) der Ks. bestätigt alle Rechte, Ehren, Freiheiten, Gewohnheiten und Briefe, die sie von König Otto [III.] von Ungarn und seinen Vettern den Herzögen Heinrich [XIV.], Otto [IV.] und Heinrich [XV.] von [Nieder]bayern haben, und gebietet seinen Amtleuten, Dienern und Getreuen, die Empfänger darin nicht zu beeinträchtigen, sondern zu schirmen.

Originaldatierung:
Geben […] ze Landeshut an freitag vor Mitterfasten 1341, r.a. 27, i.a. 143.

Überlieferung/Literatur

Abschrift dt. im Kopialbuch Pap. 16. Jh. im StA Amberg, Oberpfälzer Registraturbücher 22 fol. 145r-147v (AS: BayHStA München, Oberpfalz Lit. 157). – Kopialbuch 16./17. Jh. ebd., Oberpfälzer Registraturbücher 21 fol. 163r-165v (AS: BayHStA München, Oberpfalz Lit. 193). – Begl. Abschrift des Notars Eustachius Landau von 1626 im StadtA Cham, B 216 (ungezählt, Auszüge). – Begl. Abschrift des Notars Johann Prunner von 1666 ebd., B 217 pag. 3-9 Nr. 3. – Abschrift 17. Jh. im StA Amberg, Subdelegierte Registratur 161 (ungezählt). – Abschrift 17. Jh. ebd., Oberpfalz Urkunden sub dato (AS: BayHStA München, KLS 787). – Kopialbuch 18. Jh. im StadtA Cham, B 218 fol. 2r-4v Nr. 3. – Abschrift Schuegrafs 19. Jh. im Archiv des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg, Regensburg, Ms. O 82 fol. 67r-68r. Drucke: Lukas, Cham S. 69-73 (neuhochdt. Übersetzung). – Brunner, Cham S. 24-28 (neuhochdt. Übersetzung). Reg.: Reg.LdB 7 S. 226 Nr. 521.

Anmerkungen

  1. 1Vgl. Nr. 383 (§ 9b).
  2. 2Zu Altcham Muggenthaler-Gsellhofer, Cham S. 20.
  3. 3Zur Urkunde Brunner, Handelsgeschichte S. 16; Brunner, Heimatbuch S. 30; Ramge, Steuer S. 18; Piendl, Cham S. 61; Keyser-Stoob, Städtebuch S. 126 Nr. 4b; Quitterer, Besiedlung S. 41. – Vgl. die Bestätigung aller älteren, darunter die durch Ks. Ludwig verliehenen Rechte der Stadt durch Herzog Ludwig V. von Oberbayern im Namen seiner Geschwister von 1347 November 4 (Orig. Perg. dt. im StadtA Cham, U 26. Frank, Cham S. 5 U 26) und durch Herzog Stephan II. von Niederbayern-Landshut für sich und seine Brüder Herzog Wilhelm I. und Albrecht I. von Bayern-Straubing von 1349 Oktober 19 (Orig. Perg. dt. ebd., U 30. Frank, Cham S. 6 U 30).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI VII] H. 9 n. 340, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1341-03-16_1_0_7_9_0_340_340
(Abgerufen am 25.04.2024).