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[RI VII] Ludwig der Bayer (1314-1347) - [RI VII] H. 3

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Ks. Ludwig setzt zu seinem, seiner Vorfahren und Nachkommen Seelenheil fest, daß für das Benediktinerkloster ze vnserr frauwen zu Ettal folgende Ordnung gilt: (1) das Kloster besteht aus 20 Benediktinermönchen und 14 Rittern, von denen einer der Meister und Klosterpfleger ist; (2) Mönche halten ihre Ordensregeln, Ritter und Frauen ihre Ehe recht vnd redlich ein; (3) jeder Ritter und seine Frau haben 1 Knecht, 1 Dienerin und 1 hayczer; Witwen haben nicht gesonderte, sondern gemeinschaftlich 2 vom Meister gestellte Dienerinnen; die Meisterin hat 1 Dienerin; (4) Ritter kleiden sich blau und grau, Frauen blau; (5) Ritter und Frauen schulden dem Meister Gehorsam; (6) ein Ritter darf zum geistlichen Stand übertreten; tut seine Frau es nicht, lebt sie bis zu seinem Tod wie die anderen und verläßt dann die Gemeinschaft, wobei man ihr die Pfründe von Küche und Keller schuldet; (7) stirbt die Frau eines Ritters, kann er eine andere auf seine Hofstatt nehmen; (8) tritt die Frau eines Ritters zum geistlichen Stand über, bleibt sie bis zum Tod im Kloster; (9) Ritter üben nur vom Meister befohlene Ämter aus und verlassen ihre Hofstatt nur mit seiner Erlaubnis oder auf seinen Befehl; Frauen gehorchen der Meisterin in gleicher Weise; (10) ist die Frau des Meisters untauglich, kann eine andere Meisterin sein; (11) Ritter und Frauen bleiben in reiner Ehe und tugendlichem Leben auf der Hofstatt; sie halten außer im Krankheitsfalle die Frühmesse und Gebete zu anderen Tageszeiten ein und verhalten sich züchtig in Wort und Werk; (12) Frauen reden in der Kirche außer bei der Beichte mit niemandem, widrigenfalls straft sie die Meisterin; beichten sie, sitzen sie niden in der kirchen offenlichen; (13) Ritter und Frauen empfangen fünfmal im Jahr, zu Weihnachten, Gründonnerstag, Ostersonntag, Pfingsten und Frauentag in der Fastenzeit2, die Kommunion; (14) Frauen stehen in der Kirche an ihrem [Bet]stuhl, außer daß sie im Krankheitsfalle hinvf niht komen mue g[en]; (15) Meisterin und Frauen haben einen Beichtvater, im Kriegsfalle bestimmt der Abt einen auf Rat von Meister und Rittern; (16) Meister und Meisterin lassen vor Rittern und Frauen diese Ordnung einmal im Monat vor Tisch verlesen; jeden Freitag halten sie mit ihnen Kapitel; (17) Frauen sprechen vor Tisch 2 Paternoster, danach in der Kirche 3; (18) Ritter und Frauen fasten mit ihren Dienern und Dienerinnen freitags und an allen Fastentagen, es sei denn im Krankheitsfalle mit Erlaubnis von Meister und Meisterin; (19) Frauen gehen nur mit der Meisterin oder 2 anderen Rittersfrauen in ein [anderes] Haus auf der Hofstatt; Besuche von Rittersfrauen untereinander sind erlaubt; sie wallfahrten nur mit Erlaubnis der Meisterin und in ihrer Begleitung oder der einer von ihr bestimmten Rittersfrau; (20) bei Ehebruch eines Ritters mit einer auswärtigen Frau außerhalb des Klosters bestraft der Meister den Ritter mit Wasser und Brot vom Boden der Eßstube, bei Ehebruch mit einer nicht ritterlichen Frau auf der Hofstatt mit Haft in einem Turm bei Wasser und Brot, beides solange es Meister und Rittern gutdünkt; bei Ehebruch eines Ritters mit einer Rittersfrau auf der Hofstau oder einer Rittersfrau mit einem Ritter räumen beide die Hofstatt ohne Anspruch auf die Pfründe; solche Unkeuschheiten und anderes gotteslästerliches Verhalten wird erst nach Bekräftigung durch 2 oder 3 Zeugen vor Meister oder Meisterin bestraft; (21) Ritter und Frauen tanzen weder heimlich noch öffentlich, widrigenfalls werden sie durch Meister oder Meisterin nach Gutdünken bestraft; sie hüten sich vor Trunkenheit, schädlichem Lebenswandel, Würfel- und anderem Spiel um Geld, es seien denn kurzweilige Spiele untereinander oder mit ehrbaren Leuten; (22) Rittern ist Armbrustschießen, Pirschen, Beizen und Jagen mit des Meisters Erlaubnis und anderer Zeitvertreib gestattet; (23) Ritter und Frauen leben friedlich miteinander, widrigenfalls werden sie von Meister oder Meisterin mit Hilfe anderer Ritter und Frauen bestraft; Ritter nehmen die Bestrafung ihrer Frauen hin; (24) Ritter oder Frauen erhalten mit ihrem Gesinde keine Pfründe, solange sie Meister oder Meisterin nicht gehorsam sind; (25) eine gehorsame Frau erhält mit ihren Jungfrauen ihre Pfründe; nach Ungehorsam und gelobter Besserung erhält sie unter Strafe ihre Pfründe zurück; (26) zu lange ungehorsame Ritter oder Frauen müssen das Kloster verlassen; der Meister nimmt ihre Habe an sich, bis sie nach Rat und Willen des Konvents leben; (27) Ritter und Frauen reden ohne Erlaubnis von Meister oder Meisterin nicht bei Tisch, wo ihnen auf Deutsch vorgelesen wird, daz goe tlich sei; sie essen gemeinsam, wechseln täglich die Plätze, wobei Meister und Meisterin an den würdigsten Plätzen sitzen; jeweils 2 Ritter und Frauen essen miteinander, übrige Kost ist für Almosen bestimmt; (28) Ritter oder Frauen übertreffen an Kleidung andere nicht ohne Erlaubnis von Meister oder Meisterin; Ritter dürfen Hosen in erlaubter Farbe, schlichte Hüte, goldene Gürtel und Sporen, Ringe und beschlagene Messer tragen; (29) Meister und Ritter bleiben auf der Hofstatt; im Falle ihrer Abwesenheit in Klosterangelegenheiten essen und wohnen ihre Frauen bei der Meisterin oder ihrer Vertreterin, widrigenfalls man ihnen und ihren Jungfrauen keine Pfründe gibt und sie von der Meisterin gestraft werden; (30) ein Ritter wird nicht gegen den Willen der anderen vom Meister aufgenommen, legt vor ihm seine Erb- und Eigentumsverhältnisse dar und empfängt bei der Aufnahme mit seiner Frau die Kommunion; (31) der Meister bestimmt mit Rat der Ritter ohne Mitspracherecht der Frauen eine Meisterin; (32) Meister und Ritter halten keine für die Hofstatt überflüssigen Diener, deren Haltung sonst vom Meister als Ungehorsam bestraft wird und die auf seinen Befehl zu entlassen sind; (33) der Meister behandelt die Mönche gut, versorgt ihre Kranken mit dem Nötigen, ebenso kranke Ritter und Frauen, die nicht zu Tisch kommen können; (34) weder der Meister schließt mit den Rittern besondere Bündnisse noch diese mit ihm, noch diese untereinander, widrigenfalls verlieren sie [ihre Pfründen] und verlassen das Kloster; (35) Ritter haben auf der Hofstatt nur Kinder, die dort geboren sind; diese bleiben dort höchstens 3 Jahre und werden solange vom Meister versorgt; (36) der Meister hat volle Gewalt, seine Amtleute ein- und abzusetzen; (37) ihm stehen 1 Renn- und 3 andere Pferde zu, 1 berittener Koch, 2 Knappen, 1 Schreiber, 1 berittener Jäger mit 12 Hunden und 1 Leithund, 1 berittener Falkner und 2 Laufknechte; (38) Ritter haben auf der Hofstatt kein Pferd, sie werden vom Meister mit 4 Reit- und 4 Knechtspferden versorgt; (39) einen für das Kloster schädlichen Meister stellt ein Ritter zur Rede, im Falle der Unbeugsamkeit 2 Ritter, schließlich alle Ritter; sie können ihn nicht absetzen, sondern nur vor dem Landesherrn verklagen, der ihn bei Unschuld im Amt läßt oder sonst nach seinem Rat und Willen von ihnen einen anderen bestimmen läßt; (40) die Ritter können keinen auswärtigen Ritter zum Meister bestimmen; sie oder ein Meister dürfen dem Landesherrn kein Geld dabei anbieten, noch dieser etwas nehmen, widrigenfalls verlieren Ritter oder Meister ihre Pfründen.

Originaldatierung:
Geschehen ze dem Etal des nae hsten montags nah vnserer Frawen tag, als si ze himel fue r 1332. r.a. 18, i.a. 53.

Überlieferung/Literatur

Orig. Perg. dt. im HStA München, KU Ettal 3 (= KLS 520); Kaisersiegel mit Rücksiegel (Posse 1 Tf. 51,1/2) — stark beschädigt — an rot-grünen Seidenfäden (A). — Beglaubigte Abschrift von 1769 liegt dem Orig. bei. — Kopialbuch 18. Jh. ebd. KL Ettal 10/II Heft 1 fol. 3r—8r, Heft 12.

Hund-Gewold (1620) 2 S. 298; (1719) 2 S. 206. — MB 7 S. 235 Nr. 6. — Weech, Urkunden S. 160 Nr. 16 (aus A). — Holland S. 8 Nr. 2. — Schierling S. 74.

Sterr S. 350. — RB 7 S. 21. — Böhmer, RI S. 92 Nr. 1485. — Bock, Ettal S. 102 Nr. 8. — Moser S. 86 (Schr. K 22).

Anmerkungen

  1. 1Der Ausstellungsort paßt nicht ins Itinerar. Von August 15 bis 27 urkundet Ludwig in Nürnberg, August 17 allein dreimal. Nach Bock, Ettal S. 40, Moser S. 86 ist die Urkunde erst um 1340 verfaßt und rückdatiert. Seibt S. 63 vermutet eine Vorläuferurkunde. — Dazu auch Sybel-Sickel Textband S. 320, Schaus S. 54.
  2. 2März 25; dazu, ob nicht der Frauentag im August (August 15) gemeint ist, Bock, Ettal S. 63.
  3. 3Zu Ähnlichkeiten mit anderen Ordensregeln und zur Interpretation Ring, Glasthaner S. 28—31, Bock, Ettal S. 53—73, Bauerreiss, Kirchengeschichte S. 134, Fischer, Gründungsidee S. 32—41, Seibt S. 63—67, Koch S. 4. — Abbildung bei Sybel-Sickel 9 Tf. 18.

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Empfohlene Zitierweise

[RI VII] H. 3 n. 299, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1332-08-17_1_0_7_3_0_299_299
(Abgerufen am 29.03.2024).