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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,2

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König Heinrich führt die »Braut« Elisabeth (oben Nr. 601) gegen neun Uhr in die Kirche. Im Verlauf der Heilig-Geist-Messe werfen sein Sohn Johann und Elisabeth sich in Prostration vor dem Hauptaltar nieder und werden von dem Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt gesegnet. Während des anschließenden Festmahls greift König Heinrich in die üblichen Rangstreitigkeiten zwischen dem Mainzer und dem Kölner Erzbischof ausgleichend ein.

Überlieferung/Literatur

Schilderung des Augenzeugen Peter von Zittau in Cronica Aule Regie I 101f., bei * Emler (1884) S. 150 Sp. 1 bis S. 152 Sp. 2 und Loserth (1875) S. 271–275.

Bildliche Darstellung: Kaiser Heinrichs Romfahrt fol. 5r unten, hrsg. vonMargue/Pauly/Schmid, Weg zur Kaiserkrone (2009) S. 43.

Regesten: Böhmer, Heinrich VII., S. 279 zwischen den Nrn. 285 und 286; Vogt, Regesten Erzbischöfe Mainz 1, 1, Nr. 1353; Kisky, Regesten der Erzbischöfe von Köln 4, Nr. 533f.

Kommentar

Peter von Zittaus eingehende Schilderung des Geschehens seit Sonnenaufgang [!] bezieht des Königs Mutter Beatrix und Königin Margarete mit ein und reicht, wiederholt mit aus Böhmen Bekanntem vergleichend, von der offenen Haartracht der »Braut« über Turniere in der Stadt bis zum Ehebett am Abend. Der Chronist sieht anscheinend in der durch den Kölner Erzbischof am Vortag vollzogenen Handlung den eigentlichen, rechtlich gültigen Akt der Eheschließung, auch wenn er nicht explizit die Einholung des Ehekonsenses durch den Erzbischof erwähnt. Möglicherweise versucht er, sich daher die zweite, durch den Mainzer Erzbischof vollzogene Einsegnung mit der Vermutung zu erklären, die Braut habe vielleicht die vorangegangene Nacht noch nicht mit dem Bräutigam verbracht; so Cronica Aule Regie I 101 S. 150 Sp. 1 ( Emler) und S. 271 (Loserth). Nach kirchlichen Vorstellungen, wie sie etwa Petrus Lombardus im 12. Jh. vertrat, waren sowohl der Konsens der Eheleute wie der anschließende Vollzug notwendige Bestandteile der als Sakrament verstandenen Ehe; Leendert Brink: Ehe/ Eherecht/Ehescheidung VI. Mittelalter, in: TRE 9 (1982) S. 335. Während bis ins 13. Jh. eine gültige Eheschließung jedoch nicht zwingend an eine kirchliche Trauung geknüpft war, wurde etwa seit 1300 »die Trauung dann nahezu allenthalben Aufgabe des Priesters«; ebd. S. 332. – Die Bilderchronik über »Kaiser Heinrichs Romfahrt« spricht in der Umschrift zur unteren Abbildung auf fol. 5r von einer »Eheschließung in Speyer zwischen Johann [...] und Elisabeth, der Erbin Böhmens« (Elyzabeth heredem Boemie); Abb. bei Margue/Pauly/Schmid, Weg zur Kaiserkrone (2009) S. 43. Dargestellt wird hier ein durch eine Beischrift als der Mainzer Erzbischof Peter [von Aspelt] identifizierter sitzender Geistlicher, der die Hände des vor ihm stehenden, kleiner dargestellten Brautpaares ineinanderlegt, was von der durch den Augenzeugen Peter von Zittau geschilderten Szene stark abweicht. Denn da explizit der Mainzer Erzbischof genannt wird, muß hier wohl die Einsegnung des Paares am 31. August gemeint sein, nicht die am Vortag durch den Kölner Erzbischof vorgenommene Eheschließung; oben Nr. 601. Der Kommentar der Herausgeber datiert das Geschehen irrig auf den 1. September; Margue/Pauly/Schmid a.a.O. S. 42. – Den »alten» Streit der Erzbischöfe um den Platz rechts vom König erwähnt auch Mathias von Neuenburg: Chronik cap. 37 S. 80 Z. 21–24 = S. 349 Z. 17–20, vgl. oben Nr. 601. Laut Peter von Zittau hat der König angesichts der Kampfbereitschaft der jeweiligen Gefolge die Auseinandersetzung dadurch beendet, daß er beide Erzbischöfe bei der Hand nahm, sie zu seiner Herberge führte und hier privat [!] mit ihnen tafelte; Cronica Aule Regie I 102 S. 150 Sp. 2 bis S. 151 Sp. 2 ( Emler) und S. 272f. (L oserth). Eine grundsätzliche Beilegung verfügte erst die Goldene Bulle von 1356 durch die Festlegung einer allgemeingültigen Sitzordnung: Künftig sollte der Trierer Erzbischof grundsätzlich dem Herrscher gegenüber Platz nehmen dürfen; der Mainzer erhielt den Ehrenplatz zur Rechten des Königs in seiner Diözese und Kirchenprovinz sowie als Erzkanzler in ganz Deutschland mit Ausnahme der Kölner Kirchenprovinz. Dort sollte der Kölner Erzbischof den Ehrenplatz einnehmen dürfen, ebenso in Italien und Burgund; Goldene Bulle cap. 3, ed. Zeumer Goldene Bulle 2 (1908) S. 17, zur Vorgeschichte seit 1273 ebd. 1 (1908) S. 25–27.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,2 n. 603, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/d33028d2-c5bc-4919-a1fe-590a4fd48045
(Abgerufen am 16.04.2024).