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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,2

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König Heinrich ächtet Graf Konrad [IV.] von Oettingen, weil Graf Konrad [III.] von Flügelau vor dem Königsgericht (vor des Roemischen kunges Heinriches gerihte) erfolgreich geklagt hat, daß jener etwas Verbrecherisches gegen das Reich geplant habe (von graven Chvnrats [!] clage von Fluegelowe, darumbe daz er an daz riche geraten hat).

Originaldatierung:
beschach daz ze Brisach an dem Fritage nach sant Pangracien tag

Überlieferung/Literatur

Zeitgenössischer Eintrag in einem der verlorenen Achtbücher der Zeit Heinrichs VII.; jenen Eintrag bezeugt eine Urkunde Rudolfs von Hewen, Hofrichters des Reichsverwesers König Johann von Böhmen und Polen, vom 20. Januar 1313 aus Nürnberg.

Überlieferung der Urkunde Rudolfs von Hewen: *Abschrift im Eichstätter Kopialbuch des 14. Jh., Nürnberg, StaatsA, Hochstift Eichstätt Literalien Nr. 14 fol. 27r–v (alt) / 35r–v (neu).

Drucke der Urkunde Rudolfs von Hewen: von Falckenstein, CD Antiquitatum Nordgaviensium (1733) S. 152 Nr. 175; Füsslein, Kopialbuch (...1907) S. 635 Nr. 9; Schwalm, MGH Const. 4, S. 1111f. Nr. 1097.

Regesten: Grupp, Öttingische Regesten 3 (1908) Nrn. 501 und 609; Heidingsfelder, Regesten Eichstätt, Nr. 1463; Rödel, Königs- und Hofgericht 1292–1313 (1992) Nr. 469. – Regesten der Urkunde Rudolfs von Hewen: Grupp a.a.O. Nr. 631; Heidingsfelder a.a.O. Nr. 1521; Steinberger/Sturm, Urkunden Eichstätt, Nr. 100; Wohlgemuth, Urkunden des deutschen Reichshofgerichts (1973) Nr. 125 mit Datumfehler »1310 Mai 14«; Rödel a.a.O. Nr. 573.

Kommentar

Wiedergabe von an raten nach DRW 11 I (2003) Sp. 36f. s. v. raten VI. – Das Urteil gegen den bislang erfolgreich agierenden Oettinger Grafen Konrad IV., gen. Schrimpf, wird im Anschluß an Weller, Haus Hohenlohe 2 (1908) S. 64, S. 153 (mißverständlich) und S. 423 in die Auseinandersetzung des Königs mit des Grafen Mutterbruder Graf Eberhard I. von Württemberg eingeordnet bei Grünenwald, Bedeutung Crailsheims (...1990) S. 64f. mit [irreführender] Anm. 8 auf S. 67, S. 65 zuspitzend zu »[Ächtung] wegen Hochverrates«. Hiervon wird oben trotz »high treason« von 1473 nicht nur deshalb abgesehen, weil der Terminus im Deutschen erst seit 1703 faßbar ist, sondern auch wegen der Möglichkeit von »Landesverrat« seit dem Landesverräter (lantverradere) in ›Der Sachsen Herkunft‹ 3 spätestens 1263/Ende 13. Jh.; Kluge/Mitzka, Etymologisches Wörterbuch (1967 = 1975) S. 312 Sp. 2, ergänzt aus MGH Deutsche Chroniken 2 (1877) S. 260 Z. 29 mit Datierung nach Menzel, Sächsische Weltchronik (1985) S. 180 mit Fn. 781 zum Gothanus I 90. Rechtshistorisch wäre »Majestätsverbrechen« zu erwägen; habe doch »besonders seit der staufischen Zeit [...] das römischrechtliche crimen laesae maiestatis mehr und mehr die infidelitas, das politische Zentralverbrechen der deutschen Rechte[, ...] verdrängt«; so allgemein C. U. Schminck, Hochverrat (in: HRG 2/Lief. 9, 1972, Sp. 179–186) Sp. 180 und für das römisch-deutsche Herrschertum seit König Rudolf I. Schubert, König und Reich (1979) S. 140 sowie Beispiele für die Gleichsetzung von (Hoch-)Verrat und Majestätsverbrechen schon bis ins 2. Drittel des 13. Jh. bei White, Ambiguity of Treason (...2008) S. 89, S. 90, S. 93 und S. 96. Aber die Belege für an/auf raten im DRW a.a.O. machen verständlich, warum »ein dem Tatbestand des Hochverrats entsprechender Begriff [...] der mittelalterlichen Strafrechtslehre (fehlte), obgleich die römisch-rechtliche perduellio den späteren Hoch- und Landesverrat begrifflich [...] hätte zusammenfassen können«; Schminck a.a.O. Zudem scheinen »Bestrebungen der Flügelauer Grafen um eine Territorialisierung ihrer Herrschaft [...] mit [gleichen Bemühungen] de[r] Grafen von Oettingen [...] im Crailsheimer Raum« kollidiert zu sein; Alois Schneider, Burgen im Kreis Schwäbisch Hall (1995) S. 77 Sp. 1. – Auf vorliegenden Urteilsspruch wurde rekurriert, als König Heinrich unter dem 7. August 1310 Stadt Herrieden und Dorf Ornbau dem Bistum Eichstätt zurückerstattete; unten Nr. 580. Deshalb wird vorliegendes Achturteil auch »mit dem Streit zwischen dem Bistum Eichstätt und dem Grafen von [Oe]ttingen um das Hirschberger Erbe« zusammengesehen; Rödel a.a.O. S. 306 Fn. 1 zu Nr. 469. Mit den an das Bistum Würzburg zurückgefallenen Würzburger Kirchenlehen des Oettinger Grafen belehnte der Würzburger Bischof Andreas von Gundelfingen am 4. Juli 1311 Graf Konrad III. von Flügelau sowie den adligen Landvogt von Schwaben Konrad IV. von Weinsberg und dessen gleichnamigen Sohn; Bauer, Grafen von Lobenhausen (...1868) Nr. 73; zur Genealogie der Grafen von Flügelau Bauer, Lobenhausen und Flügelau (...1868) S. 10 und S. 12, zu derjenigen der Weinsberger Dillenius, Weinsberg (1860) S. 53. Nach Grünenwald a.a.O. S. 65 gingen die Würzburger Lehen des Oettingers sogar ganz an den Flügelauer. Entsprechend wertet Grünenwald ebd. das Breisacher Urteil als Ergebnis einer »(bestellten) Klageerhebung des Flügelau[, der] ohne Zweifel [...] auf konkrete Gebietsvorteile aus der Ächtungsmasse« spekuliert habe. – Konrad Schrimpf starb 1313 landesflüchtig in der Zisterze Kaisheim; Weller a.a.O. S. 65 und Grünenwald a.a.O. S. 66. – Ein 1310 ergangenes Proskriptionsdiplom wird vorausgesetzt von Jakob Schwalm (in: MGH a.a.O. S. 1111 Fn. 1 zu Nr. 1097) und allgemein bei Battenberg, Reichsacht und Anleite (1986) S. 356. Doch Registrierung eher nach Gerichtsprotokollnotiz denn nach Achturkunde legt König Albrechts I. Nürnberger Reichslandfriede von 1298 § 44 nahe; Schwalm, MGH Const. 4, S. 30 in Nr. 30. Gelegentlich gar keine Schriftform räumt auch Battenberg, Gerichtsschreiberamt (1974) S. 45 und ders., Achtbuch Sigmunds und Friedrichs III. (1986) S. 6, gar grundsätzlich ders., Reichsacht und Anleite (1986) S. 264 ein. Nachschlagen im Achtbuch unter Reichsverweser Johann ist schon zum 25. Februar 1311 belegt, erneut aus Nürnberg; Wohlgemuth a.a.O. Nr. 115, orthographisch leicht verändert bei Rödel a.a.O. Nr. 511. In Nürnbergs lokalen Achtbüchern I und II für 1285–1337 und 1308 [!] – 1358/1359 bei Schultheiss, Achtbücher Nürnbergs 1285–1400 (1960) S. 1–55 bzw. S. 66–92 steht Konrad Schrimpf nicht. »Das [verlorene] Achtbuch [im Singular!] Kaiser Heinrichs VII.« stellt Battenberg, Gerichtsschreiberamt (1974) S. 62, S. 68 Fn. 4, S. 225 und S. 230 Fn. 197 sowie ders., Achtbuch Sigmunds und Friedrichs III. (1986) S. 6 und S. 9 [Zitat] heraus, lokale Achtbücher auch der Heinrich-Zeit verzeichnen Schultheiss a.a.O. S. 19* und Battenberg, Achtbuch Sigmunds und Friedrichs III. (1986) S. 7f.

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,2 n. 439, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/aa374a4d-4d2c-4b5b-977c-7a3755495644
(Abgerufen am 18.04.2024).