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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,1

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An König Heinrich (carissimo in Christo filio Henrico regi Romanorum illustri) schreibt Papst Clemens (V.), nach [1] hierokratischen Ausführungen über das Verhältnis der höchsten geistlichen zur höchsten weltlichen Gewalt (dona precipua et suprema, sacerdotium videlicet et imperium), [2] daß die königlichen Gesandten, die Bischöfe [Otto] von Basel und [Sieg­fried] von Chur, die Edelleute und Grafen Amadeus [V.] von Savoyen, Johann Dauphin von Vien­ne und Albon und Johann [I.] von Saarbrücken sowie Wido von Flandern und Ma­gister Si­mon von Marville, der Metzer Schatzmeister (venerabiles fratres nostri .. Basiliensis et .. Cu­riensis episcopi et dilecti filii nobiles viri Amedeus Sabaudie, Iohannes Dalphini Vien­nen­sis et Albonensis, Iohannes de Seraponte comites, Guido de Flandria et magister Symon de Mar­villa thesaurarius Metensis), bei ihm vorstellig geworden seien und in einem öffent­lichen und feierlichen Konsistorium ihm und den Kardinälen im Namen des Königs und aller Für­sten, die bei der Wahl des zum Kaiser zu befördernden Königs nach Gewohnheit und Recht eine Stimme haben, unter anderem die einmütige Wahl Heinrichs durch alle Fürsten zum Kö­nig, dessen Zustimmung zu dieser Wahl und seine traditionsgemäße Weihe in Aachen (alias solemp­ni­ta­tes recepisse Aquisgrani, quas predecessores tui recipere consueverunt ibi­dem) angezeigt und Heinrichs Salbung und Weihe zum Kaiser der Römer, zum Vogt und Ver­tei­di­ger der Kirche durch den Papst sowie die Benennung eines konkreten Ortes und Termins da­für erbeten hätten. [3] Nach­dem er die Gesandten aufmerksam angehört, ihr Beglau­bi­gungs­schrei­ben sowie das Wahl­dekret sorgfältig zusammen mit den Kardinälen beraten und die Eig­nung Heinrichs für das Kaisertum in Gegenwart der Kardinäle geprüft habe, tituliere er mit deren Rat den zum König erwählten Heinrich feierlich »König der Römer« (te caris­si­mum filium nostrum Henricum in regem electum deputamus, nominamus, denunciamus et decla­ra­mus regem Romanorum), heiße seine Person gut und erkläre ihn nachdrücklich für gänz­lich zum Empfang der kaiserlichen Würde geeignet (plene sufficientem et habilem ad sus­cipien­dum huiusmodi imperialis celsitudinis dignitatem). [4] Wegen des bevor­ste­hen­den, bereits ein­berufenen Generalkonzils und anderer unausweichlicher Angele­gen­heiten, die er nicht ohne Schaden für die Gesamtkirche unterlassen könne, setzt er auf Rat der Kardinäle die Kai­ser­sal­bung, -weihe und -krönung von seiner Hand für die Peterskirche von Rom auf den Tag Ma­riä Reinigung in zwei Jahren (= 2. Februar 1312: ad unctionem, consecrationem et coro­na­tionem imperii Romanorum de manibus nostris in basilica principis apostolorum de Urbe Deo auctore sumendas festum purificationis beate Marie, quod erit usque ad biennium com­pu­tandum a proximo futuro festo purificationis eius­dem, tibi de ipsorum fratrum consilio as­signamus) fest, behält sich jedoch eine Verschiebung des genannten Termins vor, falls er Tag und Ort nicht einhalten könne. [5] Von den dazu ermächtigten Gesandten des Königs habe Cle­mens den schuldigen Eid entgegengenommen. [6] Heinrichs nun schon wiederholt gute Er­fahrungen mit der Römischen Kirche mögen ihn kirchliche Ehre und Rechte schützen las­sen. – Divine sapientie imperscrutabilis altitudo.

Originaldatierung:
dat. Avinion., VII. kal. Augusti, pontificatus nostri anno quarto

Überlieferung/Literatur

Überlieferung: Original verloren; Konzept (Pergament, wegen vieler Rasuren nicht abgesandt, trotz Bleibulle an Hanfschnur) Rom Vatikanisches Archiv Arm.C Fasc.37 Nr.1; Abschrift in einer relatio der päpstlichen Kanz­lei über den Vor­gang der Approbation Heinrichs VII. ohne Datum (wohl nach dem 11. August 1309 noch 1309 oder 1310 König Phil­ipp von Frankreich übergeben): Paris BN Cod. lat. 4038 B fol.157v-158v; päpstliche und kai­serliche Regi­ster­überlieferung s.u. »Drucke«. – Drucke: Baluzius, Vitae paparum Avenionensium 2 (1693) Sp.275f.; Leibnitius,Mantissa CD juris gentium 2 (1700) S.258-260 Nr.49e;Raynaldus, Annales ecclesiastici 4 (1749) S.470f. [ohne den ersten Absatz; mit kleineren Auslassungen]; von Olen­schla­ger, Er­läuterte Staats-Geschich­te (1755) Urkunden S.25-27 Nr.9E [mit Auslassungen]; MGH LL 2 (1837) S.495f; Thei­ner, CD S. Se­dis 1 (1861) S.417ff. Nr.597; Re­ge­stum Clementis Papae V, Annus quartus (1886) S.184-186 Nr.4302 (Vor­form) und ebd. S.186 Nr.4303 (Än­de­run­gen); *MGH Const. 4 I (1906) S.261-263 Nr.298, mit obiger Einteilung in Para­gra­phen; ver­zeichnet vom kaiserlichen Kammernotar Bernardus de Mercato wohl im Juni 1313 zu Pisa mit dem Betreff Littera de coronatione domini in festo Purificationis ultra biennium directa in pe­rsonam domini sub bulla papali; ebd. II (1908-11) S.1081 Nr.1045 § 36. Eine regestenartige Wiedergabe von 1366 bietet der von Jakob Schwalm zitierte Codex Estensis fol.33 im StaatsA Modena: [...] lit­te­ra, more Romane curie bullata, ex parte domini Clementis pape Quinti domino Henrico, in regem Romanorum elec­to, transmissa super ipsius coronatione facienda. Et prefixit idem dominus papa eidem imperatori electo, ut infra biennium in basilica apostolorum Petri et Pauli in urbe Ro(mana) sacram inunctionem, consecrationem et co­ro­nationem reciperet. Datum ut supra (= Avinione, VII. kal. Augusti, pontificatus sui anno quarto); MGH Const. 4 I S.264 A.3 zu Nr.299 als Verweis auf Nr.298. – Regesten: Böh­mer, Päbste (...1844) Nr.325; Wau­ters, Table chronologique 8 (1892) S.763; Huyskens/Mummenhoff, Reichs­stadt Aachen 2 (1937) Nr.81.

Kommentar

Ordnungszahl des Papsts nur auf der Bleibulle; vgl. oben zu Regest ah vom 1. Oktober 1308. – Zu dem Beglaubigungs­schrei­ben Heinrichs VII. für seine Gesandten an den Papst vom 2. Juni 1309 und dem Ablauf der Gesandtschaft siehe auch oben Nr.170, zur Rückkehr der Gesandtschaft an den Königshof beim Heilbronn-Aufenthalt vom 13. bis 15. [?] August 1309 unten Nr.253. – Ein weitgehend gleichlautendes Schreiben richtete Clemens V. zur Information über die Ereignisse an alle geist­li­chen und weltlichen Untergebenen (universis personis ecclesiasticis et secularibus subditis) des Königs und forderte sie zum Ge­horsam und zur Anerkennung der königlichen Rechte auf; unten Regest Nr.236. Hier stellt § 6 mit seinen Schlußmah­nun­gen auf Untertanengehorsam ab, während im § 6 des Briefs an den König oben nicht regestierte Herr­schaftsideale in wört­li­cher Übernahme aus dem vergleichbaren Schreiben Papst Gregors X. an König Rudolf I. vom 15. Feb­ruar 1275 den Appell zugunsten einer Dankesschuld an die Kirchen umgeben; MGH Const. 3 (1904-06) S.65 Nr.77 mit Nach­weis zugrunde­lie­gen­der Bibelstellen. – Die Pariser Überlieferung ist aufgeschlüsselt ebd. 4 I (1906) S.268f. Nr.302, unten Nr.249. – Zeit­lich auf­fäl­lig präzis reagierte unter den zeitgenössischen Historiographen ein Fortsetzter der Annalen von Rouen: Anno Do­mini 1309 mense Iulii Clemens papa V. confirmavit electionem Henrici comitis Luxemburgensis, in imperatorem Roma­no­rum electi; An­nalium Rotomagensium Continuatio (in: MGH SS 26, 1882) S.505.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,1 n. 235, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1309-07-26_5_0_6_4_1_277_235
(Abgerufen am 29.03.2024).