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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,1

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König Heinrich teilt Papst Clemens [V.] mit, daß er die Bischöfe Otto von Basel und Sieg­fried von Chur, seine Fürsten, sowie seinen Schwager Graf Ama­deus [V.] von Savoyen, den Grafen von Vienne und Albon Johann Dauphin, seinen Verwandten Wido von Flandern, den Grafen Johann [I.] von Saarbrücken, seine Getreuen, und den Geehrten Magister Simon von Marville, päpstlicher Kaplan, Metzer Schatzmeister, königlicher Sekretär und Familiar, als seine Boten und Prokuratoren bestellt und ihnen besondere Vollmacht gegeben habe, vor dem Papst die Demut und kindliche Verehrung zu bezeugen, die er gegenüber Papst und heiliger Römischer Kirche empfinde, um die päpstliche Gunst nachzusuchen sowie in seinem Namen (in animam et super animam nostram) Papst und Kirche einen Treueid und jeden beliebigen anderen Eid (fidelitatis et cuiuslibet alterius generis iura­men­tum) zu schwören, vor allem Salbung, Weihe und Empfang der Kaiserkrone aus den Händen des Papstes zu erbitten und über­haupt alles zu tun, was seiner Kaisererhebung (ad nos promovendum ad Romanum imperium) för­derlich sei. Er ver­spricht, in Zukunft alles zu halten, was von seinen Bevoll­mäch­tigten oder deren größerem Teil (maior pars eorum) verhandelt, versprochen und be­schwo­ren werden sowie bei Bedarf unter ihren eigenen Siegeln geschehen wird. – Majestäts­siegel angekündigt. – Sanctissimo in Christo patri.

Originaldatierung:
dat. Constantie, IIII. non. Iunii

Überlieferung/Literatur

Überlieferung: Zwei Notariatsinstrumente vom 26. Juli 1309, Originale Rom Vatikanisches Archiv Arm. I c. VI nr.9 und 10 (mit nahezu identischem Wortlaut; Or. 1 mit 5, Or. 2 mit 6 Siegeln der Gesandten (s.u.!) an grünen Seidenschnüren); Instrument vom 1. März 1313: Abschrift im Register Papst Clemens V. Rom Vatikanisches Ar­chiv cap.75 fol.276a; Ab­schrift in einer relatio der päpstlichen Kanzlei über den Vorgang der Approbation Heinrichs VII. ohne Datum (wohl nach dem 11. August 1309 noch 1309 oder 1310 König Philipp von Frank­reich übergeben): Paris BN Cod. lat. 4038 B fol.154-159. – Drucke: Leibnitius,Mantissa CD juris gentium 2 (1700) S.251f. in Nr.49a mit irreführender Datierung im Kopfregest auf 1290; Raynaldus, Annales eccle­sia­stici 4 (1749) S.468; von Olenschlager, Erläuterte Staats-Geschichte (1755) Urkunden S.17f. Nr.9A; MGH LL 2 (1837) S.492f.; Regestum Clementis Papae V, Annus octavus (1888) Nr.9980 (= In­strument vom 1. März 1313); *MGH Const. 4 I (1906) S.254f. Nr.293. – Regesten: Böhmer (1831) Nr.5217; ders., Heinrich VII. (...1844) Nr.90; Jungk, Geschichte der ehemaligen Nassau-Saarbrückischen Lande 1 (1914) Nr.903; Wampach, UQB 7 (1949) Nr.1257.

Kommentar

Als consanguineum nostrum führte Heinrich VII. jenen Wido von Flandern ein, der als Sohn des gleichnamigen Grafen von Flan­dern († 1305) bekannt ist und 1311 mit dem Anspruchstitel eines Grafen von Seeland starb. Er gehörte zu Graf Widos III. Söhnen von seiner zweiten Ehefrau Isabella von Luxemburg († 1298), einer Vaterschwester Heinrichs VII.; oben Regesten j und p sowie Klaus van Eickels in: Lex. des MA. 9 (1998) Stammtaf. »Grafen von Flandern« II bzw. Schwennicke, Europäische Stammtafeln N.F. 1 II (1999) Taf.231 in Verbindung mit ebd. 1 II (1998) Taf.82. Strubbe/Voet (1960) S.370 rechnen auch schon für diese Zeit Seeland zu Holland und führen den Dampierre-Luxemburger »Gwij(de)« nicht, sondern lediglich Wilhelm III. (1304-37) – im Hennegau gleichzeitig Wilhelm I. – aus dem Hause Avesnes. Daß Flandern erst im Pariser Vertrag von 1323 auf die (Lehnshoheit über) Seeland verzichtete und »definitiv an den Grafen von Holland« fiel, be­tonen demgegenüber zusammenfassend Louis H. J. Sicking in: Lex. des MA. 7 (1995) Sp.1675 [Zitat] und Köbler, Histo­ri­sches Lexikon (61999) S.605 Sp.2. – Um den 1. Juli 1309 wurden Heinrichs sieben Gesandte am päpstlichen Hof in Avi­gnon vorstellig und präsentierten Cle­mens V. dieses Beglaubigungsschreiben und das Wahldekret vom 27. November 1308 (oben Regest ap); MGH Const. 4 I (1906) S.268 Nr.302 und S.267f. Nr.301, unten Regesten Nrn.249 und 248. Danach tru­gen sie die Bitte des Königs um eine möglichst schnelle Gewährung von Sal­bung, Weihe und Kaiser­krone vor; ebd. S.255-257 Nr.294, unten Nr.201. Nach Prüfung der Dokumente erkannte Clemens V. Hein­rich VII. als König an und erklärte sich zur Kai­serkrönung bereit; als Termin sah er unter Vorbehalt den 2. Februar 1312 in St. Peter in Rom vor; ebd. S.257f. Nr.295, un­ten Nr.232. Daraufhin legten die Gesandten, jetzt ohne den tödlich erkrankten Basler Bischof Otto von Grandson († 26./30. Juli 1309 in Sorgues, 9 km nordnordöstlich von Avignon; vgl. unten Nr.240 zum 30. Juli 1309), stell­vertretend für den König den Treueid gegenüber dem Papst ab und kündigten die persönliche Wiederholung durch Heinrich VII. bei der Kai­ser­krö­nung an; ebd. S.258f. Nr.296, unten Nr.233. Über die Ablegung dieses Eides am Samstag, dem 26. Juli 1309, im Do­minika­ner­haus des Papstpalasts während öffentlichen und feierlichen Kon­si­storiums wurden durch den päpstlichen Notar Oddo Leo­nar­di de Sermineto zwei Instrumente gefertigt, an die Siegfried von Chur, Amadeus V. von Savoyen, Johann Dauphin, Wido von Flandern, Johann I. von Saarbrücken – dieser an nur ein Exemplar – und Simon von Marville zusätzlich zu den No­ta­riats­zeichen noch ihre Siegel hängen ließen; ebd. S.259-261 Nr.297, unten Nr.234. Über die genannten Ereignisse und Be­schlüs­se informierte Papst Clemens V. den König noch am selben Tag brief­lich; ebd. S.261-263 Nr.298, unten Nr.235. Ein weit­gehend gleich­lautendes Schreiben richtete er an alle geistlichen und weltlichen Un­tergebenen (universis personis eccle­sia­sticis et secu­la­ribus subditis) des Königs, die er zur Anerkennung der königlichen Rech­te ermahnte; ebd. S.263-265 Nr.299, unten Nr.236. Die ge­nann­ten, in den MGH einzeln edierten Stücke Nrn.293, 295, 297, 298 und 299 sind überliefert als Inserte in einem aus­führ­lichen Bericht der päpstlichen Kanzlei über die Approbation Hein­richs VII. aus der Zeit nach dem 11. August 1309; ebd. S.268f. Nr.302, unten Nr.249. – Weiteres bei Wenck,Clemens V. und Heinrich VII. (1882) S.132-140 und Menache, Clement V (1998) S.154f. sowie Michel Parisse/Markus Ries in: Gatz/Brod­korb, Bischöfe 1198-1448 (2001) S.62, wo der Basler Bischof mit der »internationalen« Karriere als Führer der Gesandtschaft angesprochen wird.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,1 n. 170, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1309-06-02_2_0_6_4_1_212_170
(Abgerufen am 29.03.2024).