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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,1

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Im Baumgarten zu Rhens findet eine Vorwahl statt, bei der die Stimmen aller auf Graf Hein­rich [VII.] von Luxemburg fallen. Für die Frankfurter Königswahl einigen sich die Erzbi­schö­fe Heinrich [II.] von Köln, Peter von Mainz und Balduin von Trier mit Pfalzgraf Rudolf [I.], Sachsenherzog Rudolf [I.] und Markgraf Woldemar von Brandenburg auf den 27. November 1308.

Überlieferung/Literatur

Erwähnungen: [...] super electionis facto colloquium in pomerio Rense habetur, vota omnium ad Heinricum co­mi­tem divolvuntur; Johann von Viktring, Liber certarum historiarum IV 4 der Rezension A, bei Fedor Schnei­der2 (1910) S.9. Die ebd. S.22 in IV 1 der Fassungen B, D, A2 angedeutete Lage super litus Reni und das Ver­fah­ren secundum consuetudinem wird stärker noch betont, dazu die Kurtrierer Prominenz, in Gesta Baldewini II 1: [...] dominus Baldewinus aliique sex [!] coelectores villam Rense, inter Confluentiam et Boppardiam sitam, ubi ex antiqua consuetudine ad tractatum de electione habendum consueverunt convenire, ad ipsum tractatum ha­bendum concorditer diverterunt. Ubi anno Domini millesimo trecentesimo octavo, gratia summi spiraminis cooperante et domino Baldewino id procurante, in ipsius fratrem dominum Henricum comitem Luczelin­bur­gen­sem in futurum Romanorum regem eligendum, suis exigentibus meritis, communiter concordarunt; Wytten­bach/Mül­ler2 (1838) S.202. – Anno Domini MCCCVIII. Henrich, greve van Lutzelburch, warr in demselven iair, als konynck Albert van Oesterijch erslagen wart, gekoren van den kuerfursten eyndrechtichlichen zo Rense tzo [!] eyme Roemschen konynge [!] in dem vurgenanten iair [...]; Koelhoffsche Chronik (1499) Bl.247a. – Knapp der Cod.Trever. 1462 bei Wyttenbach/Müller2 S.204 A.C: Henricus VII. anno MCCCVIII., fratre germano domino Baledwino [!] Treverensi id procurante, concorditer in Rense electus et in Franckford XXVII. die Novembris fuerat promulgatus et die Epiphanie Aquisgrani solempniter [!] coronatus. – Regesten: Böhmer, Regesten 1246-1313 (1844) S.376 Nr.276 und Barnim Thomas, Zur Königswahl (1875) S.92f. zu Ende Okto­ber; Vogt,Erz­bischöfe von Mainz 1 I (1913) Nr.1223 zum Oktober; Kisky,Erzbischöfe von Köln 4 (1915) Nr.408 zu Ende Ok­tober 1308; Wampach, UQB 7 (1949) Nr.1220 ebenso.

Kommentar

Der Ort und der frühestmögliche Zeitpunkt dürften durch die entsprechende Lokalisierung und Datierung der Wahlver­spre­chen an Erzbischof Peter von Mainz vom 28. Oktober 1308 (oben Regest ai) gesichert sein; entsprechend verwendet Brandt,Pierre Dubois (1956) S.214f. als chronologisches Argument »the election [!] of Henry VII (October 28, 1308)«. Die Prä­zisierung der Vorwahl auf den 22. November bei Lochner,Nürnberger Jbb.2 II (1835) S.175 oder der »Wahl(ver)­handlun­gen« auf den »22. bis 24. November 1308 in Rhens« bei Dietmar,Heinrich VII. (...1985) S.46 entbehrt der Quellen­grund­lage. – Den Terminus »Vorwahl« verwendet die ältere Forschung bereits für »eine Verhandlung [..., bei der] die Candida­ten aufgestellt [...] wurden, einer oder mehrere, je nachdem die Lage der Dinge war«; Waitz,Deutsche Verfassungs­ge­schich­te 6 (21896) S.195. Für 1308 spricht von »der Vorwahl [...] inmitten der herbstprächtigen Natur« Benker,Ludwig der Bayer (1980) S.58; Friedrich Schneider,Kaiser Heinrich VII. 1 (1924) S.21 hatte auf den Terminus verzichtet, den bereits Böhmer(1831) S.274 und Lochnera.a.O. verwandt hatten. Die Sache hatte schon festgehalten Rinck,Dissertatio de inclyta sede regali ad Rense (1735) S.8f., 19 und 21, wie Weizsäcker,Rense als Wahlort (...1890) S.6 A.2 anmerkt, wäh­rend Pöhl­mann, Zur deutschen Königswahl (...1876) S.361 sich gar auf »Wahl zu Rense« festlegt. Schubert,Kur­für­sten und Wahl­kö­nig­tum (...1985) S.103 sieht seit der Königswahl von 1308 die Entscheidung in Rhens fallen, während in Frank­furt am Main dann feierlich ausgerufen werde. Der systematisierende Terminus »nominatio«, auf den beispielsweise Pröss­ler,Rhens und die deutsche Königswahl (...1963) S.228 abstellt, scheint sich entgegen der Aufnahme dieses Terminus bei Schu­bert,Kö­nigs­wahl und Königtum (...1977) S.278 und 335 für Rhenser Ereignisse und im Einklang mit der for­schungs­resümierenden Fixierung durch Richard Puzain: Lex. des MA. 6 (1993) Sp.1228 auf den Abstimmungsvorgang bei der Wahl nicht zu empfehlen; vgl. schon Mitteis,Deutsche Königswahl (21944) S.51 sowie S.148 A.478 und S.149, zudem oben Regest r. Vollends am erschließbaren Geschehen vorbei führt die Behauptung, in Rhens habe damals »eine Reichs­ver­samm­lung (getagt)«; so Prösslera.a.O S.230. Wenn überhaupt auf analysierende Terminologie abgestellt wird, trifft »Vor­wahl als Ergebnis eines Kurfürstentreffens« wohl am ehesten zu. Von »einer Vorversammlung der Königswähler [...] Ende Oktober« in Rhens spricht Seng,Heinrich II. von Virneburg (1977) S.24, unterstellt aber, »Heinrich [II. habe sich] noch nicht offen für seinen Kandidaten [...] erklärt«. – Die Einigung von je drei geistlichen und weltlichen Kurfürsten auf den Frank­furter Wahl­termin wird durch den Wahlbericht vom Wahltag an den Papst im ersten Abschnitt der Narratio (unten Re­gest ap § 1) bezeugt, und zwar so, als seien jene alle persönlich dabeigewesen. Trifft das zu, dann war ein Ladungsschreiben des Mainzer Erzbischofs nur an den Böhmenkönig nötig, wie denn auch jedwede Überlieferungsspuren von sonstigen fehlen: gegen Vogta.a.O., der die Ladung zudem gemäß Herkommen [!] auf [rund] sechs Wochen vor der Frankfurter Wahl nach Rhens datiert und lokalisiert und sich für das Vorliegen von Ladungsbriefen bezeichnender Weise auf Chronica Aulae regiae I 112 stützt; doch hier wird eher eine Folgerung aus der grundsätzlichen Zuständigkeit des Mainzer Erzbischofs bis hin zur perempto­ri­schen Ladung gezogen denn aus mehr als einem vorliegenden Ladungsschreiben zitiert: Cum igitur ex impe­ria­li­bus privi­le­giis archiepiscopus Maguntinus in eleccione imperatoris [!] decanus sit et ipsius intersit, alios principes electores ad eleccio­nem convocare, quando voluerit, epistolas cum mandato electoribus principibus dirigit ipsosque ad statutum elec­cio­nis locum et terminum invitavit; FRA-Ed. Loserth(1875) S.353, retuschiert nach der FRB-Ed. Emler(1884) S.187 Sp.1. Zu den Wahlen der beiden Habsburger Rudolf I. und Albrecht I. scheint es übrigens gar keine Ladungsschreiben gegeben zu haben; aber die peremptorischen Ladungen zur Königswahl Adolfs von Nassau waren 7 bzw. 6 Monate [!] vor der Wahl vom 5. Mai 1292 ergangen; MGH Const.3 (1904-06) S.455-457 Nrn.468f. und zum Ausschlußprinzip, das bei Böhmer/Samanek(1948) Nrn.2 bzw. 4 unerwähnt bleibt, Mitteis,Deutsche Königswahl (21944) S.201. Für die beiden Wahlen vom 19. bzw. 20. Oktober 1314 datiert das Ladungsschreiben des Mainzer Erzbischofs Peter von Aspelt vom 5. Juni 1314 aus Rhens, und zwar zum 19. Oktober des Jahrs nach Frankfurt [am Main]; MGH Const.5 I (1909) S.39f. Nr.39 – dies wohl die Anregung für Peter von Zittaus »Rückschluß« auf 1308, auch wenn inzwischen viereinhalb Monate Frist genannt sind. In der Goldenen Bulle von 1356 schließlich wurde durch das Formular für die Wahlausschreibung eine qualifizierte Drei-Monate-Frist unter­stellt: Der Tag, von dem an sie galt (Kap.XVIII: a die tali etc. infra tres menses continuo computandos), sollte [idealiter] mit der Laufzeit eines solchen Briefs an den jeweiligen Adressaten übereinstimmen: [...] talis dies et terminus exprimatur, infra quem eedem littere ad singulos eosdem principes verisimiliter possint pervenire; I 15, wo daran die Drei-Monate-Frist an­ge­schlossen und auf das Formular in Kap.XVIII verwiesen wird; MGH-Edition Fritz(1972) S.74 bzw. 51. – Kurtrierer Führer­schaft, wie Gesta Baldewini und Cod.Trev. 1462 unterstellen, ist insofern fraglich, als Rhens »damals eine kurkölnische Ex­klave inmitten von trierischen, pfälzischen und mainzischen Besitzungen (war) [; sie] diente auch in den folgenden Jahr­zehn­ten noch des öfteren als Konferenzort der vier rheinischen Kurfürsten, die sich dann nach getaner Arbeit in ihre eigenen Orte zurückziehen konnten: der Pfälzer in die Marksburg, der Mainzer nach Lahneck, der Trierer nach Boppard oder Koblenz«; Thomas,Ludwig der Bayer (1993) S.43 [zu 1313] – aber Gastgeber war der Kölner Erzbischof Heinrich II. von Virne­burg, und dem vorgeblichen alten Herkommen in Verortung nach Rhens schon 1308 ist damit auch eine Absage erteilt. Wahr­schein­lich war die seitherige Rolle von Rhens nicht zuletzt eine Folge davon, daß Kurfürst Heinrich II. von Virneburg mona­te­lang »die zentrale Figur dieser Königswahl« gewesen ist; vgl. Senga.a.O. S.22. – Aus der Tatsache, daß Pfalzgraf Rudolf I. und Elekt Heinrich VII. gleich am Tag nach dessen Wahl den Plan einer Eheverbindung ihrer Kinder beurkundeten (unten Regest Nr.4), ist mit einigem Recht geschlossen worden, dies sei bereits vor der Königswahl abgesprochen worden; Heyen,Kaiser Heinrichs Romfahrt (1978) S.18. Spätestmöglicher Termin dafür dürfte die Vorwahl von Rhens gewesen sein. – Daß Heinrich VII. sich als ansehnliche und tatkräftige Persönlichkeit sowie als anscheinend tüchtiger Krieger und voraus­schauen­der Ratgeber durchsetzte, obgleich er Friedrich dem Schönen und Rudolf dem Stammler an Macht und Gütern als unter­legen galt, hat zwei bis drei Jahrzehnte später der Vicentiner Notar Ferreto de' Ferreti in Buch III seiner Historia fest­ge­halten: [...] licet ambobus potentia opibusve inferior haberetur, non ideo animi corporisve minor, illis virebat industria. Nam ex clara satis prosapia ortus, inter ceteros bello strenuus et consilio prudens valde putabatur; Ed. von Cipolla,Bd.1 (1908) S.271, quellenkundlich eingeordnet bei Franke,Kaiser Heinrich VII. im Spiegel der Historiographie (1992) S.108, 110 und 127-132. Ausdrücklich genannte Motive der Wähler werden unten im Kommentar zu Regest ao referiert. J.

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Empfohlene Zitierweise

RI VI,4,1 n. am, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1308-10-27_1_0_6_4_1_39_am
(Abgerufen am 28.03.2024).