RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,1
Sie sehen den Datensatz 34 von insgesamt 319.
Papst Clemens (V.) teilt dem Franzosen-König Philipp [IV., dem Schönen,] (Philippo, regi Francorum illustri) mit, [1] er sei auf der Reise zwar mehrfach vom Unglück verfolgt worden (pluries in via discrasiati fuerimus), sei körperlich jedoch unversehrt bei Kräften, wenn auch nicht in gleichem Umfang wie beim Aufbruch aus Poitiers, da ihm die dortige Luft besser bekommen sei als diejenige der durchreisten Örtlichkeiten (cum aer locorum, per que transitum fecisse dinoscimur, dispositioni persone nostre non competat, ut credimus, sicut aer partium Pictavensium competebat). [2] Der Verduner Kanoniker Peter Barrière und Philipps Ritter Hugo de Cella hätten jüngst Philipps Brief mit [ihr]er Beglaubigung (continentes inter cetera credentiam) und folgenden Nachrichten überbracht: Sie seien des längern mit seinen und Philipps Briefen über die Wahl des künftigen Römerkönigs persönlich in Gegenden Deutschlands gereist (cum nostris et tuis litteris super facto electionis futuri Romanorum regis ad partes Alamanie accedentes personaliter) und hätten dort agiert. Der verehrungswürdige Kölner Erzbischof habe sie freudig empfangen (frater noster .. Coloniensis archiepiscopus letanter ipsos receperat), und ihm hätten sie von Philipps Seite dessen Bruder Graf Karl von Anjou als zu wählenden Römerkönig genannt, wie es auch Philipp durch seine oben erwähnten Briefe gegenüber diesem Erzbischof getan habe (eique dilectum filium nobilem virum Carolum, comitem Andegavensem, germanum tuum, in regem Romanorum ex parte tua nominaverant eligendum, ac tu per regias litteras supradictas prefato archiepiscopo etiam specialiter nominaras). Dieser Erzbischof habe ihnen wohlwollend geantwortet und dankbar angeboten, freiwillig das ihm Mögliche in der Wahlsache zu tun (gratum obtulit super electionis eiusdem negotio liberaliter se facturum, quicquid posset effici per eundem). [3] Als danach der Kanoniker und der Ritter in Philipps Namen engagiert und wiederholt darauf gedrungen hätten, dem erwähnten Kölner Erzbischof und den verehrungswürdigen Mainzer und Trierer Erzbischöfen, an die wir geschrieben hatten, über sie (als Boten) in dieser Sache (erneut) zu schreiben, habe Clemens ihnen geantwortet: Zwei oder drei Tage vor ihrer Ankunft bei Clemens habe dieser den genannten Erzbischöfen sowie dem verehrungswürdigen Markgrafen von Brandenburg und den verehrungswürdigen Sachsen- und Baiernherzögen, entsprechend Philipps nachdrücklichem Wunsch bei seinem Aufbruch aus Poitiers, unter besonderer Nennung jenes Grafen (von Anjou) geschrieben (predictis archiepiscopis ac dilectis filiis nobilibus viris .. marchioni Brandeburgensi ac .. Saxonie et .. Bavarie ducibus, prout in recessu tuo de Pictavis nos instanter rogaveras, pro eiusdem promotione negotii, nominando specialiter ipsum comitem, scripsissemus); es erscheine weder förderlich noch schicklich, ihnen erneut in derselben Sache zu schreiben, ehe sie geantwortet hätten. Gleichwohl sei Clemens bereit, nach empfangener Antwort [erneut] zu schreiben. Da aber der Kölner Erzbischof dem Kanoniker und dem Ritter wohlwollend geantwortet habe, habe Clemens ihn in der Wahlfrage erneut bearbeitet, wie Philipp aus der beiliegenden Briefabschrift ersehen könne (prout in transumpto litterarum ipsarum, quod tibi mittimus presentibus interclusum, poteris plenius intueri). [4] Hinsichtlich der durch Gesandte und Brief gewünschten Abordnung eines feierlichen päpstlichen Gesandten an die Wähler oder ihre Prokuratoren zur Frage des Wahltermins verlasse Clemens sich auf die Auswahl durch Philipp, die er ihm schriftlich mitteilen möge, damit Clemens sie wunschgemäß abordne. [5] Hinsichtlich des Wunsches von Kanoniker und Ritter, dem adligen Luxemburger Grafen in der Wahlfrage zu schreiben (ut dilecto filio nobili viro comiti Luceburgensi pro huiusmodi promotione negotii per nostras litteras scriberemus), habe Clemens antworten müssen, der erwähnte Trierer Erzbischof, der Bruder dieses Grafen, und der Graf selber seien zugunsten seiner entsprechenden Königserhebung (pro sua promotione ad regnum predictum) demütig bei Clemens vorstellig geworden, und da dieser Graf Philipps Getreuer sei (idem comes tibi fidelis existat), erscheint es dienlicher, daß Philipp diesen Grafen brieflich und mit angemessenem Nachdruck befrage. [6] Da Kanoniker und Ritter den Papst bitten, dem erwähnten Mainzer Erzbischof brieflich nahezulegen, nicht vor der Römerkönigswahl die Königskrönung des adligen verehrungswürdigen Kärnten-Herzogs, der sich als Böhmen-König aufführt, vorzunehmen, mußte Clemens als der Gerechtigkeit Verpflichteter antworten, er könne nicht grundlos gegen die Erhöhung desjenigen vorgehen, gegen den keine Klage vorliege (quod nullo conquerente de ipso ad eius impeditionem honoris procederemus aliquatenus ex arrupto). [7] Am letzten Samstag [= 28. September] erhielt Clemens bei La Réole in der Diözese Bazas (apud Reulam Vasaten. diocesis) durch denselben königlichen Boten, der das königliche Entschuldigungsschreiben für das Fernbleiben Bischof Arnalds von Poitiers (Arnaldi episcopi Pictaven.) überbrachte, einen Brief des adligen Sachsenherzogs Johann; ihn lege er bei. – Quia, sicut pro certo speramus.
- Originaldatierung:
- datum apud Cadelhacum Burdegalensis diocesis, kal. Octobr.
Überlieferung/Literatur
Überlieferung: Original (Pergament, Bleibulle an Hanfschnur) Paris, Archives Nationales, Carton J.703 Nr.163, mit Inscriptio-Adresse auf der Rückseite Carissimo in Christo filio Philippo regi Francorum illustri; Plica-Aufschrift de curia .P. de Sueff. – Drucke: aus dem Original Leibnitius,Mantissa CD juris gentium 2 (1700) S.241-243 Nr.44b, versehentlich zu 1307 = von Olenschlager,Erläuterte Staats-Geschichte (1755) Urkunden S.13-15 Nr.7 mit erfundener Besiegelungsformel; *MGH Const. 4 I (1906) S.212f. Nr.248 aus dem Original, aber mit falscher Druckherleitung. – Regesten: Böhmer,Regesten 1246-1313 (1844) S.345 Nr.321; Thomas,Zur Königswahl (1875) Nr.27; Sauerland,Urkunden und Regesten zur Geschichte der Rheinlande 1 (1902) Nr.258; Knipping,Niederrheinische Archivalien in Paris (1904) S.68 Nr.11; Vogt,Erzbischöfe von Mainz 1 (1913) Nr. 1219; Kisky,Erzbischöfe von Köln 4 (1915) Nr.390; Wampach,UQB 7 (1949) Nr.1215.
Kommentar
Die Ordnungszahl dieses Papsts steht auf seiner Bulle: Sanctus Paulus, sanctus Petrus / Clemens papa V; Serafini,Monete e bolle 1 (1910) S.67 und Taf.K Nr.7; im Unterschied dazu wird ebd. Taf.XI Nr.3 ein Silbergroschen abgebildet, und dieser ziert in starker Vergrößerung auch den Umschlag bei Menache,Clement V (1998) mit Clemens papa Quintus. – Auf dem linken Rand des Originals hat eine Hand aus der französischen Königskanzlei folgende Gliederungspunkte eingetragen: Relacio neben den MGH-Abschnittsbeginn [2]; .I. peticionis responcio neben den Anfang von Abschnitt [3]; .II. peticionis responcio neben den Beginn von Abschnitt [4]; .III. peticionis responcio neben [5]; .IV. peticionis responcio neben [6] – übrigens enden alle Abschnitte im Cursus velox. – Neben dem beantworteten Brief Philipps des Schönen gelten als verloren a) Empfehlungsbriefe Clemens' V. für Karl von Valois als künftigen römisch-deutschen König an alle Kurfürsten mit Ausnahme Heinrichs von Kärnten in Böhmen, angeblich vom 28. oder/und 29. September 1308; b) erneute Unterstützung der kapetingischen Kandidatur beim Kölner Erzbischof Heinrich II., von Virneburg, durch Clemens V. von eventuell dem 30. September oder 1. Oktober 1308; c) Brief des [Kurfürsten] Herzog Johann II. von Sachsen-Lauenburg (1286-1322) an den Papst, wohl noch aus dem September 1308; vgl. Jakob Schwalms A.1 zum MGH-Druck unseres Stücks, übrigens gegen von Gundling,Geschichten und Thaten (1719) S.39f., wo anstelle des Lauenburger Sachsenherzogs der Sachsen-Wittenberger Rudolf I. (1298-1356) eingesetzt wird. Darüber hinaus scheinen auch Parallel-Briefe zu dem Clemens-Schreiben an Erzbischof Balduin von Trier (oben Regest u vom 18. Juni 1308) an dessen Amtsbrüder in Köln und Mainz zu Beginn von Abschnitt 3 angesprochen zu sein. – Der Relacio-Hinweis in Abschnitt 2 auf gemeinsame Beförderung von Papst- und Königsbriefen durch die Deutschland-Gesandten Peter Barrière und Hugo de Cella ist schwierig zu substanziieren: Sollten wirklich so weit auseinanderliegende und teilweise auch motivverschiedene Schreiben wie diejenigen vom 20./27. Mai (oben Regest q), vom 9. Juni (r) oder/und 18. Juni (u) entstehungsnivellierend gebündelt worden sein? – Daß im Anschluß an oder im Zusammenhang mit diesem Papstbrief von 1. Oktober 1308 kurmainzische Ladungsschreiben zur »Kaiserwahl« in Frankfurt am Main auf Anfang Oktober 1308 erschlossen werden, entbehrt der Grundlage; gegen von Gundlinga.a.O. S.39 vgl. unten den Kommentar zu Regest am. J.
Nachträge
Empfohlene Zitierweise
RI VI,4,1 n. ah, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1308-10-01_1_0_6_4_1_34_ah
(Abgerufen am 19.04.2024).