RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,4,1
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Graf Heinrich VII. von Luxemburg wird mit Margarete, Tochter Herzog Johanns I. von Brabant und Limburg, verheiratet.
Überlieferung/Literatur
Besprechung der Beleglage bei Wampach, UQB 5 (1948) S.475f. unter Nr.444. Zu den hier vermißten »chronikalische[n] Nachrichten« gehören die folgenden: 1) Iohannes dux Brabancie cum filio [!] comitis de Luicebourc (Lesart Luicemburc), cuius patrem in bello peremerat, reconciliatus, dedit eidem unam de filiabus suis in uxorem [...]; Ex Guillelmi de Nangis Chronico zu 1291 [!] (in: MGH SS 26, 1882) S.689f. Fassung A. – Iohannes dux Brabancie, reconciliatus filio [!] de Luceburgo comitis, cuius patrem in bello peremerat, fecit eidem filiam suam in fedus amicicie desponsare; ebd. Fassung B. – 2) Margaritam, ducis Brabantiæ filiam adolescentem, imberbis et ipse, duxit uxorem [...]; Albertini Mussati Historia Augusta I 3 (in: Muratori, SS 10, 1727) Sp. 125, leicht verändert in Ferreti Vicentini Historia III: H[u]ic Barbantie [!] dux Margaritam, natam eius, dum pubes foret, matrimonio copulavit; ed. von Cipolla,Bd.1 (1908) S.271f. mit auf Heinrich bezogenem hic. – 3) Intervenientibus igitur tractatibus plurimis, Heinricus iuvenis comes Lucenburgensis duxit legitima pro uxore Margaretham virginem, filiam Iohannis Brabancie; Chronica Aulae Regiae I 112, ed. von Emler (...1884) S.185 Sp.2, ungefähr = Ed. von Loserth (...1875) S.331.– 4) Demum, inter filium Lutsilburgensis comitis Henricum, qui fuit postmodum imperator, et filiam ducis facto matrimonio, pax firmatur, hoc procurante regina Maria Francie, relicta regis Philippi vocati ›Cor Leonis‹ [...], sorore dicti ducis [...]; Iohannis Hocsemii Chronicon I 19 (ed. von Kurth, 1927) S.80, vgl. ebd. I 19 S.86. – 5) [...]cum uxore sua, filia ducis Brabancie [...]; Chronica Mathiae de Nuwenburg 37, ed. von Hofmeister (1924-40) S.81, hier = S.349. Ähnlich Iohannis abbatis Victoriensis Liber certarum historiarum IV 1 der Rezension BDA2, ed. von Fedor Schneider, Bd.2 (1910) S.33 Z.6f.
Kommentar
Die Zeitgrenzen ergeben sich aus der relativ »frühen« Erwähnung der Heirat als geplant in einer brabantischen Herzogsurkunde, da eine königliche Transsumierung in derselben Sache kaum als zwingender Chronologiebeleg durchschlägt, und aus der urkundlichen Ersterwähnung der geschehenen Heirat: Wampach a.a.O. S.459f. Nr.435 vom 21. April, weniger S.463-466 Nr.439 vom April 1292, transsumiert ebd. S.473f. Nr.442 am 28. Mai 1292 zu Paris [Regest], bzw. S.476f. Nr.445 vom 9. Juni 1292. Dieses Datum, wiederholt als Heiratstag unterstellt, war der Montag nach der Trinitatisoktav; der bei Alois Gerlichin: NDB 8 (1969) S.329 Sp.1 als Heiratstermin festgehaltene 28. Mai war 1292 auf den Beginn der Pfingstquatember gefallen. – Wampacha.a.O. S.475 ermittelt den Ort aus Butkens,Trophées de Brabant 1 (21724) S.326, wo übrigens unter den Belustigungen auch Zweikampf und Turnier erscheinen: Les nopces furent celebrées au chasteau de Ter Vueren en grande pompe et appareil, avec joustes, tournoys et autres esbats. Butkens selber (†1650) hatte diesen Teil der »Trophées« 1641 drucken lassen. Tervuren liegt 10 km östlich Brüssels; als Wasserburg ist das Jagdschloß abgebildet im Supplement aux Trophées de Brabant 1 (1726) gegenüber S.12. – Dem Paar werden die Kinder Johann (s.u. Regest h vom 10. August 1296), Maria und Beatrix geboren; diese wurde nach 1313 mit Ungarns König Karl I. Robert von Anjou verheiratet und starb schon 1319; vgl. MGH Const. 4 II (1908-11) S.816-826 Nrn. 815-823 vom 4. Juli 1312 mit Charlotte Bretscher-Gisigerin: Lex. des MA. 9 (1998) Genealogische Taf. »Luxemburger«. Maria wurde am 21. September 1322 mit Frankreichs König Karl IV., dem Schönen, verheiratet, und starb, wie ihr Sohn Ludwig, 1324 oder 1325; ebd. sowie Klaus van Eickels(ebd.) Genealogische Taf. »Kapetinger« II, Elisabeth Lalou,ebd.5 V (1990) Sp.975 und Ehlers,Kapetinger (2000) S.238f. und 277f. Die Behauptung, Margarete habe neben ihrem Sohn insgesamt vier Töchter geboren, hat sich nicht verifizieren lassen; gegen Butkensa.a.O. S.333. – Wie der Archivar der Dionysius-Abtei vor Paris Wilhelm von Nangis ordnen auch Mussatus und der Königsaaler Historiograph Peter von Zittau die Heirat in die Versöhnungsbemühungen zwischen Brabant und Luxemburg nach der Schlacht bei Worringen (oben Regest b) ein; Johann von Hoxem kennt zusätzlich die Vermittlung der Herzogsschwester Maria von Brabant, 2. Ehefrau und Witwe König Philipps III., des Kühnen (»Löwenherz« hat sich also nicht durchgesetzt), von Frankreich, und Mathias von Neuenburg spricht lediglich den weiten dynastischen Rahmen an: Tatsächlich hatte Graf Amadeus V., der Große, von Savoyen, in zweiter Ehe die Margarete-Schwester Maria geheiratet, so daß Herbst 1310 der erste Luxemburger Italienzug führte per terram comitis Sabaudie, qui sororem regine habuit in uxorem; Chronica Mathiae de Nuwenburg 37 a.a.O. Ferreto de' Ferreti fügte seiner Mussato-Entlehnung frühestens um 1330 lapidar hinzu, der Brabanter habe dem eigentlich nicht besonders mächtigen und vermögenden Luxemburger Grafen viel zur Erlangung des Königsthrons genützt: [...] copulavit, qui et illi ad optinendos [!] auguste sedis apices multum valuit; a.a.O. S.272, zum Quellenkundlichen Franke,Kaiser Heinrich VII. im Spiegel der Historiographie (1992) S.108. – Im Verlauf der Personenbeschreibungen anläßlich seines Berichts über die Mailänder Krönung vom 6. Januar 1311 gibt Mussatus I 13 Sp.340 an, Margarete habe damals im 36. Lebensjahr gestanden, sehe aber nicht erwachsen aus: Augusta, annum iam sextum et trigesimum agens [Lesart algoris], impuberis habet aspectum [...]; damit suggeriert er eine Geburtszeit im Jahr 1275 – an viel späterer Stelle setzt er des Ehemanns Geburt ins Jahr 1262; oben Regest a. – Als Margaretes wissenschaftlich begründeter Geburtstag gilt der 4. Oktober 1275/76; Heinz Thomas in: Lex. des MA. 6 II (1992) Sp.235.
Ein Dispensverfahren wegen Verwandtschaft im dritten Grad wird durch Briefe Papst Nikolaus' IV. sowie der beteiligten Bischöfe Simon von Paris und Guido von Noyon belegt; Wampacha.a.O. S.432f. Nr.416 von 1291 VIII 30 bzw. S.446f. Nr.427 von 1292 I 14, wonach noch der Münsteraner Bischof Eberhard von Diest und der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg eingeschaltet waren: der Verlierer von Worringen, oben Regest b. Die Behauptung bei Mägdefrau,Könige und Landgrafen (2000) S.61, Margarete sei Heinrichs Base gewesen, läßt sich genealogisch ausschließen, hat aber zeitgenössische Vorläufer; denn Verwandtschaft der Eheleute im zweiten Grad, so daß die Eheschließung mit der Schwester des [erst seit 1294 amtierenden] Herzogs Johann II. von Brabant [nur] durch päpstliche Dispens möglich wurde, unterstellen die seit 1308 geschriebenen Annales Gandenses in eben dem Jahresbericht zu 1308: Uxor autem ipsius tunc [= bei der Königswahl 1308] fuit soror Iohannis, ducis Brabantie, cognata eius in secundo gradu, per curie Romanie [!] dispensationem; ed. von Funck-Brentano (1896) S.95,mit neuenglischer Übersetzung und der Glättung Romane bei Johnstone (1951) S.92. Hier wird S.92 A.3 mitgeteilt, Margarete von Brabant sei schon Heinrichs VII. zweite Ehefrau gewesen; doch dafür fehlt jedweder Anhaltspunkt. Das sicherlich auffällige tunc könnte damit zusammenhängen, daß in Gent bereits Margaretes Ableben von Mitte Dezember 1311 bekannt war. Die Niederschrift des Annalenwerks, dessen Berichtszeit allerdings nur von 1297 [!] bis zur flämisch-hennegauischen Friedensregelung im Sommer 1310 reicht, wäre dann frühestens Anfang 1312 abgeschlossen gewesen; der Tod hätte dann nicht schon 1310 den Genter Franziskaner an der Weiterführung gehindert, wie Johnstonea.a.O. S.XII unterstellt. Zur leicht versetzten Abfassungszeit gegenüber der Berichtszeit paßt, daß viele Datierungen im Ungefähren bleiben und verläßliche Tagesgenauigkeit selten ist.
Daß diese Eheschließung für eine unübersehbare Bedeutung des Luxemburger Großgrafenhauses in Westeuropa spricht, betont u.a. Jäschke,Wann Graf von Luxemburg? (...1993) S.237. Demgegenüber wird beispielsweise durch Rexroth,Deutsche Geschichte im Mittelalter (2005) S.91 Heinrich VII. noch bei seiner Königserhebung gewertet als »unscheinbarer Graf von Luxemburg«. – Die Bedeutung des Eheschließung fürs französisch-flandrische Verhältnis mit Auswirkungen für das kapetingische Ziel der Einflußnahme bis zum Rhein bespricht Bovesse, Jean Ier, comte de Namur (...1949) S.13-22. J.
Nachträge
Empfohlene Zitierweise
RI VI,4,1 n. d, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1292-04-21_1_0_6_4_1_4_d
(Abgerufen am 19.04.2024).