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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,4,4,5

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Kardinaldiakon Iacinthus von S. Maria in Cosmedin wird zum Papst gewählt.

Überlieferung/Literatur

Reg.: JL 2 S. 577-578 (zu 1191 März 30).

Kommentar

Nur wenige Quellen erlauben einen genaueren Einblick in die Wahl und Erhebung Cölestins III. Daß die Wahl in St. Peter erfolgte, wird in keiner Quelle gesagt und kann nur als Vermutung gelten, vgl. Doran, Lifetime S. 55. Den Tag der Wahl glauben nur wenige Quellen zu kennen. Die Regensburger Annalen melden den Tod seines Vorgängers Clemens III. zum 20. März: Anno Domini 1191, 13 Kal. Aprilis Clemens papa hominem deposuit. Am nächsten Tag, dem 21. März, sei Cölestin zum Papst gewählt worden: Altera die, id est 12 kal. aprilis sive in die sancti Benedicti, Iacinthus, qui dictus est Celestinus tercius successit (Annales Ratisponenses, ed. Wattenbach S. 590 = Watterich, Pontificum Romanorum vitae 2 S. 707, vgl. auch Böhmer-Schmidt, Papstregesten Clemens’ III. Nr. 1336). Gerlachs Fortsetzung der Annalen des Vinzenz von Prag (Vincentii et Gerlachi Annales, Continuatio Gerlaci abbatis Milovicensis, ed. Wattenbach S. 706, zu 1190) und die Gesta de expeditione Friderici (ed. Chroust S. 94 = Watterich, Pontificum Romanorum vitae 2 S. 708) berichten, die Wahl Cölestins III. sei am Sonntag Laetare, der im Jahr 1191 auf den 24. März fiel, oder in der Woche davor erfolgt: Celestinus ... electus circa hanc mediam quadragesimam. Den 29. März nennen die Annalen aus Alessandria. Danach sei Clemens III. am 25. März gestorben und Cölestin III. vier Tage später, also am 29. März, gewählt worden: 8 kal. aprilis Clemens pont. maximus ex humanis rebus excessit. In eius locum quarto die post omnium cardinalium suffragiis substitutus est Hyacinthus ... (Annales Alexandrini des Guillelminus Schiavina, ed. Ponziglione S. 70, vgl. auch Böhmer-Schmidt Nr. 1336). In der Chronik des Magnus von Reichersberg wird der 30. März als Wahltag genannt (Domnus Iacinctus cardinalis admodum senex, electus a Romanis 3. kal. apr. illo sabbato quando cantabatur officium: Sitientes venite ad aquas, Magni presbiteri Chronicon, ed. Wattenbach S. 518). Die schottische Chronik von Melrose setzt den Tod Clemens’ III. zum 2. April und die Wahl Cölestins auf den nächsten Tag: 4 nonas aprilis obiit Clemens IIII (sic) papa, cui successit in sequenti die Celestinus III. qui et Iacinctus cardinalis (Chronica Mailros, ed. Stephenson S. 99, The Chronicle of Melrose, ed. Anderson S. 48, vgl. auch Böhmer-Schmidt Nr. 1336). Nach den Gesta regis Henrici secundi, ed. Stubbs 2 S. 161 sei Clemens III. am Mittwoch, dem 10. April 1191, gestorben und sein Nachfolger noch am gleichen Tag gewählt worden: Mense aprilis 4 idus eiusdem mensis feria quarta Clemens papa tercius obiit et eodem die Iacinctus ... electum est (den Tod Clemens' III. berichten die Gesta nochmals S. 206: quarta feria ante coenam Domini, scilicet quarto Idus aprilis ... dominus papa Clemens tercius obiit.). Und der 14. April, der Ostersonntag, der in einer Fortsetzung von Gottfrieds von Viterbo Pantheon (Ipse autem dominus papa ... in die sancto resurrectionis domini electus et consecratus fuit, Continuatio brevis, ed. Waitz S. 341), in den Annalen aus Niederaltaich (Hermanni Altahensis Annales, ed. Jaffé S. 385) sowie in jenen des Konrads aus Scheyern (Chounradi Schirensis Annales, ed. Jaffé S. 630, zu 1190) genannt wird, beruht offensichtlich auf der Gleichsetzung von Wahl und Priesterweihe, die tatsächlich am Ostersonntag stattgefunden hat, vgl. Reg. 3. Die von den Quellen genannten Daten liegen also innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen, und keiner der genannten Termine kann zweifelsfrei als Todestag Clemens’ III. oder als Tag der Wahl seines Nachfolgers bestimmt werden. Etwas genauer eingrenzen läßt sich das Datum der Wahl jedoch durch zwei Beobachtungen. Als terminus ad quem ergibt sich eindeutig der 12. April 1191, das Datum einer Urk. König Heinrichs VI., in der Cölestin III. schon namentlich (Celestino pape) genannt wird (Böhmer-Baaken, Regesten Heinrichs VI. Nr. 145, Weiland, Constitutiones 1 S. 477-478 Nr. 334). Diese Bestätigung des Sicherheitseides, den der König anläßlich seiner bevorstehenden Kaiserkrönung geleistet hatte, wurde am Lago di Bracciano, etwa 40 km von Rom entfernt, ausgestellt, vgl. Pfaff, Feststellungen S. 132 und Weiland, Heinrich VI. S. 91. Angesichts der Entfernung und der wohl unbezweifelbaren Vermutung, daß zwischen Heinrich VI. und dem neuen Papst schon Gespräche über die Krönung durch eine, vielleicht auch mehrere Gesandtschaften stattgefunden haben, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, daß die Wahl einige Tage vor dem 12. April erfolgt ist. Ein gewichtiges Argument für die Annahme, die Wahl sei sogar schon im März erfolgt, hat Baaken, Wahl S. 211 den Datierungsmerkmalen einer Privaturkunde entnommen, die zu belegen scheinen, daß die Wahl Cölestins bereits am 24. März in Viterbo bekannt war. Sollte dies zutreffen, dann könnte man hierin einen überzeugenden Beleg für den in den Regensburger Annalen genannten 21. März als Wahltag sehen. Zuletzt glaubte Houben, Philipp von Heinsberg S. 69-71, die Beweiskraft der Datierung von Privaturkunden im Allgemeinen nur gering veranschlagen zu dürfen. Er nahm aufgrund der Angaben eines Nekrologs aus Montecassino (Inguanez, Necrologi Cassinesi 1 S. 285) und eines in Rom entstandenen Sakramentars (Van Dijk, Ordinal S. 11) als Todestag Clemens’ III. den 29. März an und setzte die Wahl Cölestins III. auf den gleichen Tag. Nicht völlig auszuschließen ist aber schließlich auch die Annahme, Clemens III. sei erst kurz vor dem 12. April gestorben und die Wahl Cölestins III. sei noch an dessen Todestag oder unmittelbar danach erfolgt, wie dies Pfaff S. 132-134 vermutete, der nach dem Bericht der Gesta regis Henrici secundi einen Termin um den 10. April favorisierte. Angesichts der chronologischen Unsicherheiten läßt sich also nicht mit Bestimmtheit sagen, ob zwischen dem Tod Clemens’ III. und der Wahl seines Nachfolgers eine ungewöhnlich lange Frist verstrichen ist. Wäre dem so, so könnte man über Verhandlungen und Differenzen innerhalb des Kardinalkollegiums spekulieren, die eine der Gewohnheit entsprechende Wahl unmittelbar nach dem Tod des Vorgängers verhinderten, wie dies Haller, Heinrich VI. und die römische Kirche S. 555-558 annahm. Belege hierfür besitzen wir aber nicht. Die Gesta regis Henrici secundi, ed. Stubbs 2 S. 206 heben im Gegenteil hervor, daß die Wahl einhellig durch alle Kardinäle erfolgt sei (per communem cardinalium electionem), wie auch die Annales Alexandrini des Guillelminus Schiavina, ed. Ponziglione S. 70, die Geschlossenheit des Kardinalkollegiums betonen: omnium cardinalium suffragiis substitutus est Hyacinthus. Belege für lange Verhandlungen im Vorfeld der Wahl fehlen also, vgl. in diesem Sinne auch Doran, Lifetime S. 53-56. Eine gewisse Stütze in den Quellen findet hingegen die häufig geäußerte Vermutung, der neugewählte Papst habe seine Bischofsweihe und Inthronisation wegen der bevorstehenden Kaiserkrönung Heinrichs VI. hinausgezögert, um Zeit für Verhandlungen mit dem König zu gewinnen. Von Widerständen der Römer und der Kardinäle gegen eine schnelle Durchführung der Kaiserkrönung berichten die Fortsetzung der Chronik Sigeberts von Gembloux aus Anchin und die Kölner Königschronik. Danach habe der künftige Kaiser erst mit seiner Zusage, Tusculum zerstören zu lassen (vgl. Gatto, Roma nel Medioevo S. 376 und Petersohn, Kaisertum und Rom S. 352) und dem Papst Kompensationen zu leisten, die Bereitschaft der Römer und des Papstes zur Vornahme der Krönung erreichen können (Sigebert von Gembloux, Chronica, Continuatio Aquicinctina, ed. Bethmann S. 427 und Chronica regia Coloniensis, ed. Waitz S. 152), vgl. hierzu Gregorovius, Rom 2,1 S. 262f. und Haller S. 558-563. Auch der Hinweis, den Arnold von Lübeck in seiner Slawenchronik gibt, könnte in diese Richtung deuten: Cölestin III. videns regem cum multa iactatia venisse, ad protelandam eius consecrationem suam distulit (Arnold von Lübeck, Chronica Slavorum V, 4, ed. Lappenberg S. 181 = Watterich, Pontificum Romanorum vitae 2 S. 710). Es erscheint wahrscheinlich, daß der Papst zumindest stillschweigend die Zusage Heinrichs VI. hinsichtlich der Übergabe Tusculums an die Römer billigte, vgl. Gregorovius, Rom 2,1 S. 262f. und Partner, Land of St Peter S. 219-223, die Cölestin hierbei ein aktive Rolle zuschreiben, während Mann, Lives 10 S. 399f. bezweifelt, daß Tusculum erst dem Papst übergeben worden sei, der es dann den Römern zur Zerstörung überlassen habe. – Zur Priesterweihe des Kardinaldiakons Iacinthus, die entweder am 30. März oder am Karsamstag, dem 13. April, stattgefunden hat, vgl. Reg. 2, und zur Bischofsweihe und Krönung durch Kardinalbischof Oktavian von Ostia vgl. Reg. 3. Zur Entwicklung der Papstwahl im 12. Jh. vgl. allgemein Zoepffel, Papstwahlen, Gussone, Thron und Schimmelpfennig, Papst- und Bischofswahlen, zur Wahl Cölestins III. Wenck, Päpste S. 441f. und zu seiner Abstammung aus der römischen Adelsfamilie der Bobonen Thumser, Rom und der römische Adel S. 47-51, bes. S. 48 mit Anm. 178, sowie Carocci, Baroni S. 387. Als Geburtsjahr wird allgemein 1105 angenommen, vgl. Leineweber, Cölestin III. Beilage 1 S. 69. Bereits 1126 erscheint er als Subdiakon von S. Giovanni in Laterano, 1138 als deren Prior (prior subdiaconorum sacre basilice). Nach einem Aufenthalt in Paris wurde er von Lucius II., vielleicht aber auch noch von dessen Vorgänger Cölestin II., zum Kardinaldiakon von S. Maria in Cosmedin promoviert. Seine Vorgänger auf der Cathedra Petri erkannten bald sein diplomatisches Geschick und beauftragten ihn in den knapp 47 Jahren seines Kardinalats mit zahlreichen Legationen und politischen Missionen, durch die er ein weitgespanntes Netzwerk flechten konnte und zu einer einflußreichen Stellung innerhalb der Römischen Kurie aufstieg. Seine Fähigkeiten als Diplomat und die Verdienste, die sich der ungefähr 86-Jährige in den langen Jahrzehnten seiner Laufbahn erworben hatte, mochten es in der angespannten politischen Lage, in der sich das Papsttum befand, ratsam erscheinen lassen, den profunden Kenner des politischen Geschäfts trotz seines Alters auf den Papstthron zu erheben, wo er sich als erstaunlich umsichtiger und tatkräftiger Papst erwies. Zu seiner Jugend, Bildungsgang und Tätigkeit als Kardinal und päpstlicher Legat vgl. die Überblicksdarstellungen bei Leineweber, Cölestin III. S. 3-36, Brixius, Kardinalkollegium S. 104, Mann, Lives 10 S. 383-389, Wenck, Päpste S. 444f., Zerbi, Papato S. 65-81, Pfaff, Der Vorgänger passim und den Artikel Celestino III von Pfaff in Bray, Enciclopedia dei papi 2 S. 320-326, Duggan, Hyacinth Bobone S. 1-30 sowie Doran, Lifetime S. 34-79.

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,4,4,5 n. 1, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/c6f1e7fc-1e6f-482d-a1ed-7391e26a6352
(Abgerufen am 19.03.2024).