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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,4,4,2

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(Teil a): Lucius III. teilt Bischof Peter von Arras (Petro Atrebatensi episcopo) für dessen Kampf gegen die Häretiker in seiner Diözese mit, was gegen diese beschlossen worden ist, und läßt ihn wissen, daß er in Gegenwart Kaiser F(riedrichs I.) (F. illustris Romanorum imperatoris semper augusti) und mit Rat seiner Brüder, weiterer Erzbischöfe, Bischöfe sowie vieler Fürsten (aliorum archiepiscoporum, episcoporum multorumque principum) jede Art Häresie verdammt und daß er (1) festsetzt, alle Häretiker, welchen Namens auch immer, sollen ewig dem Anathem unterworfen sein; niemand darf privat oder öffentlich predigen, ohne vom Papst oder dem Ortsbischof autorisiert zu sein und alle, die anderes über die Sakramente anhören oder lehren als die Römische Kirche, sowie grundsätzlich alle, die von kirchlichen Autoritäten als Häretiker verurteilt werden, sollen dem Anathem verfallen; ebenso ist mit deren Beschützern und Verteidigern sowie mit allen, die sie irgendwie begünstigen, zu verfahren; (2) bestimmt, Geistliche sollen bei offener Häresie der Vorrechte ihres geistlichen Standes entkleidet und des Amtes und Benefiziums beraubt, dem weltlichen Gericht zur Bestrafung übergeben werden, wenn sie nicht sofort nach der Entdeckung zum Glauben zurückkehren, öffentlich ihrer Irrlehre abschwören und Genugtuung leisten; letzteres gilt auch für Laien; (3) legt fest, diejenigen, die nur verdächtigt werden, sollen ebenso verurteilt werden, wenn sie nicht vor dem Bischof ihre Unschuld durch angemessene Reinigung beweisen können; alle, die bei der Rückkehr zur Häresie entdeckt werden, sind sofort ohne Anhörung dem weltlichen Gericht zu übergeben; die Güter der betroffenen Geistlichen sollen deren Kirchen zufallen; (4) befiehlt allen Erzbischöfen und Bischöfen, die Exkommunikation aller Häretiker bei allen Hochfesten und sonstigen feierlichen Handlungen zu erneuern; Bischöfe, die sich dabei als nachlässig erweisen, sind von ihrer bischöflichen Würde und der Ausübung ihres Amts auf drei Jahre zu suspendieren; (5) fügt hinzu, Erzbischöfe und Bischöfe sollen selbst oder vertreten durch ihre Archidiakone ein oder zwei Mal jährlich die Pfarreien besuchen, von denen die Rede geht, dort wohnten Häretiker, und drei gut beleumundete Männer oder notfalls die ganze Nachbarschaft (viciniam) schwören lassen, daß sie Häretiker, Teilnehmer geheimnisvoller Versammlungen und solche, die sonst von christlichen Sitten abweichen, anzeigen werden; die Beschuldigten sollen vorgeladen und bestraft werden, wenn sie sich vor dem Bischof oder dem Archidiakon nicht nach Gewohnheitsrecht (patrie consuetudinem) reinigen können oder nach der Reinigung zum Irrglauben zurückkehren; jene, die nicht abschwören wollen, sind schon deshalb Häretiker und entsprechend zu bestrafen; (6) legt darüber hinaus fest, Grafen, Barone, Rektoren und Konsuln sollen persönlich unter Eid versprechen, Erzbischöfen und Bischöfen gegen Häretiker zu helfen sowie gemäß ihrem Amt und ihren Möglichkeiten die kirchlichen Statuten gegen die Häretiker zur Ausführung zu bringen; falls sie das nicht beachten wollen, verlieren sie ihr Amt und können keine anderen Ämter bekleiden; sie sollen exkommuniziert und ihr Besitz dem Interdikt unterworfen werden; die Stadt, die sich diesen Beschlüssen widersetzt oder trotz bischöflicher Ermahnung jene nicht bestraft, die Widerstand leisten, unterliegt dem Handelsboykott und verliert ihren Bischofssitz; (7) entscheidet, alle, die Häretiker begünstigen, zu dauernder Infamie zu verurteilen und von Rechtsvertretung, Zeugenfähigkeit und öffentlichen Ämtern auszuschließen sowie diejenigen, die exemt sind, ungeachtet ihrer Privilegien in allem, was die Gesetze gegen die Häretiker anlangt, den Erzbischöfen und Bischöfen gleichsam wie delegierten Richtern zu unterwerfen. (Teil b): (Lucius III.) erklärt, daß Vögte, die sich anmaßen, Geistliche willkürlich ein- und abzusetzen, die Vogtei nach Belieben zu veräußern, genannte Abgaben von den Bauern der Kirchen zu erpressen und Handlungen Geistlicher nach Gutdünken für ungültig zu erklären, aufhören sollen, die Kirchen zu beschweren, seien sie Vögte, Patronatsherren, Vicedomini, Kustoden oder Personen, die eine guardia innehaben; bestimmt, daß sie nichts fordern dürfen außer der alten und bescheidenen, durch die Bischöfe festgesetzten Abgabe der Laien und exkommuniziert werden sollen, wenn sie es dennoch tun, und legt fest, daß bestehende sowie künftige Verträge dieser Art kassiert werden und ungültig sind und daß das Rechtsmittel der Appellation gegen diese Kapitel, sowohl hinsichtlich der Häretiker als auch der Vögte ausgeschlossen ist.

Originaldatierung:
Dat. Verone 4 non. mar.
Incipit:
Fraternitatem tuam super his que

Überlieferung/Literatur

Überl.: Kopie 13. Jh., Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 9930 fol. 57'-60 Nr. 74 (Livre blanc du chapitre d'Arras, STEIN Nr. 214, Répertoire des microfilms S. 153 Nr. 45501); Kopie 18. Jh., Paris, Bibl. nat., Coll. Moreau 86 fol. 65-66' (aus dem Orig.).

FRÉDÉRICQ, Corpus docum. inquisitionis 1 S. 56-59 Nr. 57; LOISNE, Cartulaire Arras S. 49-51 Nr. 69; RAMACKERS, PUU Frankreich 3 S. 207-210 Nr. 154.

JL 15377; Nouv. WAUTERS Nr. 2507.

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. auch RAMACKERS, PUU Frankreich 3 S. 6. – Zum Inhalt der 'Ketzergesetze' vgl. den Kommentar zur Dekretale Ad abolendam (Reg. 1247), die hier weitgehend wiederholt wird. Zur Situation in Arras vgl. DELMAIRE, Arras 1 S. 385f.

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,4,4,2 n. 1517, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1185-03-04_6_0_4_4_2_351_1517
(Abgerufen am 28.03.2024).