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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,4,4,2

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Lucius III. schreibt Erzbischof W(ilhelm) von Reims, Kardinal von S. Sabina und Legat des Apostolischen Stuhls (W. Remensi archiepiscopo S. Sabine cardinali apostolice sedis legato), und Abt (Herveus) von Marmoutier (abbati Maioris Monasterii) (Erzd. Tours), er habe aufgrund der Klage von St-Martin in Tours (ecclesie beati Martini Turonensis) wegen der Einung der Burgleute von Châteauneuf (burgenses Castri novi) den Kanonikern von St-Martin das Recht gewährt, diejenigen, die sich weigerten, nach Ermahnung abzuschwören, unter Ausschluß der Appellation mit dem Anathem zu belegen, wogegen die Burgleute jedoch versicherten, die Kanoniker hätten sie nicht kanonisch ermahnt, sondern die Grenzen der päpstlichen Indulgenz überschritten und über sie, obwohl sie zur Leistung des geforderten Eids bereit gewesen seien, das Anathem verhängt, während die Kanoniker dagegengehalten hätten, sie seien gemäß dem Tenor der Indulgenz verfahren; befiehlt ihnen daher, die Burgleute nach dem eidlichen Sicherheitsversprechen (iuratoria cautione) unter Ausschluß der Appellation zu absolvieren, die Absolution öffentlich bekannt zu machen sowie für die Wiederherstellung des Friedens zwischen Kanonikern und Burgleute zu wirken und, falls dieser nicht zu erlangen ist, die Burgleute zum Gehorsam gegenüber dem päpstlichen Mandat unter Ausschluß der Appellation zu zwingen; beauftragt sie, diejenigen, die leugnen, den Eid geleistet zu haben, dies beschwören zu lassen, Ungehorsam gegenüber dem päpstlichen Mandat mit der Exkommunikation zu ahnden, Streitfälle anzuhören und unter Ausschluß der Appellation zu entscheiden; bestimmt, daß einer allein mit dem Boten des Abwesenden zur Ausführung unter Ausschluß der Appellation berechtigt ist, falls sie (der Erzbischof von Reims und der Abt) bei der Absolution und deren Verkündung nicht beide anwesend sein können, legt fest, daß bei anderen Prozeßpunkten jedoch die Anwesenheit des Erzbischofs erforderlich ist, und daß päpstliche Urkunden, die ohne Zustimmung beider Parteien impetriert wurden, nicht zu beachten sind.

Originaldatierung:
Dat. Verone 3 kal. nov.
Incipit:
Cum olim ad audientiam nostram

Überlieferung/Literatur

Überl.: Kopie 18. Jh., Paris, Bibl. nat., Coll. de Touraine 5 fol. 200-200' Nr. 1952 (inseriert in die undatierte Urk. des Abts Herveus von Marmoutier).

Deffense des Privileges de S. Martin de Tours S. 25-26; Migne, PL 201 Sp. 1296-1297 Nr. 170.

JL 15106 (J 9634).

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. auch RAMACKERS, PUU Frankreich 5 S. 60 . – Das Incipit der Urk. des Abts, das an den Dekan und das Kapitel von St-Martin in Tours gerichtet ist, lautet Noveritis dominum Remensem et nos mandatum apostolicum suscepisse in hanc formam; in der Hs. folgt dann aber nicht die Kopie des Mandats, sondern es wird auf dessen gedruckten Text in der 'Deffense' verwiesen. Daran schließt sich die Fortsetzung des Briefes des Herveus an, der darin, nachdem er auf die rechtlichen Probleme der Vertretung des Erzbischofs (Wilhelm weilte damals an der Kurie, vgl. die Liste der Kardinalsunterschriften im Anhang) eingegangen ist, mitteilt, er werde am Montag nach dem bevorstehenden Fest des hl. Andreas (30. November, im Jahr 1184 ein Freitag, der Montag war also der 3. Dezember) mit einem Vertreter des Erzbischofs in der Kirche St-Pierre-le-Puellier in Châteauneuf die Absolution der Bürger vornehmen, gleichviel, ob Vertreter von St-Martin anwesend seien oder nicht. Vgl. zu den hier von Lucius III. genannten eigenen Urkk. Reg. 1089 von 1184 April 30 und Reg. 1130 von 1184 Mai 28. – Die Absolution war für die burgenses die Voraussetzung, um einen rechtskräftigen Eid schwören zu können; er wurde 1185 Februar 24 vor Erzbischof Wilhelm von Reims und Abt Herveus geleistet, vgl. Reg. 2415. – Zum Kardinalat Wilhelms von Reims vgl. GANZER, Kardinalat S. 125ff. und FALKENSTEIN, Wilhelm von Champagne S. 197ff. sowie S. 210ff. zu seinem Legatenamt. Zu Châteauneuf vgl. CARRÉ DE BUSSEROLLE, Dict. Indre-et-Loire 2 S. 161f.; zur Anwendung der non obstantibus-Formel in diesem Streit vgl. MEDUNA, Studien S. 108f. Zum Begriff der Einung und zur doppelten Bedeutung von coniuratio vgl. HRG 1 Sp. 911f. Zum Verlauf des Streits vgl. VAUCELLE, St-Martin de Tours S. 283ff., FARMER, Communities S. 18 (Plan) und S. 261ff. sowie allgemein OEXLE, Kultur der Rebellion S. 132ff. Zusammenfassend zur topographischen und rechtlichen Entwicklung vgl. KAISER, Bischofsherrschaft S. 430ff.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,4,4,2 n. 1242, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1184-10-30_2_0_4_4_2_76_1242
(Abgerufen am 25.04.2024).