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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,2,4

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Hoftag: Friedrich hält einen Hoftag (Ann. Stadenses), bei dem Gespräche mit Papst Lucius (III.) im Mittelpunkt stehen. Er setzt sich beim Papst zu Gunsten der anwesenden Kleriker, darunter zahlreicher (ehemals schismatischer) Geistlicher aus Deutschland, ein. Lucius zeigt sich zunächst auch geneigt, diesem Ansinnen zu entsprechen, ändert dann aber seine Meinung und weist die Behandlung derartiger Fälle, wie sie ja auch in Venedig (siehe Reg. 2291) auf einem Konzil durchgeführt worden sind, einem nach Lyon einzuberufenden Konzil zu. In den Gesprächen zwischen dem Kaiser und dem Papst wird auch über das Mathildische Gut verhandelt, doch geht der Papst auf den Vorschlag einer Überlassung seiner Ansprüche an das Reich gegen jeweils ein Zehntel der Reichseinkünfte aus Italien für ihn und die Kardinäle nicht ein. Papst Lucius (III.) geht auf den Wunsch des Kaisers, dessen Sohn Heinrich (VI.) zum Kaiser zu krönen, deshalb nicht ein, weil nicht zwei Kaiser zur gleichen Zeit herrschen können. Auch in der Angelegenheit der zwiespältigen Bischofswahl in Trier kann keine Einigkeit erzielt werden; der Papst hat sich für Folmar, der Kaiser für Rudolf entschieden und beide wollen davon nicht abgehen. Friedrich lädt in dieser Angelegenheit auf Rat der Kardinäle sogar (Elekt) Rudolf von Trier nach Verona, um dem Papst die Gelegenheit zu bieten, beide Seiten zu hören. Ein Gesandter Sultan Saladins erscheint auf dem Hoftag in Verona und überbringt ein Schreiben seines Herrn, in dem dieser Ansprüche auf Jerusalem erhebt, worüber der ganze Hof sehr bestürzt ist (Ann. Stadenses). Während des colloquium mit dem Papst führen Patriarch (Heraclius) von Jerusalem, eine Reihe von Bischöfen (aus dem Heiligen Land) und die Magister (Arnold) der Templer und (Roger de Moulins) des Hospitals (= der Johanniter) über das feindliche Vorgehen der Sarazenen Klage. Der Kaiser sagt ihnen Unterstützung zu, verspricht, einen Fürstenrat einzuberufen, und stellt in Aussicht, dass sich im nächsten Jahr Ritter für einen Zug nach Jerusalem rüsten können. Friedrich erteilt (dem abgesetzten Herzog) Heinrich (dem Löwen) auf Betreiben König Heinrichs (II.) von England, als dessen Legaten in dieser Angelegenheit der Archidiakon von Lisieux (Hugo von Nuant) und andere Kleriker sowie Familiaren an Papst Lucius (III.) nach Verona gesandt worden sind, die Erlaubnis zur Rückkehr in die Heimat und löst den Welfen gemeinsam mit dem Papst von dem Eid, niemals in sein Land zurückzukehren, es sei denn, der Kaiser würde dies erlauben (Ex gestis Henrici II. et Ricardi I.).

Überlieferung/Literatur

Ann. Plac. Gib., MG. SS XVIII, 465; Ann. Brixienses, MG. SS XVIII, 814; Ann. s. Rudberti Salisburg., MG. SS IX, 777 (ohne Ort und Datum; cum Lucio papa familiare colloquium habuit); Ann. Stadenses, MG. SS XVI, 350; Ann. Veronenses (Parisii de Cereta), MG. SS XIX, 5 (irrig zu 1183 Juli); Ann. Welfici Weingart., ed. König (Schwäb. Chroniken d. Stauferzeit 1,21978) 92 (ehrenvolle Aufnahme des Kaisers durch die Veronesen); Arnoldi Chron. Slavorum l. III cap. 11, MG. SS XXI, 154 f.; Burchard von Ursberg, ed. Holder-Egger – Simson, MG. SS rer.Germ. in us. schol., 58; Cont. Admunt., MG. SS IX, 586 (familiare habuit colloquium); vgl. Chron. reg. Col., ed. Waitz, MG. SS rer. Germ. in us. schol., 134 (teilweise auch zu 1185); Cont. Cremifanensis, MG. SS IX, 546 (cum papa Lucio Verone habuit colloquium); Cron. Reinhardsbrunn., MG. SS XXX/1, 542; Gestorum Treverorum Cont. III., MG. SS XXIV, 384 (Trierer Angelegenheiten); Ioh. Cod. Ann., ed. Holder-Egger, MG. SS rer.Germ. in us. schol., 12 (Eintreffen in Verona irrig zu ca. Oktober 6); vgl. auch Böhmer-Will, Regg. Mainz II, no

159 (zu 1185!). – Vgl. des Weiteren auch Baaken – Schmidt, Papstregesten 1124–1198, Teil 4/Lfg. 2: 1184–1185, no 1250 (Ablehnung der Intervention des Kaisers zugunsten von Schismatikern), 1251 (Ablehnung des kaiserlichen Wunsches nach Kaiserkrönung Heinrichs VI.) und 1252 (Lucius III. lehnt Angebot des Kaisers ab, für den Verzicht auf die Mathildischen Güter künftig ein Zehntel der Reichseinkünfte aus Italien dem Papst, ein weiteres Zehntel den Kardinälen zu übertragen). Zu den Klagen der Gesandten aus dem Heiligen Land: Ann. Marbacenses, ed. Bloch, MG. SS rer. Germ. in us. schol., 55 = ed. Schmale, Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe XVIIIa, 170 (mit dem angegebenen Datum „um November 1“); Cont. Admunt., MG. SS IX, 586; Cont. Zwetlensis altera, MG. SS IX, 542; Hermanni Altah. Ann., MG. SS XVII, 384 (ohne Ort und Datum); vgl. dazu auch Roberti canonici s. Mariani Autissiodorensis Chron., MG. SS XXVI, 248; Ex Radulfi de Diceto Ymaginibus historiarum, MG. SS XXVII, 274 (zu 1184 und 1185); vgl. auch das Schreiben Erzbischof Adalberts von Salzburg an Dompropst G(undaker) von Salzburg und das Salzburger Domkapitel, unten Reg. 2830. Zu der Begnadigung Heinrichs des Löwen vgl. Ex gestis Henrici II. et Ricardi I, MG. SS XXVII, 107 sowie Baaken – Schmidt, Papstregesten 1124–1198, Teil 4/Lfg. 2: 1184–1185, no 1249; vgl. auch Ex Radulfi de Diceto Ymaginibus historiarum, MG. SS XXVII, 274 (zu 1185: Rückkehr Heinrichs des Löwen imperatoris impetrata licentia).

Kommentar

Das vorliegende Regest dient einer Zusammenfassung sämtlicher historiographischer Nachrichten über den Aufenthalt in Verona im Herbst 1184 (allgemein vgl. dazu Giesebrecht – Simson, Kaiserzeit VI, 87 ff.), wobei sich die zeitliche Einordnung an dem vermutlichen Hoftagstermin, dem Fest Allerheiligen, orientiert (zum Eintreffen des Kaisers in Verona siehe schon oben Reg. 2793). – Papst Lucius III. hatte im Übrigen seinen Zug nach Norden zum Treffen mit dem Kaiser, das ja im Jahr zuvor für das Apostelfest (= 29. Juni) am Gardasee fixiert worden war (Reg. 2722), nach monatelangem Verweilen in Anagni (1184 Januar 1 – März 23/24) und dann in Veroli (März 27 – Mai 29) zu Ende Mai angetreten (Ann. Casinenses, MG. SS XIX, 313); er begab sich sodann an die Adriaküste (17. Juni in Ancona), von dort weiter über die Via Emilia und weilte Mitte Juli in Carpi, vgl. dazu die Stationen des päpstlichen Itinerars bei Baaken – Schmidt, Papstregesten 1124–1198, Teil 4/Lfg. 1: 1181–1184, no 1136 ff.; bereits am 22. Juli 1184 wurde er feierlich in Verona empfangen, vgl. Baaken – Schmidt, Papstregesten 1124–1198, Teil 4/Lfg. 2: 1184–1185, no 1167. Für eine Überlassung der Mathildischen Güter hatte der Kaiser schon im Vorjahr ein Angebot an die Kurie gemacht (siehe Friedrichs Schreiben an Lucius III., Reg. 2722). Die Ann. Stadenses, MG. SS XVI, 350 berichten zeitlich schon vor dem Zug des Herrschers nach Verona, Papst Lucius (III.) habe den Sohn des Kaisers, Heinrich (VI.), krönen und weihen wolllen, doch sei er daran von einigen Kardinälen gehindert worden; vgl. zu diesem Themenkomplex vor allem Baaken, Unio regni ad imperium, QFIAB 52 (1972) 219 ff., Schmidt, Königswahl und Thronfolge, 198 f., sowie Schmidt, A quo ergo habet, in: Von Schwaben bis Jerusalem (FS. G. Baaken), hg. von Lorenz – Schmidt (Veröff. des Alemann. Instituts, no 61, 1995) 84 f. (mit Hinweisen auf weiterführende Literatur). Zur Trierer Angelegenheit siehe schon oben Reg. 2705 sowie auch Baaken – Schmidt, Papstregesten 1124–1198, Teil 4/Lfg. 2: 1184–1185, no 1224; der als hier nach Verona geladen genannte Rudolf von Trier ist am 4. November 1184 bei Hof nachweisbar (siehe seine Zeugennennung in D. 883 = Reg. 2808). Sowohl im Zusammenhang mit der Nennung von Boten Saladins (zur Glaubwürdigkeit dieser Angaben vgl. Möhring, Saladin und der Dritte Kreuzzug, 136 f.) wie auch bei den Berichten über die Klagen von Gesandten aus dem Heiligen Land klingt die Kreuzzugsproblematik an. Zur Reise des Patriarchen von Jerusalem und seiner Gefährten nach dem Westen vgl. die Hinweise bei Röhricht, Reg. regni Hierosolymitani, 169 no 638; zu den Begleitern des Patriarchen zählte wohl auch Bischof Odo von Beirut, der schon am 5. September 1184 ein feierliches päpstliches Privileg für seine Kirche erhalten hatte, vgl. Hiestand, Papsturkunden für das Heilige Land (Abhandlungen der Akad. d. Wiss. in Göttingen, Phil.-hist. Kl., 3. Folge, Nr. 136, 1985) 298 no 125; der gleichfalls zur Delegation zählende Großmeister der Templer, Arnald von Torroga, war bereits am 30. September 1184 in Verona verstorben, vgl. Bulst-Thiele, Sacrae domus mil. templi Hierosol. magistri (Abhandlungen der Akad. d. Wiss. in Göttingen, Phil.-hist. Kl. 3., Folge, Nr. 86, 1974) 102; Vertreter der Templer traten aber in jedem Fall an den Kaiser heran (siehe dazu unten Reg. 2830). Möglich wäre es, dass auch armenische Würdenträger damals bei Hofe weilten, vgl. dazu Halfter, Staufer und Armenien, in: Von Schwaben bis Jerusalem, hg. von Lorenz und Schmidt (Veröff. d. Alemann. Instituts, Nr. 61, 1995) 190 ff., sowie Ders., Das Papsttum und die Armenier, 150. – Insgesamt vgl. dazu Hiestand, ”precipua tocius christianismi columpna”, in: Friedrich Barbarossa (VuF 40, 1992) 62 f., sowie auch unten Reg. 2809. Zur Begnadigung Heinrichs des Löwen vgl. auch Reg. 2802 sowie Engels, Entmachtung, in: Ders., Stauferstudien (1988) 120 ff.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,2,4 n. 2801, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1184-11-01_1_0_4_2_4_222_2801
(Abgerufen am 25.04.2024).