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RI IV Lothar III. und ältere Staufer (1125-1197) - RI IV,2,4

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Vorentwurf eines Friedensvertrages zwischen Friedrich und dem Lombardenbund, wobei über die Frage der Regalien Folgendes festgelegt wird: (1) Den Städten und den Personen des Bundes werden die Regalien und die Gewohnheitsrechte innerhalb und außerhalb der Stadt in der Form zuerkannt, wie sie sie in der Burg Verona und in Brescia innehaben. Jede Stadt soll diese Rechte in ihrem Bistum, ihrer Grafschaft bzw. ihrem Distrikt besitzen, außer das Gewohnheitsrecht oder der Inhalt des Vertrags würden dem widersprechen. Allerdings darf aus dieser kaiserlichen Verleihung dem Recht oder der Gewohnheit einer anderen Stadt kein Präjudiz erwachsen, und niemand soll Rechte an dem, was umstritten ist, beanspruchen. – (2) Im Hinblick auf die übrigen Regalien wird festgelegt, dass sie durch wohl beleumundete, aus der Stadt und dem Bistum zu wählende Männer, die weder gegen die Stadt noch gegen den Kaiser Hass hegen, untersucht werden sollen. Das, was dem Kaiser gehört, soll festgelegt werden; was sie einmütig festlegen, soll dem Kaiser gehören. – (3) Für diese Regalien wird ein jährlicher Zins von 2.000 Mark gefordert, doch kann über die Höhe dieser Summe noch verhandelt werden. – (4) Weder der Kaiser noch sein Bote werden Klagen über das, was den Lombarden oben zugestanden oder versprochen worden ist, zulassen. – (5) Das, was der Kaiser oder seine Vorgänger Bischöfen oder anderen geistlichen oder weltlichen Personen vor dem Krieg zugestanden haben, wird vom Kaiser nicht beeinsprucht werden. Die vorhin den Städten gemachten Zugeständnisse und Versprechungen sollen dabei ausgenommen sein, und dafür sollen die üblichen Dienste geleistet werden. Für Sentenzen, Transaktionen, Refutationen und Privilegien zum Schaden einer Kirche, einer Stadt oder einer Person des Bundes oder für kassierte Entscheidungen soll dagegen kein Zins bezahlt werden. – (6) Der Kaiser erklärt die zur Herstellung des Friedens gewährten Verleihungen von regalia et commoditates an Städte oder Personen des Bundes für frei von der Leistung eines Zinses. – (7) Alle Privilegien, Maßnahmen und Verleihungen, die aus Anlass des Krieges oder wegen des Schismas (occasione guerre vel discordie ecclesie) zum Nachteil oder zum Schaden von Mitgliedern des Bundes durch den Kaiser oder seine Boten ergangen sind, werden kassiert und für ungültig erklärt. – (8) In den Städten, in denen der Papst über den comitatus verfügt, sind die Bürger nicht dazu verpflichtet, das Konsulat vom Kaiser zu empfangen; in Städten, in denen der Bischof kraft kaiserlichen Privilegs über den comitatus verfügt, können die Konsuln, falls dies üblich ist und sie es wollen, das Konsulat weiterhin vom Bischof empfangen; ansonsten sollen sie das Konsulat vom Kaiser oder dessen Boten kostenfrei in der Lombardei empfangen oder darum nachsuchen, wobei es ausreicht, dass die Investitur einem Konsul stellvertretend für die Übrigen erteilt wird. Dieser Konsul oder dessen Nachfolger ist dann zu Lebzeiten des Kaisers nicht verpflichtet, abermals um die Investitur einzukommen. – (9) Wenn der Kaiser gestorben sein oder das Königreich seinem Sohn übertragen haben wird, sollen die Konsuln in gleicher Weise die Investitur in der Lombardei empfangen oder darum nachsuchen. – (10) Bei Appellationen, bei denen ein Betrag von 100 Pfund Imperialen überstiegen wird, soll die Appellation an den Kaiser freistehen; man soll jedoch nicht nach Deutschland zu ziehen gezwungen sein, sondern der Kaiser soll dafür einen mit Rat der Konsuln der Stadt gewählten Boten in der Stadt oder im Bistum einsetzen. – (11) Die in den Städten eingesetzten Konsuln sollen dem Kaiser ebenso wie die Bürger den Treueid leisten, und zwar bevor sie das Konsulat empfangen. – (12) Die Vasallen des Kaisers sollen von ihm die Investitur empfangen und ihm den Lehnseid wie Vasallen leisten, die Bürger sollen dies nach dem vor der Herrschaft Friedrichs üblichen Gewohnheitsrecht tun. – (13) Die geistlichen und weltlichen Vasallen, die zur Zeit des Krieges oder des Waffenstillstands (Reg. 2288) die Investitur nicht empfangen, dem Kaiser die schuldigen Dienste nicht geleistet oder ihn aus Gründen der Zugehörigkeit zum Bund angegriffen haben, sollen deshalb ihr Lehen nicht verloren haben oder dafür zur Rechenschaft gezogen werden. – (14) Die Pachtverträge und Prekarien bleiben gemäß dem Gewohnheitsrecht jeder Stadt in Kraft, und das Gesetz Kaiser Friedrichs soll dem nicht entgegenstehen, außer in der Stadt, die es freiwillig beachten will. – (15) Der Kaiser wird den Mitgliedern des Bundes und dessen Verbündeten alles ihm zugefügte Unrecht nachsehen und ihnen seine ganze Gnade gewähren. – (16) Der Kaiser wird keinen überflüssigen Aufenthalt in der Stadt oder im Bistum zum Schaden der Stadt nehmen. – (17) Der Kaiser erlaubt den Städten, sich zu befestigen und Befestigungen im Umland anzulegen, und er wird niemandem, der nicht dem Bund angehört, erlauben, in der Grafschaft, dem Bistum oder dem Distrikt einer Bundesstadt eine Burg, eine Stadt oder irgendeine Befestigung ohne Rat und Willen der betreffenden Stadt anzulegen. – (18) Die Aufrechterhaltung des bestehenden Bundes und dessen Erneuerung wird erlaubt. – (19) Aus Furcht vor dem Kaiser oder durch Druck von dessen Boten erpresste Abmachungen, wie etwa die der Piacentiner (vgl. die in der Überlieferung C interlinear von gleicher Hand eingefügte Ergänzung, DF.I.843 Anm. i’’’: nämlich der Vertrag über die Pobrücke sowie den Zoll für diese Brücke und die Regalien [= Regg. 424, 1129, 1130, 1282 und 1520], der Vertrag Bischof Ugos [von Piacenza] über Castell’Arquato wie auch allfällige andere Abmachungen des Bischofs, der Kommune oder einer anderen Person mit dem Kaiser und dessen Boten sowie die Tat des Markgrafen O[pizo Malaspina] und jeglicher Angriff … auf die Pavesen und Tortonesen), die des Bischofs von Padua, der Veronesen, der Vicentiner und ähnliche, werden für ungültig erklärt. – (20) Sentenzen, die nach den Gesetzen gegen Mitglieder des Bundes ergangen sind, sollen ihre Gültigkeit behalten, solche, die aus Anlass des Krieges oder des Schismas gefällt worden sind, dagegen nicht. – (21) Besitzungen von Mitgliedern des Bundes, die diese seit Anfang der Herrschaft Friedrichs innehaben, sollen, falls sie ihnen von Bundesfremden entzogen worden sind, zurückgestellt werden, bzw. sie sollen sie im Falle der Rückerwerbung in Ruhe innehaben, außer sie würden durch zur Überprüfung der Regalien gewählte Schiedsrichter dem Kaiser zugesprochen, all dies jedoch unter Vorbehalt der oben erwähnten Zugeständnisse und Versprechungen. – (22) Alessandria soll Stadt bleiben, den Stadtrang erhalten und aller Privilegien der Bundesstädte teilhaftig sein. – (23) Den Mailändern wird die in den Grafschaften Seprio, Martesana (vgl. Reg. 1636), Bulgaria und in anderen Grafschaften ausgeübte Jurisdiktion ohne Widerspruch von Seiten des Kaisers und seiner Nachfolger zuerkannt, allerdings unter Vorbehalt der auch weiterhin gültigen Abmachungen der Mailänder mit den Städten Bergamo, Novara und Lodi. – (24) Dem Markgrafen Opizo (Malaspina) wird jeglicher Angriff auf den Kaiser, den er gemeinsam mit dem Bund unternommen hat, verziehen. Er wird in die kaiserliche Gnade wieder aufgenommen, und alle seine Besitzungen im Bistum Tortona werden ihm zurückgestellt. – (25) Dem von den Mitgliedern des Bundes dem Kaiser zu leistenden Treueid ist die Verpflichtung anzufügen, den Kaiser bei der Bewahrung und Wiedergewinnung seiner Besitzungen und Rechte in der Lombardei und außerhalb des Bundes zu unterstützen, und zwar in der Form, dass ihm im Falle der Weigerung der (diesen Besitzungen) benachbarten Städte andere helfen. Die Bundesstädte außerhalb der Lombardei müssen dies in ihrem Bereich ebenso tun. – (26) Wenn eine Stadt die hier niedergelegten und vom Kaiser festgelegten Friedensabmachungen nicht befolgen sollte, muss sie dazu von den übrigen Städten bona fide gezwungen werden. – (27) Wenn der Kaiser zum Empfang der Krone die Lombardei betritt, ist ihm das gewohnte Fodrum und das regale zu leisten, ebenso sind die Wege und Brücken für den Hin- und Rückzug wiederherzustellen, und es ist ihm und den Seinen auf dem Hin- und Rückzug bona fide et sine omni fraude der Markt bereitzustellen. – (28) Den aus ihren Besitzungen vertriebenen Anhängern des Kaisers sind diese sine fructibus et dampno dato zurückzustellen, jedoch unter Vorbehalt der früher angeführten Konzessionen und Versprechungen sowie der Übereinkunft zwischen den Pavesen und den Eltern des Egidius de Prando (aus Pavia) wegen dessen Todes; auszunehmen von diesen Rückstellungen sind des Weiteren Fälle, in denen der Besitzer über ein kaiserliches oder königliches Privileg oder ein anderes Recht verfügt und die Stadt durch Eid verpflichtet ist, den Besitz nicht zu restituieren. In diesem Fall möge ein Schiedsgericht über die Restitution befinden. Die zwischen den Städten geschlossenen Abmachungen, vor allem die vor Beginn der Regierung des Kaisers eingegangenen Pakte, sollen ihre Rechtskraft behalten, darunter namentlich die zwischen Bologna, Faenza und Imola. – (29) Wenn zwischen dem Kaiser und einem Mitglied des Bundes Streit um ein Lehen ausbricht, so soll dieser durch Standesgenossen dieser Stadt oder dieses Bistums, wo der Streitfall ausgetragen wird, gemäß dem Gewohnheitsrecht der Lombardei, in diesem Bistum oder in dieser Stadt entschieden werden. – Überarbeitung einer Stellungnahme des Kaisers durch die Rektoren des Lombardenbundes (vgl. die Überschrift in B: qualiter peticio domini imperatoris fuit facta a rectoribus Lonbardie), d. h. eine Stufe in den Vorverhandlungen für den Abschluss des Konstanzer Friedens (Reg. 2716). In Christi nomine. Super questione regalium.

Incipit:
In Christi nomine. Super questione regalium.
Schreiber:
Überarbeitung einer Stellungnahme des Kaisers durch die Rektoren des Lombardenbundes (vgl. die Überschrift in B: qualiter peticio domini imperatoris fuit facta a rectoribus Lonbardie), d. h. eine Stufe in den Vorverhan

Überlieferung/Literatur

Kop.: Abschrift aus dem Anfang des 13. Jh. im Registrum privilegiorum civitatis Mutinensis f. 17’, Stadtarchiv Modena (B); gleichzeitige Einzelabschrift, mehrfach beschädigt, im Archiv von S. Antonino zu Piacenza (C). Faks. (von B): Milano e la Lombardia in età comunale, secoli XI–XIII (Catalogo della Mostra, Milano 15 aprile – 11 luglio 1993) 377 no 202. Drucke: MG. Const. 1, 396 no 288; Manaresi, Atti del Comune di Milano 1, 182 no 133; Simeoni – Vicini, Registrum privilegiorum Comunis Mutinae 1, 84 no 52; Falconi, La documentazione, in: Studi sulla pace di Costanza (Deputazione di storia patria per le provincie Parmensi. Sezione di Piacenza, 1984) 49 no 2; MG.DF.I.843.

Kommentar

In diesem Schriftstück haben zunächst die kurz zuvor von Friedrich für Verhandlungen ermächtigten Unterhändler (Regg. 2692 und 2693) in Ausführung einer kaiserlichen Willenserklärung (D.842 = Reg. 2692: verbum tractande pacis et concordie … sinceritati vestre proponendum et consumandum committimus) den Standpunkt des Herrschers erläutert, wobei dann auch Bestimmungen aufgenommen wurden, die eindeutig von Seiten des Lombardenbundes formuliert worden sind (etwa Punkt 22 über Alessandria, der sich eigentlich durch D.841 = Reg. 2690 bereits erübrigt hatte); vgl. dazu die Vorbemerkung zum D., sowie Riedmann, Verträge, 111. – Die Formulierung von Punkt 22, bei der es um Alessandria geht, dürfte darauf hinweisen, dass man zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Vorentwurfs noch nichts von dem am 14. März 1183 in Nürnberg ausgestellten DF.I.841 (Reg. 2690) – der Regelung, mittels der Alessandria unter dem Namen Caesarea als kaiserliche Stadt neu gegründet worden war – wusste.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI IV,2,4 n. 2694, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1183-04-30_2_0_4_2_4_115_2694
(Abgerufen am 29.03.2024).