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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,5,1

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In Anwesenheit der von Papst Johannes XIX. geschickten römischen Kardinalbischöfe Dodo und Johannes weiht (1) Patriarch Poppo den Dom von Aquileia zu Ehren der hl. Jungfrau und der beiden Heiligen Hermagoras und Fortunatus. Die beiden Kardinäle unterschreiben (2) eine Urkunde des Patriarchen zugunsten des Domkapitels von Aquileia <und verleihen (3) aus Anlass der Domweihe auctoritate apostolica den Besuchern der Kathedrale einen Ablass von zehn Jahren und zehn Wochen zum Fest des hl. Hermagoras und des hl. Fortunatus sowie zu den Festen der von ihnen aus Rom in einen Seitenaltar in Aquileia transferierten Reliquien des hl. Quirinus und des hl. Markus>.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Weiheinschrift im Dom von Aquileia (AASS October III, Antwerpen 1770, 897f.; Lanckoronski/Niemann/Swoboda, Dom von Aquileia 82, 86); Antonio Belloni, Vitae patriarcharum Aquilejensium (Muratori, SS rer. Ital. XVI 37).  Drucke der Urkunde des Patriarchen (zu 2): Ughelli, Italia sacra V 51; Cappelletti, Chiese d'Italia VIII 168.  Reg.: Liruti, Notizie IV 29; IP VII/1 47 n. 1, IP VII/1 47 n. †2, IP VII/1 47 n. †3, IP VII/1 48 n. 4.  Lit.: Paschini, Vicende del Friuli (MSF 9/1913) 25ff.; Paulus, Ablass I 148; Kehr, Rom und Venedig 92; Paschini, Storia del Friuli I 204; Herrmann, Tuskulanerpapsttum 99; Härtel, Urkunden des Patriarchen Poppo von Aquileia 149ff. und passim; Hellmann, Geschichte Venedigs in Grundzügen 36f.; Wolfram, Konrad 128f.

Kommentar

Die Weiheinschrift lautet a. d. incarn. MXXXI ind. XIV. III. id. Julii presidente d. Johanne XIX. papa urbis Rome ... consecratum est hoc templum ... a d. Poppone ... patriarcha Aquilegiensi pariterque duobus Romanis pontificibus videlicet Johanne SRE episcopo card. et Dodone SRE episcopo card.. Die darin angeführten Kardinäle sind die auch in der Datierung der Urkunde n. †51 genannten. Beide sind nicht sicher zu bestimmen, doch kann Dodo nicht mit Boso von Tivoli identisch sein, wie die ähnlich lautenden Datierungen der n. †51 (Scr. pm. Johannis card. et canc. vice Petri diac. in mense Sept. et ind. VIII. – Dat. pm. Dodonis ep. et bibl. SRE) und n. 101 (Scr. pm. Joannis card. et canc. vice Petri diac. mense Sept., ind. VIII. – Dat. pm. Bossonis ep. et bibl. SRE) suggerieren könnten. Die Identität des in der zweiten Datierung genannten Bosso mit Boso von Tivoli legen die fast gleichlautenden Datierung in n. 71 und n. 72 nahe. Die Möglichkeit, dass Dodo aus einer Verballhornung für Boso resultiert und der 1031 in Aquileia Anwesende ebenfalls der römische Bibliothekar und Bischof von Tivoli war, ist aufgrund des anzunehmenden Todes dieses Prälaten auszuschließen, der laut n. †118 und n. 130 im Jahr 1031 bereits den zweiten Nachfolger auf seinem Bischofsstuhl hatte und wohl 1029 gestorben sein muss (n. 117). Der 1031 in Aquileia Anwesende Dodo könnte Bischof Dodo von Nocera gewesen sein (n. 56, n. 57, n. 95) (Schwartz, Bistümer Reichsitaliens 286f.). Ein Kardinal namens Johannes ist jedoch aufgrund der Häufigkeit seines Namens nicht zu identifizieren. Ihre Anwesenheit bei der Weihe ist auch durch die Unterschriften der Patriarchenurkunde bezeugt. Johannes XIX. schickte sie in Anbetracht seines nach der Synode 1027 (n. 95) und seiner Urkunde zugunsten Poppos (n. 101) guten Verhältnisses zum Aquileienser Patriarchen. Außerdem nennt die Inschrift zwölf weitere Bischöfe, überwiegend Suffragane von Aquileia. –  (2) Die beiden Kardinäle sind in der Urkunde Poppos zweimal genannt; zuerst macht der Patriarch eine Schenkung an das Stift u. a. ex consilio duorum Romanorum pontificum Johannis et Dudonis; dann unterschreiben die beiden auch noch das Dokument: Ego Johannes Romanae eccl. card. ep. subscripsi. Ego Dodo similiter SRE card. ep. subscripsi. –  (3) Die Kardinäle haben möglicherweise die Reliquien des hl. Quirinus und des hl. Papstes Markus nach Aquileia transferiert (obwohl der rechtmäßige Besitz dieser Reliquien v. a. die Konkurrenz zu Grado-Venedig belebt). Die Form des hier dargestellten Ablasses war allerdings im 11. Jahrhundert unüblich und passt eher in das 14./15. Jahrhundert, aus welchen die beiden Inschriften stammen. –  Die Ablässe der Kardinäle für Aquileia sind ebenso wenig als echt zu betrachten wie jene des Papstes, der nach anderen Quellen (Vitae patriarcharum Aquileiensium [Muratori, SS rer. Ital. XVI 11]; Johannes Staindel, Chr. generale [Oefele, SS rer. Boic. I 471]) die Weihe in Aquileia persönlich vorgenommen und aus diesem Anlass allen Besuchern der Kathedrale einen Ab-lass von hundert Jahren und hundert Tagen sowie zum Fest der beiden Heiligen Hermagoras und Fortunatus und dessen Oktav einen solchen von 18 Jahren und ebenso vielen Wochen verliehen haben soll (vgl. dazu die Reges-ten: IP VII/1 47 n. †2 und Santifaller, Verzeichnis 68 n. †68, sowie die Überlegungen von Paschini, Vicende del Friuli [MSF 9/1913] 25ff.). Der Aquileienser Bischofskatalog berichtet nämlich, Patriarch Poppo habe una cum b. papa Johannes XVIII. et aliis SRE cardinalibus den Dom von Aquileia geweiht. Johannes Staindel erzählt, auch der Kaiser sei dabei anwesend gewesen cuius dedicationi Johannes papa et Conradus imperator ... interfuere. Dagegen weiß Antonio Belloni, Vitae patriarcharum Aquilejensium (Muratori, SS rer. Ital. XVI 37) zwar von der angeblichen Anwesenheit des Kaisers, doch nur von einem Konsens des Papstes Poppo ... basilica(m) ... praesente Conrado, cui Johannes XI. pontifex summus ratus sui assensu fecerat, cum cardinalibus duobus ... consecravit. Aus dem Datum der Domweihe und der Nennung des Kaisers Konrad II. ergibt sich, dass Johannes XIX. gemeint sein muss und weder der in den Quellen genannte XVIII. noch XI. korrekt sein können. Die Anwesenheit des Papstes dürfte von den beiden Schriften zur Rangerhöhung der Kirche hinzugefügt worden sein. Abgesehen von der späten Entstehung dieser Quellen spricht auch die anderslautende Tradition der Inschrift und bei Belloni gegen die Annahme, der Papst habe die Kathedrale persönlich geweiht. Hintergrund für die Fehlinterpretation beider Quellen dürfte der Hinweis in den zwei genannten Weiheinschriften im Dom sein, die Weihe sei praesidente (abgekürzt als psidente) d. Johanne XIX. papae vorgenommen worden, was wohl mit "zu der Zeit" zu übersetzen wäre. Die Behauptung von der Gegenwart des Papstes beruht auf der Lesart praesente statt praesidente. Die in den Inschriften des 14. und 15. Jahrhunderts enthaltene Hauptaussage war aber die Behauptung von der Ablassverleihung im Zusammenhang mit der Domweihe; sie besagt, Johannes XIX. habe aus Anlass der Domweihe diese Gnadenbezeigung durchgeführt. Erst in dieser späteren Zeit waren Ablässe in dieser Form üblich, aber nicht zu Beginn des 11. Jahrhunderts. Die Nachricht von den Ablässen ist ebenso abwegig wie die Überlieferung von der Domweihe durch den Papst selbst.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,5,1 n. 141, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1031-07-13_1_0_3_5_1_141_141
(Abgerufen am 20.04.2024).