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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,2,3

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Heinrichs Gesandte, die Bischöfe Benno von Osnabrück und Dietrich von Verdun, versprechen auf der römischen Fastensynode im Namen des Königs Gehorsam gegenüber Papst Gregor (VII.), beklagen sich über das jenem geschehene Unrecht, da Herzog Rudolf (von Schwaben) als Lehnsmann des Königs (miles regis) unter Bruch seines Treueides das Königtum an sich gerissen habe (Berthold: cum ceteris suis consentaneis regno suo periurus et perfidus iniuste expulerit et sic ipse regnum temerarius invaserit), und erbitten vom Apostolischen Stuhl ein Urteil in dieser Sache, woraufhin mehrere Synodalen die Auffassung vertreten, daß Rudolf exkommuniziert werden solle, was jedoch von Gregor mit der Begründung abgelehnt wird, daß zunächst die Angelegenheit der beiden Parteien gründlich untersucht werden müsse, zumal die Berechtigung der durch seinen Kardinal (Bernhard) ausgesprochenen Exkommunikation (Heinrichs [vgl. Reg. 917]) noch im Zweifel sei. Die Synode beschließt daraufhin, Boten nach Deutschland zu entsenden; welche dort fromme und wahrheitsliebende Männer weltlichen und geistlichen Standes versammeln sollen und mit diesen entweder einen gerechten Frieden herbeiführen oder aber feststellen können, welcher Seite das Recht den Vorzug gebe (Protokoll: nuntii … mittantur, qui omnes religiosos et iustitię amatores in Teutonici regni partibus commorantes clericalis et laicalis ordinis viros et ad hoc opus idoneos convocent, cum quibus Domini gratia preeunte aut finem et pacem iuste componant aut veritate percognita, cui parti magis iustitia faveat, ad plenum addiscere valeant), um den im Unrecht befindlichen Teil mithilfe apostolischer Autorität zur Einsicht zu bewegen, und droht allen, welche die Legaten an ihrem friedensstiftenden Unternehmen hindern, die Exkommunikation an. Ferner werden mehrere geistliche Anhänger Heinrichs IV. exkommuniziert und die durch Exkommunizierte erfolgten Weihen für ungültig erklärt.

Überlieferung/Literatur

Protokoll der römischen Fastensynode vom 3. März 1078 (Reg. V, 14a [MGH Epp. sel. 2, 368-373]); Brief Gregors VII. an alle Deutschen vom 9. März (1078) (Reg. V, 15 [MGH Epp. sel. 2, 374-376]); Brief Gregors VII. an Erzbischof Udo von Trier vom 9. März (1078) (Reg. V, 16 [MGH Epp. sel. 2, 376-378]); jeweils rückblickend der Brief Gregors VII. an alle Deutschen vom 1. Juli (1078) (Reg. VI, 1 [MGH Epp. sel. 2, 389 f.]); Brief an den (abgesetzten) Herzog Welf (I. von Bayern) vom 30. Dezember (1078) (Reg. VI, 14 [MGH Epp. sel. 2, 418 f.); Protokoll der römischen Fastensynode vom 7. März 1080 (Gregor VII., Reg. VII, 14a [MGH Epp. sel. 2, 485]); Brief an Kleriker und Laien von (Sommer 1083) (Reg. IX, 29 [MGH Epp. sel. 2, 613]); als historiographische Quellen Berthold 1078 (SS 5, 306-309 = SS n. s. 14, 315-324); Bernold Const. 1078 (SS 5, 435 = SS n. s. 14, 418 f.); Bonizo, Ad amic. VIII (Ldl 1, 611); St. Galler Fortsetzungen Hermanns von Reichenau zu 1077, f. 19r (Rex Hainricus tres episcopos pro sui causa et supplantatione sui regni agenda Romam ad generale concilium transsmisit [!], sed papa Růdolphiane parti magis favente nihil profecit. Quod tamen multis displicuit, quia hec subplantacio interim facta est, dum rex in satisfactione et obediencia pape obedivit); Hugo Flav., Chron. II (SS 8, 448); Annal. Saxo 1078 (SS 7, 712 f. = SS 37, 451); vgl. ferner Deusdedit, Collectio canonum IV, 185 (Wolf von Glanvell 1, 491).

Kommentar

Das Synodalprotokoll (Reg. V, 14a [MGH Epp. sel. 2, 368]) spricht von fast 100 anwesenden Erzbischöfen und Bischöfen sowie zahlreichen Äbten, Klerikern und Laien; Deusdedit IV, 185 nennt die Zahl 95 (Wolf von Glanvell 1, 491), Berthold irrig ca. 70 (SS 5, 306 = SS n. s. 14, 315). ‒ Auf der Synode anwesend waren ferner fideles Welfs von Bayern (Reg. VI, 14 [MGH Epp. sel. 2, 418 f.]). ‒ Zum Eröffnungsdatum vgl. Meyer von Knonau, Jbb. 3, 103 f. mit Anm. 4; ebenso Caspar in MGH Epp. sel. 2, 366 Anm. 2 und 368 (ohne Begründung nennen den 25. Februar Hefele-Leclercq, Histoire des conciles25, 232; neuerdings Gresser, Synoden und Konzilien in der Zeit des Reformpapsttums [2006] 167). ‒ Von der Fastensynode wurde unter anderem Erzbischof Thedald vom Mailand (erneut) exkommuniziert und suspendiert; ebenso Wibert von Ravenna, der der Einladung zur Synode nicht gefolgt war. Roland von Treviso (vgl. Reg. 789) wurde wegen Erschleichens des Legatenamtes exkommuniziert und der Bischofswürde beraubt; ferner wurde der Kardinal Hugo Candidus exkommuniziert und ihm die Ausübung des Priesteramtes untersagt (Reg. V, 14a [MGH Epp. sel. 2, 369 f.]; vgl. Reg. V, 13 [366 f.]). ‒ Laut Berthold seien Benno von Osnabrück und Dietrich von Verdun sofort von Gregor VII. nach Deutschland entlassen worden, wobei sie von päpstlichen Boten (nuntios) begleitet worden seien. Den königlichen Gesandten sei die Mahnung an Heinrich mitgegeben worden, daß dieser bis zum Abschluß des zu vereinbarenden Kolloquiums Frieden mit all seinen Feinden halten solle. Die begleitenden päpstlichen Boten hätten nicht selbst bei dem Kolloquium zugegen sein sollen; vielmehr sei es deren Aufgabe gewesen, Heinrich zu veranlassen, Ort und Zeit für dasselbe zu bestimmen. Hiernach hätte einer der Boten Gregors VII. mit dieser Nachricht nach Rom zurückkehren sollen, von wo aus schließlich Legaten nach Deutschland hätten abgesandt werden sollen, um auf der Versammlung als Ratgeber, Vermittler und correctores zu fungieren (308 = 320: nuntios suos [sc. Gregors] cum legatis illius [sc. Heinrichs] se ad illum directurum prudenter destinavit, ut iuxta suum beneplacitum tempus et locum futuri colloquii ipse deliberaret, et hoc regni primatibus et cunctis illuc convocandis indubitanter notificato et prenuntiato, nuntius apostolicus Romam rediret, quatinus sedis apostolice legati in hoc destinati et electi in tempore oportuno rectoque itinere et ipsi ad hoc instantis cause conventiculum consultores, mediatores et correctores idonei pervenirent). ‒ Bertholds Nachricht entspricht jedoch nicht gänzlich Gregors VII. eigener Aussage in seinem Schreiben an die Deutschen vom 9. März (1078) (Reg. V, 15 [MGH Epp. sel. 2, 374-376]). Dort heißt es nach der Mitteilung der Deutschland betreffenden Synodalbeschlüsse, der Überbringer des Briefes (portitor) solle zusammen mit dem Erzbischof (Udo) von Trier, der Heinrich gewogen sei (qui Heinrico favet), sowie einem Bischof aus der Partei Rudolfs Ort und Zeit der Versammlung festsetzen, zu welcher dann die genannten Legaten kommen würden. Ein Brief vom selben Tag an Udo von Trier (Reg. V, 16 [MGH Epp. sel. 2, 376-378]) nimmt auf diesen Auftrag genaueren Bezug und fügt die Aufforderung hinzu, daß sich der Erzbischof bei Heinrich für die sichere Heimkehr der (vorangegangenen) Legaten, des Kardinaldiakons Bernhard und des Abtes Bernhard von Marseille, einsetzen möge. ‒ Von Rudolfs von Schwaben Gesandten ist Bertholds Nachricht überliefert, daß sie von Gregor VII. in Heimlichkeit, doch mit dem apostolischen Segen für Rudolf versehen, verabschiedet worden seien (309 = 324); ausdrücklich von der Zustimmung auch dieser Gesandten zur Ausrichtung eines Kolloquiums spricht Hugo von Flavigny (SS 8, 448). Nach Auffassung von Jäschke, Osnabrücker Zehntstreit, AfD 11/12 (1965/66) 323 hätten die Gesandten Heinrichs die Gesandten Rudolfs "schon von Anfang an völlig überspielen" können. ‒ Nur Berthold erwähnt in Zusammenhang mit der Fastensynode ein Verbot der Laieninvestitur (308 f. = 322; vgl. Reg. 954). Hierzu äußert sich skeptisch R. Schieffer, Entstehung des päpstlichen Investiturverbots (1981) 160-170; auch Vogel, Gregor VII. und Heinrich IV. (1983) 106 vertritt die Auffassung, daß "die Nachricht mit Zurückhaltung aufgenommen werden" müsse. Zur Einordnung eines Briefes Gregors VII. an Huzmann von Speyer, in welchem jener dessen Investitur durch den König als unerlaubt bezeichnet (Reg. V, 18 vom 19. März [1078] [MGH Epp. sel. 2, 381 f.]), vgl. R. Schieffer, Entstehung des päpstlichen Investiturverbots (1981) 143-152; sowie Beulertz, Verbot der Laieninvestitur (1991) 98 f.‒ Nicht gänzlich gesichert ist die chronologische Zuordnung einer Aussage Gregors VII. vom Sommer 1083, er habe auf einer (vergangenen) Synode entschieden, Rudolf und diejenigen Bischöfe, die ihn zum König geweiht hatten, ihrer Würden zu entkleiden, falls sie ihr Handeln nicht ausreichend hätten begründen können (Reg. IX, 29 [MGH Epp. sel. 2, 613]; hierzu vgl. genauer Reg. 1114. Während Meyer von Knonau, Jbb. 3, 164 f. mit Anm. 107 die Aussage auf die Hersbtsynode (vgl. Reg. 954) beziehen möchte, spricht der Herausgeber Caspar Anm. 4 mit einiger Vorsicht von der Fastensynode, was dem Kontext der Aussage tatsächlich besser entspräche (vgl. ebd. Anm. 5). ‒ Vgl. Meyer von Knonau, Jbb. 3, 103-115 und 123; Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands3-43, 814; Hefele-Leclercq, Histoire des conciles25, 232-236; Schumann, Die päpstlichen Legaten in Deutschland (1912) 44-46; Fliche, La réforme grégorienne 2 (1925) 367-369; Borino, Il decreto di Gregorio VII contro le investiture (Studi Gregoriani 6, 1959/61) 329-348; Jäschke, Osnabrücker Zehntstreit, AfD 11/12 (1965/66) 323-325; Heutger, Bischof Benno II., Jb. d. Gesellschaft f. niedersächsische Kirchengeschichte 67 (1969) 108 f.; Robinson, Pope Gregory VII, the princes and the Pactum, English Historical Review 94 (1979) 734-736; Vogel, Gregor VII. und Heinrich IV. (1983) 104-110; Somerville, The councils of Gregory VII (Studi Gregoriani 13, 1989) 44-46 und 50; Struve, Gregor VII. und Heinrich IV. (Studi Gregoriani 14, 1991) 42 f., wieder in: ders., Salierzeit im Wandel (2006) 104 mit 314; Suchan, Königsherrschaft im Streit (1997) 125 f.; Cowdrey, Pope Gregory VII (1998) 180 f.; Robinson, Henry IV (1999) 179; Blumenthal, Gregor VII. (2001) 182; Althoff, Heinrich IV. (2006) 163 f.; Gresser, Synoden und Konzilien in der Zeit des Reformpapsttums (2006) 166-176; Weinfurter, Canossa (2006) 155 und 181 mit 217 und 219; R. Schieffer, Papst Gregor VII. (2010) 70; Fried, Canossa (2012) 142 f.; Muylkens, Reges geminati (2012) 188.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,2,3 n. 927, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/d74e08fc-12ac-4b6e-9b07-0faf36c1b72c
(Abgerufen am 16.04.2024).