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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,2,3

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Heinrich trifft in Piacenza ein und begegnet dort seiner Mutter, der Kaiserin Agnes; die Gefangennahme päpstlicher Legaten durch den Bischof Dionysius wird durch ihn geduldet.

Überlieferung/Literatur

Bonizo, Ad amic. VIII (Ldl 1, 610); zu den Legaten: Brief Papst Gregors VII. an Erzbischof Udo von Trier vom 30. September (1077) (Reg. V, 7 [MGH Epp. sel. 2, 357]); Berthold von Reichenau (SS 5, 290 = SS n. s. 14, 262 f.); Bernold Const. 1077 (SS 5, 433 = SS n. s. 14, 410 f.); V. Anselmi Luc. c. 17 (SS 12, 18).

Kommentar

Die ungefähre Datierung des Aufenthalts in Piacenza ergibt sich aus D. 286 (Reg. 862). Laut Bonizo von Sutri VIII habe sich Heinrich IV. in Piacenza mit exkommunizierten (lombardischen) Bischöfen getroffen und auf deren schändliche Ratschläge gehört; dies jedoch nur heimlich, da er seine dort ebenfalls anwesende fromme Mutter gefürchtet habe (Ldl 1, 610: Nam diebus ab omnium [Longobardorum] episcoporum se consortio sequestrabat, reputans eos excommunicatos. Noctibus eorum nefariis acquiescens consiliis, illud mente tractabat, quod postea rei monstravit eventus. Sicque faciebat per omne tempus, quo Placentię demoratus est, maxime metuens presentiam matris suę religiosissimę imperatricis, que forte ibi aderat). Bonizos Wortlaut (per omne tempus, quo Placentię demoratus est) läßt einen längeren Aufenthalt Heinrichs vermuten. Auch Berthold von Reichenau (SS 5, 290 = SS n. s. 14, 263) wirft dem König Umgang mit exkommunizierten lombardischen Bischöfen vor. ‒ Nach Auffassung von Bulst-Thiele, Kaiserin Agnes 103 Anm. 4 sei die Nachricht, "daß der König ständig in Sorge war, seine Verschwörungspläne vor der Kaiserin zu verbergen, … wohl eine Übertreibung Bonithos". ‒ Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes (1995) 56 und 99 geht davon aus, daß die Kaiserin erst in Piacenza mit ihrem Sohn zusammentraf (erstmals seit 1074; vgl. Reg. 700) und bis Anfang April in seiner Nähe blieb (vgl. D. 293; Reg. 875). Ohne Berücksichtigung des D. 293 spricht Jäschke, Notwendige Gefährtinnen (1991) 135 irrig von einem nur kurzen Treffen zwischen Agnes und Heinrich. ‒ Der exkommunizierte Bischof Dionysius von Piacenza gehörte zu den hauptächlichen Gegnern Gregors VII. im oberitalienischen Episkopat (vgl. Reg. 728. 789). Nach Berthold (290 = 262 f.) habe der Bischof (nach den Ereignissen von Canossa) zwei päpstliche Legaten gefangen genommen; er nennt die Bischöfe (Gerald) von Ostia und irrig (Hubertus) von Palestrina – tatsächlich handelte es sich um Anselm (II.) von Lucca (so die übrigen Quellen zu den Vorgängen). Ersterer sei längere Zeit auf einer Burg eingekerkert worden, was von Heinrich IV. geduldet worden sei. Bernold von Konstanz (SS 5, 433 = SS n. s. 14, 410 f.) behauptet gar, Heinrich IV. selbst hätte nicht einmal 15 Tage nach seinem Eid (von Canossa; vgl. Reg. 857) die Bischöfe gefangengesetzt (ähnlich die Vita Anselmi c. 17 [SS 12, 18]). Papst Gregor VII. selbst spricht in einem Schreiben an Udo von Trier vom 30. September davon, daß Gerald von Ostia von Heinrichs Getreuen gefangengenommen worden sei (Reg. V, 7 [MGH Epp. sel. 2, 357]: a cuius fidelibus legati nostri postea capti sunt, videlicet Geraldus Ostienis episcopus in Longobardia, …). Die vorherige erfolgreiche Tätigkeit der Legaten im Sinne Gregors VII. und gegen Erzbischof Thedald in Mailand beschreibt Arnulf von Mailand V, 9 (SS 8, 31 = SS rer. Germ. [1994] 229-231). Zu diesen Vorgängen vgl. eingehend Vogel, Gregor VII. und Heinrich IV. (1983) 12-20; ferner Meyer von Knonau, Jbb. 2, 768 f.; Struve, Gregor VII. und Heinrich IV. (Studi Gregoriani 14, 1991) 40 f., wieder in: ders., Salierzeit im Wandel (2006) 103 mit 313; Black-Veldtrup, Kaiserin Agnes (1995) 57; Zumhagen, Religiöse Konflikte und kommunale Entwicklung (2002) 162; sowie Fried, Der Pakt von Canossa, in: Faszination der Papstgeschichte (2008) 190 ("Vermutlich hintertrieben Gregors Gegner unter den lombardischen Bischöfen … durch die Gefangennahme der Legaten … den Friedensvertrag von Canossa."). Zu Dionysius’ Behauptung auf dem Bischofsstuhl von Piacenza vgl. Englberger, Gregor VII. und die Investiturfrage (1996) 103. Allerdings stellt Fried, Der Pakt von Canossa, in: Faszination der Papstgeschichte (2008) 186 Anm. 109 fest: "Eine Begegnung des Königs mit Dionysius ist damals überhaupt nicht mehr nachzuweisen." Gleiches gilt für Thedald von Mailand, der erst Anfang April wieder in Königsnähe nachzuweisen ist (D. 293; Reg. 875). ‒ Einen erneuten Umgang Heinrichs mit Exkommunizierten nach der Lossprechung beklagt auch Bruno, Bell. Saxon. c. 90 (MGH Dt. MA 2, 84). ‒ Vgl. Reg. 862. ‒ Vgl. Meyer von Knonau, Jbb. 2, 767 f. und Jbb. 3, 1; Massino, Gregor VII. im Verhältnis zu seinen Legaten (Diss. Greifswald 1907) 39 f. und 50 f.; Bruns, Gegenkönigtum (1939) 36 f. Vogel, Gregor VII. und Heinrich IV. (1983) 25; Zimmermann, Der Canossagang von 1077 (1975) 40; R. Schieffer, Papst Gregor VII. (2010) 65; Fried, Canossa (2012) 164.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,2,3 n. 861, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/c1c0f324-5dc1-458d-bbde-8e85f3e19d21
(Abgerufen am 24.04.2024).