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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,1

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Die Fürsten versammeln sich zur Königswahl . Brief Berns von Reichenau an den italienischen Bischof A. (oben unter (n. k, Giesebrecht 2 5, 709) ): Sciatis enim publicum conventum omnium nostrum pridie non. sept. esse iuxta Rhenum in loco, qui dicitur Kambe. Herim. Aug. 1024: habito apud villam Kambam principum conventu senior Covnradus rex promotus. Möglicherweise kennt Hermann den Ortsnamen aus dem Briefkodex des Abtes Bern von Reichenau; vgl. Breßlau, Jahrbücher 1, 17 Anm. 2. Der heute nicht mehr vorhandene Ort lag im Rheingau am rechten Rheinufer gegenüber Oppenheim (vgl. Breßlau, Wiponis opera3 14, Anm. 1 und Jahrbücher 1, 17 f.). Wipo cap. 2 nennt den Namen der Örtlichkeit nicht, sondern verschleiert seine Unkenntnis mit folgenden Worten: Inter Moguntiae confinia et Wormatiae locus est amplitudinis et planiciei causa multitudinis maximae receptabilis, ex insularum recessu ad secretas res tractandas tutus et habilis; sed de vocabulo et situ loci plenius dicere topographis relinquo, ego autem ad inceptum redeo. Überhaupt ist Wipos Bericht über den Wahlvorgang unvollständig und rhetorisch-phrasenhaft. Er nennt weder den Zeitpunkt noch den Einberuf er der Versammlung; da er sich offenbar nicht darüber im klaren war, welche Fürsten teilgenommen haben, zählt er die ihm bekannten Namen der geistlichen und weltlichen Großen des Reiches auf, um seine Unkenntnis zu verdecken. Er übergeht dabei die Sachsen, die, wie er aus sicherer Quelle erfahren zu haben meint, teilgenommen haben sollen (cap. 1: Saxoniae praesules, quoniam me latuit, quid de vita eorum nominibus adicere conveniret, memorare vitavi, quamquam et eos summis rebus adesse, consulere, succurrere procul dubio perceperim). Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß sie nicht in Kamba anwesend waren (vgl. Breßlau, Wiponis opera3 11, Anm. 5 und Jahrbücher 1, 12 ff.; anders Scheffer-Boichorst, MIOG. 6, 57 ff.).Wenn Wipo weiter erklärt, daß er Italien übergehe, dessen Fürsten infolge der Kürze der Zeit nicht zur Königswahl erscheinen konnten (Italiam transeo, cuius principes in brevi convenire ad regiam electionem nequiverant), so verkennt er, daß die italienischen Großen an deutschen Königswahlen nicht beteiligt waren; für die Wahl Konrads II. ergibt sich dies auch aus dem Schreiben des Abtes Bern von Reichenau an den italienischen Bischof (oben unter (n. k) ). ‒ Nach Wipo cap. 2 sollen sich die Sachsen mit den ihnen benachbarten Slaven, ferner Ostfranken, Bayern und Alemannen am rechten, Rheinfranken und Lothringer aber am linken Ufer des Stromes versammelt haben (ex parte Germaniae Saxones cum sibi adiacentibus Sclavis, Franci orientales, Norici, Alamanni convenere. De Gallia vero Franci qui supra Rhenum habitant, Ribuarii, Liutharingi coadunati sunt). Diese stark schematisierend-phrasenhaft anmutende Angabe, die durch ein Caesarzitat eingeleitet ist, ist keineswegs über jeden Zweifel erhaben; sowohl Bern von Reichenau als auch Hermann nennen nur einen Versammlungsort, nämlich das rechtsrheinische Kamba. Offenbar will Wipo den Eindruck erwecken, daß alle Großen des Reiches erschienen waren. Zweifellos anwesend waren die Kaiserinwitwe Kunigunde, Aribo von Mainz, Konrad der Jüngere, möglicherweise in abwartender Opposition jenseits des Rheins Pilgrim von Köln und Friedrich von Lothringen. Auffallend ist, daß Burkhard von Worms, der Erzieher Konrads, und der kurz nach der Wahl am Hofe nachweisbare Walter von Speyer (September 11, DK. II. 4), der zum neuen Herrscher in besten Beziehungen stand, in der Liste Wipos fehlen. Wenn er betont, daß Burgund damals noch nicht zum Imperium gehörte, Ungarn aber dem Reiche verfeindet war, so beweist dies, daß er sich über den Kreis der Wahlberechtigten nicht im klaren war; anders Breßlau, Jahrbücher 1, 19 Anm. 1, der aus den Worten Wipos cap. 1: cum istis multi alii pontifices et abbates ... aderant, quos singulos nominare operis fastidium generat den Schluß zieht, daß die Genannten anwesend waren. Als Kandidaten kamen ernstlich nur die beiden Konrade, die nächsten Verwandten der erloschenen Dynastie, in Betracht (vgl. Breßlau, Jahrbücher 1, 11). Demgegenüber hat es wenig Gewicht, wenn Wipo cap. 1 erzählt, viele Fürsten hätten nach der Krone gestrebt oder doch gewünscht, wenn nicht der erste, so der zweite im Reiche zu sein (quilibet potentissimus secularium principum vi magis quam ingenio nitebatur aut fieri primus aut quacunque pactione a primo secundus) und wenn er cap. 2 berichtet, aus einer großen Zahl von Kandidaten seien schließlich die beiden salischen Vettern ausgeschieden. Immerhin ist es im Hinblick auf Herim. Aug. 1024 (Deinde cum Covnradus senior, filius Heinrici et Adalheidae, et patruelis eius Covnradus, filius Covnradi ducis ex Mahthilde, ad regnum praecipue adniterentur ...) nicht ausgeschlossen, daß sich auch andere Fürsten vorübergehend mit dem Gedanken einer Kandidatur trugen. Doch nennt keine Quelle einen anderen Namen als den der beiden Konrade. ‒ Eine Designation Konrads II. durch Heinrich II., wie sie von späteren Autoren (Leo von Ostia, SS. 7, 665; Hugo von Flavigny, SS. 8, 392; Sigebert von Gembloux, SS. 6, 356; Otto von Freising, Chronica VI, 28) behauptet wird, ist nicht anzunehmen, da weder Wipo noch die Annales Quedlinburgenses 1024, die über die letzten Ereignisse der Regierung Heinrichs II. so ausführlich handeln, etwas davon wissen. Dieses argumentum ex silentio, nicht der von Breßlau ohne Zweifel überschätzte Einfluß der kirchenpolitischen Parteiung in den letzten Jahren der Regierung Heinrichs II. fällt entscheidend ins Gewicht; vgl. Jahrbücher Heinrichs II., 3, 356 (Exkurs X). Ebenso ist die von Pflugk-Harttung, Studien z. Gesch. Konrads II., 19 ff., verteidigte Nachricht des über deutsche Verhältnisse schlecht unterrichteten Ademar von Chabannes (SS. 4, 144 f.) von einer Designation des jüngeren Konrad durch Heinrich II. abzulehnen; der sagenhafte Charakter dieser Erzählung ist von Breßlau, Jahrbücher 1, 343 ff. (Exkurs II) nachgewiesen worden. Andererseits entsprach es zweifellos den Anschauungen des verstorbenen Kaisers, wenn die beiden salischen Vettern in erster Linie für die Nachfolge in Betracht gezogen wurden; hatte doch Heinrich II. nach dem Tode Ottos III. zunächst dem Großvater der beiden Konrade, Herzog Otto von Kärnten, einem Enkel Ottos d. Gr. durch seine Mütter Liutgard, die Herrschaft angeboten (Thietmar V, 16). Man wird also annehmen dürfen, daß er im Sinne der Anschauungen seiner Zeit in erster Linie an den älteren Konrad dachte und daß die Kaiserinwitwe seinen Intentionen gemäß handelte, wenn sie diesem nach erfolgter Wahl die Reichsinsignien aushändigte (Wipo cap. 2: imperatrix Chunegunda regalia insignia, quae sibi imperator Heinricus reliquerat, gratanter obtulit et ad regnandum, quantum huius sexus auctoritas est, illum corroboravit). Der geblütsrechtliche Gedanke tritt in den Quellen stark hervor; Wipo cap. 2 und cap. 40 (Versus pro obitu imperatoris): regum sanguine genitus; ähnlich Cantilena in Chuonradum, Wiponis opera3, 103: Ortus avorum stemmate regum; Ann. Quedlinburg. 1024: inclyta regum prosapia. ‒ Konrads Wahl war ohne Zweifel in erster Linie das Werk des deutschen Episkopats, vor allem Aribos von Mainz, der kurz darauf zum Erzkanzler von Italien ernannt wurde und eine Grafschaft zum Geschenk erhielt (s. unten o). Besonders scheint sich für Konrads Sache auch Brun von Augsburg, der Bruder Heinrichs II., der von diesem noch 1024 in die Verbannung geschickt worden war (vgl. Hirsch-Breßlau, Jahrbücher Heinrichs II., 3, 289), dann aber als engster Ratgeber Konrads (summus symmista eius, Herim. Aug. 1029; vgl. Wipo cap. 4) und als Vormund Heinrichs III. eine maßgebende Rolle spielte, eingesetzt zu haben. Neben ihm nennt Wipo cap. 4 den Bischof Werner von Straßburg (De dispositione curiali ... Ad quam rem plurimum valuit ingenium Augustensis episcopi Brunonis et Werinharii Argentinensis episcopi consilium). Auch er wird tatkräftig für Konrads Wahl eingetreten sein; vgl. Wentzke, Regesten der Bischöfe von Straßburg no. 236. ‒ Näheres darüber, mit welchen Mitteln Konrad seine Partei zu festigen suchte, erfahren wir nicht; vgl. die allgemeinen Andeutungen bei Rodulfus Glaber IV (SS. 7, 66). Daß die Erzählungen dieses Autors über die Wahl und den ersten Romzug des Herrschers wenig Glauben verdienen, hat Breßlau, Jahrbücher 1, 15 f. gezeigt. Insbesondere ist das angebliche Scheidungsversprechen Konrads gegenüber dem Reichsepiskopat und die sonst nicht bezeugte, zeitlich nicht einzuordnende Zusammenkunft des Königs mit dem Papst zu Como, von der Rodulfus Glaber zu berichten weiß, ins Reich der Fabel zu verweisen. ‒ Es gelingt Konrad, seinen jüngeren Vetter zum Verzicht auf seine Kandidatur zu bewegen; Wipo cap. 2 kleidet den Bericht über diese Vorverhandlungen, die nach seiner Darstellung zu Kamba selbst stattgefunden haben, in eine frei komponierte Rede, durch die Konrad der Jüngere veranlaßt worden sein soll, die Anerkennung des Älteren zu geloben, falls dieser gewählt würde: Ad haec iunior Chuono respondit, totam hanc sententiam sibi acceptam fore, seque illi sicuti cognato carissimo, si eum res summa vocaret, omnem regiam fidelitatem facturum certissime promisit. Vor aller Augen wurde sodann, wie Wipo weiter berichtet, die Versöhnung der beiden Vettern durch einen Friedenskuß vollzogen. ‒ Über den eigentlichen Wahlvorgang berichtet Wipo cap. 2 folgendes: Nachdem sich die Fürsten niedergesetzt, gibt Erzbischof Aribo von Mainz der Sitte gemäß als erster auf die Frage des Volkes seine Stimme für den älteren Konrad ab (Archiepiscopus Moguntinensis, cuius sententia ante alios accipienda fuit, rogatus a populo, quid sibi videretur, abundanti corde, hilari voce laudavit et elegit maioris aetatis Chuononem suum in dominum et regem atque defensorem patriae; über den in dieser Formulierung enthaltenen Kürspruch vgl. Waitz, Verfassungsgeschichte 6 2, 201). Ihm folgen die anderen Erzbischöfe und geistlichen Großen. Konrad der Jüngere, der mit den Lothringern, die ebenso wie Pilgrim von Köln der Wahl ferngeblieben waren, kurz verhandelt hatte, kehrt zum Wahlplatz zurück und wählt ebenfalls seinen Vetter, der daraufhin seine Hand ergreift und ihn an seiner Seite niedersitzen läßt. Dann sagen auch die anderen Wähler aus den verschiedenen Teilen des Reiches den Kürspruch; der einstimmig Gewählte wird vom Volk akklamiert und empfängt aus der Hand der Kaiserinwitwe Kunigunde die Reichsinsignien. Mit Pilgrim von Köln, Herzog Friedrich und anderen Lothringern kommt es jedoch zu keiner Einigung. Nach einem Gerücht, das Wipo verzeichnet, ohne dazu Stellung zu nehmen, war der Grund hierfür das Eintreten der lothringischen Opposition für die Kandidatur des jüngeren Konrad (Quamquam archiepiscopus Coloniensis et dux Fridericus cum aliis quibusdam Liutharingis causa iunioris Chuononis, ut fama fuit, immo hoste pacis diabolo instigante impacati discederent ...). Dabei mag mitgespielt haben, daß Friedrich von Oberlothringen der Stiefvater Konrads des Jüngeren war; vgl. Breßlau, Jahrbücher 1, 11 und 17. Auch die Haltung Gozelos von Oberlothringen (siehe unten s) muß dabei in Rechnung gestellt werden. Im Gegensatz zu anderen Forschern sucht Breßlau, Jahrbücher 1, 13 ff., die Ursachen der Opposition gegen die Wahl Konrads in den kirchenpolitischen Spannungen der letzten Jahre Heinrichs II.; er sieht in ihm den Kandidaten einer reichskirchlichen, den kluniazensischen Ideen fremden Partei des deutschen Episkopats unter Führung Aribos von Mainz. Demgegenüber haben andere mit guten Gründen gezeigt, daß es sich hauptsächlich um persönliche und rein politische Spannungen handelt. Vgl. Theodor Lindner, Die deutschen Königswahlen 37 und 220 ff.; Sackur, Die Cluiacenser 2, 184 ff.; Schnürer, Piligrim, Erzbischof von Köln 55 f. Stutz, Der Erzbischof von Mainz und die deutsche Königswahl S. 29 (30) Anm. 1 hält es für möglich, daß Pilgrim mit dem Pallium das Krönungsrecht vom Papst erhalten habe; einen Hinweis darauf sieht er in dem Schreiben Aribos an die Kaiserin Kunigunde vom Mai 1024, Jaffé, Bibl. Rer. Germ. 4, 361: Et ubi mihi honor pallii, quamvis iniuste, est interdictus, ibi pallii sui (scil. Piligrimi) honor non solum est melioratus, sed, ut aiunt, quodammodo deauratus. Pilgrims Verhalten zu Kamba wäre demnach möglicherweise daraus zu erklären, daß er sein Krönungsrecht geltend machen wollte.

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Empfohlene Zitierweise

RI III,1 n. m, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1024-09-04_1_0_3_1_0_12_m
(Abgerufen am 17.04.2024).