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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Wikterp gestorben vor 772?

Überlieferung/Literatur


Kommentar

Namensformen: Wicterpus, Wichterpus, Uiggo, Wichpertus, Wictpertus.

Die „Series episcoporum Augustensium“ nennen Wikterp als Bischof von Augsburg (MG SS 13, 333 ff und MG SS 15 II, 1308). Die älteste der sechs überlieferten Redaktionen stammt aus einer heute verlorenen Handschrift von St. Afra in Augsburg, die wohl zwischen 1064 und 1077 entstanden ist (Waitz, MG SS 14, 556 Anm. 2, hält diesen Ansatz für zu früh; vgl. jedoch Bigelmair, AHAug 1, 165; Bühler, Schriftsteller 15 f; Bigelmair, Lebensbilder 1, 27; ders., Lebensbilder 2, 8 f). Wikterps Name steht an neunter Stelle in den Listen, er ist jedoch der erste, der auch in anderen Quellen noch belegt ist. Die sich anschließende Reihe kann im wesentlichen durch urkundliche und chronikalische Zeugnisse bestätigt werden; von den Bischöfen des 9. Jh. ist lediglich Lanto zu Unrecht nach Witgar (Wigger) angeführt (vgl. Nr. 32). Aus all den Übereinstimmungen ist zu schließen, daß den vorliegenden sechs Rezensionen eine gemeinsame Urform zugrunde liegt, der die Reihe aus St. Afra zeitlich am nächsten kommt.

Ebenfalls aus dem 11. Jh. stammen die Vorlagen zu den ältesten Niederschriften des „Chronicon breve episcoporum Augustensium et abbatum sanctae Afrae“ (MG SS 14, 556-559 = Catalogus episcoporum Augustensium et abbatum sanctae Afrae, MG SS 13, 278 ff; vgl. Potthast 1, 205; Endrös, Reichsunmittelbarkeit 15); denn hier erscheint der hl. Udalrich noch nicht als Patron des Klosters, das erst seit dem Ende des 11. Jh. „St. Ulrich und Afra“ hieß (GP 2 I, 55; Endrös, Reichsunmittelbarkeit 34 Anm. 1). Das „Chronicon“ zeigt nahe Verwandtschaft mit den „Series“, die Reihenfolge der Bischöfe von Wikterp an ist die gleiche; auch hier sind die Bischöfe Lanto und Witgar vertauscht. Vor Wikterp nennt das „Chronicon“ allerdings nur zwei Bischöfe (Perwelf und Tagebertus) im Gegensatz zu den acht Vorgängern Wikterps in den „Series“. Es wäre denkbar, daß sich die von Bauerreiß (StMOSB 60, 400 f) angenommene Verknüpfung der Augsburger Bischofsliste mit einem zu rekonstruierenden Neuburger Verzeichnis hier abzeichnet. Der in den „Series“ vor Wikterp genannte Bischof Manno könnte identisch sein mit dem auch anderwärts erwähnten Bischof dieses Namens von Neuburg; er fehlt im „Chronicon“. Dies ist jedoch kein hinreichender Grund, den hier sehr wohl genannten Bischof Wikterp auch für Neuburg in Anspruch zu nehmen (Bauerreiß, StMOSB 60, 396; ders., KG Bayerns 1, 4, 183 f; vgl. Nr. 2 und 3). Als einziger Quellenbeleg für Wikterps Neuburger Episkopat ist der Geschichtsschreiber des 16. Jh. Wolfgang Lazius zu verwenden (De gentium aliquot migrationibus, sedibus, reliquiis linguarumque initiis et immutationibus ac dialectis libri XII [1557], hier nach 21600 zitiert). Lazius schreibt (S. 232), daß Bonifatius bei der Einrichtung der baierischen Bistümer, die er von Neuburg aus anordnete, den Bischof dieser Stadt, Wicco, abgesetzt und dafür mit Zustimmung Pippins und Oatilos Manno installiert habe. Diese Zusammenarbeit des Bonifatius zu gleicher Zeit mit dem fränkischen Hausmeier Pippin und dem baierischen Herzog Oatilo in der Frage der baierischen Bistumsorganisation erscheint recht unglaubwürdig; denn es ist längst herausgestellt, daß allein der baierische Herzog hier die Staatsgewalt gegen Bonifatius und Rom vertrat (Nottarp, Bistumserrichtung 37; Schieffer, Angelsachsen und Franken 1439 f; H. Büttner, Bonifatius und die Karolinger, in: Hessisches Jb. für Landesgesch. 4 [1954] 28 ff; Schieffer, Winfrid-Bonifatius 160,182,192, über das Bistum Neuburg vgl. bes. auch 304). Um so unglaubwürdiger erscheint Lazius’ Nachricht gerade im Zusammenhang mit der Gründung des Bistums Neuburg; denn hier lag ohne Zweifel eine gegen fränkische Interessen gerichtete Maßnahme Oatilos vor (Nottarp, Bistumserrichtung 69 f; s. auch Nr. 2,3,14,16 und 17). Die Autorität des Wolfgang Lazius ist überhaupt sehr gering anzuschlagen (vgl. über ihn ADB 18, 89-93), er ist bekannt als schneller und ungeduldiger Arbeiter; dies führte ihn in zahlreichen Fällen zu unrichtigen Schlüssen. Bei seiner Veröffentlichung der „Excerpta ex Gallica Historia“ gab er beispielsweise an, daß dieses merkwürdige Werk von Caesar oder Velleius Paterculus stamme, er habe es „in pervetusto codice membrana literis antiquissimis scriptam“ gefunden. Tatsächlich handelt es sich um eine ca. 1000 entstandene Kompilation, deren älteste Handschriften aus dem 11. Jh. stammen (MG SS 23, 385 ff; vgl. auch J. Miedel, Augsburgs Namen im Verlauf seiner Geschichte, in: AHAug 5 [1916-19] 96 ff; Schröder, AHAug 6, 250 ff; auf den Irrtum des Lazius wies schon M. Hertz, Über die sog. Excerpta Vellei ex Historia Gallica, in: ZfdA 10 [1856] 291 ff hin). - Beispiele von Lazius’ verworrener Art bringt Zoepfl, ZBLG 13, 94 ff; Bauerreiß (StMOSB 57, 2 f) schenkt der Überlieferung des Lazius Vertrauen. Es ist möglich, daß Lazius eine Quelle vorlag, die von der Einsetzung eines Neuburger Bischofs durch Bonifatius sprach, etwa ein Werk, das demselben Überlieferungszweig der „Vita Bonifatii auctore Willibaldo“ angehörte wie die Benediktbeurer Handschrift (s. Nr. 3), doch wurde dort Wikterps Name höchst wahrscheinlich nicht genannt.

 

Die Kombination Zoepfls (ZBLG 13, 98), daß das Bistum Neuburg in der Mitte des 8. Jh. vorübergehend mit Augsburg unter Bischof Wikterp vereinigt gewesen sei, ist zur Erklärung der Tätigkeit Wikterps in Benediktbeuern nicht notwendig; denn die Weihe der dortigen Klosterkirche durch den Augsburger Bischof hat wohl im Jahre 740 vor der Errichtung von Neuburg stattgefunden (s. Nr. 3). Gewisse Schwierigkeiten in dieser Hinsicht bereitet die Nachricht des „Rotulus historicus“, nach der Wikterp den ersten Abt von Benediktbeuern, Lantfrid, begraben haben soll; dies wäre jedoch auch denkbar, wenn Benediktbeuern nicht zu Wikterps Diözese gehört hätte (vgl. dazu auch Nr. 8).

Nach dem „Chronicon Elwacense“ (15. Jh.) MG SS 10, 35 (vgl. auch Necrologium Elwacense [15. Jh.] Württ. Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 1, 207 = Württ. Geschichtsquellen 2, 58) sei Abt Wikterp von Ellwangen Bischof von Augsburg geworden. Die Nachricht beruht auf einem späteren Irrtum, der durch die Namensgleichheit entstand (s. Schwarz, ZWLG 11, 25 f).

 

Ob Wikterp Mönch des Benediktinerordens war, läßt sich nach den vorliegenden Quellen nicht entscheiden. Man vermutete dies, da am Sitz des Bischofs ein Kathedralkloster OSB bestanden haben könnte (so schon Sender, Catalogus episcoporum Augustensium [Hs. Wolfenbüttel]; vgl. Städtechroniken 23, 6 f; Zimmermann, Kalendarium Benedictinum 2, 72 f führt Wikterp nur unter den „praetermissi“ an). Zur Frage des klösterlichen Lebens in Augsburg im 8. Jh. vgl. Zoepfl, Die ersten fünf Jahrhunderte 35 f.

Nach Stengel, Rerum Augustanarum Vindelicarum commentarius (1647) 65 f und Khamm, Hierarchia Augustana 1 (1709) 81 soll Bischof Wikterp 739/740 das Kloster Fultenbach [Lkr. Dillingen] gegründet haben (vgl. GP 2 I, 90; Hemmerle, Benediktinerklöster 51 f). Die Stengelsche Nachricht ist quellenmäßig nicht belegt; das Kloster wurde im 11. Jh. gegründet (zur ältesten Urkunde von 1130 [HStA München, Kloster Fultenbach Urk. Nr. 1] s. Feist-Helleiner, AZ 37, 85 ff und Schröder, AHAug 6, 808 ff). Hafner, Jb. hist. Verein Dillingen 27, 13, der die Gründung im 8. Jh. retten will, kann nicht überzeugen (vgl. auch Dertsch, AHAug 6, 405). Über Wikterp vgl. auch Zoepfl, Bischöfe 35 ff; LThK 10, 884.

 

Nachtrag:

 

Über die Augsburger Bischofslisten und -kataloge vgl. Schmid, Wikterp 114 Nr. 5, 116 Nr. 8; sowie Klebel, in: ZWLG 17, 146 ff, der daraus berechnen möchte, daß der Augsburger Bischofssitz zwischen 632 und 639 wieder besetzt worden sei; vgl. dazu auch Prinz, Mönchtum 359 ff; Wattenbach-Schmale 269 ff; HAB Füssen 37 ff. Zur Entstehung in den 70er Jahren des 12. Jahrhunderts in St. Ulrich und Afra in Augsburg und zu den Quellen s. Hörberg 84 f, 163 f; über die noch dem 11. Jahrhundert zugehörige Liste s. ebd. 107, 163 Anm. 244.

Zu den angeblichen Beziehungen Bischof Wikterps zum Kloster Fultenbach vgl. Schmid, Wikterp 117 Nr. 10 sowie Nr. 472.

Über Wikterp als Bischof von Neuburg vgl. Schmid, Wikterp 117 f Nr. 12, 134 ff, der eine Tätigkeit Wikterps in Neuburg-Staffelsee für wahrscheinlich hält.

Die Identität des Abtes Wikterp von Ellwangen mit Bischof Wikterp schließt zutreffend aus Schmid, Wikterp 120 (vgl. auch 117 Nr. 11); s. dazu auch K. Fik, Beiträge und Bemerkungen zur Ellwanger Geschichte, in: Ellwanger Jb. 19 (1960/61) 21; Ders., Hariolf und Erlolf, in: Ebd. 21 (1965/66) 68. Zur Annahme einer Identität Wikterps mit einem angeblichen Abtbischof von St. Martin in Köln (vgl. Klebel, in: AZ 53, 183) besteht kein Anlaß. Die Bezeichnung des Kölner Abtes Wikterp als Bischof geht auf eine Fälschung des 18. Jahrhunderts zurück; das Kloster St. Martin, dem er vorgestanden haben soll, bestand im 8. Jahrhundert noch nicht (Schmid, Wikterp lll f Nr. 2).

Zur Wikterp-Verehrung, die seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesen ist (MG SS 13, 278; 14, 556) vgl. auch Schmid, Wikterp 115 ff Nr. 7, 8, 11, 125; der Überlieferung der Herluca-Vita kommt besondere Bedeutung für den Wikterp-Kult zu. Vgl. auch hierzu Zimmermann, Kalendarium Benedictinum 2, 72 f. Über Augsburg zur Zeit Bischof Wikterps s. Augsburg (1984) 117.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 13f.

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 1, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/f239a97c-4573-49fd-b51b-65bb70666859
(Abgerufen am 28.03.2024).

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