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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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F[roumund, Mönch von Feuchtwangen,] bittet Bischof L[iutold von Augsburg], ihm das „größere Buch Priscians“ (maiorem librum Prisciani) leihweise zu überlassen, da er im Auftrag des Abtes G[ozpert von Tegernsee] zwei Brüder unterrichten muß. Die beiden waren kurz vorher von Abt Gozpert nach Feuchtwangen gesandt worden, wofür sich auch Bischof Liutold eingesetzt hatte. Bei seinem Unterricht möchte Froumund nicht die Schuld auf sich laden, die unerschöpfliche Fülle der Augsburger Dombibliothek zu mißachten (inexhauste habundantie bibliothece ecclesie vestre).

Überlieferung/Literatur

Abschrift (11. Jh.) in clm 19412 pag. 13. - Pez, Thesaurus anecdotorum 6 I, 115; Migne, PL, 137, 13 f Nr. 7; Steichele, BA 3, 344; MG EE sel. 3, 10 f Nr. 8. - Vgl. auch Braun, Gesch. 1, 296 und 328. S. NA 46, 410.

Kommentar

Dieser zur Gruppe der aus Feuchtwangen geschriebenen Briefe der Sammlung Froumunds gehörige Brief wurde wohl im Frühjahr 994 geschrieben; er setzt das im Herbst 993 von Wigo und Froumund an Abt Gozpert gerichtete Schreiben voraus, in dem u. a. um die Entsendung des Bruders Sigihard gebeten wird (MG EE sel. 3, 7 f Nr. 5; H. E. Teitge, Froumund von Tegernsee und die althochdeutschen Priscianglossen [phil. Diss. Halle 1949, Mschr.] 59 f).

Die von Froumund erbetene Handschrift des Liber maior Prisciani konnte bisher nicht ermittelt werden. Als Liber maior werden die Bücher I-XVI der Institutiones grammaticae Priscians bezeichnet. Dieses Werk kommentierte Froumund und versah es mit Glossen; die Handschrift ist erhalten in Cod. Vind. 114 (s. MG EE sel. 3, XIII; Kempf 16; Zacher 93 f; Teitge 7 ff). Es handelt sich dabei gewissermaßen um ein philologisches Handbuch, das neben Fragmenten Priscians und dem Kommentar zu den Institutiones eine Schrift Bedas und ein Gedicht von Venantius Fortunatus enthält. Ausgabe der Institutiones grammaticae von M. Hertz, in: Grammatici latini, hg. von H. Keil, 2 und 3 (1855). Über den Grammatiker Priscian, der als Lehrer in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts nach Chr. in Konstantinopel wirkte, s. Pauly-Wissowa, Realenzyklopädie des klassischen Altertums 22, II (1954) 2328 ff; M. Schanz - C. Hosius - G. Krüger, Geschichte der römischen Literatur bis zum Gesetzgebungswerk des Kaisers Justinian 4 (1920) 221-238; Teitge 1, 55-58; über die Verbreitung seiner Werke im Mittelalter s. O. Meyer, Fragmenta Prisciani Swinfurtensia (92. Bericht des Historischen Vereins für die Pflege der Geschichte des ehem. Fürstbistums Bamberg, Beiheft 2 [1954]) bes. 12-21 mit weiteren Literaturangaben.

In einem späteren Schreiben an einen unbekannten Empfänger berichtet Froumund von einem Büchertausch mit der Augsburger Bibliothek (MG EE sel. 3, 18 Nr. 17; s. Ruland, ABtAug 1, 11); er habe sich die Arithmetik des Boethius und die pseudociceronianische Schrift gegen Sallust ausgeliehen, dafür den Liber Juvenalis et Persii und eine seiner beiden Boethiushandschriften in Augsburg zurückgelassen (während die Invektive Sallusts gegen Cicero echt sein dürfte - die Echtheit war lange bestritten - ist die unter Ciceros Namen gehende Gegeninvektive gegen Sallust ein Erzeugnis späterer Zeit; s. E. Bickel, Lehrbuch der Geschichte der römischen Literatur [1937] 125 f). Die Arithmetik des Boethius hat Froumund sicher abgeschrieben; denn in clm 18764 liegt dieses Werk von seiner Hand vor (MG EE sel. 3, XIV; A. Chroust, Mon. Paläographica 1. Abt., 2. Serie, 1. Lief., Tafel 6, 1911). Vielleicht war der ausgeliehene Band clm 3517. Die zwei Boethiushandschriften stammten schon aus Froumunds Kölner Zeit (Kempf 18). Von der Schrift gegen Sallust sind zwei Hss. aus Tegernsee erhalten (clm 19472 und 19474), die jedoch erst aus dem 12. bzw. 13. Jh. stammen. Es wurde bisher noch nicht festgestellt, wie sie mit den Angaben in Froumunds Briefen in Zusammenhang zu bringen sind (vgl. Zacher 114). Der erwähnte Brief 17 wurde sehr wahrscheinlich nach der Rückkehr Froumunds von Feuchtwangen nach Tegernsee geschrieben (nach 996?); anläßlich seines Aufenthalts in Augsburg auf der Rückreise lieh er sich wohl die genannten Bände aus. Zur Frage der Rückkehr der Feuchtwanger Mönche nach Tegernsee vgl. MG EE sel. 3, XV; Kempf 31; Teitge 57 f; Meyer, ZRG 58 KA 27, 630, 637. Vgl. auch Ruf, Mittelalterliche Bibliothekskataloge 3 I, 8; die dort genannten Handschriften Froumunds sind verloren.

Froumund hat sich öfters in Augsburg aufgehalten. Einmal sei er dort ernstlich krank geworden und habe für den Fall seiner Genesung mit dem Rat derer, die ihn pflegten, ein Gelübde getan, jährlich „ad lecta et patrocinia“ der dort ruhenden Heiligen zu kommen. Er sei aber säumig in der Erfüllung gewesen, darum habe er später seinen Abt Peringer (1003-1013) um Erlaubnis und Unterstützung zu einer Reise nach Augsburg gebeten (MG EE sel. 3, 83 f Nr. 74). Er wollte dort auch das Fest Mariae Geburt [September 8] feiern; sicher ist er aber schon zum Tag Udalrichs [Juli 4] und Afras [August 7] dorthin gezogen. Die Vermutung, Froumund habe dieses Gelübde vor dem Eintritt ins Kloster Tegernsee getan, hat einige Wahrscheinlichkeit für sich; so war er vielleicht vor 990 in Augsburg (vgl. Kempf 21 f).

 

Nachtrag:

 

Über die Handschrift Cod. Vind. 114 vgl. Eder, in: StMOSB 83, 39 f Nr. 14; über Clm 18764 s. ebd. 43 f Nr. 17; ebd. 45 f über eine weitere Boethius-Handschrift, an der Froumund als Schreiber mitwirkte. - In einem Brief an einen ungenannten Empfänger (MG EE sel. 3, 18 Nr. 17) teilt Froumund mit, daß er Handschriften in Augsburg zurückgelassen habe; wahrscheinlich ist der in MG EE sel. 3, 49 f Nr. 45 erwähnte „über noster“ Froumunds mit einer dieser Handschriften identisch. Daraus würde sich ergeben, daß der Empfänger des Briefes 45 in Augsburg lebte. Er ist nur mit der Initiale R bezeichnet; es könnte sich dabei um Reginbald, den späteren Abt von St. Afra, handeln. In diesem Brief bittet Froumund den Empfänger, einen fast erblindeten Verwandten vor den Altar des heiligen Bischofs (ante altare sancti antistitis) zu führen und für dessen Gesundheit zu beten. Dies dürfte sich auf Bischof Udalrich beziehen (Hörberg 198 f).

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 109f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 192, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/e3d6b4e4-1df0-4152-a0eb-8410e498deaf
(Abgerufen am 29.03.2024).

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