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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Folgt auf Bischof Tozzo.

Überlieferung/Literatur

Bischofslisten MG SS 13, 279, 334; 14, 557; 15 II, 1308.

Kommentar

Namensformen: Sintpertus, Sintbertus, Sindpertus, Sindbertus, Sindberht, Sinbertus, Sinpertus, Simpertus, Silibertus. Das Jahr seines Regierungsantritts ist nur zu erschließen: Ausgangspunkt ist die Angabe der Translatio s. Magni, Sintpert habe fast dreißig Jahre lang das Augsburger Bistum innegehabt (MG SS 4, 425; zu diesem Teil der Magnus-Überlieferung vgl. Nr. 34). Sintpert starb ca. 807 (Nr. 20), daraus ergibt sich als Beginn seiner Amtszeit das Jahr 778; die Angaben der Vita s. Magni über die Zeit von Wikterp und Tozzo stimmen damit ziemlich überein, wenn natürlich dieser nicht sehr zuverlässigen Quelle keine unbedingte Beweiskraft zuzutrauen ist (vgl. Bigelmair, Lebensbilder 2, 32). Zur Herkunft Sintperts meint die dem 13. Jh. angehörende Vita s. Simperti, er stamme aus fürstlichem Geschlecht und sei durch seine Mutter ein Neffe Karls d. Gr., alle älteren Belege dafür fehlen (Pez, Thes. anecd. 2 III, 358; weitere unbegründete Nachrichten über Sintperts Abstammung bei Cl. Sender, Deutsche Chronik [Städtechroniken 23, 6 f]; ebenso Catalogus episcoporum Aug. [Hs. Wolfenbüttel, Mscr. 35, Aug. 12]; die Deutsche Chronik weist auch noch auf die Verleihung der Jurisdiktion über Augsburg von Karl d. Gr. an Sintpert hin, dies fällt wohl mit der bei Nr. 11 genannten Überlieferung zusammen. Die Nachricht übernimmt auch C. Stengel, Vita s. Simperti [1605] 26 f und Rer. Aug. Vind. commentarii [1647] 74-80; K. Khamm, Hier. Aug. I Cath. 99-105; vgl. ferner Gatrio, Abtei Murbach 1, 99. Vgl. auch die Fortsetzung der Chronik des Hektor Mülich [Städtechroniken 23, 417 f]). - Die schon erwähnte „Vita s. Simperti episcopi Aug. et miracula auctore Adilperto praeposito s. Udalrici Aug. saec. XIII.“ ist zu jung, um wesentlich Neues zum Leben Sintperts zu bringen (in MG EE 5, 58 Nr. 3 ist Sintpert als „sororis Caroli regis filius“ bezeichnet ohne Angabe einer zuverlässigeren Quelle als der Vita). Vollständige Ausgabe der Vita, der Statuta Murbacensia und der an Sintperts Grabe geschehenen Wunder von B. Pez, Thesaurus Anecdotorum 2 III, 355-452; vgl. auch Migne, PL 99, 737-746; AA SS Okt. 6, 245-250; Potthast 2, 1578; BHL Nr. 7773-7785 (die Nr. 7774-7785 sind wichtig für die Geschichte des Sintpertkultes im 15. Jh.; vgl. Zimmermann, Kal. Ben. 3, 175. Zu Adilbert vgl. auch Bühler, Schriftsteller von St. Ulrich und Afra 29 ff). - Nach der Translatio s. Magni hat Sintpert die Kirche St. Afra in Augsburg wiedererrichtet, auch soll er die Magnus-Zelle in Füssen wiederhergestellt haben (MG SS 4, 425; s. auch Schröder, AHAug 6, 235; Bauerreiß, StMOSB 60, 399 Anm. 30; Bigelmair, Sintpert 24 f).

 

Die Überlieferung der Translatio s. Magni, gestützt durch gelegentliche urkundliche Beweise (Nr. 18), legt nahe, daß Sintpert dem Umkreis Karls d. Gr. nahe stand; dazu paßt auch sehr gut seine Tätigkeit in den Grenzbistümern gegen das Baierische, Augsburg und Neuburg (Nr. 14-17). So darf man vermuten, daß die persönliche Verbindung Sintperts zu dem unter Karls d. Gr. Einfluß stehenden Kloster Murbach nicht von der Hand zu weisen ist (vgl. Zimmermann, Kal. Ben. 3, 174-176; LThK 9, 584; Bauerreiß, bes. StMOSB 60, 397 ff). Zimmermann nimmt allerdings an, daß Sintpert erst 792 Bischof von Augsburg geworden sei, da um diese Zeit die Murbacher Tradition über ihn abbricht. Nach dem oben Dargelegten ist dieser Termin jedoch zu spät angesetzt. Es dürfte bei Sintpert ähnlich gewesen sein wie bei Gerhoh, seinem Nachfolger in Murbach, der bereits seit etwa 787 Bischof von Eichstätt war, als er die Abtswürde erhielt (Heidingsfelder 16 Nr. 25, 18 Nr. 28; Frank, Klosterbischöfe 125; Clauß, Die Heiligen des Elsaß 123 ff, 227 f). - Braun schreibt, daß Sintpert in Murbach erzogen worden und dort als Mönch eingetreten sei, wohl nach C. Stengel, Vita Simperti (1605). Von Karl d. Gr. sei er als Bischof nach Augsburg berufen worden und habe deshalb die Abtswürde nicht angenommen, die ihm von den Murbacher Mönchen angetragen worden war (Gesch. 1, 109 f). Gatrio behauptet, daß Sintpert als Bischof Abt von Murbach geworden und vor Antritt des Episkopats einfacher Mönch dort gewesen sei (Abtei Murbach 1, 97); von einer Bestätigung der Abtswahl durch Papst Hadrian 788 (Gatrio, Abtei Murbach 1, 101) weiß man nur aus der „Notitia Fundationis“ von Grandidier. Den dort überlieferten Papsturkunden fehlen ältere Belege, sie müssen als unglaubhaft betrachtet werden (GP 2 II, 277). Folgende Quellen des elsässischen Klosters nennen in den Jahren 789-791 den „episcopus atque abbas Sintpertus“:

a) 789 Juli 15, Hadumar und seine Frau Starchild bitten Abt und Bischof Sintpert um Verleihung des von ihnen früher dem Kl. Murbach geschenkten Besitzes. Bruckner, Reg. Als. 1, 210 ff Nr. 335.

b) 789 Oktober 11, Murbach, Udalrich schenkt dem Kl. Murbach, dem der Bischof und Abt Sintpert vorsteht, Besitz zu Modenheim. Bruckner, Reg. Als. 1, 213 Nr. 336.

c) 789-90, Murbach, Theothardus bittet Bischof und Abt Sintpert um Verleihung des von seinen Eltern dem Kl. Murbach geschenkten Besitzes gegen Zins. Bruckner, Reg. Als. 1, 216 f Nr. 339.

d) [789-91] Rother und seine Frau Rotana bitten Bischof und Abt Sintpert um Verleihung des von ihnen dem Kl. Murbach geschenkten Besitzes in Marxheim, Tännenbühel und Meienheim gegen Zins. Bruckner, Reg. Als. 1, 220 Nr. 346.

e) [789-91] Karl d. Gr. bestätigt Bischof und Abt Sintpert von Murbach ein von seinen Vorgängern verliehenes Benefizium. Mossmann, Bulletin de la societe des Monuments hist. d’Alsace 2 II, 49 ff; ebenso F. W. E. Roth, ebd. 2 XIV, 181 nach der „Epistola de tapetiis antiquis“ des S. Meisterlin; RI 21 Verl. Urk. Nr. 517. Bruckner, Reg. Als. 1, 222 Nr. 349, demnach nicht identisch mit RI 21 verl. Urk. 349.

Die Dispositio dieser Urk. fand S. Meisterlin auf einem alten Teppich im Kl. Murbach; sie enthält die Zuteilung Sintperts nach Augsburg nicht, diese vermutet erst Meisterlin im 15. Jh. (P. Joachimsohn, Humanistische Geschichtsschreibung 1, 103 f; vgl. auch das Aug. chronicon eccl., hgg. von J. Pistorius-B. G. Struvius, Rer. Germ. Scriptores 3, 667; Frank, Klosterbischöfe 124 f).

f) [789-91] Karl d. Gr. bestätigt dem Kl. Murbach unter Abt Sintpert die Immunität. RI 21 Verl. Urk. Nr. 349; Bruckner, Reg. Als. 1, 222 Nr. 350 nach der „Notitia fundationis et primorum abbatum Murbacensium abbatiae“ von Ph. A. Grandidier, Hist. ecclesiastique, militaire, civile et litteraire de la province de l’Alsace (1787) 2b, 72 Nr. 435 (hgg. von Ingold, Nouvelles oeuvres inedites de Grandidier 5, 131 ff). Vgl. dazu Bruckner, Els.-lothring. Jahrbuch 16, 40 ff. Die Notitia ist eine Kompilation, die bez. unserer Nachricht auf S. Meisterlin zurückgeht (Frank, Klosterbischöfe 125).

g) 791, Hartbald und seine Frau Puoba bitten Bischof Sintpert von Murbach um Verleihung des dem Kl. Murbach von Reginhard und Sigfrid früher geschenkten Besitzes in Hettenschlag und Weckolsheim gegen Zins. Bruckner, Reg. Als. 1, 224 f Nr. 354.

Zu diesen urkundlichen Quellen kommt noch die Nennung Sintperts in dem gegen Ende des 8. Jh. verfaßten Formelbuch des Klosters Murbach (MG Formulae 329-37; vgl. K. Zeumer, NA 8, 478 f, der wohl nach Annales Guelferbitani Cont. [MG SS 1, 43] angibt, daß Sintpert bereits 787 Abt von Murbach geworden sei. Vgl. auch Wattenbach-Levison 1, 189 Anm. 68, Beiheft Rechtsquellen 54).

h) [789-91] Bischof Sintpert [von Murbach] schreibt einem Zentenar über eine in Schuld gekommene Person, fordert ihn zu nachsichtiger Behandlung auf. Bruckner, Reg. Als. 1, 220 Nr. 345 = MG Form. 332 Nr. 10.

i) [789-91] Bischof und Abt Sintpert von Murbach bittet eine Äbtissin, für einen verstorbenen [Kloster-] Bruder kirchliche Feiern zu halten. Bruckner, Reg. Als. 1, 221 Nr. 347 = MG Form. 332 Nr. 11.

k) [789-91 ] Bischof und Abt Sintpert von Murbach bittet einen Bischof, für einen verstorbenen [Kloster-] Bruder kirchliche Feiern zu halten. Bruckner, Reg. Als. 1, 221 Nr. 348 = MG Form. 332 Nr. 12.

Sintpert finden wir auch im Reichenauer Verbrüderungsbuch (Silibertus, MG Libri Confr. 208 Sp. 167, 3) und im Murbacher Abtkatalog des 9. Jh. (Liber vitae von Remiremont, NA 19, 77 f. Vgl. Bruckner, Els.-lothr. Jb. 16, 32 f und 50).

 

Die Bezeichnung Sintperts von Murbach als „episcopus et abbas“ allein ist noch kein hinreichender Grund, in ihm einen Diözesanbischof zu sehen. In der ersten Hälfte des 8. Jh. war die Einrichtung des Abtbischofs, der an der Spitze eines von der diözesanbischöflichen Weihebefugnis und Gerichtsbarkeit ausgenommenen Klosters stand, sehr häufig auch im ostfränkischen Reich zu treffen. Vom Concilium Germanicum 743 ab wurde jedoch diese Form der monastischen Verfassung möglichst eingeschränkt; darum hat man auch vermutet, daß Sintpert kein eigentlicher Klosterbischof, sondern Diözesan gewesen sei (Frank, Klosterbischöfe 165). Untersucht man die Abtreihe von Murbach, dann zeigt sich, daß es nach dem Gründerabt Pirmin (gest. 754) dort keinen echten Klosterbischof mehr gab. Für Baldobert (751-62), der als „episcopus et abbas“ genannt wird, läßt sich nachweisen, daß er Bischof von Basel war, Haribert (762-74) und Amicho (774-87) waren nur Äbte, Sintperts Nachfolger Aighilmar erscheint 793 als Abt, Gerhoh war wohl schon seit 787 Bischof von Eichstätt, ehe er 793 die Abtei von Karl d. Gr. erhielt (Frank, Klosterbischöfe 120 ff, 125; Bruckner, Els.-loth. Jb. 16, 47-51; Heidingsfelder 16 Nr. 25; über Murbach im 8. Jh. vgl. H. Büttner, Gesch. des Elsaß 1, bes. 83 f, 102). Aus diesem Zusammenhang schließt Frank mit Recht, daß auch Sintpert Diözesanbischof gewesen sei.

Die älteren Quellen erwähnen überhaupt keine Zugehörigkeit Sintperts zu einer Diözese. Die Gleichsetzung des Bischofs Sintpert von Augsburg mit dem Abt von Murbach begegnet zum ersten Mal im 15. Jh. Die von RI 21 Verl. Urk. 517 wiedergegebene Urk. Karls d. Gr. für Murbach ( = Nr. l0e) bezeichnet Sintpert als Bischof von Augsburg und Abt von Murbach, doch geht diese Überlieferung auf S. Meisterlin zurück (vgl. O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen 21, 86 f und Städtechroniken 3, 1 ff). Weder die Translatio s. Magni (MG SS 4, 425) noch die Vita Simperti (Pez, Thes. Anecdot. 2 III, 357-360) erwähnen die von Sintpert innegehabte Abtei. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Meisterlin keine älteren Quellen für diese Gleichsetzung vorlagen. Die Möglichkeit, daß Bischof Sintpert von Augsburg im Jahr 787 durch Karl d. Gr. die erledigte Abtei Murbach übertragen bekam, ist keineswegs von der Hand zu weisen, da wir auch in anderer Weise von der persönlichen Tätigkeit des Königs für Murbach wissen. Im Jahr 793 ist er dem Kloster wohl selbst vorgestanden (Frank, Klosterbischöfe 125; Büttner, Gesch. des Elsaß 1, 128; Bruckner, Reg. Als. 1, 233 Nr. 368). Daß Sintpert seit ca. 791 nicht mehr in Murbacher Quellen erscheint, kann vielleicht damit in Zusammenhang gebracht werden, daß er zur Augsburger auch noch die Neuburger Diözese übertragen bekam.

 

In diesem Bistum war auf Manno Odalhart ca. 770-77 gefolgt (Bauerreiß, StMOSB 60, 396). Weil er dort zur Zeit Tassilos III. wirkte, könnte es möglich sein, daß er dessen Sturz nicht allzu lange überdauerte. Er muß dort resigniert haben; denn noch nach der Vereinigung Neuburgs mit Augsburg - als schon längst Sintpert dort Bischof war - tritt er in Freisinger Urkunden auf. Diese Ansicht dürfte mindestens ebensoviel Wahrscheinlichkeit für sich haben, wie die Annahme, daß Sintpert von Murbach mit dem Regensburger Bischof des gleichen Namens zu identifizieren sei (Bruckner, Els.-lothr. Jb. 16, 50 Anm. 97). Dafür könnte die Tatsache sprechen, daß im gleichen Jahr 791 der Bischof Sintpert von Regensburg auf dem Zug Karls d. Gr. gegen die Awaren den Tod fand und daß Abt Sintpert von Murbach nicht mehr in den Quellen dieses Klosters erscheint (RI 21 Nr. 316 d; vgl. auch St. Galler Mitt. 19, 239 f Anm. 108). Es lassen sich indes überhaupt keine älteren Quellen für diese Identität finden (vgl. Janner 1, 97-128; Bischoff, StMOSB 51, 102 ff). Es ist reichlich unwahrscheinlich, daß der in den Annales Alamannici genannte „Sintpertus episcopus“ auch als Abt von Murbach betrachtet wurde, da der Annalist diese ihm sehr naheliegende Würde sicher nicht vergessen hätte.

 

Die „Statuta Murbacensia“ wurden nach einem in der Einleitung gegebenen Hinweis Bischof Sintpert als Verfasser zugewiesen (Pez, Thes. Anec. 2 III, 371-382; Migne, PL 99, 737-741; Albers, Consuetudines monasticae 3, 79 Nr. 20; vgl. auch v. Schubert, Frühmittelalter 663; Hauck, KG Deutschlands 82, 592; Simson, Jb. Ludwig d. Fr. 2, 275). Da sich jedoch herausstellte, daß die Statuta wegen ihrer Abhängigkeit vom Aachener „Capitulare monasticon“ von 816/17 (MG Cap. 1, 343-349) nicht vor diesem entstanden sein können, ist die Autorschaft Sintperts nicht aufrecht zu erhalten. Er starb ja bereits 807 (Nr. 20; O. Seebaß, Über die Statuta Murbacensia, in: Zs. für Kirchengesch. 12 [1891] 326, 329 f weist die Abhängigkeit von den Aachener Regularverordnungen 816/17 nach, 331 Anm. 1 vermutet er, daß Haito, Bischof von Basel und Abt von Reichenau, der Verfasser der Statuten ist. Vgl. auch LThK 4, 792; Bauerreiß, StMOSB 60, 420-424 will Sintperts Episkopat über das Jahr 816 hinaus ausdehnen). - Das Original der Murbacher Statuten ist nicht mehr erhalten; diese sind lediglich aus einer Hs. des 16. Jh. bekannt (Bauerreiß, StMOSB 60, 421), die auf eine vidimierte Abschrift aus Murbach vom Jahr 1500 zurückgeht. In dieser Kopie wurde Sintpert von Augsburg als Verfasser genannt und die Gleichung Abt von Murbach - Bischof von Augsburg getroffen. Doch könnte dies auf Sigmund Meisterlin zurückgehen, der sich 1464 in Murbach aufgehalten hatte (vgl. Joachimsohn, Humanistische Geschichtsschreibung 1, 102 ff). Wäre das Original der Statuten erhalten, dann könnte es eventuell Auskunft geben, ob es auch in die Handschriftengruppe gehört, die aus paläographischen Gründen die Verbindung von Murbach und Augsburg bzw. Neuburg-Staffelsee nahelegt. Zu dieser Gruppe gehört einerseits die Hs. des Wessobrunner Gebets (clm 22053), die bestimmt dem südlichen Teil der Diözese Augsburg, vielleicht sogar dem bischöflichen Skriptorium zugehört (Bauerreiß, StMOSB 60, 432) und andererseits die Hs. der Annales Guelferbitani, die inhaltlich in engstem Zusammenhang mit Murbach steht (vgl. Wattenbach-Levison 188 f; Bischoff, Die südostdeutschen Schreibschulen 18, 21). Diese paläographischen Zusammenhänge sind vor allem ein starker Hinweis auf die Identität Sintperts von Murbach mit dem Bischof von Augsburg, wenn auch vorläufig die letzten Zweifel nicht beseitigt werden können.

 

Auf eine Urkunde ist noch hinzuweisen, die in der Subscriptio Bischof Sintpert nennt:

770 Februar 23, Worms, Papst Stephan III. nimmt den Abt Bertrantius und das Kloster Pfäfers in seinen Schutz. Unterschrieben von Erzbischof Lul von Mainz, den Bischöfen Ursicinus von Chur, David von Speyer, Wernharius von Worms und Sintpert von Augsburg.

Fälschung (17. Jh.). Perret, UB der südlichen Teile des Kantons St. Gallen 1, 22 Nr.18. - GP 2 II, 112 Nr. †2. Nach einem Transsumpt von 1656, das auf Veranlassung des P. Karl Widmer angefertigt wurde (vgl. Stengel, Karl Widmers Pfäferser Fälschungen 501 ff; Mendelsohn, ZSchwG 14, 145 ff). Die Namen der anwesenden Bischöfe bezog Widmer wohl aus G. Bucelinus, Germania sacra, 1 (1655) 12; dort der Katalog der Augsburger Bischöfe, dessen biographische Angaben über Sintpert aus der Vita Simperti des Propstes Adilbert stammen dürften. Bucelinus 42 nennt das Konzil von Worms 770, auf dem die Urkunde für Pfäfers entstanden sein soll (vgl. RI 21 Nr. 138b). Eine Teilnahme Sintperts daran ist völlig unwahrscheinlich.

 

Zusammenfassend berichtet über Sintpert A. Bigelmair, Der hl. Sintpert, in: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 3 (1954) 1-36 (32 ff über die spätere Verehrung und die Erhebungen Sintperts); vgl. auch die Artikel in LThK 9, 584 und Wetzer-Welte, Kirchenlexikon 1, 1619 f; Zoepfl, Bischöfe 37 ff.

 

In die Bischofszeit Sintperts fällt vermutlich der Zusammenschluß der an der Domkirche in Augsburg wirkenden Geistlichen zur „Vita communis“. Diesen Anfängen des Domkapitels mag in früherer Zeit ein Leben des Stadtklerus in klösterlicher Gemeinschaft (wohl bei St. Afra) vorausgegangen sein, dessen nähere Beschaffenheit jedoch völlig im Dunkeln liegt (zur allgemeinen Entwicklung der Domkapitel vgl. v. Schubert 576 ff). Die Angaben des Bischofskatalogs (MG SS 13, 278; 14, 556) über die „Vita canonica“ bei St. Afra und bei St. Maria (= Dom) unter Bischof Wikterp können nicht auf eine eigene Kanonie am Dom gedeutet werden, die die Grundlage für die Entwicklung des Domkapitels bildete (s. auch Nr. 7). Für den Schreiber des Bischofskatalogs, der seine Aufzeichnungen vielleicht noch im 11. Jh. verfaßte (s. dazu Nr. 1), scheinen die Verhältnisse seiner Zeit bez. der Beziehungen zwischen dem Bischof und St. Afra maßgebend gewesen zu sein. Die Voraussetzung der Chrodegangschen Regel für das Domkanonikat (s. unten) weist auf eine Entstehung in der 2. Hälfte des 8. Jh. hin (vgl. Zoepfl, Die ersten 5 Jahrhunderte 45 f; ebenfalls in die 2. Hälfte des 8. Jh. gehört auch der Eintrag im Verbrüderungsbuch von St.Peter in Salzburg, der den Neuburger Bischof „Udalhart et c[ongregatio] ipsius“ nennt [MG Necr. 2, 12]).

Als älteste Erwähnung von Angehörigen des Domkapitels ist wohl der Eintrag der „Nomina fratrum canonicorum de Augusburuc“ im Reichenauer Verbrüderungsbuch zu betrachten, der zur ursprünglichen Anlage des Buches von 826 gehört (MG Lib. Confr. 230 f Sp. 255 ff, s. auch 147 f; vgl. Hauck, KG Deutschlands 82, 610 Anm. 2). In der sich anschließenden Reihe folgt an Bischöfen nur Lanto (s. Nr. 33). Die nächsten Nachrichten über Angehörige des Domkapitels enthält die Vita s. Udalrici cap. 3 (Ende 10. Jh., MG SS 4, 390). Unter Bischof Udalrich sind auch zum ersten Mal Dignitäre namentlich bekannt (Nr. 103, s. auch 125). Die Namen der in der Traditionsnotiz von 919 (Nr. 100) genannten Augsburger Kanoniker stammen sicher nicht aus dem frühen 10. Jh., sondern gehören zu der Interpolation dieser Urkunde im 12. Jh. - Die Vita s. Udalrici cap. 4 (MG SS 4, 391 ff) läßt den Schluß zu, daß die Gemeinschaft der Kleriker nach der Regel des Bischofs Chrodegang von Metz (gestorben 766) lebte (vgl. Schneider, Domkapitel 30 ff), nicht nach deren Umarbeitung, die die Synode von Aachen 816/17 brachte; die „Vita communis“ dürfte also zwischen 766 und 816 entstanden sein. - Zur Frühgeschichte des Domkapitels vgl. Schröder, ZhVSchwaben 24, 97-100; ders., AHAug 6, bes. 106 f; Leuze, Domkapitel 1 f; Riedner, AHAug 1, 45; Rückert, AHAug 5, 186 f, 192; Schöntag, Domkapitel 19 (in manchem unzutreffend).

 

Nachtrag:

 

Über Sintpert vgl. auch Doye 2, 341 u. 739; BHL 2, 1125; F. Zoepfl, Der hl. Sintpert, Bischof von Augsburg (Bavaria Sancta 2, hg. von G. Schwaiger) 93-97; Jocham, Bavaria Sancta 1, 325-328; HB d. bayer. Geschichte 3, 820; LThK 29, 789 f; ferner P. Rummel, St. Simpert, Bischof von Augsburg, in: St. Simpert, Bischof von Augsburg (hg. von P. Rummel) 1978, 9-14; Ders., Gedruckte Quellen und Schrifttum zu Bischof Simpert von Augsburg, in: Ebd. 186-195; H. Thummerer, Der hl. Bischof Simpert, in: Bistumspatrone in Deutschland, hg. von A. Leidl - H. W. Wurster (1984) 146 ff.

Zur Vita Simperti des Propstes Adilbert von St. Ulrich und Afra vgl. Wattenbach-Schmale 271.

Zur Nennung Sintperts im Reichenauer Verbrüderungsbuch (MG Libri Confr. 208, Sp. 167,3) ist jetzt zu vergleichen MG Libri memoriales et necrologia n. s. 1, 44 (A.l); die um 885 in den Liber vitae von Remiremont eingetragene Abtliste von Murbach ist ediert in MG Libri memoriales I 1, 131 (vgl. auch XXI) und I 2, 58 v.

J. Semmler, Zur handschriftlichen Überlieferung und Verfasserschaft der „Statuta Murbacensia“, in: Jb. für das Bistum Mainz 8 (1958/60) 273-285 erläutert die um 1500 zwischen St. Ulrich und Afra in Augsburg und Murbach bestehenden Beziehungen und schließt Bischof Sintpert von Augsburg als Verfasser der „Statuta Murbacensia“ aus. Es handelt sich bei den sog. Murbacher Statuten um Aufzeichnungen, die im Zusammenhang mit der Synode von Aachen 816 entstanden sind, deren älteste Überlieferung eine inzwischen entdeckte Handschrift aus der Zeit vor 825 enthält, die keine Beziehungen zu einem Augsburger Skriptorium erkennen läßt; s. C. Wilsdorf, Le manuscript et l' auteur des Statuts dits de Murbach, in: Revue d’Alsace 100 (1961) 102-110; J. Semmler, Die Beschlüsse des Aachener Konzils im Jahr 816, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 74 (1963) 18 f; vgl. die Publikation im Corpus Consuetudinum Monasticarum, hg. von K. Hallinger, 1 (1963) 439-450. Zur Forschungsgeschichte vgl. auch J. Semmler, Zur Überlieferung der monastischen Gesetzgebung Ludwigs des Frommen, in: DA 16 (1960) 309-388. - Über die Handschriften Clm 29300/14, 22053 sowie Fragmente der Provenienz Benediktbeuern, die vielleicht einem Skriptorium im Umkreis von Bischof Sintpert zugehören könnten, vgl. Hörberg 62 f. Zu der Handschrift Clm 22053, die vor 814 in der Diözese Augsburg entstand und im späteren 10. Jh. in das Kloster Wessobrunn gelangte, vgl. B. Bischoff, Kalligraphie in Bayern (Wiesbaden 1981) 24 f (mit weiteren Nachweisen); QE NF 32 I, 31+ ; Bischoff, Schreibschulen II 197 f.

Die Liste der „Nomina fratrum canonicorum de Augusburuc“ im Reichenauer Verbrüderungsbuch ist in MG Libri memoriales et necrologia n. s. 1, 65 zu vergleichen. Zur Entwicklung des Domkapitels im 8. und frühen 9. Jahrhundert vgl. auch Schieffer, Domkapitel 167 f, 243.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 20-24.

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 10, in: Regesta Imperii Online,
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(Abgerufen am 28.03.2024).

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