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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Bischof L[iutold von Augsburg] teilt der Kaiserin A[delheid] mit, daß zu ihm unvorhergesehen ein Bote des Grafen Sicco auf der Rückreise von Italien gekommen sei, als er sich zur Wahrung der Ordnung und des Friedens der ihm übertragenen Kirche in das Kloster des hl. Magnus [in Füssen] (monasterium sancti Magni) begeben hatte. Der Bote teilte ihm mit, daß sich Sicco kaum durch Flucht aus dieser Gegend [Italien] entfernen könne; denn Hugo [von Tuszien?] treibe unter Bruch des Treue- und Friedensbandes zum Kampf und erlaube keinem, der der Kaiserin gehorsam und ergeben sei, unverletzt von dort wegzuziehen. Die Kaiserin möge erwägen, wie diesen Mißständen abzuhelfen sei.

Überlieferung/Literatur

Abschrift (11. Jh.) in clm 19412 pag. 145. - Mabillon, Vetera Analecta 437 Nr. 20; MG EE sel. 3, 103 Nr. 99. - RI 2, 527 Nr. 1038 a (zu 991 Herbst).

Kommentar

Zur Datierung: Nach dem Inhalt des Briefes ist anzunehmen, daß Adelheid bereits die führende Stellung in der Vormundschaftsregierung Ottos III. innehatte, die sich für sie nach dem Tod der Kaiserin Theophanu ergab (991 Juni 15; RI 2, 524 Nr. 1035 b; M. Uhlirz, Die rechtliche Stellung der Kaiserinwitwe Adelheid im Deutschen und im Italienischen Reich, in: ZRG 74 [1957] 93 ff). Von Herbst 994 an regierte Otto III. selbständig. Der genannte Hugo dürfte Markgraf Hugo von Tuszien sein, der, obschon ein treuer Parteigänger Theophanus und seit Herbst 994 auch Ottos III., nach dem Tod der ersteren kurze Zeit gegen die deutsche Herrschaft in Italien gearbeitet haben muß und Anhänger der Kaiserin Adelheid verfolgte. Weitere Quellen über diese Vorgänge fehlen. Bei dem genannten Sicco könnte es sich um Graf Siegfried d. Ä. von Luxemburg handeln, der längere Zeit im Auftrag der ottonischen Kaiser in Italien wirkte (vgl. dazu M. Uhlirz, Jb. Otto III. 105; MIÖG 48 [1934] 256, 260 f; DA 10 [1953] 166 ff; Uhlirz, Jb. Ottos II. 57; RI 2, 491 Nr. 1008 a; 538 f Nr. 1056, 1057).

Zur Entstehung und Überlieferung: Der Brief ist abschriftlich in Codex II der Tegernseer Briefsammlung erhalten; dieser ist eng mit der Person des Tegernseer Abtes Ellinger (vgl. NDB 4, 457) verbunden. Darum schreibt B. Schmeidler, Abt Ellinger von Tegernsee (SchrBLG 32, 1938) bes. 37 f, 74, 155 ff alle Briefe dieses Teils dem Froumund-Schüler Ellinger als Verfasser zu. Die Briefe seien aus Konzeptheften Ellingers nach dessen Tod (1056/1057) von verschiedenen Schreibern zusammengestellt worden. Auch in Brief 99 möchte er stilistische Merkmale für Ellingers Autorschaft finden; dies ist jedoch nicht überzeugend. Die Datierung des Schreibens zwischen 991 und 994 ist gesichert. Ellinger war um diese Zeit noch nicht zwanzig Jahre alt und wurde kaum von Liutold zur Erledigung der Korrespondenz mit der Kaiserin Adelheid herangezogen. Schmeidler hält es auch für möglich, daß Ellinger den Brief kennenlernte, als er sich zwischen 997 und 1004 in Augsburg aufhielt, und daß er ihn bei dieser Gelegenheit in seine Sammlung einfügte.

Strecker (MG EE sel. 3, VIII) vermutet, dieses Schreiben sei Ellinger schon aus der Froumund-Sammlung bekannt geworden. Wie aus verschiedenen anderen Briefen des Cod. I hervorgeht, stand Froumund in enger Beziehung zu Luitold (vgl. Nr. 191 f, 194, 196, 198). Man vermutete darum, daß sich Froumund zur gleichen Zeit wie Liutold in Füssen aufgehalten habe und dabei den Brief für seine Sammlung abschrieb (Kempf, Froumund von Tegernsee [Progr. München 1900] 22 f und Strecker, a. a. O.); denn es ist unwahrscheinlich, daß das Konzept des Briefes in Füssen zurückblieb, wenn es tatsächlich bei dem erwähnten Aufenthalt des Bischofs dort verfaßt wurde. Es kann aber auch später entstanden sein, als Liutold wieder nach Augsburg zurückgekehrt war; verschiedene Vergangenheitsformen des Briefes könnten darauf hindeuten, daß das Schreiben erst einige Zeit nach dem Eintreffen des Boten und dem Besuch Luitolds in Füssen abgefaßt wurde („ingressi fuimus“, „fatebatur“). Oder sollte die Überlieferung von Br. 99 in der Tegernseer Sammlung den Schluß erlauben, daß Froumund der Diktator war? Stilistische Eigentümlichkeiten, etwa die Reimprosa, könnten dafür sprechen (vgl. Strecker XXIV f). Es ist erwiesen, daß zahlreiche Schreiben der Sammlung von Froumund verfaßt wurden, die als Absender einen anderen Namen tragen (z. B. Wigo oder die Tegernseer Äbte).

 

Nachtrag:

 

Zum 2. Teil der Handschrift Clm 19412 vgl. Eder, in: StMOSB 83, 91 Nr. 53. - Zur Stellung der Kaiserinwitwe Adelheid s. auch M. Uhlirz, Zu dem Mitkaisertum der Ottonen, in: Byzantinische Zeitschrift 50 (1957) 387 f; über die Situation in Italien nach Theophanus Tod vgl. R. Pauler, Das Regnum Italiae in ottonischer Zeit (Bibliothek des deutschen historischen Instituts in Rom 54, 1982) 85.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 103f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 183, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/c92098d2-d1a0-4b79-ba31-70dbd827884e
(Abgerufen am 29.03.2024).

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