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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Mit Rat Herzog Purchards [II.] von Schwaben und anderer, besonders von Dienstleuten der Bischofskirche, die auf diese Weise ihre Lehen zu vermehren hoffen, bemüht sich Heinrich, die Bischofswürde als Nachfolger Udalrichs zu erlangen. In Begleitung von Vogt und Ministerialen (militibus) begeben sich Angehörige des Domkapitels (clerici) zum Kaiser, um ihm den Bischofsstab zu überbringen. Im Cyriakus-Kloster in Worms (ad Wormacensem civitatem) werden sie jedoch von Herzog Purchard [II.] von Schwaben zur Rückkehr bewogen unter der Vorspiegelung, daß der Weg zum kaiserlichen Hof sehr weit und beschwerlich sei; der Herzog wolle die augsburgische Gesandtschaft jedoch herbeirufen, wenn der Kaiser zu dem in Aussicht genommenen Reichstag (regale colloquium) nach Erinstein [Erstein im Elsaß] komme. Als diese Nachricht bald darauf eintrifft, begibt sich eine neue Abordnung des Domkapitels auf die Reise zum kaiserlichen Hof; in Baden (ad Balneos) erhält sie die Mitteilung, der Kaiser und Herzog Purchard hätten beschlossen, Heinrich, Sohn des [Grafen] Purchard, zum Bischof von Augsburg zu erheben. Heinrich selbst werde bald hier eintreffen. Die Kanoniker ziehen nicht weiter, sondern begeben sich an einen geeigneten Ort (in loco oportuno), wo sie die Ankunft Heinrichs abwarten, voll Trauer darüber, daß ihnen die Möglichkeit der Bischofswahl genommen werde. Nach dessen Eintreffen weigern sie sich, der von Heinrichs Begleitung (milites, qui de duce Purchardo cum Heinrico venerunt) verlangten Forderung nach einer sofortigen Anerkennung nachzukommen. Sie erbitten Aufschub bis zu einer Versammlung des ganzen Kapitels [in Augsburg] (in communi capitulo domi cuncti fratres), worauf die milites nicht eingehen. Ein Teil der Kleriker zieht nach Augsburg zurück, während einige zusammen mit den milites von Heinrichs Begleitung eine Wahl durchführen. Zu dem in Augsburg (ad Augustam) versammelten Domkapitel (congregatio) kommt ein Graf Wolveradus, vorgeblich als Bote des Kaisers mit der Aufforderung, dem vom Kaiser zum Bischof Bestimmten die Zustimmung nicht zu versagen. Nach Vorladung erscheint Heinrich im Kapitel (in capitulum), bittet nach Verlesung der „canonicae lectiones de electione antistitum“ um seine Wahl und macht den Kanonikern große Versprechungen. Daraufhin einigt sich das Domkapitel zu seiner Wahl, die nach Bekanntmachung im Dom (in ecclesia) unter Glockengeläut von den milites und der familia bestätigt wird. In Begleitung einiger Kanoniker begibt sich Heinrich zum Kaiser und bittet um Übertragung des bischöflichen Amtes (pontificium), was ihm der Kaiser nach fünf Tagen am 22. September (s. Mauricii) gewährt. Zu festgesetzter Zeit kommt er dann nach Mainz (ad Magontiam) und erhält von Erzbischof Ruodpert unter Assistenz von Bischof Erchenbald von Straßburg die Bischofsweihe.

Überlieferung/Literatur

Vita s. Udalrici cap. 28 (Ende 10. Jh.) MG SS 4, 415 f; Cat. episcoporum Argentinensium (10. Jh.) MG SS 13, 323 (vgl. Nr. 139); Annales Augustani (11. Jh.) zu 974 MG SS 3, 124; Herimanni Aug. chronicon (11. Jh.) MG SS 5, 116; Thietmari Merseburgensis episcopi chronicon III, 8 (11. Jh.) MG SS rer. Germ. n. s. 9, 106 f. - RI 2, 283 Nr. 625a, 287 Nr. 638c; Wentzke 1 Nr. 163.

Kommentar

Zu der ausführlichen Schilderung der vielfältigen Verhandlungen und Gesandtschaftsreisen in der Vita Udalrici vgl. Uhlirz, Jb. Ottos II. 36 f; Riezler 21 I, 556; Reindel, Luitpoldinger 203 f Nr. 103. Zu der Verwandtschaft Heinrichs mit Hadwig, der Gemahlin Herzog Purchards, s. Nr. 160. Über die Beziehungen der Ottonen zu Erstein s. P. Scheffer-Boichhorst, Zur Geschichte der Reichsabtei Erstein, in: ZGOR 43 NF 4 (1889) 285.

Bei den vom Domkapitel Heinrich vorgehaltenen „canonicae lectiones de electione antistitum“ könnte es sich um das cap. 2 des Capitulare ecclesiasticum Ludwigs des Frommen von 818 handeln, das Bestimmungen über die Bischofswahl durch Klerus und Volk enthält (MG Cap. 1, 276). Die gleichen Anordnungen übernahm Ansegis in seine Kapitulariensammlung cap. 87 (MG Cap. 1, 405), die dann in das Decretum Gratiani eingingen (c. 34 d. 63). Es könnte hier auch Hinkmar von Reims, De ordine palatii cap. 9 (MG Cap. 2, 520 f) gemeint sein; dort ist ebenso wie im Eingang des cap. 28 der Vita Udalrici auf Joh. 10, 1 hingewiesen („non provide in ovile ovium intrando sed aliunde ascendendo“). - Zur Wahl vgl. G. Weise, Königtum und Bischofswahl 72 ff, 77; Wenner, Rechtsbeziehungen 109 Anm. 3; Hauck, Entstehung der bischöfl. Fürstenmacht 30 f. - Bischof Udalrich hätte gerne den Abt Werinhar von Fulda als seinen Nachfolger gesehen; bei einer von Udalrich kurz vor seinem Tod visionär erlebten Wahl des kommenden Bischofs zeigte sich jedoch im Kapitel keine Einstimmigkeit für Werinhar (Werinharius „in quadam invisibili carnalibus oculis congregatione, ubi s. Oudalricus in extasi mentis adiunctus audivit, si duo aliis concordarent, ab omni illa congregatione ad hoc ministerium fuisset destinatus“. MG SS 4, 415). Daher kam es auch nicht zu einer Designation Werinhars (in diesem Sinne ist Nr. 157 zu berichtigen).

 

Nachtrag:

 

Über den Grafen Wolferadus vgl. Kerkhoff 16; Borst, Mönche 107.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 91f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 162, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/b11abafe-608a-4310-90e0-878d03a3b8a2
(Abgerufen am 23.04.2024).

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