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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Bischof Hermann von Augsburg (Augustensis ecclesie episcopus) überträgt dem Domkustos Sizo (eiusdem ecclesie custodi) und dessen Nachfolgern (sibi successuris domus sancte Marie custodibus) den Teil der Opfer, welchen seine Vorgänger sich gewohnheitsmäßig zu eigenem Nutzen aneigneten, und die Flachs- und Brotabgaben (totum linum et panem), welche zur Domkirche (ad sanctam Mariam) auf den westlichen Altären vom mittleren Bogen (oder Gewölbe?) bis zum östlichen Chor (per altaria occidentalia a fornice medio usque ad tribunal orientale) zum Kirchweihfest und zum Fest St. Michael (in dedicatione sanct? Mariae et in festivitate sancti Michahelis) dargebracht werden; es wird bestimmt, daß für den aus dem Keller des Bischofs (de cellario episcopi) zur Eucharistie gewöhnlich gegebenen Wein jährlich ein Fuder (unam carradam) aus dem Keller in Augsburg (August?) gegeben werden soll. - Hane traditionem confirmavit astantibus et collaudantibus Odalrico vicedomno, Udalrico camerario, Uvortwino maiori villico, Liutfrido cellerario. Actum est autem Auguste anno dominice incarnationis 1099, Herimanno episcopo, Rodolfo praeposito, Erkanrico decano, presentibus canonicis, Odalrico vicedomno, Udalrico capellano, Rotperhto, Wernherio, Dieterico capellanis, laicis vero Uverenhario, Richardo, Hilteboldo. Et ut hoc firmum et ratum perenniter permaneat hanc confirmationis cartam conscribi praecepit, quam sigilli sui impressione insigniri fecit. - Siegler: Bischof Udalrich.

Überlieferung/Literatur

HStA München, Domkapitel Augsburg Urk. 375 (Or. Perg. mit eingehängtem Rundsiegel Bischof Udalrichs). - Druck: MB 331, 12f Nr. 13. - Regesten: RB 1, 109; Gebele 113 Nr. 6; vgl. Feist-Helleiner, in: AZ37,39 Nr. 5; BA9, 141 Nr. 12.

Kommentar

Bedenken gegen die Echtheit der Urkunde, die wegen des für das späte 11. Jahrhundert verhältnismäßig weit vorangeschrittenen Schriftcharakters möglich sein können, zerstreuen überzeugend Feist-Helleiner, a. a. O. 50 ff. Über das Siegel Udalrichs, das von V. Feist erstmals als solches erkannt wurde, s. ebd. 48 und 80 mit Abbildung auf Tafel 2/3 Nr. 1, sowie Volkert, St. Stephan 23 ff (mit Abbildung nach S. 48) und Nachtrag zu Regest Nr. 102. - Die Urkunde enthält eine Interpolation bei der Angabe des übertragenen Opferanteils „omnem portionem oblationum“, wobei „omnem“ auf Rasur steht. - Die merkwürdige Anordnung der Datierung innerhalb der Zeugenreihe läßt möglicherweise erschließen, daß zwei zeitlich unterschiedene Vorgänge stattfanden; die Handlung unter der Zustimmung des Vizedominus Udalrich, des Kämmerers Udalrich, des maior villicus Uvortwin und Kellerers Liutfrid und die Beurkundung in Anwesenheit der anderen Genannten, wodurch erklärt wäre, daß der Vicedominus Udalrich zweimal aufgeführt ist. - Ein Sizo, der wohl mit dem Domkustos identisch ist, wird in dem etwa gleichzeitigen Schatzverzeichnis erwähnt (s. Nr. 366); Aufsicht über den Domschatz gehörte zu den Obliegenheiten des Kustos (s. Leuze, Domkapitel 61; vgl. dazu Nr. 103 Ziffer 4 und Nr. 367 Ziffer 3). - Bei der baugeschichtlichen Interpretation dieser Überlieferung ist zu bedenken, daß fornix Gewölbe oder Bogen bedeuten kann (Du Cange 3, 372; Forcellini 3,126), womit das Gewölbe der Westapsis oder der Chorbogen zwischen Mittelschiff und Querschiff (im Westen des Domes) gemeint sein kann. Tribunal bezeichnet den Chor (Du Cange 6,663; Forcellini 6,167) oder vielleicht auch einen davor abgrenzbaren Raum im östlichen Teil des Langhauses. Quellen und Literatur zur Baugeschichte des Domes bis zum 11. Jahrhundert s. bei Nr. 312. Grundriß der romanischen Kirche s. bei Schröder, in: AHAug 6, 281 mit Rekonstruktion der Altarstandorte. Zum Kirchweihfest, das bereits durch das älteste Kalendar (frühes 11. Jahrhundert) für den 28. September gesichert ist, s. ebd. 233,247 und 271 sowie Schröder, in: AHAug 1, 302 mit weiteren Angaben über die Bedeutung des Michaelstages (29. September), der mit dem Kirchweihfest als kultische Einheit galt. - Über die gleichzeitigen Klagen über die Beeinträchtigung des Dom- und des Domkapitelvermögens durch Bischof Hermann, die beredt Udalschalk (MG SS 12, 437) erhebt, vgl. Gebele 19 f; ferner Nr. 379 und 382.

Größere Maßnahmen für Bau und Ausstattung des Domes in den späteren Jahren Bischof Siegfrieds und in den Anfangsjahren Bischof Hermanns sind bis jetzt nicht nachgewiesen. Gleichwohl neigt die kunstgeschichtliche Forschung dazu, in die Zeit des ausgehenden 11. Jahrhunderts die Entstehung und den Einbau der Prophetenfenster an der Südseite des Langhausobergadens anzunehmen. Die ältere, in der zeitlichen Zuordnung kontroverse Literatur über die Fenster s. bei Nr. 290 sowie in der Bibliographie der Kunst in Bayern 4, 690 Nr. 63292-63300. Zur Baugeschichte des Domes in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts s. auch Nr. 312. Beschreibung und Analyse von drei der erhaltenen fünf Fenster s. Suevia sacra 53 ff, 221-224 Nr. 228 ff; Wiedergaben ebd. auf Farbtafel IX, Tafel I-IV und Abb. Nr. 215 ff. Vgl. auch G. Frenzel - G. Hinkes, Die Prophetenfenster des Domes zu Augsburg, in: Jb. d. bayer. Denkmalpflege 28 (1973) 83-100. Zur Baugeschichte ist besonders beachtenswert W. Haas, Die alten Obergadenfenster des Augsburger Domes, in: Ebd. 101-108.

 

Nachtrag:

 

Die Signatur der Urkunde lautet jetzt: HStA München, Domkapitel Augsburg Urk. Nr. 1. - Über Formularabhängigkeit vgl. Nr. 271. - Zur Baugeschichte und zum Weihedatum des Domes vgl. auch Nachtrag zu Nr. 312.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 231f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 372, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a8506bb2-19da-45dd-aafe-63fbc9fb3163
(Abgerufen am 25.04.2024).

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