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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Papst Gregor [III.] schreibt an die in Baiern und Alamannien eingesetzten Bischöfe Uiggo [von Augsburg?], Liudo [von Speyer oder Salzburg], Rydoltus [von Freising?], Phyphylus [von Passau] und Adda [von Straßburg?], sie möchten zweimal jährlich zu Synoden zusammenkommen und würdig ihres göttlichen Rufes wandeln. Er fordert sie auf, den von ihm gesandten Bischof Bonifatius ehrenvoll aufzunehmen, sich an dessen Anordnungen über das kirchliche Amt zu halten, die heidnischen Volksbräuche, die Lehren der wandernden Britten (Brittonum) und anderer häretischer Priester zu meiden und stets die von Bonifatius vertretene rechte und apostolische Lehre zu befolgen. Die von Bonifatius an der Donau, in der Stadt Augsburg oder anderswo (iuxta Danuuium sive in civitate Augusta vel ubicumque) angesetzten Synoden mögen sie pünktlich aufsuchen.

Überlieferung/Literatur

MG EE sel. 1, 70 f Nr. 44 (älteste Abschriften in der Staatsbibl. München [8./9. Jh.] und der Landesbibl. Karlsruhe [9. Jh.]). - Auszug bei Zeiß, BVfr 7, 60 Nr. 41.

 

Nachtrag:

Druck: Dokumente zur Geschichte von Staat und Gesellschaft in Bayern I 1 (1974) 92 f Nr. 47; Rau 126 f Nr. 44. - Regest: GP 4, 16 f Nr. 34; vgl. auch GP 1, 160 Nr. 3; 387 Nr. 2; 2 I, 112 Nr. 1.

Kommentar

Die Datierung „ca. 738“ hier im Anschluß an die Monumenta-Ausgabe von M. Tangl (vgl. a.a.O. 66 Nr. 41), der annimmt, daß Bonifatius dieses Schreiben bei seinem Aufenthalt in Rom 738 von Gregor III. erhalten habe. Auch aus der Vita Bonifatii auctore Willibaldo cap. 7, MG SS Schulausg. 36 f, geht die Romreise des Bonifatius von 737/738 hervor (s. auch Zeiß, BVfr 7, 60 Nr. 40).

 

In dem Schreiben werden die Bischöfe nur mit Namen, ohne Angabe ihrer Sitze genannt. Sicher bezeugt ist der Ort nur für Phyphylus von Passau, fraglich ist die Zuweisung von Adda nach Straßburg (Schieffer, Winfrid-Bonifatius 181, s. auch Zoepfl, ZBLG 17 [1954] 346 f; Wentzcke 1, 222-226 Nr. 38-53; GP 3, 7 Nr. 1). - Uiggo, dem schon in der aus der Mitte des 11. Jh. stammenden Handschrift Vindobon. lat. 413 der Zusatz „Augustensi“ beigesetzt ist (MG EE sel. 1, XXXI und 70), wurde von P. Braun (Gesch. 1, 81 f) mit Wikterp gleichgesetzt. Diese Annahme fand im allgemeinen Zustimmung (so Hauck, KG Deutschlands 81, 465 Anm. 1). Sprachlich entstehen keine Schwierigkeiten: Wiggo (Wicco) gehört ebenso wie Wikterp (Wigdarp) zum germ. Stamm „viga“ (got. veihan, ahd. wihan, kämpfen), die Form „Wigbert“ (Wichbert, so immer in der Vita sancti Magni) erklärt sich dadurch, daß der ganz vereinzelt stehende Name Wigderb in späterer Zeit als falsch angesehen wurde (Förstemann, Altdeutsches Namenbuch, Personennamen 21, 1576 ff; vgl. A. Bach, Deutsche Namenkunde 1 I [1952] 218). - Liudo dürfte Bischof von Speyer gewesen sein, wenn von ihm auch keine anderen Nachrichten vorliegen (GP 3, 92 Nr. 1; F. X. Remling, Gesch. der Bischöfe von Speyer 1, 190). Zibermayr (Noricum 174 f) beansprucht ihn für Salzburg, wobei ihm eine Angabe in den „Breves Notitiae“ zu Hilfe kommt (Hauthaler, SUB 1, 29). - Bei Rydolt dachten Hauck (KG Deutschlands 81, 465) und Brackmann (GP 2 I, 29 Nr. 1) an Konstanz, da dieses als größtes alamannisches Bistum nicht fehlen könne. Diese Annahme stößt jedoch auf Schwierigkeiten, da in diesem Jahr dort Arnefrid Bischof war (Ladewig-Müller 1, 5 Nr. 24; zur Problematik der Nennung alamannischer Bischöfe in diesem Schreiben s. Schieffer, Winfrid-Bonifatius 181 f; vgl. auch Büttner, ZSchwKG 43, 20, 26). Richtiger dürfte es sein, Rydolt für Freising in Anspruch zu nehmen (Zibermayr, Noricum 174 f); allerdings ist bekannt, daß 739 dort Ermbert von Bonifatius eingesetzt wurde, ohne daß vom Verbleib Rydolts Nachrichten erhalten sind. - Die Annahme, daß Uiggo mit einem vorbonifatianischen Bischof Wikterp von Regensburg gleichzusetzen sei, kann wohl nicht gehalten werden. Ein Bischof dieses Namens erscheint unter den Vorstehern Regensburgs in „De ordine comprovincialium pontificum“ aus Salzburg ([9. Jh.], MG SS 13, 352 und MG Poetae latini 2, 638). Nach Janner 1, 60 und Budde, AUF 5, 155 ist Wikterp ganz aus der Regensburger Bischofsreihe auszuschalten (so auch Frank, Klosterbischöfe 156 und Heuwieser, VO 76, 175; anders Zibermayr, Noricum 174 f. Dessen Zuweisung von Adda nach Augsburg ist reine Vermutung, es fehlen dazu alle anderen Quellen). Eine Stütze für Wikterps Augsburger Bischofssitz ist in dem Papstschreiben selbst zu erblicken, das als einen der Orte, an dem Bonifatius Synoden abzuhalten gedachte, Augsburg nennt und deshalb wohl auch den geistlichen Vorsteher dieser Stadt unterrichtete. Die hier versuchte Zuordnung der Bischofsnamen zu den einzelnen Sprengeln stimmt im allgemeinen überein mit der von H. Löwe, Bonifatius und die bayerisch-fränkische Spannung, in: Jb. für fränk. Landesforschung 15 (1955) 97 ff vorgetragenen Erklärung.

 

Von einer unter Bonifatius in Augsburg abgehaltenen Synode ist nichts bekannt; die ältesten baierischen Synodalakten von 740 bis 752 (MG Conc. 2, 51 ff; vgl. Zeiß, BVfr 7, 62 Nr. 42; v. Schubert 305) könnten eher zu dem Konzil gehören, von dem im Brief Papst Gregors III. von 739 Oktober 29 die Rede ist (MG EE sel. 1, 72 Nr. 45). Dieses sollte „iuxta ripam Danuvii“ stattfinden; es ist unklar, ob der Augsburger Bischof daran teilgenommen hätte, da sich der baierische Einfluß nicht über die ganze Augsburger Diözese erstreckte (Zibermayr, Noricum 99 und 176 ff dehnt den Bereich des baierischen Herzogs bis zur Iller aus, wohl kaum mit Recht; vgl. dazu auch Bigelmair, Bonifatius-Gedenkgabe 284 und Schieffer, Winfrid-Bonifatius 181).

 

Die beiden Namen Uiggo und Rydolt dieses Papstschreibens veranlaßten Bauerreiß (zuletzt StMOSB 60, 395 und Bonifatius-Gedenkgabe 469), diese Bischöfe nach Neuburg-Staffelsee und Augsburg zu lokalisieren. Als einzige Stütze dieser Ansicht läßt sich eine Stelle bei Wolfgang Lazius finden (De gentium migrationibus 232), nach der Papst Zacharias (741-752) „rogante Carolo rege“ (wohl Karl Martell, 714-741 fränkischer Hausmeier) Wicco in „Nova Civitate“ und Rozzilo in „Augusta“ ordiniert habe. Die Nachricht verdient wegen der hier offen zu Tage liegenden Unklarheiten und der sonst oft bezeugten Unglaubwürdigkeit des Lazius (s. Nr. 1) kein Vertrauen. Zudem macht die Gleichsetzung Rydolt-Rozzilo sprachliche Schwierigkeiten (die von Otloh von St. Emmeram aus dem 11. Jh. stammende Überlieferung des Schreibens, die dieser aus einem Codex des 9. Jh. bezog [jetzt Landesbibliothek Karlsruhe, Rastatt 22, saec. IX., MG EE sel. 1, IX, XXIX, 70], hat die Form Rodolto). Der Name Rydolt gehört zum Wortstamm Rid- (Rido, Ridand, Ritpalt, Ridpoto, Ridulph u. a.; knüpft etymologisch an altn. rida, ahd. ritan, reiten an; Förstemann 21,1271 f), der zu trennen ist vom Stamm Radi- (Ratilo, Ratuald, Ratold u.a.; alts. radi, ahd. rat, consilium; Förstemann 2l,1203 ff, A. Bach, Deutsche Namenkunde 1 I [1952] 225) und vom Stamm Hrothi- (Hrozilo, Rozilo; got. hroths, alts. hrodhr, Ruhm, Sieg; Förstemann 21,886 und 890).

Die allein von Lazius überlieferte Form Rozzilo, die zum letztgenannten Stamm gehört, kann keineswegs mit den anderen gleichgesetzt werden (wie es sich bei Bauerreiß, KG Bayerns 1, 183 Anm. 2 findet).

Ehe nicht eine genaue Untersuchung der Laziusschen Schriften die Frage nach seinen Quellen geklärt hat, darf man vielleicht vermuten, daß er die beiden Namen aus der Vita sancti Magni schöpfte und daß dabei aus dem dort neben Bischof Wikterp auftretenden Tozzo durch Verschreibung ein „Rozzo“ (mit Deminutiv > Rozzilo) wurde (dies vermutete auch Friedrich, SBM 1882 I, 336 Anm. 1).

 

Wolfgang Lazius nennt neben „Augusta“ auch „Civitas Nova“; in dieser Form erscheinen die Namen auch in der „Notitia Galliarum“, allerdings erst in einer Handschrift des 9. Jh. (s. Nr. 3). - Der anonyme Geograph von Ravenna erwähnt in der zu Anfang des 8. Jh. entstandenen „Cosmographia“ IV, 26, 4 und 5 die „Civitates“ Stafulon, Augusta, Nova (oder Augusta nova?) und Rizinis (Riziniburg; J. Schnetz, Ravennatis anonymi Cosmographia et Guidonis Geographica [Itineraria Romana II, 1940] 61; ders., Übersetzung der Cosmographia [Nomina Germanica 10, 1951] 66). Nach Ansicht der älteren Forschung hätte es sich bei „Stafulon“ um einen linksrheinischen Ort, bei „Augusta nova“ um Kaiser-Augst bei Basel gehandelt, nicht um Neuburg/Donau oder die beiden Städte Augsburg und Neuburg, wie auch vermutet wurde (Miedel, AHAug 5, 107 f; J. Schnetz, Die rechtsrheinischen Alamannenorte des Geographen von Ravenna, in: Archiv hist. Ver. Unterfranken 60 [1918] 6 f, 38 ff, 42 ff; vgl. dazu A. Hund, ZGOR NF 35 [1920] 462 ff, der „Augusta“ mit Augsburg, „Rizinis“ mit Reisensburg [Lkr. Günzburg] identifiziert. Dagegen sieht Schnetz, Zur Beschreibung des Alamannenlandes beim Geographen von Ravenna, in: ZGOR NF 36 [1921] 337 ff „Rizinis“ im Flurnamen Risenburg [Gem. Dauchingen, Baden] erhalten). Neuerdings werden „Stafulon“ auf Staffelsee, „Augusta“ auf Augsburg, „Nova“ [sc. civitas] auf Neuburg/Donau und „Rizinis“ auf Reisensburg bezogen (Fr. Beyerle, Süddeutschland in der politischen Konzeption Theoderichs d. Gr., in: Grundfragen der alemannischen Geschichte, hgg. von Th. Mayer [1955] 72-75, vgl. die beigegebene Karte).

 

Nachtrag:

 

Über die Deutung der in diesem für die Bonifatianische Kirchenorganisation in Baiern (und Alamannien?) wichtigen Papstbrief genannten Bischöfe und deren Zuordnung vgl. Reindel, in: MIÖG 72, 307 ff und HB d. bayer. Geschichte 1, 165 f; 21, 227 ff mit dem Hinweis, daß der Organisationsplan des Bonifatius wohl zunächst Baiern und Alamannien betraf, daß die Durchführung dann aber vornehmlich auf Baiern beschränkt blieb; im alamannischen Raum sei der fränkische Einfluß schon zu stark gewesen. Zur kirchlichen Organisation durch Bonifatius s. auch Prinz, Mönchtum 416. Zur Identifizierung des in dem Brief genannten Uuiggo mit Wikterp von Augsburg s. auch HAB Augsburg 41 f und HAB Füssen 42.

Schmid, Wikterp 110 f Nr. 1 referiert über die Versuche zur Identifizierung des im Brief Nr. 44 genannten Uuiggo und kommt zu dem Ergebnis (127), daß der in den Quellen mit dem Bezug auf Epfach genannte Wikterp nicht zu den von Bonifatius anerkannten Bischöfen gehört haben könne, woraus sich der Schluß ergeben müßte, daß Uuiggo mit Wikterp von Augsburg(-Epfach) nicht identisch sein könne. Da Schmid diese Folgerung aber offensichtlich nicht ziehen will, nimmt er an (135), daß dieser Wikterp von Bonifatius abgesetzt worden sei, daß er aber schon vorher nicht in der Lage gewesen sei, in Augsburg eine bischöfliche Tätigkeit zu entfalten (wegen der Zerstörung der Stadt oder wegen politischer Auseinandersetzungen zwischen der baierischen Herzogs- und der fränkischen Königsgewalt) und deshalb von den Orten Epfach, Neuburg oder Staffelsee aus als Bischof im östlichen und südöstlichen Teil der späteren Diözese Augsburg gewirkt habe. Die scharfsinnigen Ausführungen Schmids sind jedoch in entscheidenden Punkten (vor allem bei der Zuweisung des Wikterp zu der Diözese Neuburg-Staffelsee) nicht hinreichend durch gleichzeitige Quellen gesichert, insbesondere widerlegt Schmid nicht die Quellenmitteilungen über die gemeinsame Tätigkeit des Bischofs Wikterp und des Bonifatius in Benediktbeuern, welche doch der „Absetzungstheorie“ widersprechen (s. Nr. 3; vgl. auch ZBLG 28, 688 f; sowie Störmer, Früher Adel 334, der Wikterp von Neuburg und Wikterp von Augsburg für identisch hält).

Über den in den Annales Petaviani (MG SS 1, 18) genannten, 756 gestorbenen Bischof Wikterp, der auch nach Augsburg lokalisiert wurde (so von Klebel, in: ZWLG 17, 151, 181, 208), s. Schmid, Wikterp 111 f Nr. 2; dieser Wikterp ist wohl mit Regensburg in Verbindung zu bringen (vgl. dazu auch ebd. 112 Nr. 3). - Den in Brief 44 genannten Uuiggo möchte J. Semmler, Zu den bayerisch-westfränkischen Beziehungen im 8. Jahrhundert, in: ZBLG 29 (1966) 351 mit Bischof Wikterp von Regensburg gleichsetzen; eine ausreichende Begründung dafür steht aus. - Der in MG SS 13, 352 und MG Poetae latini 2, 638 genannte Wikterp ist nach Schmid, Epfach 112 ff auf Tours zu beziehen; vgl. dazu auch Reindel, in: AZ 63, 225. - An der Zuweisung des Bischofs Adda nach Augsburg hält I. Zibermayr, Noricum, Bayern und Österreich (21956) 169 ff fest; Wikterp sei nach Regensburg zu lokalisieren; dem stimmt H. Nottarp, in: ZRG 65 KA 34, 331 zu. Neue Quellenbelege werden aber nicht beigebracht. Über Bischof Adda (Heddo) von Straßburg vgl. A. Angenendt, Pirmin und Bonifatius, in: Vorträge und Forschungen 20 (1974) 285.

Zu der im Brief Papst Gregors III. von 739 Oktober 29 genannten Synode vgl. GP 4, 17 Nr. 36.

Zu der Identifizierung der Namen in der Cosmographia des Geographen von Ravenna s. C. Dirlmeier - K. Sprigade, Quellen zur Geschichte der Alamannen vom Geographen von Ravenna bis Hermann von Reichenau (Quellen zur Geschichte der Alamannen IV = Schriften der Kommission für Alamannische Altertumskunde der Heidelberger Akademie der Wissenschaft 6, 1980) 12 (Augusta nova = Kaiser-Augst; Rizinis = Risenburg); vgl. dazu auch E. Hermann, Slawisch-germanische Beziehungen im südostdeutschen Raum von der Spätantike bis zum Ungarnsturm (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 17, 1965) 63.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 14ff.

Anmerkungen


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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 2, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a7c43d33-ce2b-4d50-a9cb-1a677b70a429
(Abgerufen am 28.03.2024).

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