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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Bischof Embriko von Augsburg (praesul Augustensis) beurkundet, daß der Edle Swigger [von Balzhausen] durch die Hand des Freien Herimann sein Gut (praedium) Lademotinga [Lamerdingen, Lkr. Ostallgäu] der Klerikergemeinschaft bei der Kirche St. Peter am Perlach (ecclesia sancti Petri in Perlegio) [in Augsburg] mit allem Zubehör und zwanzig Leibeigenen (mancipia) zu seinem, seiner Gemahlin Perehta, seines Vaters und seiner Verwandten Seelenheil übergeben hat unter Vorbehalt der Nutzung (usus) des Gutes für sich und seine Gemahlin auf Lebenszeit, weshalb dieses vom Bischof und von dem Vogt Werenher „iure beneficiario“ gegen Leistung eines Zinses von einem Pfennig (denarius) ihnen übertragen worden ist. Rücknahmeklausel bei Entfremdung des Gutes gegen Leistung einer Taube (turtur). Der Stifter übergibt zwei Eigenleute (servi), nämlich den Kleriker Konrad, der nach den Rechten der Kleriker des Domstiftes (de familia sanctae Mariae) leben soll, und einen Laien, für den die Rechte der Eigenleute des Domes gelten sollen (sanctae Mariae servientes). - Zeugen: Heinrich von Kiricheim [Kirchheim, Lkr. Unterallgäu], Hesso und Sohn Hesso von Baccananc [Backnang, Württ.], Rodolf von Tapheim [Tapfheim, Lkr. Donau-Ries], Wolfram von Moringa [Mörgen, Lkr. Unterallgäu], Werenhere von Chuzzinchova [Kleinkitzighofen, Lkr. Ostallgäu], Otthalm von Werenshova [Wörishofen, Lkr. Unterallgäu], Volcmar von Annenhusa [Anhausen, Lkr. Augsburg], Diethalman von Winzurn [Winzer, Lkr. Günzburg], Marcwart de Hunsola [Honsolgen, Lkr. Ostallgäu], Marcwart von Fiscon [Fischach, Lkr. Augsburg], Burggraf (urbis praefectus) Hiltibrant, Swigger, Herbolt, Herpolt, Sigeboto, Steven u. a. - Siegel und Monogramm des Ausstellers. - Actum . . . 1067, indict. 5., 3. kal. julii.

Überlieferung/Literatur

Das Original ist verloren; Text aus B, C und D hergestellt von Schröder, in: ZhVSchwaben 50, 26 f. Konzept Perg. StadtA Augsburg (B); verunechtete Abschrift von 1698 HStA München, Augsburg, Stift St. Peter Lit. Nr. 8 fol. 6 f (C); dsgl. von 1777 OrdinariatsA Augsburg, Stift St. Peter (D); dsgl. von ca. 1810 (Pl. Braun) ebda., Handschrift I Nr. 25 (D’). - Drucke: P. v. Stetten, Geschichte der adelichen Geschlechter in Augsburg (1762) 363 f (nach B) ; v. Raiser, Viaca (Anhang) 14 (nach Vorlage von C ?); MB 331, 6 f (nach D’) ; Schröder, in: ZhVSchwaben 50, 11 f (nach B) und 15 ff (nach C, D, D’). - Vgl. BA 9, 140 Nr. 3; Feist-Helleiner, in: AZ 37, 39 Nr. 3.

Kommentar

Schröder, in: ZhVSchwaben 50, 9-28 hat mit überzeugenden Gründen nachgewiesen, daß die in Form einer Traditionsnotiz gehaltene Überlieferung aus dem 11. Jahrhundert im StadtA Augsburg (B) als Konzept anzusehen ist; daraus und aus der nur durch spätere Abschriften überlieferten, in Form der subjektiven Urkunde, die auch besiegelt war (C, D, D’), gehaltenen, jüngeren Verunechtung der Stiftung für St. Peter hat er den Text der für 1067 zu erschließenden Siegelurkunde Embrikos hergestellt. Die Verunechtung enthält bei dem übertragenen Gut den Zusatz Ronon [Niederraunau, Lkr. Günzburg], führt anstelle der zwei geschenkten Leibeigenen fünf an und läßt die Nutzungsklausel weg; durch die Datierung, die Heinrich IV. als dritten Kaiser dieses Namens nennt, wird die Entstehung nach 1084 (Jahr der Kaiserkrönung Heinrichs IV.) wahrscheinlich. Das Stück dürfte um 1100 im Stift St. Peter entstanden sein (Schröder, a.a.O. 19; Ders., in: AHAug 6,693 f). - Das Embriko-Dokument für St. Peter gehört zu den frühesten Nachweisen für Siegelurkunden der Augsburger Bischofskanzlei (vgl. Feist-Helleiner, a.a.O. 49 f, 80; Volkert, St. Stephan 23 ff; zur allgemeinen Entwicklung der Siegelurkunden von Bischöfen vgl. Zaisberger, in: MIÖG 74, 281 ff). Die Urkunde trug ein Monogramm des Ausstellers, das als Nachzeichnung in C überliefert ist. An den Grundbuchstaben M sind R, B, E und S angeschlossen; Monogramme sind in der Augsburger Bischofsdiplomatik erst seit Bischof Hermann (1127) überliefert (s. Nr. 366).

Aus besitzgeschichtlichen und namenkundlichen Erwägungen kann der Stifter der zu Beginn des 12. Jahrhunderts ausgestorbenen Familie der Herren von Balzhausen (Lkr. Günzburg) zugewiesen werden; das Geschlecht wurde von den Schwabeggern beerbt; grundlegend dazu BA 9, 9-18, 135, 140; ferner ONB Krumbach 2 Nr. 3. - In Lamerdingen hatte St. Peter bis zur Säkularisation beträchtlichen Grundbesitz (BA 8, 351); der Besitzkomplex in Niederraunau geht möglicherweise auch auf eine Schenkung der Balzhauser zurück; ein anderer urkundlicher Beleg dafür fehlt jedoch (vgl. ONB Krumbach 50 Nr. 107).

Die Embriko-Urkunde ist nicht das Gründungsdokument des Kanonikerstiftes St. Peter am Perlach in Augsburg; vielleicht hat diese 1067 noch nicht allzu lange bestandene Klerikergemeinschaft damit aber die grundlegende Ausstattung erhalten (Zoepfl, Bischöfe 98). Zu Ende des 10. Jahrhunderts bestand am Perlach noch keine Kirche, wie die Erwähnung des „Perleihc“ in der Vita Udalrici cap. 4 (MG SS 4, 391) erschließen läßt. Zur Namensform „Perlegio“ vgl. Schröder, in: AHAug 6, 255 sowie Miedel, in: AHAug 5, 94, 100. Im Augsburger Bischofshof bestand bis zur Zerstörung im Jahr 1084 noch eine weitere Peterskirche (Annales Augustani zu 1084 ; MG SS 3, 131 ; Schröder, in: AHAug 6, 288 f, 688 ; Zoepfl, Bischöfe 105). Zum Bau der Kirche St. Peter vgl. Breuer 39. Über die in der Zeugenreihe genannten Orte vgl.: Kirchheim: BA 9, 68 ; Landkreis Mindelheim 227 ; HAB Mindelheim 149 ; Backnang: C. F. Stälin, Wirt. Gesch. 1, 542 Anm. 2 äußert Zweifel an der Ortsidentifizierung ; Tapfheim: ONB Dillingen 191 f Nr. 404; Landkreis Dillingen 366-369; Mörgen: BA 9, 256 f (s. auch BA 8, 419 Anm. 9) ; Kleinkitzighofen: BA 8, 327 ; ONB Kaufbeuren 46 f Nr. 158 ; Bad Wörishofen: BA 2, 397 ; Landkreis Mindelheim 258 ; Anhausen: BA 2,14 ; Grundriß Augsburg 262, 346 ; Winzer: ONB Krumbach 68 Nr. 145 ; Honsolgen BA 6, 112 ; ONB Kaufbeuren 33 Nr. 132 ; Fischach: BA 2, 52 ; Grundriß Augsburg 349. Über den Burggrafen Hiltibrant s. Zeller, in: AHAug 5, 377.

 

Nachtrag:

 

Regest: 700 Jahre Augsburger Stadtrecht 25 Nr. 4. - Über die Herren von Balzhausen s. HAB Krumbach 8, 79. - Zur topographischen Situation von St. Peter am Perlach vgl. Herzog, Ottonische Stadt 190 f; HAB Augsburg 138 f ; zum Patrozinium s. Pötzl, in: JbAugBtmG 9, 49. Zu dem in der Zeugenreihe genannten Rudolf von Tapfheim vgl. A. Layer, Die Edelfreien von Tapfheim, in: JbhV Dillingen 78 (1976) 66-72; zu Lamerdingen vgl. ONB Kaufbeuren 49 f Nr. 175. - Th. Zotz, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 112 (1976) 604 bemerkt, daß die im Regest genannten „servi“ und „servientes“ als Dienstleute zu deuten sind ; er übersieht jedoch, daß die beiden übergegebenen Eigenleute (ein Priester und ein Laie) als „proprietatis suae (des Stifters) servi“ bezeichnet werden. Die schon von Schröder, in: ZhV Schwaben 50, 10 und 28 angenommene und von Zotz wiederholte Interpretation der Stelle „ut ea lege, qua ceteri canonici de familia sanctae Mariae orti (Zotz ergänzt: utuntur), utatur“ auf Kleriker, die aus der Hörigenschaft des Domes hervorgegangen sind, überzeugt mich wegen der dazu notwendigen Textkonjektur nicht. - Über das Kollegiatstift vgl. Rummel 36.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 187f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 314, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a5363ea3-e6c8-4032-b824-58edde5b6581
(Abgerufen am 25.04.2024).

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