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RIplus | SFG: Bischöfe und Domkapitel von Augsburg - Bd. 1: Wikterp - Walther I. von Dillingen (769-1152)

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Graf Dietpald [I.] und sein Sohn Ratpoto [III., wohl der spätere Markgraf von Cham] machen Bischof Heinrich eine dem Hochstift urkundlich verliehene Grafschaft streitig (pro comitatu ad altare s. Mariae per cartae firmitatem tradito). Ratpoto greift mit baierischen Scharen Mantahinga [Schwabmünchen] an, die jedoch von einem augsburgischen Aufgebot unter schweren Verlusten zurückgeschlagen werden. Einige Zeit später brennt Ratpoto Mantahinga und andere Orte nieder. Am 1. November (in festivitate omnium sanctorum) kommt die Königin [Kaiserin Agnes] mit ihrem Sohn [Heinrich IV.] nach Augsburg (Augustam) und vermittelt einen Vergleich unter den Streitparteien.

Überlieferung/Literatur

Annales Augustani (11. Jh.) MG SS 3, 127.

Kommentar

Über die Verleihung der Grafschaft von königlicher Seite an Bischof Heinrich, die den Ausgangspunkt des Streites bildete, ist urkundlich nichts bekannt. Die Wildbannverleihung von 1059 Februar 5 (s. Nr. 287) war wohl kaum die Ursache, wie Riezler 21 II, 77 vermutet. Dieser Ansicht ist auch Bulst-Thiele 37. Es dürfte sich um die Grafschaft im Augstgau gehandelt haben, mit der vielleicht die Grafen von Dillingen - wahrscheinlich die Vorfahren der Diepoldinger - schon im 10. Jh. belehnt worden sind (s. Nr. 102, 124; vgl. auch Nr. 163); doch steht der Nachweis dafür noch aus. Für die Ansicht, daß es sich hier um den Augstgau und den mit ihm vereinigten Gau Keltenstein gehandelt habe, treten ein Baumann, Allgäu 1, 256, 291 f; Meyer von Knonau, Jb. Heinrichs IV. und V. 1, 86 f; Riezler 21 II, 77, vgl. auch 585. Schröder, BA 8, 546 Anm. 107 neigt zu der Auffassung, daß es sich bei dem Streitobjekt um grafschaftliche Rechte über das Hochstiftsgut in Geisenhausen handelt, was jedoch unwahrscheinlich ist. Strittig ist auch die Lokalisierung von Mantahinga, das von Meyer von Knonau und Riezler mit Bayer-Mänching = Merching, Lkr. Friedberg identifiziert wird. Wie die Vorgänge im Jahr 954 dürften sich aber auch diese in Schwab-Mänchingen = Schwabmünchen abgespielt haben (nach Schröder, BA 8, 544 ff; s. Nr. 120; so auch Zoepfl, Bisch. 93). L. Großmann, ONB Lkr. Friedberg Nr. 65 meint, die Lokalisierung der Vorgänge von 954 nach Merching sei ebenso zu vertreten wie die nach Schwabmünchen. Die zahlreichen Belege für die Burg von Merching sprächen eher für ersteres. - Für den Aufenthalt der Kaiserin in Augsburg Anfang November 1059 fehlen urkundliche Belege. Vom 15. Oktober ist ein Diplom Heinrichs IV. aus Speyer datiert (MG DD 6, 75 f Nr. 59), ein am 22. November in Neuburg ausgestelltes ist nicht unverdächtig (ebd. 77 ff Nr. 60). Über die Diepoldinger (= Ratpotonen) vgl. Bosl, ZBLG 14, 206, der vermutet, daß die Verleihung der Mark Cham an die Ratpotonen als Entschädigung für den Verlust der Grafschaft im Augstgau und im Gau Keltenstein aufzufassen sei. Vgl. auch L. Throner, Die Diepoldinger und ihre Ministerialität 3-10, 106 mit Stammtafel; K. Trotter, Die Grafen von Vohburg, in: O. Dungern, Genealogisches Handbuch zur bairisch-österr. Geschichte 1 (1931) 52 ff Tafel IV. Diepold I. war vielleicht der Sohn einer Tochter des Grafen Riwin von Dillingen, der 955 die Grafschaften seines Vaters Dietpald erhalten hatte; vielleicht war darunter auch die im Augstgau. Graf Diepold III. (gest. 1146) erbte von seinem Vetter Udalrich von Passau die Herrschaft Vohburg, wonach fortan das Geschlecht genannt wird. Dieser Familie gehörte auch Bischof Hermann von Augsburg (1096-1133) an (vgl. Lebensbilder aus dem Bayer. Schwaben 6, 4 f). Zum Gau Keltenstein, der schon im 10. Jh. mit dem nördlich angrenzenden Augstgau verschmolzen wurde, vgl. Schröder, BA 7, 569; Dertsch, ONB Marktoberdorf XII, 21 Nr. 189; ders., Der Keltenstein, in: Blätter für oberdeutsche Namenforschung 3/4 (1960/1961) 27 f.

Den einzigen Anhaltspunkt für eine Datierung geben die Annales Augustani mit der Mitteilung, daß der Streit bei der Ankunft des königlichen Hofes an Allerheiligen in Augsburg geschlichtet worden sei.

Zu der Genealogie vgl. auch Tyroller, Andechser 18 f. Die Angabe, daß ein ungenannter Graf aus dem Hause der Diepoldinger-Ratpotonen die schwäbische Augstgaugrafschaft durch Vertrag an das Hochstift Augsburg gegeben habe, ist in den Quellen nicht begründet; ebensowenig die Mitteilung, daß „diese Grafschaft später rapotonisch und dann diepoldingisch war, natürlich unter bischöflicher Lehenshoheit“.

 

Nachtrag:

 

Zu den Vorgängen um Schwabmünchen s. Landkreis Schwabmünchen (1974) 48. - Über die Lokalisierung der Grafschaft im Augstgau und über die Familie der Gegenspieler Bischof Heinrichs vgl. Bühler, in: JbhV Dillingen 71, 34 f, 50 f; ferner Nr. 366 (mit Nachtrag) und Tyroller, Genealogische Tafeln 137 f Nr. 4. Zur Ausübung der Grafenrechte im Bereich Geisenhausen vgl. auch HAB Vilsbiburg 272 f.

Über die Ankunft der Kaiserin Agnes und Heinrichs IV. am 1. November 1059 in Augsburg vgl. Kreuzer, Hoftage 103; RI 3 II, 73 Nr. 178. - Über die Beziehungen der Diepoldinger zu St. Ulrich und Afra im 11. Jahrhundert vgl. Hörberg 99 f.

 

Regest übernommen aus: Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg, bearbeitet von Wilhelm Volkert (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2b), Augsburg 1985, S. 168f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. B Augsburg 1 n. 288, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a433fb4e-cce2-4093-9628-a832232f7cf7
(Abgerufen am 29.03.2024).

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