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RIplus | Erzbischöfe von Mainz - Abt. 1, Bd. 1 (1289-1328)

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Heinrich, Graf von Luxemburg, verpflichtet sich eidlich, dem Erzbischof Peter zum Dank für dessen Bemühung um seine Erhebung,1 wenn er römischer König werden sollte, nachstehende wohl erwogene Bestimmungen auszuführen2 und eine Urkunde darüber mit dem königlichen Siegel auszustellen. – 2.3 Heinrich wird die Kirche Gottes und besonders die Mainzer Kirche in allen ihren Gliedern in den geistlichen und weltlichen Angelegenheiten der Stadt, Diözese und Provinz verteidigen, und in allen Rechten, Ehren, Freiheiten, Gütern, Besitzungen, Privilegien und Gnaden, die sie von römischen Königen und Kaisern erhalten hat, schützen (vgl. Reg. 268, 296 und 548); er wird die Gnaden und Privilegien wörtlich in besonderen Urkunden erneuern und mit dem Königssiegel bekräftigen. – 3. Er wird den Erzbischof, seine Nachfolger und das Erzstift mit aller Kraft unterstützen, wenn nötig in eigener Person, gegen alle Angreifer und Beleidiger,4 und besonders gegen die Bürger (cives) von Mainz und die Bürger (burgenses) von Erfurt, zur Aufrechterhaltung des Rechts und zur Überwindung des Unrechts, sobald er darum ersucht wird. – 4. Er wird nicht zulassen, daß kirchliche Streitsachen anderswo als vor den zuständigen Richtern (coram suis iudicibus) behandelt und entschieden werden, oder daß kirchliche Personen wegen irgend einer Angelegenheit von anderen als den eigenen Richtern abgeurteilt werden (vgl. Reg. 277). – 5. Den Zoll in Lahnstein (Loyn-), der durch frühere Könige mit vollem Recht5 eingerichtet und der Mainzer Kirche übertragen worden ist (vgl. Reg. 268, 534, 547, 719 und 1145), erkennt er ausdrücklich an und wird ihn bestätigen.6 – 6. Er erklärt und wird es öffentlich verkündigen,7 daß die Stadt Seligenstadt und die Grafschaft Bachgau (-gowe) ohne Zweifel der Mainzer Kirche gehören.8 – 7. Heinrich wird das besondere Recht (specialis prerogativa), das der Mainzer Erzbischof über die Ministerialen und Burgleute der Mainzer Kirche besitzt, bewahren und in Kraft bestehen lassen, das darin besteht, daß diese nicht vor ein weltliches Gericht gezogen werden können, wenn sie nicht zuerst vor ihren Herrn, den Erzbischof, geladen wurden und hier eine Rechtsverweigerung stattfand (vgl. Reg. 548 und 1162). – 8. Alle Rechte, Ehren und Nutzungen des Erzkanzleramts in Deutschland, vor allem das Recht, Kanzler, Protonotar und Notare am königlichen Hof ein- und abzusetzen, die ihm (loco et vice nostri [regis]) den Treueid leisten sollen,9 bestätigt Heinrich dem Erzbischof, ebenso den Zehnten von den Abgaben der Juden und was sonst vom königlichen Hof auf Grund des Erzkanzleramts ihm zu entrichten ist (cedere sibi debent), und er wird nicht zulassen, daß der Erzbischof hierin oder in seinen anderen Rechten irgendwie gehemmt wird (vgl. Reg. 271 und 549). – 9. Den Schaden, den König Albrecht der Mainzer Kirche (per violentiam) zufügte, dessen Abschätzung Peter ihm überlassen hat und der 100000 Mk. offenkundig (notorie) übersteigt (vgl. Reg. 704), wird er ihm nach Billigkeit vergüten, damit er besser (commodius, utilius et libencius) dem Reiche dienen kann. – 10. Ebenso wird er dem Erzbischof die Auslagen, die er für die Wahl hatte, unverzüglich ersetzen (vgl. Reg. 268). – 11. Er wird ihm den Zoll bei der Burg Ehrenfels (Erenvels) so lange übergeben, bis er daran 10000 ℔ Heller erhalten hat, die König Albrecht ihm für seine Dienste auf dem Zug nach Böhmen zu zahlen versprochen hat (vgl. Reg. 1127), und 2000 Mk. Silber, die König Albrecht ihm schuldig geblieben war gemäß einer Urkunde darüber, die die Ursache der Schuld angibt, sowie 1000 Mk. die er der Mainzer Kirche am Ungeld und den Juden in Frankfurt bei der letzten Mainzer Stuhlerledigung (in proxima vacacione) entzogen hat.10 – 12. Er wird dem Erzbischof beholfen sein gegen den Grafen von Montfort gen. von Sargans (und seine Helfer), der ihn gefangen genommen und geplündert und um 8000 Mk. Silber geschädigt hat (vgl. Reg. 1071), und wird sich bemühen, daß ihm eine ausreichende Genugtuung zuteil wird. – 13. Er wird ihn dagegen verteidigen, daß jemand ihn oder das Erzstift pfändet oder belästigt wegen Schulden, die Peters Vorgänger aufgenommen haben oder wegen andrer Dinge, wenn er nicht zuvor von dem zuständigen Richter deshalb verurteilt (convictus) wurde. – 14. Heinrich verpflichtet sich, allen Unwillen (indignacionem) des päpstlichen Stuhles, der sich etwa wegen der Wahl Heinrichs gegen Peter erhebt,11 zu beschwichtigen (deponemus . et tollemus), und er wird alle Streitigkeiten (questiones . seu controversias), die deshalb entstehen, selbst und auf eigene Kosten für den Erzbischof erledigen (ad finem et exitum perducemus). – 15. Wo die Einigung zwischen König Albrecht und Erzbischof Gerhard und den Seinen noch nicht vollendet (conpleta) ist (vgl. Reg. 719), wird Heinrich sie vollenden. – 16. Er verbietet, daß Leute (homines) der Mainzer Kirche in Städten oder Burgen des Reiches12 als Pfalbürger aufgenommen werden. – 17. Über jeden dieser Artikel wird er dem Erzbischof auf Wunsch eine besondere mit dem Königssiegel bekräftigte Urkunde ausstellen. – 18. Außerdem wird er dem Erzstift den Inhalt der ihm von den römischen Königen erteilten Urkunden über das Ungeld und die Juden in Frankfurt besonders bestätigen (vgl. Reg. 489, 605 und 719). – 19. Heinrich wird aus besonderer Neigung und Freigebigkeit für den Erzbischof 3000 Mk. Silber an die Kurie bald bezahlen (vgl. Reg. 268). – 20. Er wird auch alle Verwandte nnd Freunde Peters beschützen und fördern, solange er lebt.13 – 21. Er verzichtet auf jedes Hilfsmittel, sich von seinen Verpflichtungen zu befreien.

Originaldatierung:
A. et d. Rense 1308 V. kal. Nov.

Überlieferung/Literatur

Transsumpt der Mainzer Richter vom 19. Febr. 1309: Darmstadt (Mainz, Generalia). Richtersiegel. – Gedr.: Würdtwein, Subs. dipl. 4, 352 und 12, 348 (nach dem Transsumpt); Bodmann, Cod. epist. Rudolfi I. S. 315 (nach dem inzwischen verloren gegangenen Original); Mon. Germ., Constitutiones IV, 1, 222 nr. 259. – Reg.: Scriba, Hess. Regesten 1, 69 nr. 746 (irrig unter 20. Febr. 1309), 3, 155 nr. 2329 und (das Transsumpt) 2334; Böhmer, Reg. Imp. VI. 376 nr. 277; Wiener, Regesten z. Gesch. d. Juden 1, 20 nr. 129; Kopp, Gesch. d. eidgen. Bünde IV, 1, 23; Thomas, Königswahl Heinrichs S. 93 nr. 34.

Kommentar

Erzbischof Balduin hat zuerst Erzbischof Peter, dann mit ihm die anderen Königswähler für seinen Bruder gewonnen, s. Königsaaler Geschichtsqu. (ed. Loserth 333): Dominus Baldewinus Treverensis archiepiscopus .. animo revolvere coepit, qualiter Heinricum comitem suum fratrem ad sublimationem imperii extollere posset. Adiit igitur dominum Petrum archiepiscopum, sibique suae voluntatis ardens et archanum aperuit desiderium, postulat quoque affectuosis precibus, ut suum dirigat propositum et votum. Dominus vero P. Mag. arch. non diu precibus petentis restitit, sed facili benignitate annuit; nam et ipse amore non infimo comitem eundem, pro quo Treverensis supplicat, dilexit. Civitas namque Treverensis hunc dominum Petrum Mag. arch. genuit et fovit et pavit, unde fratri Treverensis archiepiscopi de honore quolibet promptiori mente favit. Sic igitur hi ambo in Heinricum comitem Lucenburgensem secrete consentiunt et qualiter praeconcepta perficiant, mentis studio discutiunt sedulo et revolvunt. Dominus autem Maguntinus cum esset senior, sanior fuit in consiliis et in promovendis tam arduis imperii negotiis. – Eine Trierer Chronik dagegen (s. Wyttenbach und Müller, Gesta Trevirorum S. 202 Anm. c) berichtet, daß Erzbischof Peter dem Erzbischof Balduin den Tod König Albrechts mitteilte et ut dominus Henricus ad regnum adipiscendum se praepararet, quia ipsum eligere vellet, insinuavit. – Nach Johann v. Viktring (Böhmer, Fontes 1, 358) hat Peter für Heinrich den Sachsen und den Brandenburger gewonnen.

Anmerkungen

  1. 1Iustitiam, equitatem necnon fidelem diligenciam et devocionis purissime constanciam, quam .. circa nos et nostri exaltacionem habet et habuit cum effectu.
  2. 2ea .. propter causas iustas, veras et notorias, que in ipsis esse noscuntur, conservabimus, manutenebimus et ad plenum effectum Deo propicio perducemus.
  3. 3Aus Zweckmäßigkeitsgründen ist die Absatzzählung der Constitutiones übernommen.
  4. 4contra quoslibet iniuriatores, temerarios offensores, turbatores.
  5. 5propter causas certas, veras et iustas.
  6. 6laudamus ex certa scientia et ex superhabundanti confirmabimus et innovabimus eidem.
  7. 7propter veritatem opinione cedente compertam et iusticiam expeditam clare dicimus.
  8. 8Vgl. Reg. 277 f. und 606; noch am 20. Jan. 1306 hatte Seligenstadt, das von König Albrecht ausdrücklich als Reichsstadt anerkannt worden war (s. Reg. 719), mit den anderen Wetterauer Reichsstädten ein Bündnis auf 10 Jahre geschlossen, s. Böhmer-Lau, Frankfurter Ukb. 1, 448 nr. 871.
  9. 9Vgl. Bresslau, Urkundenlehre 1, 389.
  10. 10in cuius pecunie recepcione usque ad completam et perfectam eius solucionem eum (Petrum) sue conscientie relinquemus.
  11. 11si quam forte .. iam incurrerit aliqualiter aut incurret; vgl. dazu Wenck, Clemens V. u. Heinrich VII. 119.
  12. 12in civitatibus, opidis seu castellis ad imperium pertinentibus.
  13. 13ut in hiis et aliis, quibus sibi et suis volumus conplacere, meritorum suorum sinceritas, fidei puritas et constancia felixque sui memoria iugiter in nostris oculis habeatur.

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Empfohlene Zitierweise

RIplus Regg. EB Mainz 1,1 n. 1224, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/f47b4de9-38b1-42e4-9cc4-e9109cf5ada9
(Abgerufen am 24.04.2024).

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