RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,4,2

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Protokoll des Landtagsabschiedes von Wiener Neustadt =lanndttag in der Newnstat etc. 1502 jar: KM hat durch seine Räte und Gesandten den Landschaften der nö. Länder folgendes vortragen lassen: Die Landschaften haben selbst unter sich eine Verteidigungsordnung zum Widerstand gegen Angriffe (beraten), und KM hat seine Hilfe dazu angeboten. Die Stände haben auf seinen Antrag folgendes beschlossen: (1) Von je 100 lbd nucz vnd gullt nach herren gullt (Herrengülten), welche geistl. und weltl. Inländer oder Ausländer in den nö. Ländern besitzen, ist ein Reisiger mit Pferd, Harnisch und Waffen feldmäßig gerüstet, von diesem Landtag an gerechnet auf drei Jahre zu halten1). In jedem Land sind Viertelmeister dafür zu bestellen. - (2) Kaufleute, Bürger und andere, die keine eigenen Gülten haben, sollen in dieser Hilfe inbegriffen sein. Die Bemessungshöhe soll beim nächsten Landtag verhandelt werden. - (3) Die Landschaften beschlossen, KM oder dessen oberster Hauptmann soll jedem Landmarschall und Landeshauptmann das Aufgebot verkünden; diese sollen dann die Viertelmeister aufbieten und sie mit dem Kriegsvolk dorthin senden, wo Kriegshandlungen stattfinden, aber nicht außerhalb der Länder. - (4) KMs Räte schlugen vor: die Hauptleute sollen den Feinden auch außer Landes entgegenziehen können. Die Landschaften erwiderten, die jeweilige Lage werde dies entscheiden. - Wird ein Land von Feinden überfallen, so soll die jeweilige Landschaft stärksten Widerstand leisten und das den anderen Landschaften mitteilen. Diese sollen dann, sobald ein neuer Überfall geschieht, mit der festgelegten Anzahl Kriegsvolkes dem betroffenen Land zu Hilfe kommen. - Geschieht kein Überfall, sondern ein herczug in ein Land, so sollen die anderen Länder mit der Hälfte der obigen Anschlagszahl Hilfe leisten. In beiden Fällen sollen sie nicht über drei Monate helfen müssen. - Geschieht der Überfall oder Heerzug in zwei Ländern gleichzeitig, so sollen die anderen auf KMs oder des obersten Hauptmanns Aufgebot dorthin ziehen, wo die Not größer ist. - (5) Die Landschaften hoffen, daß auch KM von seinen eigenen Einkünften eine größere Hilfe leistet. - Dazu haben die Räte KMs angezeigt, daß er den nö. Ländern, wenn sie überfallen werden, mit 10.000 Mann aus den oö. Ländern (Tirol und Vorlande) zu Hilfe kommen wird, sofern dort kein Krieg ist. Wenn aber auch dort Krieg herrscht, wird er ihnen 5.000 Mann und für die Rüstung den Aufschlag (Zoll) zu Engelhartszell und das Marchfutter überlassen. Auch werden ihnen KMs Hauptleute und Pfleger zu Hilfe kommen. - (6) Damit auch im Falle von KMs Abwesenheit bei feindlichen Angriffen Bargeld vorhanden ist, wäre es (nach Meinung KMs) gut, wenn die Landschaften eine Summe von ca 100.000 flRh, auf die Länder verteilt, bei Einnehmern hinterlegen; dieses Geld soll nur zum Zweck der Abwehr ausgegeben werden. - Weil die Landschaften auf KMs Antrag den Rüstungsanschlag zugesagt haben, können sie derzeit diesen neuen Anschlag (Hinterlegung der 100.000 flRh) nicht bewilligen. Wenn man die Botschaft der oberen Lande (Tirol und Vorlande) angehört hat, soll man über diese Artikel auf künftigen Landtagen gründlicher verhandeln. - (7) Die Landschaften bitten, die in jedem Land gesetzten Viertelmeister aus KMs Einkünften zu besolden, auch Streitzeug, Geschütz und anderen Kriegsbedarf bereitzustellen sowie Städte und Schlösser an den Grenzen mit Bauten, Leuten, Zeug und Proviant zu versehen. - (8) Die Räte meinen, daß KM mit den Landschaften zusammen die Viertelhauptleute auswählen und diese aus den Ländern sein sollen. - Die Landschaften antworten, daß alle Viertelmeister Landleute und KMs Untertanen sein und daß die Landschaften sie auswählen sollen. Die Landschaften sollen die Viertelmeister KM anzeigen, damit sie mit gebührendem Sold aus KMs Einkünften bezahlt werden. - (9) Da diese Bewilligungen den Landschaften große Kosten verursachen werden, bitten sie KM, inzwischen die Prälaten und Städte nicht mit Anschlägen zu beschweren, sondern die Landschaften bei ihrem alten Herkommen zu lassen. - Damit dieser Anschlag künftig den Landschaften nicht schade, bitten sie KM um Schadlosbriefe. Wenn sie durch KM anderweitig ins Feld erfordert werden, sollen sie dabei nach dem Herkommen gehalten werden. - (10) Wenn sich jemand ungehorsam dem Anschlag und der Ordnung widersetzt, möge KM ihn zum Gehorsam zwingen und nicht gestatten, daß irgendjemand sich durch Bestechung =miet vnd gab aus der Ordnung zurückzieht; alle Stände sollen die gleiche Bürde tragen. - Damit Ordnung und Anschlag nützlich und dauerhaft sind, muß in jedem Land rasch ein Landtag gehalten werden. - (11) Auch soll KM keinen Krieg, der die nö. Länder berührt, ohne deren Wissen und Rat anfangen; ihrem Rat gemäß wollen die Länder KM treu und gehorsam helfen. - (12) KM will, daß alle Erblande betreffend Rüstung und gegenseitige Hilfe ein gemain versteen miteinander (Verteidigungsgemeinschaft) machen sollen. Um darüber zu verhandeln, sollen auch die Gesandten Tirols und der vorderösterreichischen Länder kommen. Darauf haben die Landschaften, soweit sie noch anwesend waren, mit den Botschaften verhandelt und von ihnen gehört, daß KM den Tirolern und Vorderösterreichern erst spät verkündet habe, ihren Ausschuß auf den Landtag nach Wiener Neustadt zu schicken. Deshalb konnten sie nicht gründlich beschließen, wie sie eine Vereinbarung mit den nö. Ländern aufrichten sollen. Sie forderten daher, daß ein Ausschuß aller österreichischen Länder zu gemeinsamen Verhandlungen auf einen Tag nach Linz geschickt wird. Dieser Vorschlag ist den nö. Ländern annehmbar. Jede Landschaft will sich auf ihrem Landtag über den nach Linz zu schickenden Ausschuß einigen. KM soll den Linzer Tag ausschreiben und jedem Land befehlen, einen Ausschuß dorthin zu verordnen. - (13) Die Räte haben gemeldet, daß KM die Absicht hat, auch Ehg Philipps Länder in diese Ordnung einzubeziehen. Die Landschaften sollen einige aus ihrer Mitte erwählen, die mit KMs Botschaft zu Ehg Philipp ziehen und mit ihm über die gegenseitige Hilfe verhandeln. Die Landschaften antworten, sie wollen darüber ebenfalls auf den nächsten Landtagen verhandeln. - (14) Die Länder bitten KM, ihre folgenden Beschwerden gnädig zu berücksichtigen und Abhilfe zu schaffen2): KM hat den obersten Hauptmann und das Regiment in Linz, das Hofgericht in Wiener Neustadt und den österreichischen Kanzler in Wien eingerichtet. Da jedoch einer des anderen Unterstützung braucht und sie voneinander getrennt sind, ist es für die Bewohner der Fstmer schwierig sie aufzusuchen; viele müssen ihr Recht ruhen oder gar fallen lassen, weil sie die Kosten zum Aufsuchen der verteilten Behörden nicht tragen können. Auch sind die Prokuratoren und Advokaten =rednner, welche die Parteien brauchen, nur schwer dahin zu bringen. Die Landschaften bitten KM, vor allem das Wiener Neustädter Hofgericht abzustellen. Jede Landschaft und jeder einzelne sollen bei ihrem ordentlichen Gericht und Landrecht bleiben, damit Arme und Reiche ihr Recht gleichermaßen erlangen können. Betreffend die Appellationen sollen der oberste Hauptmann und das Regiment zuständig sein, doch möge KM aus jedem Land zwei Landleute, die den Landesbrauch kennen, dazu nehmen; nicht aber Doktoren und Gelehrte, welche die Untertanen vom althergebrachten Landesbrauch in die geschriben recht (Röm. Recht) vnd merklich verderben ziechen. Auch möge KM das Regiment an einem günstigen Ort einrichten und das Gericht zu Quatemberzeiten halten lassen. - (15) KM hat in den nö. Ländern seit einiger Zeit einen Fiskal gehalten, der die Bewohner mit merklichen newen funden (neuen Abgaben) wider das alte Herkommen beschwerte und viele Händel an sich zog, wozu er kein Recht hatte; der Fiskal hat nur zu eigenem Nutzen und aus geringen Ursachen Untertanen bei einem Pönfall bei Gericht herumgezogen. Wenn sich jemand aus redlichen Gründen gegen den Pönfall wehren will, ist dies einem Untertanen gegen den Fiskal, der den Landesfürsten vertritt, bei Gericht schwierig; aber dies geschieht täglich. Die Landschaften bitten KM, da es von alters her nie einen Fiskal in den Ländern gab, diesen abzuschaffen und die Vertretung des Landesfürsten bei Gericht einem aufrichtigen, verständigen Mann anzubefehlen, damit die Untertanen nicht Schaden leiden. - (16) Mehrmals haben die Landschaften KM ihre Beschwerden betreffend die Münze angezeigt, und zwar über die böhmischen Potschenndl, Vierer, Agler, über die schwarzen und anderen minderwertigen fremden Gold- und Silbermünzen. KM hat bewilligt, diese auswärtigen Münzen im Wert der österreichischen Münze anzugleichen, was noch nicht geschah. Da die Länder mit den fremden Münzen schwer belastet sind und die österreichischen Sechser, Kreuzer und Pfennige aus dem Land geführt werden, gibt es in den Ländern keine guten Münzen mehr, wodurch die Inwohner an ihren Käufen und Verkäufen schweren Schaden nehmen. Die Landschaften bitten KM abermals, daß die fremden Münzen den österreichischen im Wert angeglichen und nicht für mehr gerechnet werden sollen, damit die gute österreichische Münze nicht ganz verdrängt wird. KM möge auch verfügen, daß ein Münzmeister bestellt und in den Ländern eine gute, beständige Münze nach Rat der Landleute und laut dem Kammerbuch geprägt werde. - Die Landleute bitten KM, auf die obigen und anderen vorgebrachten Beschwerden bei den nächsten Landtagen zu antworten und Abhilfe zu schaffen. Dadurch würde der gemeine Mann obigen Vorhaben umso eher gehorchen.

Überlieferung/Literatur

2 KOP (Ppr, geringe Varianten): Graz StLA, Landtagsakten 302, Schuber 398. - NB zur Datierung: A.a.O. die Kredenzen für KMs nö. Gesandte stammen von 20. August Klösterle; die Kredenzen für die Tiroler Botschaft stammt vom 26. August Sterzing und jene für die vorländische Botschaft vom 19. August Ensisheim. Die Präsentationsvermerke auf den verschiedenen Kredenzen sind vom 1. und vom 6. September. Demnach hat der Ländertag in Wiener Neustadt am 1. September 1502 begonnen und war am 6. September noch nicht beendet. Das obige Protokoll ist wahrscheinlich kurz danach zu datieren. - LIT: 1) Über die gemeinsame Verteidigungsordnung der österreichischen Länder, "Gültpferdrüstung" etc. vgl. Wiesflecker, Österreich im Zeitalter Maximilians I., 272 ff. - 2) Über die Abschaffung des Wiener Neustädter Hofgerichtes und des Fiskals vgl. Wiesflecker, Österreich im Zeitalter Maximilians I., 58 ff., 251 f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,4,2 n. 19963, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1502-09-06_2_0_14_4_1_435_19963
(Abgerufen am 18.04.2024).