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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,4,1

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Die unten genannten frz. Gesandten bei KM berichten an Kardinal d'Amboise über die Verhandlungen mit KM und seinen Vertretern vom 16.-27. Februar: (1) Die Gesandten haben das letzte Mal am 7. Februar aus Quezelin (?) geschrieben und die Briefe KMs übersandt, worin er sie zu sich einlädt, um die Investitur mit Mailand zu empfangen und ihm dafür den Lehenseid zu leisten. KM ließ die Gesandten durch einen Boten abholen; sie trafen Dienstag den 15. Februar in Hall bei Innsbruck ein, wo KM mit der Kgin (Bianca Maria) sich aufhielt. KM schickte den Gesandten den Gfen Philipp von Nassau, Herrn Gaspard (Hans Kaspar von Laubenberg?), Marschall von Tirol, und Dr. Aydel (Dr. H. Hayden?) entgegen, um sie nach Hall zu geleiten; desgleichen begegneten sie unterwegs dem spanischen Gesandten Don Jehan Manuel. - (2) Die Gesandten wurden am nächsten Tag (16. Februar) außerhalb von Hall zur Übergabe der Beglaubigungsschreiben empfangen. KM war begleitet vom Hg von Mecklenburg, den Gfen von Fürstenberg und Zollern, vom Bf von Augsburg, vom Propst von Utrecht (Philibert Proudhomme, genannt Naturelli) und von den Gesandten Ehg Philipps. KM nahm nur die allgemeine Proposition entgegen, stellte baldige Verhandlungen in Aussicht und versprach, die Gesandten rasch abzufertigen. Dann entließ er sie nach Hall; er selbst reiste nach Innsbruck. - (3) Entsprechend der Aufforderung KMs verhandelten die frz. Gesandten an diesem Tag (16. Februar) die Investiturangelegenheit mit dem spanischen Gesandten (als Vermittler). Sie forderten die Investitur für den frz. Kg in möglichst umfassender und sicherer Form, und zwar für die männlichen und weiblichen Erben in den Haupt- und Nebenlinien und für alle Nachfolger. Die Investitur für (Hg) Ludovico (Sforza) müsse aufgehoben, und der Besitz des Kgs von Frankreich aufgrund der Erbrechte von madame Valentine (Visconti) bestätigt werden. - (4) Der spanische Gesandte antwortete, KM wolle durch die Investitur zwar den frz. Kg sicherstellen, aber auch seine eigene Ehre nicht verletzen. Daher soll der Widerruf der Investitur für Ludovico (Sforza) nicht erwähnt werden, aber die Belehungsformel soll so gefaßt werden, daß daraus der Widerruf hervorgeht. Die Gesandten wollten diesen Vorschlag beraten. - (5) Am folgenden Donnerstag (17. Februar) ließ KM sagen, daß er die Investitur heimlich in seinem Zimmer vornehmen wolle. Wegen der Abnahme des Lehenseides werde er bevollmächtigte Gesandte zum Kg von Frankreich abordnen. Anders könne KM gegenwärtig nicht handeln wegen des großen Geschreies der vertriebenen Lombarden, die sonst jede Hoffnung auf die Rückstellung ihrer Güter verlieren würden. - (6) Der Kg von Frankreich habe den Vertrag von Trient (RI XIV, Bd 3/1, Nr 12570) nicht eingehalten, weil er die Vertriebenen (Mailänder) noch nicht entschädigt habe. Der spanische Gesandte übergab den Franzosen eine Kopie mit Beschwerdeartikeln KMs. Die Franzosen antworteten, es sei im Vertrag von Trient vereinbart worden, daß die Frage der Wiedergutmachung der Vertriebenen auf dem Reichstag zu Frankfurt verhandelt werden soll. Diese Bestimmung sei von KM gebrochen worden, der auf diesem Reichstag nicht erscheinen wolle. Der Kg von Frankreich hat in den Artikeln von Blois mit dem Ehg (Philipp) vielmehr vereinbart, daß die Vertriebenen, die keine Eide geleistet hätten, innerhalb einer gewissen Zeit auf Bitten KMs die Gnade des Kgs von Frankreich erwarten können. - (7) Der spanische Gesandte erwiderte, daß er von den Artikeln von Blois nichts gehört habe, und daß KM darüber anders unterrichtet worden sei. - (8) Die frz. Gesandten drückten ihr Erstaunen aus, daß KM die Investitur heimlich und nicht vor seinem Hof durchführen wolle, wie er es dem frz. Kg versprach. Sie sind auch verwundert, daß KM den Lehenseid par procureur einholen und nicht hier entgegennehmen will, wie er es auch bei Ludovico machte. KM hätte beachten müssen, daß der Kg von Frankreich nachgegeben habe, die Investitur am Hofe KMs zu empfangen, obwohl es im Vertrag bestimmt wurde, daß dies in großer Feierlichkeit in Frankfurt mit den Kfsten geschehen soll. - (9) Um dem frz. Kg einen Gefallen zu erweisen, wolle KM die Investitur von den Kfsten ratifizieren lassen und den frz. Gesandten gleich nach ihrer Ankunft die Investitur erteilen. - (10) Der Kg von Frankreich hat, um seine Freundschaft zu bekunden, der Heirat des Kgs von Ungarn (Wladislaw) mit madame de Foix nicht zugestimmt, bevor nicht KM seine Zustimmung gegeben habe. - (11) Die Gesandten erwähnten auch, daß der Kg von Frankreich KM auch eine Heirat (seiner Enkelin) mit dem Dauphin in Aussicht stellte, um seine Freundschaft zu bekunden. Die Gesandten wiesen darauf hin, daß kein Grund bestehe, den Lehenseid der Gesandten abzulehnen. Wenn man das Geschrei der vertriebenen Lombarden fürchte, so möge der Lehenseid mit der Investitur zusammen heimlich geleistet werden. Der spanische Gesandte brach sofort nach den Verhandlungen nach Innsbruck auf, um KM alles zu berichten. - (12) Am gleichen Tag (17. Februar) kamen die drei Gesandten des Ehgs (Philipp) und sicherten den frz. Gesandten ihre volle Unterstützung zu. - (13) Am Freitag (18. Februar) kehrte der spanische Gesandte nach Hall zurück, nachdem er obige Angelegenheiten mit KM in Innsbruck besprochen hatte. Er berichtete, daß KM zu Ehren der frz. Gesandten kommenden Sonntag (20. Februar) an einem schönen Ort nächst Innsbruck ein Fest geben und nachher mit ihnen (persönlich) verhandeln wolle. - (14) Am Sonntag fand dieses Fest zu Ehren der frz. Gesandten nächst Innsbruck statt. Der spanische Gesandte sprach namens KMs über die lombardischen Verbannten, über Ludovico Sforza und über die 80.000 escus, was ganz neu war. Die frz. Gesandten antworteten, dies übersteige ihre Vollmacht; sie beharrten auf der versprochenen Investitur und auf dem Lehenseid par procureur und baten um die versprochene Audienz. Darauf ließ sie KM nach Innsbruck kommen. - (15) Die Gesandten legten KM nach dem Beglaubigungsschreiben die Ratifikationsurkunden der Heirat des Dauphins mit einer Tochter des Ehgs (Philipp) vor. In aller Öffentlichkeit vor allen Gfen und Räten betonten sie die Vorteile dieser Heirat und der Heirat Claudias sowie die Vorteile der anderen Vertragsartikel. Hierauf forderten sie zum Türkenkrieg auf. Anschließend kam man auf die Hauptsache, nämlich auf die Investitur und die Eidesleistung für das Hgtm Mailand, und zwar in aller Öffentlichkeit, obwohl KM gewünscht hatte, daß dies geheimgehalten werde. - (16) KM dankte für die Ratifikationsurkunden; er werde die Gesandten bald abfertigen, aber er sei ganz unschlüssig über sein Volk Israel, womit er die vertriebenen Lombarden meinte. Die Gesandten erfuhren, daß KM die Sache mit seinen Räten, darunter vielen Mailändern, beraten habe, welche die Sache verhindern wollen, weil sie nach der Investitur nie mehr ihre Besitzungen zurückerhalten würden. - (17) Wegen des gefährlichen Sterbens in Hall baten die frz. Gesandten, ihren Wohnsitz nach Innsbruck verlegen zu dürfen, was teilweise gestattet wurde. Bei der Übersiedlung nach Innsbruck letzten Mittwoch, den 23. Februar, trafen die Gesandten unterwegs KMs Postmeister; er übergab einen Brief KMs mit dem Beschluß seines Rates über die Belehnung. KM zeigt offenbar keine große Lust, die Belehnung mit Mailand durchzuführen, und schützt vor, daß der Kg von Frankreich vorher den Vertrag von Trient erfüllen müsse, sonst könne KM bei seinem Gewissen und bei seiner Ehre die Belehnung nicht durchführen. - (18) Die Franzosen schickten die Gesandten des Ehgs (Philipp) zu KM, um zu fragen, worüber er sich zu beklagen habe. Sie erfuhren, daß KM sehr empört sei über die Artikel von Blois (ddo 1501 Dezember 13, RI XIV, Bd 3/2, Nr 15816) betreffend die Verbannten und betreffend Ludovico (Sforza), den er völlig frei wünsche, wie das versprochen worden sei. Weiters beklagt er sich über die 80.000 escus, die aus einem älteren Vertrag herrühren. Außerdem sei es für den Kg von Frankreich wenig, wenn er für den Türkenzug nur 400.000-500.000 francs beitrage. - (19) Die Franzosen legten den burgundischen Gesandten augenblicklich die Verträge von Trient und Blois auf den Tisch und zeigten, daß kein Grund vorliege, die Investitur und Eidesleistung zu verschieben. Es scheine eher, man wolle einen Grund zum Bruch suchen. Der Kg von Frankreich wolle lieber sterben, als es an einem Versprechen fehlen zu lassen. Wenn es noch Unklarheiten zwischen KM und dem Kg von Frankreich gebe, so könnten sie sich darüber nach der Investitur noch einigen. Die 50.000 francs würden sofort bei der Investitur bezahlt werden, der Rest nach den Bestimmungen von Blois. - (20) Am Donnerstag (24. Februar) schickte KM den spanischen Gesandten zu den Franzosen und ließ sagen, daß er nicht so sehr auf die Forderung der 400.000 francs Türkenhilfe, auch nicht auf die 80.000 francs, ebensowenig auf die Frage der Verbannten bestehe; diese Fragen sollten ein Jahr lang ruhen, weil KM darüber mit dem Kg von Frankreich über Robertet verhandle. KM bestehe aber auf der Freilassung Ludovicos ohne jede Einschränkung, wie dies beschlossen worden sei. Die Franzosen überzeugten den spanischen Gesandten von der Unrechtmäßigkeit dieser Forderung KMs und übergaben ihm die Artikel von Trient und Blois betreffend Ludovico (Sforza). Er solle KM sagen, daß die Gesandten nach Frankreich zurückkehren wollen, wenn KM seinen Sinn nicht ändere, nachdem sie zwei Wochen die Gründe der Verweigerung nicht erkennen konnten; doch stünden die Gesandten für die Durchführung des begonnenen Friedenswerkes zwischen KM und dem Kg von Frankreich gerne zur Verfügung. - (21) Der spanische Gesandte brachte von KM die Antwort zurück, die frz. Gesandten sollten von ihrem Kg durch die Post klare Anweisungen einholen und bis dahin hier bleiben. Wenn sie abreisen, könne ihnen KM keine Erklärung geben. Die Gesandten erwiderten, daß sie Auftrag hätten, das bereits Beschlossene nicht zu ändern oder zu interpretieren. - (22) Wenn der spanische Gesandte mit der Antwort bis Samstag (26. Februar) nicht zurückkäme, wollen sich die frz. Gesandten selber zu KM begeben, hinweisen, daß sie schon vier Monate in Deutschland weilen, und daß er sie in einer halben Stunde abfertigen und die Freundschaft festigen könne, wenn er wolle. - (23) Die frz. Gesandten erfuhren, daß KM sie so lange nicht abfertige, bis Robertet mit der Antwort des Kgs von Frankreich zurückkehrt. Tag für Tag werden den Gesandten neue Dinge vorgeschlagen; sie möchten abreisen, weil nichts weitergeht. KM hat den (burgundischen) Gesandten verboten, mit jemand anderem zu verhandeln außer mit dem spanischen Gesandten. - (24) Am Samstag (26. Februar) ziemlich spät kam M. Lang, der wohlbekannte Sekretär KMs, zur frz. Gesandtschaft und sprach lange über die Verträge von Trient und Blois. Er gab zu verstehen, daß KM sich weniger um die Mailänder Rebellen und um Ludovico (Sforza) kümmere, sondern vielmehr befremdet sei, daß man in Blois mit dem Ehg (Philipp) verhandelt habe. KM sei befremdet, daß der Kardinal (d'Amboise), mit dem er den Vertrag von Trient gemacht habe, und der Kg von Frankreich die Ehre KMs nicht geschont und den Vertrag von Blois mit dem Ehg (Philipp) geschlossen hätten; KM wolle das Veltlin auf drei Jahre behalten. Er sei auch unzufrieden, daß anstatt der 200.000 francs bei der Belehnung nur 50.000 bezahlt werden sollen. Die vollständige Freilassung des Ludovico (Sforza) sei vom Kg von Frankreich einmal abgelehnt und einmal zugestanden worden. Der Kg von Frankreich müsse Ludovico eine jährliche Pension bezahlen, außerdem an KM 80.000 escus (Siegelgeld?) für diesen Vertrag. Lang gab zu verstehen, daß KM in allen diesen Artikeln kein Entgegenkommen des Kgs von Frankreich sehe; KM wünsche, daß der Vertrag von Blois mit dem Ehg für nichtig erklärt werde; vorher wolle KM weder den Lehenseid empfangen, noch die Belehnung erteilen. - (25) Die frz. Gesandten bewiesen Lang aufgrund der Artikel von Trient und Blois, daß der Kg von Frankreich durch keinerlei Vereinbarung zur Freilassung Ludovicos verpflichtet sei. Der frz. Kg habe alles gehalten, und KM sei schlecht beraten, wenn er nun die Investitur verweigert. Die Gesandten hätten keine Vollmacht, über die Verträge von Trient und Blois hinaus zu verhandeln; sie zeigten sich erstaunt, daß KM das widerrufen wolle, was sein Sohn in seinem Auftrag abgeschlossen hat; KM selbst habe zu wiederholten Malen schriftlich und mündlich die Investitur in Aussicht gestellt. - (26) Gestern, Sonntag (27. Februar) sagte der spanische Gesandte, daß er lange mit KM verhandelte, aber keine Entscheidung von ihm erreichen konnte. KM wolle die Antwort verschieben, aber er sagte niemals, daß er die Investitur überhaupt verweigern wolle. KM sei übrigens bereit, mit Zeugen zu beweisen, daß ihm die Freilassung des Ludovico (Sforza) zugestanden worden sei. Die frz. Gesandten erklärten, daß sie warten wollten, solange es notwendig sei; aber KM möge sie anhören und mit ihnen die Sache aufgrund der Verträge besprechen. KM möge Belehnung und Eidesleistung durchführen, aber die bezüglichen Urkunden bis zur Zahlung der ersten Rate von 50.000 francs zurückbehalten; die Gesandten wollen warten, bis die Antwort des Kgs von Frankreich auf die Klagen KMs zurückkommt. - (27) Bis zur Stunde fand KM sich nicht bereit, Investitur und Eidesleistung durchzuführen, daher haben die Gesandten beschlossen abzureisen, jedoch ohne mit KM zu brechen. Spät am Abend ließ KM wissen, daß er die Gesandten heute nach dem Essen empfangen wolle, aber bis jetzt konnten sie einen Empfang trotz allen Drängens nicht erreichen. Sie haben KM nur zweimal öffentlich vor seinem ganzen Rat gesprochen. Wenn nichts erreicht und die Abreise nötig wird, werde es ohne Bruch geschehen. - Angaben über den geplanten Reiseweg. Escript à Yspruch le dernier jour de Fevrier. - Voz ... serviteurs LOYS de HALEWIN, JEFFROY CHARLES, CHARLES DUHAULTBOYS, ESTIENNE PETIT, GUERIN.

Überlieferung/Literatur

ED (frz. Bericht): Le Glay, Négociations France, I, 37-49, Nr 9 (aus: Paris BN, "Bibl. du Roi, ms. de Bèthune 8466"). - LIT: Wiesflecker, Kaiser Maximilian I., III, 78 ff., 98 ff., 474 Anm. 100; Ulmann, Kaiser Maximilian I., II, 106 ff.; Kraus, Nürnberger Reichsregiment, 172 ff.; Filek-Wittinghausen, Maximilian 1502, 148 ff.

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,4,1 n. 16125, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1502-02-28_1_0_14_4_0_299_16125
(Abgerufen am 29.03.2024).