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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,4,1

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Der venezianische Gesandte Zaccaria Contarini berichtet der Signorie von Venedig vom Königshof: (1) Heute Abend sind Georg von Neudegg und Pietro (Bonomo) von Triest zu Contarini gekommen, um ihm die Antwort KMs betreffend die Reise Contarinis zu den Fsten zu überbringen. Contarini soll gemeinsam mit dem Legaten (Kardinal Peraudi) nach Frankfurt gehen, um dort über den Kreuzzug zu verhandeln. Nachher hat KM aber gehört, daß der Reichstag nicht zustande kommt, und schlug Contarini vor, mit dem Legaten die Fsten einzeln zu besuchen, um sie um Hilfe zu bitten. Dies hielt die Signorie von Venedig aber nicht für richtig. KM will dazu nichts mehr sagen. - (2) Contarini ist gekommen, um KM zum Türkenzug zu bewegen und auf Zusammenkünften und Reichstagen dafür einzutreten. Aber KM ließ Contarini sagen, daß es im Augenblick keinen Reichstag geben werde. - (3) Tatsächlich wird ein Tag des Schwäbischen Bundes (in Schwäbisch Hall) abgehalten. Der Legat wird dorthin gehen. Contarini möchte bei diesem schlechten Wetter nicht hingehen; wenn er sich auf den Weg macht, ist der Tag wahrscheinlich schon vorbei. Es ist auch nur ein Provinztag und die Anwesenheit Contarinis nicht nötig. - (4) KM ließ Contarini sagen, daß er diese eindringliche Aufforderung zum Türkenzug nicht gebraucht habe. Contarini hat seine Pflicht erfüllt, und KM möchte ihn am liebsten nach Hause schicken. - (5) KM läßt durch Boten und Mandate alle Länder des Reiches zum Kreuzzug1) aufrufen. Wenn es um die Teilnahme Venedigs geht, wird KM der Signorie schreiben und um Entsendung eines Gesandten bitten, der dann ständig bei ihm bleiben muß, um alle Vorbereitungen für den Kreuzzug zu beraten. - (6) Contarini möchte das, was KM ihm sagen ließ, nicht schlecht auslegen. Er hielt es für besser, mit KM persönlich zu verhandeln als mit dessen Boten; er bekam aber keine Audienz. Es wurde ihm gesagt, man dürfe sich den Wünschen KMs nicht widersetzen und auch die Räte nicht verärgern. - (7) Contarini antwortete den Räten, daß ihm die Werbung für den Türkenzug bei KM und auf dem Reichstag besonders am Herzen liegt; vor allem aber der Schutz der Christenheit. Was soll man sich denken, wenn die gesamte Christenheit die Türkengefahr1) zwar beklagt, aber dagegen nichts unternimmt. Nur wenn der Türke die geschlossene Macht der Christenheit sieht, wird er sich zurückhalten. Dieser allgemeine Kreuzzug kann nur gemeinsam mit KM durchgeführt werden. Wenn der Türke erfährt, daß KM keinen Gesandten Venedigs bei sich hat, wird er alle seine Kräfte gegen die Christenheit richten. Auch wenn Venedig das erste Angriffsziel ist, muß KM doch wissen, daß der Türke die gesamte Christenheit angreifen wird. - (8) KM soll bedenken, daß die Signorie von Venedig ihre Gesandten bei allen Mächten unterhält, um sie zum Kreuzzug aufzufordern. Die christl. Mächte sind dazu sehr bereit, wenn die Hoffnung besteht, daß der Kreuzzug gemeinsam durchgeführt wird. Wenn die Mächte aber an der Durchführung des Kreuzzugs zweifeln, läßt auch die Bereitschaft nach. - (9) Die Räte sagen, KM brenne mehr denn je darauf, den Kreuzzug zu unternehmen; jedoch will er keinen venezianischen Gesandten bei sich haben. Daher glauben alle anderen, KM beabsichtige keinen Kreuzzug (sondern einen Angriff gegen Venedig). KM möge sich erinnern, daß er Contarini einmal versicherte, er werde den Friedensschluß aller Mächte und den gemeinsamen Kreuzzug noch erleben. Contarini hält es nicht für richtig, daß es die Signorie erlaubt, daß er nach Venedig zurückkehrt. - (10) Die Räte zeigten sich bereit, KM von den Ausführungen Contarinis zu berichten und mit der Antwort zurückzukehren. Hernach ging Contarini zu den frz. Gesandten, von denen er zum Abendessen eingeladen worden war; auch der Spanier war dabei. Contarini berichtete von seinem Gespräch mit den krl. (!) Räten. Die Franzosen gerieten außer sich, gaben aber keine Antwort. Der Spanier sagte, Contarini habe gut geantwortet, aber die Signorie setze sich mit KM nicht so auseinander, wie er es verdient. KM ist mit Venedig nicht zufrieden; er hat wenig Geld und regiert die Länder nicht mehr mit solchem Ansehen wie früher. Italien ist nun in der Hand mächtiger Herrn, =mazori maistri, und wenn die Signorie sich solcher Prinzipien bedient (wie in der Pentapolis?), könnte sie es noch bereuen. - (11) Contarini antwortete mit Bescheidenheit. Der Spanier sprach ohne Leidenschaft und beschwerte sich nur über einige nicht ausgestellte Geleitbriefe. Dies hat Contarini aber auf Umwegen erfahren. Zu Hause besuchte Contarini ein Bote der frz. Gesandten, der ihn bat, nichts von den Gesprächen dieses Abends nach Venedig zu berichten, bevor die frz. Gesandten nicht noch einmal mit Contarini gesprochen hätten. Ex Inspruch 8. Januarij 1501 (für uns 1502).

Überlieferung/Literatur

RE (ital. Bericht): Venedig BNM, MSS ital, class VII, Nr 990, colloc 9582, fol. 114 ff. (der Text ist auf den Fotos teilweise schwer leserlich). - NB: Da der venezianische Kalender das Jahr erst mit dem 1. März umsetzte, ist das Jahresdatum für uns 1502. - LIT: 1) Wiesflecker, Kaiser Maximilian I., III, 39 ff., 49 ff., 144 ff., 487 ff. (dort weitere Literatur und Quellen).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,4,1 n. 15877, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1502-01-08_1_0_14_4_0_44_15877
(Abgerufen am 28.03.2024).