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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,3,1

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KM an die Generalstaaten der Niederlande: KM zählt ihnen seine Verdienste um die Niederlande auf, erwähnt die unvergleichlichen Gefahren, Mühen und Arbeiten, die er seit seiner Ankunft im Lande nach dem Tode Karls (des Kühnen) immerfort erlitten hat, um das Land und das Haus Burgund von den unerträglichen Kriegen zu befreien, welche die Franzosen, alte Todfeinde des Hauses Burgund, unausgesetzt und mit allen Listen und schlechten Mitteln über Burgund brachten, um es zu zerstören und gegen Gott und ohne jeden Rechtstitel ihrer Herrschaft zu unterwerfen. KM führt seine persönlichen Leistungen an, um das an Frankreich Verlorene zurückzugewinnen. Er habe seine Person täglich eingesetzt, habe keine Todesgefahr gescheut und darüber seinen Vater, den Kr (Friedrich III.), und seine Erbländer vernachlässigt, habe seine beste Jugendkraft verbraucht, seinen Körper über seine Leistungskraft eingesetzt, so daß er tödlicher Krankheit verfiel. So konnte er allen Widerwärtigkeiten zum Trotz mit Hilfe Gottes und der treuen Untertanen einen Teil dessen zurückgewinnen, was die Franzosen erobert hatten, und alle ihre Machenschaften vereiteln. KM sagte zu seinem Sohn, daß er sich hoffentlich daran erinnere, daß KM keinen größeren Wunsch hegte, als das Glück des Hauses Burgund zu fördern, dessen einziges Haupt und wahrer Erbe Ehg Philipp ist. KM erklärte nochmals, daß er sich nie dazu hergeben würde, eine Teilung oder Trennung der beiden Häuser Österreich und Burgund zuzulassen; er werde darauf achten, daß sie eine Einheit bilden. Als der verstorbene Kg Matthias von Ungarn den Vater (Friedrich III.) bekriegte und einen Teil Niederösterreichs erobert hatte, das erste, schönste und reichste aller österreichischen Länder, =qu'est le principal tiltre et le plus beau et riche pays de tous les autres d'icelle nostre maison d'Autriche, wünschten der Kr und die Untertanen, die sich gegen Kg Matthias verteidigten, KM als Hilfe bei sich zu haben. Obschon KM Verstand und Herzenswunsch veranlaßten, den Vater und sein Hausgut zu verteidigen, hat er trotzdem durch die Tat die Liebe zu seinem Sohn und zum Hause Burgund bewiesen und lieber sein Land Österreich verderben lassen, als seinen Sohn und seine niederländischen Untertanen den Franzosen zu überlassen; und dies, obwohl er wußte, daß er nicht in den Niederlanden bleiben könne und den größten Teil seines Lebens, besonders seine alten Tage, in Österreich leben werde. Alle Feindseligkeiten gegen Frankeich haben ihren Ursprung in dem Land (=Hgtm Burgund), das man Ehg Philipp vorenthält; solange dies der Fall ist, wird es mit Frankreich keinen Frieden und keine Freundschaft geben. Es ist KM zur Kenntnis gelangt, daß einige das Gerücht ausstreuen, KM habe die Niederlande ins Verderben gebracht; das Gegenteil ist richtig; sie wissen zur Genüge, daß einige Untertanen sich selbst ins Verderben brachten. KM hat sich stets bemüht, die Untertanen mit guten Worten zu beruhigen; erst als er nicht zum Ziele gelangte, mußte er zum Schutze der Ehre mit Gewalt eingreifen; es ist besser, ein Land zu verwüsten, als es ganz zu verlieren; denn ohne dieses wäre auch der Rest der hiesigen Länder verdorben und verloren gewesen. Dies alles muß man KM zur Ehre anrechnen und nicht zur Schande und zum Tadel. Seitdem KM die Regierung dieses Landes dem Hg (Albrecht) von Sachsen anvertraute, hat er daraus nicht mehr als 20.000 flRh jährlich Einnahmen entnommen, damit die Länder weniger belastet seien, und dies, obwohl er große Mühe hatte, Geld für seinen Unterhalt aufzutreiben; denn sein verstorbener Vater konnte wegen des Krieges gegen Matthias von Ungarn ihm damals keine Hilfe leisten. Gleichwohl hat KM zu jener Zeit seine Tochter (Ehgin Margarethe) den Händen der Franzosen entrissen und die Gften Burgund und Charolais auf eigene Kosten, ohne einen Pfennig niederländischer Hilfe zurückgewonnen. Auf eigene Kosten kam KM in die Niederlande und hat im Reich große Sachen unerledigt zurückgelassen, um das Land Geldern zurückzugewinnen und Karl von Egmont und seine Partei zu unterwerfen. Der Vertrag, den KM mit ihm abschloß, der für alle Teile vorteilhaft gewesen wäre, wurde von den Franzosen und ihrem Mittelsmann Robert d'Aremberghe (Robert von der Marck, Herr von Arenberg) gebrochen; deshalb begann ein neuer Krieg mit Geldern, so daß KM nicht nach Italien ziehen konnte. Zum Vorteil seines Sohne hat KM auch den Herrn von York (=Perkin Warbeck), seinen Verwandten, mit großen Kosten gefördert. Wenn es dabei nicht Betrug und Verrat gegeben hätte von Leuten, in die KM Vertrauen setzte, so wäre er Kg von England geworden, was eine große Sicherheit und ewigen Frieden für Ehg Philipp und dessen Land gebracht haben würde; außer der Rückendeckung vielleicht auch Hilfsgelder. KM hat an Ehg Philipp die Regierung aller dieser Länder zur Gänze übertragen, ohne einen Pfennig zu nehmen oder zurückzubehalten, weder als Pension noch anderswie, obwohl er dies als Vater, Eroberer dieser Länder und Vormund seines Sohnes hätte tun können, entsprechend dem Recht eines Vaters, der diese Länder mit dem Schwert erobert hat und sie daher sein Leben lang nutzen darf; KM hätte für sich und seine Söhne in diesem Gebiet außerdem die Reichshoheit, =le droit de l'Empire et haulteur. Als KM in Brügge festgehalten wurde, bot man ihm im Namen aller Länder jährlich auf Lebenszeit 100.000 Ecus an; auf diese Weise hätte er in der Zwischenzeit von zehn Jahren bereits 10 Millionen Ecus verdient. Aber weil dies nicht der Vorteil und die Ehre seines Sohnes war, lehnte er dies ab und hätte lieber zehnmal mehr verloren, als dieser erzwungenen Zumutung zuzustimmen; denn dadurch hätte KM die fstl. Stellung seines Sohnes auf ewige Zeiten geschwächt, denn er wäre nur mehr ein Titelfürst ohne Regierungsrechte gewesen. KM ist 1494 persönlich in die Niederlande gekommen und hat zu seinem Nachteil alle großen und wichtigen Angelegenheiten des Reiches, Ungarns und des Hauses Österreich im Stich gelassen, hat seinen Sohn, der sich im richtigen Alter befand, mit allen Rechten seiner Vorgänger als Regenten aller seiner Länder eingesetzt; seine Vorrechte sind gegenwärtig trotz der Kriege so groß, wie sie vorher gewesen sind, ausgenommen nur die Länder, die der Kg von Frankreich für sich zurückbehalten hat. Kraft einiger früherer Friedensschlüsse war KM gezwungen, diese Länder einige Zeit in den Händen des Kgs von Frankreich zu belassen. Als KM sah, daß der Kg von Frankreich den Frieden brach, verbündete er sich sofort mit den Italienern, um die genannten Länder von Frankreich zurückzuerobern. KM führt nun schon drei Jahre Krieg mit Frankreich und mit Geldern, was ihm große Mühen und Unkosten bereitet: alles zu Ehren Ehg Philipps und des Hauses Burgund. Aber trotz dieser Mühen und Unkosten hat KM nur Undank; er wurde im vergangenen Jahr von allen jenen verlassen, die verpflichtet gewesen wären, ihm gegen Frankreich zu helfen. KM hatte durch die Vermittlung des Kfsten Friedrich von Sachsen Hoffnung auf einen Frieden mit Frankreich gemäß dem Frieden von Senlis, der viel besser war, als der jüngst (am 2. August 1498) abgeschlossene Pariser Friede (Nr 8737). Aber dieser Friede wurde durch eine Gesandtschaft Ehg Philipps eigenmächtig vereitelt. Als KM sah. daß man ihn bloß mit schönen Worten abspeisen wollte, und daß der Kg von Frankreich in keiner Weise bereit war, die Rechte seines Sohnes, Ehg Philipps, wiederherzustellen, schickte er seine Armee gegen Frankreich. Die Franzosen fanden aber Mittel und Wege, durch ihre Subtilität und Betrügerei und unter dem Schatten dieses neuen Friedens diese Armee zum Rückzug zu bewegen. Hernach überfielen sie den Herrn von Vergy, Marschall von Burgund, nahmen ihm seine festen Plätze weg und überfielen KMs Länder und Untertanen, weshalb er gezwungen war, eine neue Armee aufzustellen und gegen Frankreich zu marschieren, um ihrer Täuschung zu begegnen und dauernden Frieden herzustellen. Dies kostete KM immense Summen Geldes und kostet weiterhin viel Geld, wenn man die Sache zu einem guten Ende führen will. Daran mag man KMs Liebe und Zuneigung zu Ehg Philipp und zum Haus Burgund erkennen. KM war nie ein Verschwender der Güter Ehg Philipps; man tut ihm sehr unrecht, wenn man ihn dessen verleumdet. KM verweist abschließend auf die Weigerung der Franzosen, die Länder und Herrschaften Ehg Philipps zurückzustellen, außerdem auf den Friedensbruch Karls von Egmont und des Herrn Robert (von der Marck, Herrn) von Arenberg. KM wünscht, diese Händel abzuschließen, weil er gegen die Türken ziehen will, die ewigen Feinde der Christenheit und des Hauses Österreich, denn die österreichischen Länder liegen an der türkischen Grenze. KM ist hergekommen, um mit den niederländischen Ständen die Händel mit Frankreich und Geldern zu klären und vor allem den Feldzug gegen die Türken zu verhandeln. KM möchte, daß die Stände ihm in diesen Anliegen raten und helfen. Sie sollen an einem von KM und Ehg Philipp noch festzulegenden Tag und Ort Antwort geben. Donne en nostre ville de Grave le 26 jour de Janvier l'an 1498 (=1499).

Überlieferung/Literatur

ED: Gachard, Lettres Maximilien, II, 91-101, Nr 117. NB: Das Jahr ist im Originaldatum entsprechend dem burgundischen Stil noch nicht umgesetzt.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,3,1 n. 9018, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1499-01-26_1_0_14_3_1_26_9018
(Abgerufen am 28.03.2024).