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RI XIV Maximilian I. (1486/1493-1519) - RI XIV,1

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KM erläßt einen Reichsabschied auf Grund jener Artikel, über die er sich mit der Reichsversammlung geeinigt hat: Streitigkeiten zwischen geistl. und weltl. Gerichten mögen bis zum nächsten Reichstag, am 2. Februar in Frankfurt, ausgeglichen werden. KM soll ein Mandat gegen Gotteslästerer mit näher bestimmten Strafen erlassen. Ebfe und Bfe sollen einmal monatlich im ganzen Reich einen Gottesdienst für Christenheit und Reich feiern lassen. KM soll die Trinkunsitten (das sogenannte "Zutrinken") im ganzen Reich verbieten und an seinem Hof damit beginnen. Der nächste Reichstag soll eine Ordnung für Spielleute, Bettler und Zigeuner sowie eine Kleiderordnung machen: unziemlicher Kleiderprunk soll abgestellt und eine Ordnung zur Unterscheidung der Stände in ihrer Bekleidung eingeführt werden. Bis zur Beratung auf dem nächsten Reichstag wird das Gebot Kr Friedrichs III. gegen die Weinverfälschung erneuert und eingeschärft; bis dahin sollen die Reichsstände auch den Entwurf der Reichsmünzordnung prüfen und sich inzwischen an den Münzfuß der rheinischen Kfsten halten, während KM ein Verbot der Münzbeschneidung oder -verschlechterung anderer Art ausgehen lassen soll. Als Zusatz zur Reichslandfriedensordnung wird bestimmt, daß einem Angegriffenen alle benachbarten Reichsstände im Umkreis von 20 Meilen unverzüglich zu Hilfe kommen sollen. Die Verschreibung für das Darlehen von 100.000 flRh für den Krieg in der Lombardei und 50.000 flRh für die Türkenabwehr sollen im Namen der Reichsversammlung die 2 Kfsten (Ebf Berthold von) Mainz und Pfalzgf (Philipp) sowie Hg Albrecht von Sachsen, Bf (Johannes) von Worms, Gf Adolf von Nassau, Gf Eitelfritz von Zollern und die Städte Worms und Frankfurt besiegeln. Wenn der Gemeine Pfennig nicht ganz für den Jahressold von Kammerrichter, Urteiler, Reichsschatzmeister und Kommissare reicht, soll der fehlende Rest den Reichsständen am kommenden Reichstag auferlegt werden. Die Stände sollen ihre jeweiligen Vertreter bzw. deren Ersatzmänner für das Reichskammergericht und die Reichsschatzmeister nennen; KM wird den Kammerrichter berufen. Da die Rückzahlung des Darlehens von 100.000 flRh vom Reich und 50.000 flRh von KM für die Eilende Hilfe auf den Gemeinen Pfennig abgesichert ist, KM aber die Aufnahme eines weiteren Darlehens von 100.000 flRh für den Krieg in Italien und 50.000 flRh zur Türkenabwehr bewilligt worden ist, soll sich die Reichsversammlung neben KM dafür verschreiben, daß das zweite Darlehen zuerst aus dem Gemeinen Pfennig zurückbezahlt wird bzw., wenn dieser nicht so viel einbringt, auf dem nächsten Reichstag auf die Reichsstände unter Einschluß von KMs und Ehg Philipps Erbländern zur Rückzahlung aufgeteilt wird; vor allem anderen sollen aber Kammermeister, Urteiler, Reichsschatzmeister und Kommissare aus dem Gemeinen Pfennig bezahlt werden. Da über die Bestellung eines Hauptmanns gegen die Türken beraten wurde, aber ein ernsthafter großer Türkenzug aussichtslos ist, bevor nicht der Gemeine Pfennig eingebracht ist, werden genannte Gfen, Herrn und Ritter zur Vorbereitung eines solchen und zur Abwehr eines türkischen Einfalls in diesem Herbst mit den dafür vorgesehenen 50.000 flRh bestellt; dies zum Trost für die Grenzbewohner und, damit der gemeine Mann im Reich sieht, daß gegen die Türken etwas unternommen wird und deswegen den Gemeinen Pfennig umso williger bezahlt. Die Bestellung eines Reichshauptmanns wird auf den nächsten Reichstag verschoben, weil die Kfsten und Fsten bereits abgereist sind, und man nicht abschätzen kann, wieviel der Gemeine Pfennig einbringen wird. KM als Herr und Landesfst der österreichischen Länder wird den Kfsten, wie schon wld. Kr Friedrich III., anzeigen, was davon Reichslehen ist, und am nächsten Reichstag entsprechende Urkunden und Verschreibungen ausstellen, damit diese in kunftig zeit von Röm. Krn und Kgen zu lehen erkannt und emphangen werden; KM wird auch seinen Sohn Ehg Philipp zu Lehensempfang und Leistung der üblichen Lehenspflicht für dessen reichslehenbare Länder, Hften etc. anhalten. Während KM für die nächsten 4 Jahre das aus dem Gemeinen Pfennig ‒ falls dieser soviel einbringt ‒ zu besoldende Reichskammergericht ortsfest halten soll, steht es ihm frei, dieses nach Ablauf der 4 Jahre selbst zu besolden und dort halten zu lassen, wo er es für nützlich und gut hält. Weiters haben KM und die Reichsstände folgendes bezüglich der Abordnung von Gesandtschaften beschlossen: Die Abordnung einer Gesandtschaft an den Papst (Alexander VI.) wird bis zum nächsten Reichstag aufgeschoben; allerdings soll dem Papst im Namen KMs und der Reichsversammlung wegen der gebrechen in concordaten halben, daz ander gezung beneficia und reservat in der (dt.) nacion annemen etc. geschrieben werden. Zuvorderst sind jene zu bestellen, die mit dem Kg von Böhmen (Wladislaw II.), der Reichsritterschaft und den Eidgenossen (über die Annahme der Wormser Beschlüsse, insbesonders der Steuerordnung des Gemeinen Pfennigs) verhandeln sollen; die (diesbezüglichen) Verhandlungen mit den nicht erschienenen Fsten sollen die jeweils benachbarten Kfsten und Fsten, die den Reichstag besucht oder beschickt haben, übernehmen, und ebenso Verhandlungen mit jenen, die man ihnen schriftlich anzeigt. Das für die Gesandtschaften notwendige Zehrgeld soll einerseits von den Kfsten, Fsten und Städten auf den Gemeinen Pfennig bzw., wenn dieser nicht so viel einbringt, auf einen Reichsanschlag bis zum 2. Februar (1496) vorfinanziert und andererseits dafür zugleich auch ein Darlehen von einer Stadt in der Höhe von 2.000 ‒ 3.000 flRh aufgenommen werden; zur Sicherstellung der Rückzahlung wird KM sofort der Judenschaft im Reich die Entrichtung des Gemeinen Pfennigs befehlen, wobei die Reichsschatzmeister einen allfälligen Rest von diesem judengelt zu anderer Verwendung behalten sollen. Die Verhandlungen zur Bezahlung des Gemeinen Pfennigs sollen führen: KM mit seinen österreichischen Erbländern und Ehg Philipp, wobei auf Begehren KMs auch ein Vertreter der Reichsversammlung beigestellt werden soll, sowie mit dem Hg von Savoyen, dem Prinzen von Oranien, dem Mgfen von Rötteln, dem Gfen von Görz, den Bfen von Trient, Brixen, Cambrai, Besançon und Genf, den Mgfen von Montferrat und von Saluzzo, dem Hg von Mailand und den übrigen Reichsständen in Italien; in gleicher Weise sollen die in den folgenden 21 Punkten genannten (und auf dem Reichstag anwesenden bzw. vertretenen) Kfsten, Fsten, Bfe etc. mit ihren namentlich aufgelisteten (und nicht anwesenden bzw. vertretenen) Nachbarn verhandeln, wobei KM gemeinsam mit dem Bf von Straßburg auch noch zusätzlich zu den oben Genannten mit der Ritterschaft im Breisgau, Sundgau und Elsaß verhandeln soll. Wormbs 7. Augusti 1495, Röm. 10., Hung. 6. ‒ KV: A.m.d.r. prop. BERTOLDUS archieppus Mogunt. archicanc. ss.

Überlieferung/Literatur

ORG: Wien HHSA, ukd; Pergament-Libell, 6 Blätter, großes Majestätssiegel KMs etwas beschädigt. ‒ KOP: Würzburg SA, Mainzer ingrb 54, 53v-57. ‒ KONZ mit der Paraphe Ebf Bertholds (B ss.): Wien HHSA, ma 3a, 351‒363 und 1‒2 (die ersten 9 Punkte). ‒ RE: Wien HHSA, rrb Reichsacta, 58‒63. ‒ ED: RTA MR 5, I/2, 1140‒1150, Nr 1593 (dort die gesamte Überlieferung). ‒ NB: Zur unterschiedlichen Beurteilung der Verbindlichkeit bzw. Gesetzeskraft dieses Reichsabschiedes vgl. Wiesflecker, Kaiser Maximilian I., II, 245 und Wiesflecker, Wormser Reichsreform, 52 f. und 56 (de facto großteils verbindlich) und RTA MR 5, I/2, 1140, Anm. 1 (offizieller Reichsabschied mit Gesetzeskraft); überholt ist die ältere LIT: Müller, Reichstags-Theatrum Maximilian, I, 463 f. 664 f. und 675; Ulmann, Kaiser Maximilian I., I, 375, Anm. 1; Hartung, Reichsreform, 196 f. Ihre Zweifel an einem Reichsabschied bzw. an dessen kanzleimäßiger Ausfertigung ergaben sich aus dem Umstand, daß das Wiener ORG bis zum Verweis von Wiesflecker, Wormser Reichsreform, 52, Anm. 201 unbekannt war; gearbeitet worden ist bis dahin mit den bei anderer Reihung der Artikel inhaltlich im Wesen deckungsgleichen EDD: Datt, De pace publ., 884‒888, Nr 75 (Auslassungen); Müller, Reichstags-Theatrum Maximilian, I, 459‒462; Neue Sammlung Reichsabschiede, II, 24‒27, Nr 8; Groß, Urkunden, I, 19 f., Nr 45 (auszugsweise, soweit Ehg Philipp als Herr der burgundisch-niederländischen Länder betroffen ist). Die archivalische Überlieferung dazu als KONZ: Wien HHSA, ma 3a, 3‒6 (bruchstückhaft, entspricht Text bei D 1), als RE: Wien HHSA, rrb NN, 44‒45v; die übrige archivalische Überlieferung mehr oder weniger umfangreicher Bruchstücke, die, wie auch die EDD, den Charakter von Beratungsprotokollen tragen, vgl. bei RTA MR 5, I/2, 1141 f., wo sie zugleich auch inhaltlich eingehend beschrieben sind. Den Entwurf einer Zustimmungserklärung zu den Beschlüssen des Wormser Reichstags, nämlich zum Ewigen Landfrieden, zur Reichskammergerichtsordnung und zur Handhabung von Friede und Recht, sowie einer Verpflichtungserklärung zur Bezahlung des Gemeinen Pfennigs vgl. als ED bei RTA MR 5, I/1, 589 f., Nr 468 (dort Überlieferungsangaben). Als Vorarbeiten vgl. den undatierten Programmzettel zum Reichsabschied (ED: RTA MR 5, I/2, 1135, Nr 1591) und die wohl darauf Bezug nehmende undatierte Liste der Kammergerichtsbeisitzer und Reichsschatzmeister (KOP oder KONZ: Merseburg DZA, GSA, Rep X, fasz 1 B, fol. 20) sowie den undatierten Entwurf für eine Reichstagsdarstellung (ED: RTA MR 5, I/2, 1135‒1140, Nr 1592).

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Empfohlene Zitierweise

RI XIV,1 n. 2255, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1495-08-07_8_0_14_1_0_2259_2255
(Abgerufen am 20.04.2024).