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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 8

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K. F. übermittelt Eb. Berthold von Mainz eine auf mehreren Tagen beratene, zuletzt in Rothenburg1 in Anwesenheit seiner ksl. Botschaft beschlossene Weinordnung, durch die die vielen Personen abträglichen Handlungen mit Wein abgestellt werden sollen. Die Ordnung sieht im einzelnen vor: 2 [1.] Die zum Keltern gebrachten Weinbeeren sollen unbehandelt und ohne jeden Zusatz ausgepreßt, die Würze (wurtz) in unbehandelte Fässer verfüllt und diese in Kellern oder Gruben furderlich gelagert werden. Der Füllstand des Mostes in den Fässern soll ständig gleichbleibend sein, damit eine völlige Vergärung erreicht wird. Der Most darf in keinerlei Weise, namentlich nicht mit Feuer in Trebern oder anderem bedämpft, geküft oder sonstwie behandelt, sondern muß bis zum Ablassen auf dem ursprünglichen Füllstand gehalten werden. [2.] Das Ablassen sollte in unbehandelte Fässer erfolgen, doch dürfen geschwefelte Fässer verwendet werden, um die Haltbarkeit des Weins zu erhöhen.Jeder Wein darf aber nur einmal so behandelt werden, wobei ein Lot reiner Schwefel auf ein ein Fuder Wein fassendes Faß kommen darf, bei größeren oder kleineren Fässern soll der Schwefelanteil entsprechend angepaßt werden. Wer geschwefelten Wein zum Verkauf bringt, muß dies dem Käufer eröffnen, damit der Wein nicht ein weiteres Mal geschwefelt wird. [3.] Wenn Zuwiderhandlungen gegen diese Ordnung und Abweichungen im Schwefelgebrauch festgestellt werden, soll den Fässern der Boden ausgeschlagen und der verunreinigte Wein ausgeschüttet werden; die Missetäter sollen überdies ihrem jeweiligen Fürsten, Herren oder Stadt angezeigt und mit einer ihrer Herrschaft zu zahlenden Buße von einem rheinischen Gulden je Eimer Weins belegt werden. [4.] Alle Fürsten, Gff. Herren und Reichsstädte werden angehalten, zur Ausführung und Einhaltung dieser Ordnung in ihren Gebieten und Gerichten Amtleute in ihnen genügend erscheinender Zahl einzusetzen. Die Amtleute sollen ihrer Herrschaft bei der Amtsübernahme einen Eid über ihre treue und gewissenhafte Amtsführung leisten und das Amt ohne Vorteilnahme und Ansehung persönlicher Freund- und Feindschaften ausüben, damit bei Zuwiderhandlungen mit den beschriebenen Strafen ordnungsgemäß verfahren wird. [5.] Jeder Person, die etwas anderes als die vorgesehene Schwefelung mit dem Wein anstellt oder dies veranlaßt, sollen, gleichgültig ob vor oder nach dem Ablassen, die Böden aus den Fässern geschlagen, der Inhalt verschüttet und für jede Zuwiderhandlung von ihrer Herrschaft eine Pön von 100 fl. rh. auferlegt werden3. [6.] Niemand darf Wein durch die gleser zu besichtigen auf Märkten oder anderswo kaufen oder verkaufen bei einer Buße von einem fl. rh. jeweils für den Käufer und den Verkäufer. Diese Buße ist fällig, so oft ein vaß damit versucht wurde, und fällt der Herrschaft zu, in deren Gebiet die Besichtigung stattfindet. [7.] Von dieser Ordnung ausgenommen bleiben Alant-, Salbei-, Wermut- und andere Würzweine ferner Beer-, Kamp- und Spanwein, die nach altem Herkommen zu den ihnen gemäßen Zeiten genossen werden dürfen. Gleiches gilt für Malvasier, Rainfal und andere welsche Weine, doch dürfen diese Weine nicht miteinander vermischt oder mit anderen Weinen verlängert, sondern nur in reiner Form ausgeschenkt werden, andernfalls die höchste der oben genannten Pönen fällig wird4. [8.] Die Ordnung soll bei den Fürsten, Herren und Städten, die auf dem Tag zu Rothenburg durch Botschaften vertretenen waren, am kommenden sanct Gallen tag (Oktober 16), bei allen anderen am Allerheiligen tag (November 1) in Kraft treten, sechs Jahre lang Gültigkeit besitzen und durch ihn (K. F.) zur Förderung ihres Vollzugs im ganzen Reich verkündet werden. Der K. gebietet dem Eb. daher bei seiner und des Reichs schweren Ungnade und einer der ksl. Kammer zufallenden Pön von 50 Mark Gold ernstlich, dieser Ordnung nachzukommen, sie überall in seinen Gerichten und Gebieten öffentlich verkünden zu lassen sowie unter nochmaligem Hinweis auf die Pönen seine Untertanen zur Einhaltung der Bestimmungen anzuhalten.

Originaldatierung:
Am vierten tag des monats Octobris (nach Kop.).

Überlieferung/Literatur

Kop.: Abschrift im Hess. StA Darmstadt (Sign. C 1 A n. 72, Bl. 234r-235v), Pap. (18. Jh.). Lit.: Ziehen, Mittelrhein 1 S. 258; Dorsch, Echtheit; Franz, Würzburger Wein, S. 84ff. und S. 91; Bassermann-Jo rda n, Geschichte des Weinbaues 1 S. 627f.

Allgemein zum Komplex Weinfälschung: Pferschy, B., Weinfälschung im Mittelalter, in: Fälschungen im Mittelalter. Tl. V: Fingierte Briefe, Frömmigkeit und Fälschung, Realienfälschung, Hannover 1988, S. 669-702.

Vgl. den unter Auslassung von Adressaten abgedruckten Text des Rundschreibens mit dem KVr A.m.d.i.p. bei DattS. 637f. Ein gleichlautendes, an die Hzz. Johann und Friedrich von Sachsen gerichtetes Mandat bietet Müller, Reichstagstheatrum 3 (6) S. 153f. Die obige Weinordnung ist als Abschied des Tages zu Rothenburg mit Datum 1487 Oktober 1 gedruckt bei Müller, ebd. S. 152f. und Neue Sammlung der Reichsabschiede 1 S. 282f.

Über Vorgeschichte, spätere Erneuerungen und Ergänzungen dieser Weinordnung sowie weitere Gebotsmandate unterrichtet Datt, De pace imperii publica S. 632-639. Vgl. auch das erneute Durchführungsmandat von 1488 Oktober 28 (Chmel n. 8324).

Anmerkungen

  1. 1Die Teilnehmer des Anfang Oktober 1487 abgehaltenen Tages sind verzeichnet im Anschluß an den Text unserer Vorlage (Sign. C 1 n. 70 Bd. IV, Bl. 237r-v), gedruckt in Neue Sammlung der Reichsabschiede 1 S. 283f., Datt, De pace imperii publica S. 636 und Müller, Reichstagstheatrum 3 (6) S. 151f. Es handelte sich im einzelnen - in () die Entsender - um: Bernhard Perger, Lic. und Protonotar (K. F.), Martin von Alesheim und Friedrich Weygant, Keller zu Bischofsheim, (Eb. von Mainz), Hans von Talheim (Pfgf. bei Rhein), Bartholomäus von Helmstatt (Bf. von Würzburg), Domherr Jörg von Rinhofen (Domkapitel von Würzburg), Dietrich Lauffer (Stadt Würzburg), Hans Sarcenaner (Bf. von Bamberg), Hans Becker (Hz. Otto von Bayern), Albrecht von Bieberehren (Biberen), Amtmann zu Creglingen, und Heinrich Link von Schwabach (Mgf. von Brandenburg), Alexander Beheyne und Endres Hawer (Mgf. Friedrich von Baden), Lukas Goldschmid von Stuttgart (Gff. von Württemberg), Peter von Riedern, Deutschordenskomtur zu Rothenburg (Deutschordenskomtur und Stadt zu Mergentheim), Hans Gauger und Konrad Wachs (Stadt Mergentheim), Bernhard Kreyß (Herr von Rieneck d. Ä.), Ulman Stromer (für Nürnberg und Windsheim), Dr. Michel Glatz (Esslingen), Nikolaus Hofstetter (Schweinfurt), Hans Christian, Schultheiß von Ochsenfurt (Ochsenfurt), Lienhart Wernitzer gen. Beheim und Hans Gundlach (Rothenburg). Entschuldigt waren Straßburg, Ulm, Heilbronn. Unentschuldigt fehlten die Hzz. von Sachsen und Gf. Hans von Wertheim.
  2. 2Die nachfolgende Einteilung in Abschnitte stellt lediglich eine Gliederungshilfe des Bearbeiters dar.
  3. 3In der Vorlage folgt durch ein Versehen des Kopisten Absatz 7. Das Regest folgt hier Datt.
  4. 4Handelt es sich bei Alant, Salbei und Wermut um Würzpflanzen, so bezeichnen Beer-, Kamp- und Spanwein verschiedene Reifestadien des Weines. Beerwein wird aus Beerenmost gewonnen, Kampwein ist vergleichbar dem Tresterwein und Spanwein bezeichnet den neuen, noch nicht abgelassenen Wein. Anbaugebiet des Malvasier sind die griechischen Inseln, des Rainfal die Halbinsel Istrien. Nachweise zu allen genannten Bezeichnungen bei Grimm, Wörterbuch.

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 8 n. 470, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1487-10-04_1_0_13_8_0_12478_470
(Abgerufen am 29.03.2024).