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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 34

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K.F. bestätigt durch Besiegelung die von ihm, eciam vigore literarum apostolicarum,1 mit Rat des Kardinalpriesters Georg (Heßler) von S. Lucia in Silice, des päpstlichen Legaten Bf. Alexander von Forlì2 und Eb. Johanns von Gran3 finaliter beschlossenen Artikel über die Einigung im Konstanzer Bistumsstreit zwischen dem Elekten Otto von Sonnenberg4 und dem Providierten Ludwig von Freiberg5, um die hoch verschuldete Konstanzer Kirche in sui preeminencia wiederherzustellen, den Frieden zu sichern und die beiden genannten Kontrahenten von ihren großen Mühen und Aufwendungen zu entlasten. (1)6 Es wird erneut und nun endgültig festgesetzt, dass alle zwischen K.F. und dem Bf. von Caithness7 früher beschlossenen Artikel8 in Kraft bleiben, insbesondere aber, dass der Elekt Otto der wahre und außer Zweifel stehende pastor et rector der Kon­stanzer Kirche ist, er die volle Gewalt über Spiritualien und Temporalien wie ein wahrer Bischof pleno iure ausüben soll und ihm darüber vom Apostolischen Stuhl Provision, Bestätigung und Weihe mit entsprechenden Briefen gewährt werden muss. Ludwig von Freiberg wird untersagt, unter dem Vorwand der Provision oder eines anderen vermeintlichen Rechts auf die Konstanzer Kirche den Elekten Otto oder jemand anderen in dessen Namen wegen des Bistums, dessen Nutzungsrechte oder sonstiger Einkünfte direkt oder indirekt zu behelligen. Der Apostolische Stuhl soll ihm darüber auf ewig Schweigen auferlegen, den Streit für nichtig erklären und entsprechende Briefe zugunsten Ottos in meliori forma ausstellen. Hinsichtlich der von Ludwig an die Apostolische Kammer bereits bezahlten Annaten und Servitia Minuta sowie dessen sonstigen hohen Auslagen wird als Gegenleistung beschlossen, dass Otto beim Bf. von Augsburg literas plene quietacionis seu liberacionis hinterlegt, mit denen er für sich und seine Brüder, den Gff. von Sonnenberg,9 quittiert, von Ehz. Sigmund von Österreich 18.000 fl. rh. erhalten zu haben, die dieser Gf. Eberhard (I.) von Sonnenberg und dessen Erben schuldet10 und die von Sigmunds anderen Schulden bei Gf. Eberhard abgezogen werden. Desgleichen soll Ludwig Quittanzbriefe beim Bf. von Augsburg hinterlegen, mit denen er für sich und seine Erben bestätigt, in der Person Ehz. Sigmunds von Otto gänzlich bezahlt worden zu sein und die genannten 18.000 fl. rh. erhalten zu haben, die dieser ihm für die Annaten, die Servitia Minuta und sonstige Auslagen schuldet. Zudem hat Ludwig dafür zu sorgen, dass Otto von den für Wahl und Provision zu zahlenden Annaten und Servitia Minuta befreit wird und diesem über deren Bezahlung Quittanzbriefe der Apostolischen Kammer ohne Unkosten ausgestellt werden, die ebenfalls beim Bf. von Augsburg zu hinterlegen sind. Erst nach Hinterlegung der genannten Quittanzbriefe, der vom Apostolischen Stuhl zu erwirkenden Briefe über die Provision Ottos, das Schweigegebot und die Nichtigkeit des Streits sowie der Gratialbriefe über den von Otto als subsidium caritativum einzufordernden Zehent11 beim Bf. vom Augsburg kann dieser die Briefe den Parteien übergeben. (2) Ludwig soll so bald wie möglich auf alle kirchlichen Benefizien und Pfründen, die der Elekt Otto vor seiner Wahl innehatte, in recompensam gemäß den Statuten der Konstanzer Kirche canonice providiert werden, jedoch ohne dem Domkapitel die Zahlung der primariorum fructuum zu schulden und mit dem Nutznießungsrecht auch in Abwesenheit, so wie andere Kanoniker bei Abwesenheit zum Studium generale. (3) Das zum Konstanzer Bistum gehörige Schloss Küssaberg mit allem Zubehör wird Ludwig zur Nutzung übertragen mit der Verpflichtung, das Schloss nach dem Willen des Bf. und der Konstanzer Kirche offen zu halten, von den Erträgen zu behüten und nichts zu verkaufen, zu verpfänden oder zu entfremden. Im Falle seiner Beförderung an eine andere Kathedralkirche oder seines Todes ist das Schloss samt Zubehör dem jeweiligen Bf. und der Konstanzer Kirche wieder abzutreten. Ludwig hat sich dazu mit ebenfalls beim Bf. von Augsburg zu hinterlegenden offenen Briefen für sich und seine Erben zu verpflichten. (4) Zur Wahrung der Freiheit, des Friedens und des Schutzes der Konstanzer Kirche soll zwischen dem Haus Österreich (domum Austrie) und dem Elekten Otto gutes Einvernehmen bestehen, jedoch ohne Nachteil für den Apostolischen Stuhl und das Reich. Alle Kanoniker der Konstanzer Kirche, die Parteigänger Ludwigs waren und sind, sollen sicher und ungehindert zu ihren Benefizien zurückkehren und deren Einkünfte beziehen. Über jene während des Streits von den Domherren nicht bezogenen Erträge sollen je zwei vom Domkapitel und von den Kanonikern gewählte Männer einen Vergleich erzielen; gelingt dieser nicht, ist der Spruch eines von K.F. gewählten Schiedsrichters von den Parteien einzuhalten. (5) Der Elekt Otto kann nach Gutdünken die beiden früher in Konstanz tätigen Notare Konrad Armbruster und Michael von Meersburg wieder zum Notariatsamt zulassen,12 andernfalls hat er jedem von ihnen 100 fl. rh von dem als subsidium caritativum einzuhebenden Zehent zu zahlen, wobei sie sich bei der Einhebung im Auftrag Ottos als fideles zu erweisen haben.13 (6) K.F. und Ehz. Sigmund werden sich beim Apostolischen Stuhl und bei ihren und des Reichs Untertanen mit geeigneten Mitteln dafür einsetzen, dass zur Wiederherstellung der Konstanzer Kirche pro caritativo subsidio der Zehent aller Einkünfte und Erträge vom nicht exemten Klerus der Klöster und Kirchen der Stadt und der Diöz. Konstanz, Regulierte wie Säkulare beiderlei Geschlechts, einmal in doppelter Höhe oder zweimal und von den exemten Prälaten und Klerikern einmal eingehoben wird sowie ein vollkommenen Jubel-Ablass auf fünf Jahre für die Konstanzer Kirche vom Apostolischen Stuhl erwirkt wird.14 Alle Einnahmen sollen zum Nutzen der Konstanzer Kirche und des Elekten Otto verwendet werden. (7) Ludwig soll zusammen mit dem Klerus seiner Pfarrkirche Ehingen15 in der Diöz. Konstanz auf Lebenszeit von der bischöflichen Jurisdiktion exemt sein. (8) Abschließend wird festgesetzt, dass alles Unrecht und alle Zwietracht zwischen Otto und Ludwig sowie ihren Parteigängern, Untertanen und Familiaren gänzlich aufgehoben sind und keine Partei die andere diesbezüglich via iuris aut facti belangen soll. Bei Zuwiderhandeln oder Nichteinhaltung der Beschlüsse durch eine Partei wird der Verlust aller ihr zustehenden Rechte hinsichtlich der Konstanzer Kirche und eine Pön von 100 Pfd. Gold angedroht, zahlbar je zur Hälfte an die Apostolische Kammer und die ksl. Kammer. Alle päpstlichen, kaiserlichen oder von einer anderen Autorität im Zuge des Streits verhängten Strafen über Universitäten, Gemeinschaften, Domkapitel und Konvente der Kirchen, Städte und Dörfer oder über geistliche und weltliche Personen wie Exkommunikation, Interdikt, Suspension, Bann etc. werden aufgehoben; für die Absolution und die Amnestie sollen der Apostolische Stuhl und K.F. an ihrer statt Personen mit voller Gewalt ausstatten.

Originaldatierung:
Vicesimaquarta die mensis novembris.
Kanzleivermerke:
KVv: Abrede des bistumbs halben zu Constenntz (Blattmitte).

Überlieferung/Literatur

Von K.F. besiegelte Notel (lat.) mit Korrekturen im HHStA Wien (Sign. AUR 1479 XI 24), Pap. (1 fol., Hochformat), rotes S 21 vorders. unter dem Text auf fol. 1v aufgedr. (tlw. abgefallen).

Druck: Chmel, Mon. Habsb. I/3 S. 22–27 n. 9 (korrigierte Textfassung ohne Tilgungen).

Reg.: REC 5 n. 15268.

Lit.: Vochezer, Waldburg 1 S. 862f.; Hollweg, Georg Heßler S. 87f.; Göller, Konstanzer Bistumsstreit S. 42; Dann, Besetzung S. 87; Kramml, Konstanz S. 225f.; Baum, Habsburger S. 656; Helvetia Sacra I/2 S. 364f.; zahlreiche Fridericiana zum Konstanzer Bistumsstreit bieten die Regg.F.III. H. 23.

Kommentar

Der als abrede bezeichnete und korrigierte Textentwurf beginnt mit Infrascripti sunt arti­culi concepti et finaliter conclusi per serenissimum [...] Fridericum und nennt in den Artikeln K.F. wie auch alle Vertragsparteien in objektiver Form in der 3. Person; hingegen erfolgt die Siegelankündigung durch K.F. in der 1. Person. Durch die Besiegelung erhielt der vorliegende Vertragsentwurf rechtliche Verbindlichkeit. Da die Korrekturen des Textes von derselben Hand stammen, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass es sich bei dem von K.F. bestätigten Textentwurf um die korrigierte Fassung handelte. Nicht ganz auszuschließen ist allerdings, dass die Korrekturen ein Ergebnis weiterer Verhandlungen waren, weshalb die gestrichenen Textteile in den Anmerkungen angegeben wurden. Ludwig von Freiberg lehnte auch diese Vereinbarung ab und begab sich nach Rom, um seine Ansprüche geltend zu machen, verstarb aber dort im Herbst 1480. Sein Tod beendete den jahrelangen Bistumsstreit; Otto von Sonnenberg wurde am 10. November 1480 vom Papst als Kon­stan­zer Bischof bestätigt.

Anmerkungen

  1. 1Papst Sixtus IV. hatte dem K. am 12. März 1479 die Schlichtung des Konstanzer Bistumsstreits übertragen, s. REC 5 n. 15151; Dann, Besetzung S. 84.
  2. 2Alexander Numai (Bf. 1470–1483), s. zu ihm Erfle, Alexander Numai.
  3. 3Johann Beckenschlager (Beckensloer) (Eb. von Gran 1472–1487), s. zu ihm Zaisberger, Rohr, bes. S. 58–62; Gatz, Bischöfe 2 S. 36f.; Heinig, Friedrich III./1 S. 449–452 mit weiterführender Lit.
  4. 4Gf. Otto von Sonnenberg aus der gräflichen Linie der Truchsessen von Waldburg, seit 1474 September 30 (vom Domkapitel) erwählter Bf. von Konstanz; s. zu ihm Helvetia Sacra I/2,1, S. 366–371; Gatz, ebd. S. 669f.; auch Heinig, ebd. S. 487f.
  5. 5Ludwig von Freiberg, Dr. iur. utr., wurde am 9. September 1474 von Sixtus IV. zum Koadjutor des Konstanzer Bischofs mit Nachfolgerecht ernannt; s. zu ihm und dem Bistumsstreit Helvetia Sacra I/2,1, S. 361–366; Gatz, ebd. S. 197f.
  6. 6Die Nummerierung der Artikel folgt der Gliederung des Vertragstextes, in dem jeder Artikel mit conclusum est eingeleitet wird.
  7. 7Prosper Camogli de Medici (Bf. 1478–1484).
  8. 8Vereinbarung von 1479 April 15 (REC 5 n. 15162), die von Ludwig von Freiberg beim Papst beeinsprucht wurde.
  9. 9Eberhard (II.), Andreas und Johannes, Söhne Eberhards I. von Sonnenberg.
  10. 10Ehz. Sigmund schuldete Gf. Eberhard I. von Sonnenberg, Truchsess von Waldburg, für den Verkauf der Gft. Sonnenberg 34.000 fl. gemäß Vertrag von 1474 August 31, s. Vochezer, Waldburg 1 S. 587f.
  11. 11Am linken Rand (fol. 1r) super decima pro caritativo subsidio [...] korrigiert aus super caritativo subsidio per eundem Ottonem electum (gestrichen).
  12. 12Konrad Armbruster und Michael Scriptoris von Meersburg, beide Kler. des Bistums Konstanz, standen als bischöfliche Notare im Dienst Ludwigs von Freiberg und waren vom Amt suspendiert worden; s. zu ihnen Schuler, Notare Südwestdeutschlands S. 14–16 n. 26 u. S. 426f. n. 1257.
  13. 13Am linken Rand (fol. 1r) decima pro caritativo subsidio tradere debet eingefügt als Korrektur aus caritativo subsidio tradere teneatur (im Text gestrichen) sowie Erweiterung des Artikels um den Treueerweis der Notare bei der Einhebung des Zehents.
  14. 14Der Passus über das subsidium caritativum wurde inhaltlich sehr weitreichend korrigiert (Streichung und Korrektur unterhalb des Textes auf fol. 1r): Dem getilgten Text zufolge sollte das subsidium caritativum ursprünglich von allen Prälaten und dem gesamten Klerus der Stadt und der Diöz. Konstanz, exemt wie nicht exemt, einmal in doppelter Höhe oder zweimal eingehoben werden (gestrichen: caritativum subsidium duplicatum una vice seu successive duabus vicibus ab omnibus prelatis et toto clero civitatis et diocesis Constantiensis tam exemptis quam non exemptis exigatur et exactum ad usum et commoditatem dicti Ottonis electi et inprimis Constantiensis ecclesie impendatur).
  15. 15Die Pfarre Ehingen hatte Ludwig von Freiberg seit 1459 inne, s. Gatz, Bischöfe 2 S. 197.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 34 n. 326, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/da372823-ee9b-4046-a92e-a115e0f94a29
(Abgerufen am 23.04.2024).