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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 34

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K.F. und Kg. Wladislaw (II.) von Böhmen schließen aufgrund ihrer anngesiptenn unnde angebornnen liebe unnde freuntschafft zum Schutz ihrer Länder und Leute sowie zum Kampf gegen die Türken und gegen ihre widersetzlichen Untertanen und Landleute nach guter vorbetrachtung, zeittigenn rate unnde rechter wissen und wissenntlich incraft des briefs folgendes Bündnis1 gegen Kg. Matthias von Ungarn und dessen Verbündeten, weil Matthias ihren Ländern und Leuten an all redlich ursach wider recht mutwilliglich unnde on unnderlos lange Zeit durch Brand und Verwüstung schwerste Schäden zugefügt und die Türken zum Schaden von Land, Leuten und der ganzen Christenheit ohne jeglichen Widerstand durch Ungarn in die Länder des K. ziehen lassen habe sowie die unngehorsamen und widerwertigenn Landleute in Österreich gegen den K. unterstütze und nach crone, stanndt, eren, wirde, lanndt unnde lewten Kg. Wladislaws trachte. (1)2 Kg. Wladislaw verpflichtet sich, auf mittvassten schiristkunftig (1477 März 16) oder, falls erforderlich, ehebaldigst aus dem Kgr. Böhmen mit ayner wagennpurgk, zewg und in annder wege zugericht unnde geschickt, als in veld unnd herczug gehort, und einer Streitmacht von mindestens 10.000 Mann zu Pferd und zu Fuß nach Österreich an den von K.F. gewünschten Ort persönlich gegen dessen ungehorsame Landleute zu ziehen, diese zu strafen und zum Gehorsam zu bringen. Er wird so lange in Österreich bleiben, wie es der K. benötigt, und erst dann abziehen, wenn es ihrer beider Wille ist, sowie keinerlei bericht, fride, teyding, unnderrede, tractat noch anders mit den Ungehorsamen oder sonst jemandem in Österreich ohne Zustimmung des K. schließen und dessen gehorsame Landleute weder zur Huldigung zwingen noch schädigen. (2) K.F. verpflichtet sich, auf dieselbe zeit ebenfalls persönlich mit 10.000 Mann zu Pferd und zu Fuß dort, wo es erforderlich ist oder ihm am besten erscheint, gegen seine ungehorsamen Landleute ins Feld zu ziehen und für die Eroberung der Städte und Schlösser hawbtpuchssenn, stain unnde pulfer, terres unnde pleidenn und sonstiges Zubehör zur Verfügung zu stellen, welches sie, wenn sie gemeinsam im Feld sind, auch gemeinsam hüten und bewahren. (3) Sollten sie nicht gemeinsam im Feld sein, wird vereinbart, dass K.F. den Kg. mit den Waffen samt Zubehör versorgt, während dieser sie zu bewahren und auf Erfordern des K. ohne Verlust zurückzugeben hat. (4) Eroberte Städte, Schlösser samt Besatzung und Güter in den ksl. Ländern stehen K.F. zu, Eroberungen in Böhmen und Mähren dem Kg. und der Krone von Böhmen. (5) Da Kg. Matthias den mit ihnen geschlossenen Breslauer Anstand3 nicht eingehalten hat, will Kg. Wladislaw auf Erfordern des K. an dessen Seite persönlich gegen Matthias ziehen oder, sollte K.F. nicht persönlich ins Feld ziehen, seinen Hauptmann an der Seite des ksl. Hauptmanns mit der genannten Streitmacht nach Ungarn ins Feld schicken. (6) Beide verpflichten sich, ohne Einverständnis des anderen weder das Feld zu verlassen noch mit Kg. Matthias oder dessen Verbündeten Frieden zu schließen oder da­rüber zu verhandeln, sondern einander Beistand zu leisten und den Krieg gemeinsam zu führen. Für den Fall, dass Matthias gegen einen von ihnen oder einen ihrer Verbündeten ziehen sollte, sei es in Ungarn oder in ihren Erblanden, verpflichten sie sich zu Hilfe und Zuzug, um ihn aufzuhalten. (7) Dieses Bündnis soll unbeschadet sämtlicher zuvor mit Dritten geschlossener Bündnisse und getätigter Verschreibungen sein.

Originaldatierung:
An suntag unnser liebenn Frawenn tag concepcionis.

Überlieferung/Literatur

Der Corroboratio zufolge zwei gleichlautende Ausfertigungen, davon ein Org. im HHStA Wien (Sign. AUR 1476 XII 8), Perg., wachsf. S 24 mit wachsf. S 16 vorders. eingedr. an purpurf. Ss und rotes S Kg. Wladislaws von Böhmen in wachsf. Schüssel an rot-weißer Ss. – Kop.: Inseriert im Revers Beneschs von Weitenmühl, Bggf. von Karlstein und Münzmeister des Kgr. Böhmen, von 1476 Dezember 9, Wiener Neustadt, ebd. (Sign. AUR sub dat. 1476 XII 8), Perg., 2 SS des Ausst. (rot) und des Hofmarschalls Jörg Fuchs von Fuchsberg4 (grün) in wachsf. Schüsseln an Ps. – 2 Abschriften (Org.) des 18. Jh. ebd. (Sign. Urkundenabschriften Österr. Urkunden, Kt. 45 sub dat.; Urkundenabschriften Collat. Urkunden, Kt. 73 sub dat.), Pap.; Abschrift (Revers) des 18. Jh. ebd. (Sign. Urkundenabschriften Österr. Urkunden, Kt. 45 sub dat.), Pap.

Abb.: Kaiserurkunden in Abb., Lfg. XI, Tf. 18.

Druck: Kurz, Oesterreich 2 S. 249–252, Beil. n. 40; Chmel, Mon. Habsb. I/1 S. 500–503 n.  187 (Org.) und S. 503f. n. 188 (Revers Beneschs von Weitenmühl).

Reg.: Chmel n. 7083f.; Lichnowsky(-Birk) 7 nn. 1996–1998; Kaiserurkunden in Abb., Textbd. S. 500.

Lit.: Palacký, Geschichte Böhmen 5/1 S. 147; Bachmann, Reichsgeschichte 2 S. 592; Vancsa, Geschichte 2 S. 495f.; Nehring, Matthias Corvinus S. 80f.; Hoensch, Matthias Corvinus S. 154; s. auch Čornej/Bartlová, Velké dĕjiny 6 S. 432f.; Kalous, Matyáš Korvín S. 168; Holtz, Länder der böhmischen Krone S. 33.

Kommentar

Im Revers bestätigt Benesch von Weitenmühl die Übernahme der ksl. Vertragsurkunde mit Majestätssiegel, um sie Kg. Wladislaw zu überbringen, und verspricht, dem Kaiser bis spätestens 2. Februar 1477 eine gleichlautende Urkunde mit dem kgl. Siegel zukommen zu lassen. Das vorliegende Stück ist daher das in der böhmischen Kanzlei ausgestellte Vertragsexemplar.5 Im Vorfeld des Bündnisabschlusses hatte Kg. Wladislaw laut einem ksl. Schreiben6 von 5. Dezember 1476 zugesagt, innerhalb von drei bis vier Wochen nach der Rückkehr Beneschs von Weitenmühl 3.000 bis 4.000 Mann nach Österreich zu schicken und bis 16. März 1477 persönlich mit einer Streitmacht zu erscheinen. K.F. hatte seinerseits dem Kg. versprochen, ihn innerhalb von acht bis zehn Tagen nach Grenzübertritt mit den Regalien des Kgr. Böhmen zu belehnen. Die Belehnung erfolgte am 10. Juni 1477 (s. n. 82). Siehe nn. 38, 55, 82, 87.

Anmerkungen

  1. 1Siehe dazu das Bündnis zwischen K.F. und Kg. Wladislaw (II.) von 1474 März 11, das sich allerdings nicht, wie der vorliegende Vertrag, ausdrücklich gegen Dritte richtete: Regg.F.III. H. 26 n. 670 (ausführliches Reg.), auch H. 11 n. 436 und H. 27 n. 226 (beide nach unzulänglicher Überlieferung).
  2. 2Die Gliederung in einzelne Vertragspunkte wurde von der Bearbeiterin vorgenommen.
  3. 3Zum Breslauer Frieden von 1474 Dezember 8 s. n. 28, Anm. 6. – Ein Absage seitens Kg. Matthias an Kg. Wladislaw war bereits im Oktober 1476 erfolgt, s. dazu den kurzen Bericht von 1476 Oktober 21 über den Prager Landtag bei Bachmann, Urkundliche Nachträge n. 392, und Nehring, Matthias Corvinus S. 80 (zu Oktober 1).
  4. 4Siehe zu ihm Heinig, Friedrich III./1 S. 70–73, 299f.
  5. 5Auch aus der Orthographie (Vokalismus) ist auf eine Ausstellung in der böhmischen Kanzlei zu schließen, s. Kaiserurkunden in Abb., Textbd. S. 500.
  6. 6Druck: Chmel, Mon. Habsb. I/1 S. 499f. n. 186; auch Chmel, Materialien 2 S. 334 n. 268 (mit geringfügigen Abweichungen); Reg.: Lichnowsky(-Birk) 7 n. 1995.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 34 n. 42, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/c99cff0c-37a7-4bf0-afa2-b1696605fd01
(Abgerufen am 19.04.2024).