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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 34

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K.F. entspricht der Bitte seines Sohnes Ehz. Maximilian von Österreich und Burgund1 um schriftliche Belehnung, da ihm dieser vorgebracht hat, wegen des Krieges gegen den Kg. (Ludwig XI.) von Frankreich nicht abkömmlich zu sein, und belehnt mit wolbedachtem mute, guter zeittiger vorbetrachtung und rate und ausz rechter wissen ihn und dessen Gemahlin Maria, geborene Hzn. von Burgund, sowie ihre gemeinsamen ehelichen Leibeserben aus ksl. Machtvollkommenheit und rechter wissen mit und in crafft disz unsers keyserlichn briefs, was wir als Romischer keyser von recht billicheit und ausz sondern gnaden inen daran zuverleihen haben sollen oder mugen, mit den Herzogtümern Burgund, Brabant, Lothringen, Limburg, Luxemburg und Geldern, den Grafschaften Flandern, Burgund, Holland, Seeland, Artois, Namur und Zutphen, der Pfgft. zu Hennegau, der Mgft. des Reichs (Antwerpen) und den Herrschaften Friesland, Salins und Mecheln samt allen anderen Grafschaften und Herrschaften, zugehörigen Regalien, Lehen, weltlichen Rechten, Mannen, Mannschaften, Lehenschaften, geistlichen und weltlichen Herrschaftsrechten, Obrigkeiten, Erzen, Bergwerken, Wildbannen, Weidneien, Ehren, Rechten, Würden, Zierden, hohen und niederen Gerichten, gerichtszwenngen, Nutzen, Gülten und Gefällen sowie allen anderen Rechten, die der verstorbene Hz. Karl von Burgund innehatte und hinterlassen hat und die sie von ihm und dem Reich gemäß Lehensrecht, Gewohneit und Herkommen innehaben, halten, besitzen, nutzen und gebrauchen sollen. Er verfügt, dass Maximilian bis sanndt Michels tag schirstkunfftig (September 29) für sich und seine Gemahlin Kardinal Georg (Heßler) an seiner (K.F.) statt den gewöhnlichen Lehenseid2 leisten soll, jedoch soll bei Gelegenheit der persönliche Lehensempfang von ihm (K.F.) oder seinen Nachfolgern im Reich und die persönliche Eidesleistung erfolgen. K.F. gebietet allen Untertanen der genannten Herzogtümer, Grafschaften, Pfalzgrafschaften, Herrschaften und Länder, nämlich den Prälaten, Gff. Freiherren, Rittern, Knechten, Adeligen, Städten und Landschaften, Mannen, Amtleuten, Bürgermeistern, regierenden Räten, Richtern, Vögten, Bürgern, Gemeinden, Hintersassen und allen anderen Personen, bei seiner und des Reichs schweren Ungnade und Strafe Treue und Gehorsam gegenüber Ehz. Maximilian, ihrem rechten naturlichen Herrn, Hzn. Maria und deren beider Erben sowie die Beachtung dieses Privilegs.

Originaldatierung:
Am newnczehenden tag des monads aprilis.
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i.p. – KVv: Rta Lucas Snitzer.

Überlieferung/Literatur

Org. im HHStA Wien (Sign. AUR 1478 IV 19), Perg., S samt Ss ab und verloren, der Siegel­ankündigung zufolge mit dem keyserlichen maiestat anhangendem insigel (wohl S 15).3 – Kop.: Vidimus4 Abt Leonhards von Wilten von 1505 April 5, Wilten, ebd. (Sign. AUR sub dat. 1478 IV 19),5 Perg., rotes (spitzovales) S des Klosters Wilten in wachsf. Schüssel an roter Ss; davon Abschrift des 18. Jh. ebd. (Sign. Urkundenabschriften Österr. Urkunden, Kt. 46 sub dat.), Pap. – Vidimus6 Kardinal Bernhards (von Cles), Bf. von Trient, Präsident des Geheimen Rats, Oberster Kanzler und Statthalter der oberösterreichischen Länder, von 1538 Oktober 14, Linz, ebd. (Sign. AUR sub dat. 1478 IV 19), Perg., rotes S des Ausst. an rot-weißer Ss.; davon Abschrift des 18. Jh. ebd. (Sign. Urkundenabschriften Österr. Urkunden, Kt. 46 sub dat.), Pap. – Abschrift (Org.) des 19. Jh. ebd. (Sign. Urkundenabschriften Österr. Urkunden, Kt. 46 sub dat.), Pap.

Druck: Chmel, Mon. Habsb. I/2 S. 398–400 n. 88/2 (nach Kop. [Vidimus von 1505]).

Reg.: Lichnowsky(-Birk) 8 n. 44;7 Gross, Urkunden 1 S. 4f. n. 6.8

Lit.: Wiesflecker, Kaiser Maximilian I./1 S. 141; Heinig, Kaiser, Reich und Burgund S. 69; Rothoff-Kraus, Einleitung S. 15f.; s. auch Niederstätter, Jahrhundert der Mitte S. 170.

Kommentar

Die Belehnung mit den burgundischen Ländern wurde in Form von zwei Urkunden mit in der Dispositio grundlegenden Unterschieden ausgefertigt. Mit dem vorliegenden Stück wurden Maximilian und Maria bemerkenswerterweise mit allen von Karl dem Kühnen hinterlassenen Herzogtümern und Herrschaften belehnt, also auch mit den von Frankreich lehenrührigen Teilen des burgundischen Reichs, wie dem Hzm. Burgund, der Gft. Artois und großen Teilen Flanderns, während mit der zweiten Urkunde (n. 148) die Belehnung nur mit den burgundischen Reichslehen erfolgte. Die französischen Lehen der burgundischen Länder waren nach dem Tod Karls des Kühnen 1477 sofort von Kg. Ludwig XI. als heimgefallene Lehen durch Erlöschen im Mannesstamm eingezogen worden. Demgegenüber gründete Maximilian sein Recht als legitimer Nachfolger auf Marias Geburtsrecht als geborene Herzogin von Burgund. Die von Karl dem Kühnen demonstrativ behauptete Souveränität gegenüber der französischen Krone war von Ludwig XI. nie akzeptiert worden.9 Unabhängig von den strittigen und im Erbfolgekrieg ausgetragenen Fragen des Erbfolgerechts Marias bzw. Nachfolgerechts Maximilians sowie der Souveränität Burgunds gegenüber Frankreich entbehrte die mit der vorliegenden Belehnung beanspruchte Eingliederung aller burgundischen Länder in den Reichslehensverband jeglicher rechtlichen Grundlage. Sie kann jedoch als politische Strategie gedeutet werden, zunächst „Wahrheiten zu schaffen“,10 die im Falle eines für Maximilian siegreichen Kriegsverlaufs etabliert und vielleicht hätten durchgesetzt werden können. Die bis auf Teile der Dispositio nahezu wortgleichen Urkunden wurden bislang hinsichtlich ihres inhaltlichen Unterschieds und politischer Brisanz nicht wahrgenommen.

Anmerkungen

  1. 1Titulatur Maximilians: Ehz. zu Österreich, Burgund, Steier, Kärnten, Krain, Brabant, Lothringen, Limburg, Luxemburg und Geldern, Gf. zu Habsburg, Tirol, Flandern, Burgund, Pfirt, Kyburg, Holland, Seeland, Artois, Namur und Zutphen, Pfgf. zu Hennegau, Mgf. des Heiligen Reichs und zu Burgau, Ldgf. im Elsass, Herr auf der Windischen Mark, zu Portenau, Friesland, Salins und Mecheln. Diese Titulatur Maximilians auch in n. 148, hingegen in n. 146 in der Reihenfolge der Herrschaften abweichend (s. ebd., Anm. 2); zur Titulatur s. ausführlich die Einleitung S. 22−24.
  2. 2Zur Leistung des Lehenseids s. n. 149.
  3. 3Rücks. Vermerk (16. Jh.): Dese brieven zijn geampetiret bij (gestrichen: keyser) hertoge Maximilian zue beginsel dat hij prince gewoorden es bij arrive, nyet weetende de previlegien ende nature vanden landen, ende zijn getemmiert (?) om dat de landen daer dore nyet en souden woorden vercort in huer vrijeheyden ende huer geleit veur vorsaatecheyt (?) (Blattmitte, Lesung unsicher).
  4. 4Das Vidimus von 1505 beinhaltet die nn. 146-148 und wurde ausgestellt auf Bitte des oberösterreichischen Regiments zu Innsbruck (Landhofmeister, Marschall, Kanzler, Statthalter und Regenten).
  5. 5Unter dieser Sign. gemeinsam verwahrt mit den beiden Vidimus Kardinal Bernhards von 1538 (zum 2. Vidimus s. n. 148).
  6. 6Ausgestellt auf Bitte Kg. Ferdinands I.
  7. 7Mit irrtümlichem Verweis auf Lünig, RA 7 S. 116f. n. 19 (= Druck von n. 146).
  8. 8Nach Gross unrichtig Belehnung mit den von Karl dem Kühnen hinterlassenen Reichslehen.
  9. 9So führte Karl der Kühne den Titel eines souverain seigneur. Im Mai 1478 wurde in Paris posthum ein Prozess gegen ihn wegen Vergehens gegen die Souveränitat Frankreichs eröffnet, s. dazu Wiesflecker, Kaiser Maximilian I./1 S. 143; Paravicini, Souverain seigneur, bes. S. 39f., 45–47; nach Bock, Maximilian S. 41, sei die rechtliche Stellung Marias als Erbin der burgundischen Länder unangreifbar gewesen.
  10. 10Formulierung nach Herold, Ringen um den Text S. 325, hier bezogen auf die Belehnung Hz. Al­brechts VI. von Österreich mit Brabant, Holland, Seeland und Hennegau im Jahr 1446.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 34 n. 147, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/b1539df3-3d60-4430-bfbe-d76b0f933a4f
(Abgerufen am 18.04.2024).