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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 34

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K.F. beurkundet den durch Vermittlung des päpstlichen Legaten Bf. Gabriel von Erlau, des Elekten Johann von Großwardein, des Zipser Grafen Emmerich Zapolya, des Pressburger Gespans Nikolaus Bánfi und des Propstes Georg von Pressburg, päpstlicher Protonotar, geschlossenen Frieden mit Kg. Matthias von Ungarn: (1)2 Zwischen dem K. und seinen Nachfolgern als Hzz. von Österreich sowie ihren Erblanden einerseits und Kg. Matthias und seinen Nachfolgern als Könige von Ungarn sowie dem Kgr. Ungarn andererseits soll ein aufrichtiger und beständiger Frieden bestehen. Die beiden Fürsten sollen sich wie Vater und Sohn zugetan sein und einander wie wahre Freunde und engste Verbündete fördern und vor Übel bewahren. Es sollen keinerlei Feindseligkeiten gegen die Herrschaften des anderen gerichtet werden und alle diesem Bündnis entgegenstehenden Bündnisse und Verträge aufgehoben sein, mit Ausnahme jener mit dem Papst und Kg. Ferdinand (I.) von (Neapel und) Sizilien. (2) Zur Wahrung des Friedens verpflichten sich beide Parteien, in ihren Ländern und Herrschaften keinen Gefolgsmann zum Schaden des anderen zu unterhalten. (3) Weiters sollen sie nichts mehr von den Untertanen des anderen ohne dessen ausdrückliche Zustimmung einfordern, sondern alle Leute zum vollen Gehorsam gegenüber ihrem Herrn entlassen. Entgegenstehende Verpflichtungen werden hiermit aufgehoben; ksl. Briefe, die dem Kg. zugunsten der Verbündeten gegeben wurden, sollen K.F. zurückgestellt werden. (4) Sofort nach Übergabe der in gleichlautender Form wie dem Erstgeborenen (Wladislaw II. von Böhmen)3 des Kg. (Kasimir IV.) von Polen ausgestellten Urkunden über die Belehnung Kg. Matthiasʼ mit dem Kgr. Böhmen und dem Kurfürstentum des Reichs soll dieser sein Heer aus den Ländern des K. abziehen und die den Lehenseid enthaltenden Reverse ausstellen.4 Die persönliche Belehnung des Kg. durch K.F. wird bei ihrer ersten Zusammenkunft erfolgen. (5) Sollten der Erstgeborene des Kg. von Polen oder der Kg. von Polen selbst wegen der Belehnung einen Krieg gegen K.F. beginnen, verpflichtet sich Kg. Matthias zur Hilfeleistung. (6) Vereinbart wird die Einberufung eines Landtags der Stände Österreichs ob und unter Enns auf den kommenden Tag der Erscheinung des Herrn (1478 Januar 6) in Krems mit freiem Geleit für jeden Teilnehmer für die Hin- und Rückreise und den Aufenthalt.5 (7) Die vier Stände Österreichs ob und unter der Enns sollen sich dort entsprechend den darüber ausgestellten ksl. Briefen zur Zahlung von insgesamt 100.000 fl. an Kg. Matthias verschreiben, zahlbar zu je 50.000 fl. am St. Martinstag (November 11) 1478 und 1479 in Hainburg zuhanden des Kg. oder seines Bevollmächtigten. Im Falle nicht termingerechter Zahlung ist Kg. Matthias berechtigt, die Summe mit allen Mitteln einzufordern ohne den Frieden zu verletzen, der in allen anderen Punkten in Kraft bleibt.6 (8) Die Schuldbriefe des K. und der Stände und die kgl. Ledigsag- und Quittbriefe aller Burgen und Städte werden gleichzeitig zu treuen Händen hinterlegt. Danach erfolgt unverzüglich die Restituierung aller von Kg. Matthias im Krieg eingenommenen Burgen, Städte und Orte. (9) Deren Einwohnern soll keinerlei Gewalt geschehen und der Abzug der Leute des Kgr. Ungarn unbehelligt von beiden Seiten erfolgen. (10) Die mit Kg. Matthias verbündeten Untertanen des K. sollen für ihre Person und ihre Güter denselben ksl. Schutz genießen wie die Anhänger des K. auf Wunsch ksl. Gnadenbriefe erhalten, sich umgekehrt zu Treue und Gehorsam verschreiben, alle ihnen entzogenen Güter zurückerhalten, die zu Kriegszeiten errichteten Befestigungen über der Donau und anderswo zerstören, von der Einhebung aller Zölle zu Land und zu Wasser und anderer unrechtmäßigen Aufschläge unverzüglich ablassen und dem K. den schuldigen Gehorsam erweisen; die Exkommunizierten sollen absolviert werden. (11) Gegenseitige Schuldbriefe des Kg. und seiner Verbündeten sind zurückzustellen und werden zudem hiermit annulliert. (12) Alle Adeligen und Nichtadeligen, alle geistlichen und weltlichen Personen, die sich im Krieg Kg. Matthias unterworfen haben oder auf seiner Seite gestanden sind, sollen Sicherheit und Schutz genießen. (13) Über die gegenüber K.F. erhobenen Soldforderungen der zu Kg. Matthias übergelaufenen Söldner soll auf dem Tag zu Krems eine Einigung erzielt werden.

Überlieferung/Literatur

Org. oder Kop. im bearbeiteten Bestand nicht überliefert, dem Druck zufolge (Perg.) mit anh. ksl. S. – Dep.: Eine gleichlautende Urkunde mit anh. ksl. S erw. in der Corroboratio des Vertragsexemplars (lat.) Kg. Matthiasʼ von Ungarn von 1477 Dezember 1, Korneuburg, im HHStA Wien (Sign. AUR 1477 XII 1), Perg., rotes S des Ausst. in wachsf. Schüssel an Ps, mit rücks. Kanzleivermerk (Blattmitte): Verainigung kunig Mathias zu Hungern fur sich und sein nachkomen des kunigreichs zu Hungern mit kayser Friderichen und seinen nachkomen hertzogen zu Osterreich des datum laut anno Domini etc. 1477.7

Druck: Teleki, Hunyadiak kora 12 S. 37–42 n. 610 (nach Kop.).8

Reg.: Lichnowsky(-Birk) 7 n. 2117; Regg.F.III. H. 11 n. 491 (Auszug in dt. Übersetzung).

Lit.: Fraknói, Mathias Corvinus S. 196f.; Mayer, Abdankung S. 192–196; Bachmann, Reichsgeschichte 2 S. 603f.; Starzer, Korneuburg S. 126f.; Vancsa, Geschichte 2 S. 501f.; Nehring, Matthias Corvinus S. 91–95; Isenmann, Kaiserliche Obrigkeit S. 318f.; Hoensch, Matthias Corvinus S. 158; Begert, Böhmen S. 226; knapp Niederstätter, Jahrhundert der Mitte S. 355; Kovács, Ungarn im Spätmittelalter S. 178; Kalous, Matyáš Korvín S. 168; Holtz, Länder der böhmischen Krone S. 33; s. auch die Quellensammlung von Nehring, Quellen S. 96f. nn. 55–61.

Kommentar

Der Friedensvertrag wurde von K.F. am 1. Dezember 1477 ausgestellt, von Kg. Matthias aber erst am 18. Dezember angenommen und rückdatiert; Grund der Verzögerung waren vermutlich die Verhandlungen über das geheime Zusatzabkommen (s. n. 105). Trotz noch nicht erfolgter Ratifizierung seitens Matthias wurde aber von beiden Seiten bereits mit der Umsetzung der Vertragsbestimmungen begonnen (s. nn. 107, 108). Am 18. Dezember 1477 gebot Matthias den unter seinem Schutz stehenden österreichischen Adeligen die Einhaltung des Friedens, am 9. Januar 1478 folgte das ksl. Friedensgebot (s. zu beiden Mandaten n. 110). Der feierliche Austausch der Vertragsurkunden erfolgte zu Weihnachten 1477 in Korneuburg.9

Anmerkungen

  1. 1Datierung und Ausstellungsort nach Druck bei Teleki: Datum in oppido nostro Gmundensi die prima mensis decembris.
  2. 2Die Nummerierung der Artikel folgt der Gliederung des Vertragstextes, in dem jeder Artikel mit conclusum est eingeleitet wird.
  3. 3Wladislaw II. von Böhmen wird in der Urkunde nur als primogenitus regis Polonie bezeichnet.
  4. 4Zur Lehensurkunde für Wladislaw von Böhmen von 1477 Juni 10 s. n. 82; zur Lehensurkunde für Kg. Matthias und dessen Huldigungsrevers s. nn. 107, 108.
  5. 5Der Landtag trat schließlich am 19. Februar 1478 in Krems zusammen und dann erneut am 20. April in Wien; s. zu den Landtagen Chmel, Materialien 2 S. 345–348 n. 281; ders., Mon. Habsb. I/2 S. 524f. n. 160, S. 549–555 n. 248 und S. 127f. n. 22 (Geleitbrief Kg. Matthiasʼ für die Landtagsbesucher von 1477 Dezember 19); s. auch ders., Conzeptensammlung 2 S. 319 n. 427, S. 340f. n. 433, S. 345 n. 449, S. 384 n. 533.
  6. 6Auf dem Wiener Landtag von 1478 April 20 (s. Anm. 5) wurde die Unterfertigung des Schuldbriefs und die Modalitäten der Aufbringung der Entschädigung beschlossen; zum Schuldbrief des K. und der Stände s. Chmel, Mon. Habsb. I/2 S. 314f. n. 4 (zu Februar 1478), weiters dazu ders., Mon. Habsb. I/3 S. 670f. nn. 127, 128, S. 687 n. 169. – Die Bezahlung der Entschädigung sowie die Befriedigung der Forderungen der Söldner gemäß Artikel 13 des Vertrags und die im Gegenzug erhobenen Forderungen der Stände an K.F. waren eine in der Folgezeit zahlreiche Landtage bestimmende Thematik (zur Bezahlung s. auch unten die nn. 210 und 279); laut einem ksl. Schreiben von 1480 März 20 (Regg.F.III. H. 11 n. 580) war zu diesem Zeitpunkt erst die Hälfte der Summe bezahlt worden; s. dazu Schober, Eroberung S. 17–23; Vancsa, Geschichte 2 S. 502–505 (mit tlw. irrigen Quellenangaben); Isenmann, Kaiserliche Obrigkeit S. 322–332; Nehring, Matthias Corvinus S. 119f.
  7. 7Druck (ungarisches Vertragsexemplar): Pray, Annales Hungariae IV S. 114–116; Kurz, Oesterreich 2 S. 258–262, Beil. n. 43; Chmel, Mon. Habsb. I/2 S. 119–122 n. 18; Reg.: Kollar, Ursinus Velius S. 321 n. 3; Chmel n. 7170.
  8. 8Bestätigung Kg. Wladislaws II. für Kardinal Thomas (Tamás) Bakócz, Eb. von Gran, von 1504 Juli 16 im UStA (Sign. DL 18137); die Edition von Teleki nach Nehring, Matthias Corvinus S. 91, allerdings fehlerhaft.
  9. 9Zur Rückdatierung s. Mayer, Abdankung S. 192; ihm folgt Nehring, ebd.; die Annahme des Vertrags am 18. Dezember durch Matthias Corvinus auch erw. in einem ksl. Schreiben von 1477 Dezember 29 (Chmel, Conzeptensammlung 1 S. 98 n. 51) und im Mandat von 1478 Januar 9 (s. n. 110); zum Austausch der Vertragsurkunden s. Chmel, Materialien 2 S. 344f. n. 280.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 34 n. 106, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a7bf16ba-c920-4af7-a795-2f414e64d1ee
(Abgerufen am 29.03.2024).