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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 31

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K.F. beurkundet das Urteil seines Kammergerichts, dem zufolge die gegen Bürgermeister und Rat der Stadt Lübeck gerichtete Appellation des Hans von Northeim zurückgewiesen und letzterer zur Erstattung der Kosten und des Schadens an Robeke Neumarkt verurteilt wird. Im Einzelnen wird ausgeführt, dass Northeim auf den zweinczigisten tag des monets novembris nechstvergang(e)n (1472 Nov. 20) vor dem Kammergericht, dem Eb. Adolf (II.) von Mainz an statt des K. vorsaß, in zwei Instrumenten die Beschwerungen geschildert habe, die ihm die von Lübeck als ksl. Kommissare zugefügt hatten. Außerdem habe Northeim den ksl. Ladungsbrief1 verlesen lassen, den er Robeke Neumarkt als seiner Gegenpartei zugesandt hatte, und nach Ordnung und Gewohnheit des Kammergerichts zum besseren Verständnis des Streitfalls eine Schrift vorgelegt. Dieser Schrift zufolge besäßen Northeim und sein Vater Ludwig in Lübeck ein Haus, welches an einer Seite an das von Neumarkt stoße. Letzterer habe zwischen den beiden Häusern eine neue Mauer auf deren Grund errichten und diesen damit ganz offensichtlich überbauen lassen, weshalb Ludwig von Northeim ihn vor dem Lübecker Rat verklagt habe. Dort sei festgelegt worden, dass Werkleute die Mauer besichtigen und den Rat von deren Bauweise unterrichten sollten. In hinterlistiger Absicht seien jedoch zu dieser Besichtigung diejenigen Maurer geschickt worden, die die Mauer errichtet hatten und die geneigt gewesen seien, ihr Werk zu loben. Diese hätten dann trotz gegenteiliger Beweise dem Rat verkündet, dass die Mauer nicht auf dem Grund Northeims, sondern zu Recht errichtet worden sei, worauf der Rat an Ludwig ein Urteil2 habe ergehen lassen, das nach Meinung Hans’ nichtig und kraftlos gewesen sei. Obwohl Ludwig durch dieses Urteil beschwert worden sei, habe er aus Furcht keine Berufung dagegen eingelegt, weshalb sich Hans von Northeim persönlich an den ksl. Hof begeben und dort die dem Gericht vorliegende ksl. Ladung und Inhibition3 erlangt habe. Nachdem er jedoch erfahren habe, dass Neumarkt stillschweigend und on rechtlich erkenntnuss eine an Lübeck erteilte ksl. Kommission4 erworben hatte, habe er sich nach Hause begeben und die von Lübeck nach Zusendung ihres Geleitsbriefes entsprechend dieser Kommission wegen seines Klagerechtes angerufen. Dies sei ihm jedoch versagt und er selbst aufgefordert worden, den Fall bei Bürgermeistern und Rat zu belassen und ihnen die Vollmacht für eine gütliche Einigung zu geben. Da dies für Northeim jedoch nicht annehmbar gewesen sei, habe er erneut vor dem Rat schriftlich seine Klage vorgebracht und begehrt, diese zu verlesen und ihm zu seinem Recht zu verhelfen. Auch dies sei ihm bis zum Ende des Geleits versagt worden, so dass er rechtlos gelassen, sehr beschwert und daher veranlasst worden sei, dagegen Berufung einzulegen. Dies habe er in gebührlicher Zeit und nach ordnung der recht laut seines vorgelegten Instruments getan, weshalb er fordere, unter Zubilligung von Kosten- und Schadenersatz in recht zu erkennen, dass wol appellirt und ubel gesproch(e)n worden sei. Der bevollmächtigte Anwalt Neumarkts habe dem Gericht schriftlich geantwortet, dass die Appellation der Gegenpartei nicht die richtige Form besäße, da vom Richter keine Apostelbriefe5 erbeten worden seien, wie es sich nach ordnung der recht gebühre, besonders, wenn man einen freien und sicheren Zugang zu dem Richter wie in diesem Fall der Notar gehabt hätte, der die Appellation verkündet habe. Wegen dieser Nichtbeachtung der form und ordnunge der recht sei die Appellation fehlerhaft und es nicht nötig, weiter auf sie einzugehen, was nach Meinung des Anwalts ebenfalls in recht erkannt werden solle. Außerdem sei die Gegenpartei nicht beschwert worden, denn Neumarkt habe gegen Northeims Vater, wie jener selbst zugebe, ein enndtlich rechtskräftiges Urteil erlangt, gegen das nicht appelliert worden sei. Die Frage des Kosten- und Schadenersatzes sei dabei hanngend geblieben, weshalb man die Kommission erworben und begehrt habe, diese Angelegenheit zuerst zu verhören. Darauf habe sich Hans von Northeim jedoch nicht einlassen, sondern seine vermeintliche Klage lieber schriftlich einlegen wollen, wobei er sich dann darüber beschwert habe, dass sein Schreiben nicht gelesen und er rechtlos gelassen worden sei. Durch die Missachtung seines Schreibens sei Northeim jedoch nicht beschwert worden, da es in Lübeck nicht Gewohnheit sei, schriftlich zu verhandeln. Ihm sei auch durch die Lübecker das Recht nicht arglistig vorenthalten worden, sondern diese hätten wegen der Streitigkeiten und der Klage versucht, die Parteien gütlich miteinander zu vertragen, wie es jedem Richter zunächst gebühre, und ihnen im Falle des Misslingens befohlen, wieder vor ihnen zu erscheinen, um auf ihre Forderung recht ergehen zu lassen. Jedoch sei Northeim nicht vor ihnen erschienen, habe bei ihnen auch nicht weiter um recht nachgesucht und sei daher nicht rechtlos gelassen worden. Wenn nach seiner Meinung die Zeit seines Geleits zu kurz für die Verhandlung gewesen sei, hätte er um Verlängerung nachsuchen sollen, die ihm ohne Zweifel nicht versagt worden wäre. Zudem sei alles durch die Anzeige Northeims und nicht der Gegenpartei geschehen, weshalb der Anwalt forderte, ein beglaubigtes, mit dem anhängenden Siegel derer von Lübeck versehenes Instrument zu verlesen, damit dadurch unter Zubilligung von Kosten- und Schadenersatz zu recht erkannt werde, dass wol procedirt und ubel appellirt worden sei. Dagegen habe Hans von Northeim schriftlich vorgebracht, dass der Notar die Apostelbriefe erbeten habe und damit nach Gewohnheit des Kammergerichts dem Recht Genüge geschehen sei und dass die gegen seinen Vater gefällten Urteile nicht in rem iudicatam gegangen, sondern nichtig und kraftlos seien, was er begründen könne. Außerdem sei er nicht schuldig, sich gegenüber der Gegenpartei wegen deren vermeintlichen Kosten und Schäden zu verantworten, da er nicht gegen sie in recht gestanden habe. Zudem sei die Kommission auf seine Klage erfolgt, mit der er die ksl. Ladung und Inhibition erworben hatte, weshalb er billigerweise zuerst hätte angehört werden müssen. Den Einwand, dass es in Lübeck nicht üblich sei, schriftlich zu verhandeln, erkenne er nicht an, und selbst wenn diese Gewohnheit bestehen sollte, so hätte es den Richtern dennoch gebührt, ihnen seine Klage mündlich vortragen zu lassen und ihn deshalb zu verhören. Sie hätten ihn jedoch nur mit hübschen wortten bis zum Ende seines Geleits hingehalten und auf sein Ersuchen rechtlos gelassen. Das von der Gegenpartei vorgelegte Instrument über die bisherigen Vorgänge sei zu deren Gunsten erstellt worden; die Dinge seien jedoch nicht anders geschehen, wie er es in seinem beglaubigten Instrument dargelegt habe, weshalb er fordere, unter Zubilligung von Kosten- und Schadenersatz in recht zu erkennen, dass wol appellirt und ubel procedirt worden sei. Daraufhin habe der Anwalt Neumarkts sein vormaliges Schreiben erneuert, seinen rechtsatz getan und ebenfalls gefordert, unter Zubilligung von Kosten- und Schadenersatz in rechte zu erkennen, dass sein Widersacher nicht beschwert worden und dessen Berufung nicht richtig gewesen sei. Nachdem beide Parteien dies zu recht gesetzt hätten, sei am heutigen Tag vom Kammergericht zu recht erkannt worden, dass Hans von Northeim sich wegen der Beschwerungen, die ihm durch Bürgermeister und Rat der Stadt Lübeck zugefügt worden sein sollen, nicht wol beruffen und geappellirt habe und er gegenüber Neumarkt nach Maßgabe des Kammergerichts zum Kosten- und Schadenersatz verpflichtet sei. Zur Bestimmung von dessen Umfang sei auf Forderung von Neumarkts Anwalt diesem außerdem eine Gerichtsurkunde und Ladung6 gegen Northeim mit Urteil und Recht zuerkannt worden.

Originaldatierung:
Geb(e)n mit urteil … am dreyundzweintzigist(e)n tag des monets julii.
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i. – Urteilbr(ief) Robecken Nygenmarck (rechter Blattrand, unten).

Überlieferung/Literatur

Org. im AHL Lübeck (Sign. Urkunden Externa, Caesarea n. 2141), Perg., rotes S 18 in wachsfarbener Schüssel mit wachsfarbenem S 16 rücks. eingedrückt an Ps.

Reg.: Battenberg-Diestelkamp, Protokoll- und Urteilsbücher 1 S. 243 n. 615, s. auch 3 S. 1177.

Lit.: Neumann, Hausbesitzer S. 211.

Anmerkungen

  1. 1Siehe n. 202.
  2. 2Am 19. Juli 1469, s. n. 187 Anm. 1.
  3. 3Siehe n. 187f.
  4. 4Siehe n. 201.
  5. 5Abschiedsbrief des Richters der Vorinstanz, mit dem dieser die Beendigung des Verfahrens und die Zulässigkeit der Appellation an das Kammergericht bestätigte, s. Weitzel, Kampf um die Appellation S. 55 Anm. 19.
  6. 6Siehe n. 300.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 31 n. 230, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/f9e0814e-8539-47a3-af37-d6211f84b1c9
(Abgerufen am 20.04.2024).