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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 26

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K.F. schreibt Kg. Ladislaus von Ungarn und Böhmen, sicher habe dieser als Förderer des christlichen Glaubens mit Schmerz von dem großen Schaden vernommen, den das Christentum durch die türkische Eroberung derjenigen Stadt2 erlitten habe, die einst der große Konstantin3, an(te)cessor n(oste)r, gleich der Stadt Rom errichtet hatte. Der Thron des östlichen Reiches, der Sitz des Patriarchen und die größte königliche Stadt seien in die Gewalt der Feinde geraten, das mächtigste Bollwerk christlicher Religion verloren, der Kaiser der Griechen4 getötet, die meisten Edlen der Stadt erschlagen und unzählige Menschen in die Sklaverei verschleppt worden. Die dem göttlichen Namen geweihten prächtigen Kirchen würden nun der Unflätigkeit Maumethi5 dienen, die Altäre seien umgestürzt, die Bilder des Erlösers und seiner Mutter sowie sämtliche Zeichen der Christenheit zerstört. Der Führer der Türken, den sie nach dem Pseudopropheten Maumethu(m)6 nennen, strebe mit unerträglicher Verachtung und unglaublichem Hochmut danach, sich den gesamten Westen zu unterwerfen, die Anhänger des Christentums zu verfolgen und zu töten. Er stelle große Heere auf, rüste eine gewaltige Flotte aus und strebe unermüdlich in jeder Weise danach, das Gesetz und Evangelium Christi zu vernichten. K.F. zweifele nicht, daß Ladislaus’ dies alles sehr schmerze und er auf Gegenmittel sinne, damit das der Christenheit zugefügte Unheil geahndet und ihr gemeinsamer Feind, fili(u)s satha(n)e se(cun)dus Maumethus, durch das christliche Schwert genötigt werde, endlich wie Julian Apostata zu sagen: vicisti, Gallilee, vicisti.7 Angesichts des Falls von Konstantinopel und der großen Bedrohung der Christenheit müßten Könige und Fürsten mit vereinten Kräften den Türken Widerstand leisten, damit nicht in kurzer Zeit ein großer Teil der verbleibenden Christen vom Glauben abfiele. Deshalb habe er sofort nach der Nachricht von der Eroberung Konstantinopels dem Papst (Nikolaus V.) brieflich die Einberufung eines Konzils vorgeschlagen8 und von ihm die in Glaubensdingen notwendige Direktive erbeten. Der Papst seinerseits habe Bf. Johannes von Pavia als Legaten zu ihm entsandt, der ihm in seiner Rede9 die Gefahr für die christliche Gemeinschaft sowie die Maßnahmen des päpstlichen Stuhls zum Schutz des Glaubens vor Augen geführt und ihn als Beschützer der katholischen Kirche ermahnt habe, zusammen mit seinen Fürsten den Türken entgegenzutreten und durch sein Beispiel die übrigen Könige und Fürsten ebenfalls dazu zu ermuntern. K.F. bekräftigt, daß diese Aufgabe seine größte Sorge und Aufmerksamkeit als Kaiser und Beschützer der Kirche vor allen anderen weltlichen Fürsten erfordere und er entschlossen sei, in dieser Krise der Christenheit zusammen mit seinen Fürsten um die Vertreibung des grausamen Feindes zu kämpfen. Weil die Angelegenheit sehr wichtig sei und die Hilfe vieler verlange, halte er ein conventum nicht nur seiner geistlichen und weltlichen Fürsten, sondern aller Reichsuntertanen für geboten, welchen er ad festum s(an)cti Georgii proxime futur(um) (1454 April 23) nach Regensburg an der Donau einberufen habe. Dort wolle er persönlich das Aufgebot eines Heeres und andere, für die Verteidigung des Christentums notwendige Dinge mit den Anwesenden vorbereiten, wobei er hoffe, daß auch die Legaten des apostolischen Stuhls und die Vertreter der anderen deshalb angeschriebenen Könige und Fürsten10 dort erschienen. Da Ladislaus unter den christlichen Königen durch Gott ein erhabener Platz zugewiesen sei und er einem mächtigen Reich vorstehe, werde er zweifellos schon über die Wege und Mittel nachgedacht haben, mit denen gegen die Türken vorgegangen werden könne. Daher würde er es begrüßen, wenn dieser zu dem besagten Tag nach Regensburg seine besten Abgesandten entsende, die ihm dessen Meinung in dieser bedeutenden Angelegenheit mitteilen und mit ihm in dessen Namen zum Wohle der Christenheit verhandeln sollen. Durch diese werde er (K.F.) Ladislaus davon unterrichten, was auf dem Regensburger Tag durch ihn und seine Fürsten beraten und zur Verteidigung und zum Vorgehen gegen die Türken beschlossen wurde. Er zweifele nicht, daß ihnen allen als Verteidiger der Sache Christi der Engel beistehen werde, der die Erstgeburt der Ägypter tot schlug, der den Pharao und dessen Heer ins Meer trieb, der Davids Stein auf den hochmütigen Goliath lenkte, der in einer Nacht 185.000 Mann im Heer des Sanherib erschlug und der den prahlenden Holofernes durch Frauenhand enthauptete.11 Mit ihrem gemeinsamen Willen und im Vertrauen auf Gott brauche man sich vor der Macht der Türken nicht zu fürchten. Leute, Pferde, Wagen, Waffen, jugendlicher Kampfesmut sowie Kenntnisse zur Kriegsführung seien reichlich vorhanden, der Sieg sei sicher, wenn nach Besänftigung des Herrn der Eifer des Glaubens und ernster Geist sie ins Gefecht führte. K.F. bittet Ladislaus, sich dieser so heiligen und notwendigen Aufgabe mit ganzem Herzen zu widmen, die Kräfte seines ruhmreichen Reiches zum Beistand des Glaubens, zum Lobe Christi und zum Ruhm der westlichen Bevölkerung zu mobilisieren und mit ihm zusammen über den bewaffneten Widerstand gegen den gemeinsamen Feind nachzudenken. Diese Sache sei nämlich der Mühe wert, denn wo man das Schwert für seine Freunde und Untertanen bereits bei kleineren Ungerechtigkeiten ergreife, zieme es sich erst recht, Gefahren auf sich zu nehmen, wenn die Mutter Kirche zerfleischt, der rechte Glauben bekämpft und der Namen Christi geschmäht werde und die Christenheit in Gefahr sei. Schon lange zertreten die Feinde des lebenspendenden Kreuzes jenes Land, in dem Gott über 30 Jahre als Mensch unter Menschen lebte und die ersten Blumen der Auferstehung erschienen. Das gelobte Land, das Land der Verheißung, das Land, in dem Milch und Honig fließen,12 sei dem Befehl des frevelhaften Volkes unterworfen. Die Helfer des unflätigen Maumeti hielten die Stadt des lebendigen Gottes besetzt, die Stätten der Erlösung, die heiligen, mit dem Blut des reinen Lammes getränkten Orte, das größte Heiligtum des Glaubens und zugleich das hochzuverehrende Lager, auf dem Jesus ihretwegen entschlief. Nichts mehr besäßen die Christen in Jerusalem. In Antiochia, wo man erstmals den ehrwürdigen Name „Christen“ vernommen habe, sei die Gottlosigkeit der Sarazenen eingedrungen; ganz Afrika und Asien hielten sie von Christus fern. Auf Europa hätten die Anhänger Maumethiste schon lange übergegriffen und Konstantinopel – die Zierde des Ostens, das Haupt Griechenlands, den Eingang zum Hellespont und stärksten Hafen der Propontis – in einem Jahr erobert. Die Christenheit sei in die Ecke gedrängt, von den apostolischen Stühlen13 seien außer Rom alle verloren, von fünf Patriarchalkirchen, von denen sich der christliche Glaube aus einst über die ganze Erde verbreitete, sei nur die von Rom übriggeblieben. Da man nicht in Untätigkeit verweilen dürfe, sondern den Feinden entgegentreten müsse, bevor man in den eigenen Häusern angegriffen und ins Herz getroffen werden würde, solle Ladislaus anordnen, daß sich auserlesene Kämpfer seines Reiches in das Lager Gottes begeben und ihm (K.F.) durch seine Gesandte auf dem Tag zu Regensburg seine Entscheidung mitteilen. Auf dem vorgesehenen Tag wolle er mit seinen Fürsten und Untertanen über geeignete Maßnahmen beraten,14 um möglichst viele tüchtige und tapfere Krieger im Heer Gottes versammeln zu können, damit mit seiner und Ladislaus’ militärischer Macht und dem Rat und der Hilfe der anderen Könige und Fürsten das Schwert der Gläubigen unter dem Banner des Kreuzes nicht nur die christlichen Grenzen verteidigen, sondern darüber hinaus die Türken in ihren Stützpunkten vernichten könne. Gott möge sie dabei unterstützen und den für seine unbefleckte Braut und gegen den Feind kämpfenden Kriegern den Arm seiner Frömmigkeit leihen, damit der feindliche Maumethus, der im Vertrauen auf die Vielzahl seiner Krieger den himmlischen König verspotte, bald für seine Frevel büßen müsse.

Originaldatierung:
Die VII(o) mens(i)s februarii (nach Kop.).
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i.i.c. Ulric(u)s Welczli (nach Kop.). – KVv: Serenissimo p(ri)ncipi Ladislao, Hungarie et Boemie etc. regi, duci Austrie etc., patrueli principi nostro carissimo (Adresse, nach Kop.).

Überlieferung/Literatur

Org. im bearbeiteten Bestand nicht überliefert, der Kop. zufolge in Lat. – Kop.: Abschrift15 in der Bibliothek des Prager Metropolitankapitels im APH Praha (Sign. KMK G XIX, fol. 169r–172r), Pap. (15. Jh.).

Kommentar

Das Schreiben ist nahezu gleichlautend mit dem an Kg. Karl VII. von Frankreich ergangenen vom 9. Januar 1454, siehe RTA 19 S. 96–100 n. 14, 2 sowie zur Einladung an Kg. Ladislaus S. 101 n. 7f. Zur Einberufung des Regensburger Tages siehe RTA 19 S. 1–3 und S. 94f.

Anmerkungen

  1. 1Statt einer konkreten Jahresangabe heißt es lediglich: imp(er)ii n(ost)ri anno s(e)c(un)do.
  2. 2Gemeint ist Konstantinopel, das am 29. Mai 1453 nach monatelanger Belagerung durch die Türken erobert worden war, siehe Runciman, Eroberung von Konstantinopel; Werner, Geburt einer Großmacht S. 279f.
  3. 3Der römische K. Konstantin der Große (306–337).
  4. 4Der byzantinische K. Konstantin XI. (1448–1453).
  5. 5Mohammed, Prophet und Religionsstifter des Islams.
  6. 6Sultan Mehmed II. (1451–1481).
  7. 7Vgl. zu diesen Worten, mit denen der sterbende Kaiser Julian Apostata (360– 363) angeblich die Überlegenheit des Christentums anerkannte, RTA 19 S. 98 Anm. 3.
  8. 8Am 10. August 1453, siehe RTA 19 n. 3, 1; Chmel n. 3092.
  9. 9Am 24. Dezember 1453, siehe RTA 19 n. 9, 2 sowie zur Legation insgesamt n. 13.
  10. 10Siehe zu den Einladungen zum Regensburger Tag Regg.F.III. H. 4 n. 230f., Regg.F.III. H. 7 n. 117, Regg.F.III. H. 8 n. 153, Regg.F.III. H. 9 n. 119, Regg.F.III. H. 15 n. 108, Regg.F.III. H. 19 n. 420–422, Regg.F.III. H. 24 n. 186 sowie RTA 19 S. 94–110 n. 14, 1– 14.
  11. 11Siehe zu diesen Bibelstellen RTA 19 S. 99 Anm. 2–6.
  12. 12Siehe ebd. S. 100 Anm. 1 und 2.
  13. 13An dieser Stelle fehlt in der Vorlage eine durch den Schreiber irrtümlich weggelassene Zeile, die hier nach dem Druck des gleichlautenden Schreiben K.F. an Kg. Karl VII. von Frankreich vom 9. Januar 1454 in den RTA 19 n. 14,2, S. 100 Z. 9–11 ergänzt wird.
  14. 14K.F. sagte allerdings wenig später aufgrund der Bedrohung seiner Erblande durch die Ungarn sowie der Forderungen der kfl. Opposition im Reich seinen Besuch des Regensburger Tages ab, siehe RTA 19 n. 17 S. 126–137 sowie Voigt, Enea Silvio 2 S. 101–107; Bachmann, Versuche Königswahl S. 277–292.
  15. 15Zur Handschrift siehe Palacky, Urkundliche Beiträge S. XIIf.; Podlaha, Catalogus Capituli S. 93–95.

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 26 n. 540, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1454-02-07_1_0_13_26_0_540_540
(Abgerufen am 28.03.2024).