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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 24

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K.F. schreibt Bf. (Johannes III.) von Samland, dieser wisse wohl, daß der Führer der Türken (Turcorum ductor) (Bayezid II.) das Christentum austilgen wolle und bis nach Europa wüte, wo er vor allem Byzanz und die Stadt Konstantinopel unterworfen habe. Als Römischer Kaiser müsse er daran erinnern, wieviel Christenblut dieser orbis vastator allein zu seinen Lebzeiten vergossen habe, wieviele Kirchen und Gott geweihte Häuser zerstört, wie oft das heilige Kreuz zum Gespött gemacht worden seien. Wolle er alles aufzählen, was zur Schande der (christlichen) Religion verübt worden sei, müßte sein Brief ins Unermeßliche wachsen. Er zweifele nicht, daß die Niederlage des christlichen Glaubens Rhein und Loire (Rhenus et Ligiris) erreicht hätte, wenn nicht Gott all seine Gebete sowie die Ermahnungen des verstorbenen Bruders Johann Capistran an alle christlichen Fürsten erhört hätte. K.F. erinnert an das Jahr 1456, in dem die Türken ganz Griechenland unterworfen und ihr Heer bis nach Nandor Alba (Belgrad), das man Alba Greca nenne, geführt und diese einzige Festung der Ungarn umzingelt hätten, im Glauben, wenn diese Stadt unterworfen sei, könne ihrem Heer bis zu den Küsten des Ozeans nichts standhalten. Doch habe Gott mit einer kleinen Schar der Unsrigen all ihre Macht erschüttert; und ihr Heer fast vernichtet.1 Nach dieser Niederlage hätten die Türken jedoch wieder Kraft geschöpft, zumal die eigenen Bemühungen nachgelassen hätten. So wie er, K.F. nicht umhin könne, sich zu entsetzen und heftigst bewegt sei, so bestehe für ihn kein Zweifel, daß dieser Brief auch ihm (Bf. Johannes) das Innerste des Herzens anrühren müsse. Der Türkenherrscher, der noch nicht genug menschliches Blut getrunken zu haben meine, verlange nun nach neuen Feuersbrünsten. So habe ihm Kg. Wladislaw (II.) von Ungarn mitgeteilt, der Türke habe ein so gewaltiges Heer zusammengezogen,2 wie es bisher nichts ähnliches gegeben habe, und wolle wieder Nandor Alba (Belgrad) und andere, vor allem im Gebiet des ungarischen Königreiches gelegene Festungen angreifen. Nach dem sicher geglaubten Sieg werde er in das Reich selbst eindringen, ganz Deutschland (Germania) mit Eisen und Feuer verwüsten, wenn nicht Kg. Wladislaw mit den Kräften des heiligen Reiches entsprechender Beistand gewährt werde. Er, K.F. verlange und wünsche daher, gemeinsam mit Kg. Maximilian (I.) Land und Herrschaft sowie Leib und Leben jener heiligen Mission dem Schutz des (christlichen) Glaubens zu widmen. Der Bf. von Samland habe (auf Reichstagen) in publicis sacri imperii conventionibus hören können, wie er, K.F. oftmals gemahnt habe, den Untergang beizeiten abzuwenden. Doch was könne er allein, durch innere Kriege geschwächt, gegen die so große und vereinigte Macht der Türken ausrichten, zumal in diesen Tagen, in denen der römische Kg. durch Kg. (Karl VIII.) von Frankreich in verschiedener Weise belästigt werde, sei es, daß dieser die Braut seines Sohnes geraubt,3 seine Enkelin (Ehzn. Margarethe) verstoßen,4 etliche, in Frankreich (Gallia) gelegene Fürstentümer und Herrschaften seines Sohnes wie seines Enkels, Ehz. Philipp von Österreich, besetzt und darauf hingearbeitet habe, Kg. Maximilian all seiner Macht und Autorität zu entkleiden? Dadurch werde dieser daran gehindert, sich auf die Verfolgung der Türken zu konzentrieren. Bis der Kg. von Frankreich zur Vernunft käme und einem Frieden und einem Bündnis zustimme, wolle er selbst Hilfe leisten und Belgrad (Nandor Alba) und anderen Gegenden des ungarischen Königreiches in seiner Eigenschaft als christlicher Kaiser Erleichterung verschaffen. Vor allem denke er an das Erflehen göttlicher Hilfe. K.F. befiehlt daher, der Bf. möge bei allen Pfarrern und Seelsorgern seiner Diözese anordnen, daß an vier aufeinander folgenden Sonntagen jedes Pfarrkind, Geistliche und Weltliche beiderlei Geschlechts, Junge und Alte, in ihre Pfarrsprengel gerufen werde und nach einer frommen Prozession einer feierlichen Messe beiwohne. Jeder möge nach seinem Stand und nach seinen Verhältnissen Gott den Allmächtigen bitten, sie alle von dem durch die Türken drohenden Unheil zu befreien. Da aber diese nicht allein durch Gebete, sondern nur durch Mühe und Anstrengung niederzuhalten seien, sind Leute auszuwählen, die gegen den Feind die Waffen erheben können, zudem sei Proviant und anderes Kriegsnotwendige zu beschaffen. Daher möge jeder Seelsorger seine Gemeinde ermahnen, den für das Vaterland (res publica) Kämpfenden Hilfe zu leisten. Jeder solle nach seinen Möglichkeiten eine gewisse Geldsumme geben, die an einem sicheren Ort niederzulegen sei. Zu gegebener Zeit solle der Seelsorger selbst mit zwei durch Ehrbarkeit und Frömmigkeit ausgezeichneten Männern seiner Diözese das Geld entnehmen, es zählen, die Summe beurkunden und seinem Bf. (praesul) übergeben, der wiederum das Geld in gleicher Weise zusammen mit einer öffentlichen Urkunde, in der die Summe des Geldes ausgewiesen sei, seinem Metropoliten, und dieser wiederum an Kg. Maximilian übergeben solle, den er, K.F. als capitaneus zur Ausführung dieses Werkes bestimmt habe. Maximilian werde dieses Geld mit dem Rat des Eb. dem Bf. Johannes unterstellt sei, sowie anderer Bff. nach Lage der Dinge gegen die Türken zum Schutz von Belgrad verwenden. Maximilian werde zudem ihm und den Kff. sowie Vertretern der Kirche über das empfangene Geld Rechenschaft ablegen.

Originaldatierung:
Die sedecima mensis junii.
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i.i.c.

Überlieferung/Literatur

Org. in Lat. im GStAPK Berlin (Sign. XX. HA, OBA n. 17709), Pap., rotes S 18 rücks. aufgedrückt. Reg.: Joachim/Hubatsch, Regg. Ord. Theut. 1, 2 n. 17709.

Kommentar

Seit der Beratung über einen Türkenzug im Sommer 1490 in Rom war das dort beschlossene Unternehmen nicht zur Ausführung gekommen, da Kg. Maximilian einerseits im Konflikt mit dem französischen Kg. stand und zum anderen nach dem Tod von Kg. Matthias Corvinus im Jahre 1490 versuchte, die ungarische Königskrone in seine Hand zu bringen. Er konnte im Preßburger Frieden vom November 1491 nur Teilerfolge sichern, hatte sich darin aber gegenüber Ungarn zur Türkenhilfe verpflichtet. Seit April 1492 sammelten sich offenbar immer mehr türkische Truppen im Vorfeld der ungarischen Grenzen, so daß Maximilian konkrete Hilfspläne entwickelte, wozu auch gezielte Geldsammlungen in den Kirchen des Reiches gehörten.5 Am 3. Juni übersandte Maximilian den Entwurf eines Schreibens an K.F., das dieser prüfen und an Ebb. und Bff. senden sollte.6 In diesen Zusammenhang gehört die vorliegende Ausfertigung für den Bf. von Samland. Ähnliche ksl. Aufforderungen, allerdings nur als Konzepte, sind bisher für Eb. Berthold von Mainz (in Deutsch) und Bf. Heinrich II. von Metz (in Lat.) bekannt, ein vermutlich nicht expediertes Org. für Bf. Sixtus von Freising (in Deutsch) vom 16. Juni ist in Wien überliefert.7 Nach den Konzepten vom 5. Juli 1492 sollten alle Ebb., so auch der von Riga,8 alle Geistlichen zur Mitfinanzierung eines Entsatzheeres für das belagerte Belgrad veranlassen.9 Die ksl. Kanzleien knüpften in vielerlei Hinsicht an die Rhetorik der Kreuzzugsreden Enea Silvio Piccolominis (Papst Pius II) gegen die Türken an.

Anmerkungen

  1. 1Gemeint ist der Sieg Johann Hunyadis am 21. Juli 1456 über die Türken, der Belgrad vor der türkischen Eroberung bewahrte.
  2. 2Zu ersten Alarmmeldungen aus Ungarn und zu den Hilfsbitten Kg. Wladislaws II. von Ungarn an K.F. siehe Wiesflecker, Türkenzug S. 160.
  3. 3Zum sog. Brautraub der Hzn. Anna von Bretagne siehe Wiesflecker, Kaiser Maximilian I. Bd. 1 S. 332ff.
  4. 4Ebd. S. 335.
  5. 5Ausführlich Wiesflecker, Türkenzug S. 153–161. Siehe auch RTA MR 4,2 n. 709: Entwurf zur Finanzierung eines Heeres gegen die Türken mittels einer allgemeinen Kirchenspende.
  6. 6Ebd. n. 710 sowie die ksl. Antwort n. 711.
  7. 7Siehe die deutsche Fassung für den Eb. von Mainz in RTA MR 4,2 n. 712. Siehe auch Wolf, Doppelregierung S. 146 Anm. 80.
  8. 8Michael Hildebrand.
  9. 9RTA MR 4,2 n. 713.

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Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 24 n. 259, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1492-06-16_1_0_13_24_0_259_259
(Abgerufen am 19.03.2024).