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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 24

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Kg.F. verweist den Prozeß zwischen Hans David von Liebstadt und dem Deutschordensherrn Johann Dude an den Papst.1 Im einzelnen wird ausgeführt: Bei der Verhandlung vor dem von beiden Parteien gewählten Hochgericht zu Köln habe Johann Dude seitens des Deutschen Ordens behauptet, daß es sich bei dem die Zwietracht veranlassenden Schuldbrief Davids sich um eine von diesem veranlaßte Fälschung handle. Um dies zu erweisen, habe Dude seinen leib an Johann Davids leib gesetzt,2 so daß beide Kontrahenten im Gefängnis des Richters (Werner Overstolz) zu Köln gelegen hätten. Als sich daraufhin das Hochgericht für unzuständig erklärt und den Richter angewiesen habe, Dude als Geistlichen vor dessen zuständigen (geistlichen) Richter zu weisen, habe der Deutschordensritter Eberhard Thyn für den Orden an Kg.F. appelliert. Diese Appellation habe er (Kg.F.) angenommen, sie zunächst an Mgf. Jakob (I.) von Baden delegiert3 und dann zwecks förderlichen Austrags revoziert,4 doch habe sie nach mehreren Aufschüben bis heute unentschieden gehangen. Als er (Kg.F.) nun heute mit seinen Fürsten, Edlen und Rechtsgelehrten zu Gericht gesessen habe, sei er von Hans David angerufen worden: Nachdem der Kg. den Rechtstag bisher zugunsten von Hochmeister und Orden behandelt habe, habe er zu dem heutigen Rechtstag beide Parteien peremptorisch geladen, so daß er ihm (David) nun Recht gegen die Beklagten ergehen lassen möge. Dagegen habe die botschaft von Hochmeister und Orden die Zuständigkeit von Kg.F. in dieser Sache angefochten. Dude sei als Geistlicher nicht befugt gewesen, sich in einer (seinen) Leib und (sein) Leben berührenden Sache vor dem Hochgericht zu Köln gegen David in Recht zu begeben, er habe sich der Befreiung des Ordens, der hl. Kirche und der gesamten Geistlichkeit von gemeinen rechten entheben können. Die Beklagten seien vom Römischen Reich gefreyet, so daß alle ir personen vor keinem weltlichen Richter zu Recht stehen müßten, sondern allein unter die Römische Kirche gehörten. Daß Dude an den Kg. appelliert habe, sei nur deshalb geschehen, weil dieser vom Hochgericht zu Köln nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit an seinen (rechten) Richter gewiesen worden sei. Und weil das ohnehin zu zeiten der neutralitet5 geschehen sei, habe er aus reiner Not an niemanden denn an den Kg. appellieren mögen. In Ansehung all dessen und weil David als ein mit dem Kirchenbann Belegter gar nicht zu Recht stehen könne, beantragten die Sachwalter des Deutschen Ordens, Kg.F. möge den Streit an den Papst weisen und remittirn. Demgegenüber habe David ausgeführt, daß Dude nicht nur von Werner Overstolz, dem Richter des Hochgerichts zu Köln, aus der Haft entlassen worden sei, sondern auch noch den von ihm (David) beim Hochgericht deponierten Schuldbrief und weitere Briefe mitgenommen habe. Dann habe der Hochmeister des Deutschen Ordens sich mehrfach nachdrücklich für die Behandlung der Appellation durch Kg.F. eingesetzt. Auf des Hochmeisters Bitte habe der Kg. die Appellation angenommen und dem Markgrafen Jakob von Baden zu erkennen committirt.6 Danach habe der Kg. die Appellation aufgrund einer abermaligen Bitte des Hochmeisters wieder an sich berufft und ihn (David) aus seiner Kölner Haft zu Recht vorgeladen.7 Zu diesem Zweck habe er in Köln durch einen Eid beschwören müssen, dem Recht vor dem Kg. nachzukommen. Auch Hochmeister und Orden hätten ihre Prokuratoren zu Rechtstagen vor dem Kg. bevollmächtigt, so daß diese sich jetzt angedingt zu recht gestellet hätten. Dem vom König vorbehaltlich des entschaidenlich Urteils angeordneten Sachverhör durch die doctorn von der juristenschul zu Wien8 wäre er (David) gern nachgekommen, doch hätten die Doktoren davon Abstand genommen. In Ansehung alles dessen, aber auch, weil Hochmeister und Orden Kläger seien und der Deutschmeister9 den Kg. mit dem ausdrücklichen Hinweis, nirgends denn in der kgl. Kammer zu Recht stehen zu müssen, schriftlich angerufen habe, die Sache bei sich zu behalten, gab David seiner Erwartung Ausdruck, der Kg. werde selbst über die Sache verhandeln und sie nirgendwohin verweisen. Nachdem beide Parteien nach weiteren Reden und Gegenreden diese Auffassungen zu Recht gesetzt hatten, habe sich Kg.F. mit seinen Fürsten, Edeln und rechtsgelehrten Beisitzern besprochen und entscheide nunmehr: Als Geistlicher sei Dude nicht befugt gewesen, Davids angebliche Fälschung dadurch zu beweisen, daß er sich in Köln zu diesem ins Gefängnis legte. Als Dude dann von dem Deutschordenskomtur Eberhard Thyn von Ordens wegen abgefordert worden sei, sei die Verweisung des Falles durch das Urteil des Kölner Hochgerichts nicht so eindeutig gewesen, wie dies von Hochmeister und Orden für nötig erachtet werde, weswegen Thyn von Ordens wegen an den Kg. appelliert habe. Und schließlich berühre der Streit eines Geistlichen Leib und Leben, worüber zu urteilen aber kein weltlicher Richter Macht habe. Deshalb weist der Kg. die Sache an den Papst als des Hochmeisters und Ordens obersten in solchen sachen und entbindet zugleich David von seinem im Gefängnis gegenüber dem Hochgericht zu Köln geleisteten Eid, vor dem Kg. zu Recht zu stehen.

Originaldatierung:
Des nechsten freitags vor unser lieben Frawen tag purificationis.
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.r. Michahel de Pfullendorf. – KVv: Rta.

Überlieferung/Literatur

Org. im GStAPK Berlin (Sign. XX. HA, Pergamenturkunden, Schieblade 91 n. 45), Perg., ohne S.10 – Kop.: Vidimiert in einer Urkunde des Bf. Kaspar von Pomesanien von 1449 Mai 10 in einem Notariatsinstrument des öff. Notars und Klerikers der Gnesener Diözese, August Wichard, und des öff. Notars und Klerikers der Breslauer Diözese, Michael Eberhard, ebd. (Sign. ebd., Schieblade 90 n. 13),11 Perg. – Drei Abschriften des Vidimus ebd. (Sign. ebd. Schieblade 91 n. 44, 46, 47), Perg. (15. Jh.). Reg.: Joachim/Hubatsch, Regg. Ord. Theut. 2 n. 2753.

Kommentar

Die Überweisung des David-Prozesses an den Papst geschah nach massivem Druck von Seiten des Deutschen Ordens, der nach jahrelangem Klagen seine Unzufriedenheit über die noch immer nicht getroffene Entscheidung äußerte. Der Orden hatte bereits Kontakte zur Kurie aufgenommen und Kg.F. nahegelegt, die Entscheidung an den Papst zu verweisen.12 Siehe nn. 25f., 33, 35, 38f., 41f., 4446, 61, 6466 sowie die Einleitung S. 35–39.

Anmerkungen

  1. 1Nikolaus V.
  2. 2Dudes Gefangenschaft in Köln belegt auch Joachim/Hubatsch, Regg. Ord. Theut. 2 n. 8206.
  3. 3Siehe n. 26.
  4. 4Siehe n. 38.
  5. 5Also 1438–1447, in der Zeit des Basler Konzils.
  6. 6Siehe nn. 25, 33.
  7. 7Siehe ebd.
  8. 8Siehe n. 76.
  9. 9Wohl Jobst von Venningen.
  10. 10Einschnitt für Siegelanbringung vorhanden.
  11. 11Siehe Joachim/Hubatsch, Regg. Ord. Theut. 2 n. 2760.
  12. 12Ordensprokurator Bartholomeus Liebenwald hatte in einem Brief an den Hochmeister vom 3. November 1447 darüber geklagt, schon viele Sachen zu Ende gebracht zu haben, in dieser Sache aber nicht weiterzukommen. Der Kg. sei mit zu vielen Sachen beladen, so daß er sich dieser nicht im vollen Umfang zuwenden könne. Zudem seien vele schriften in latino und damit für den Kg. vele czu swer, um sie mit seinen Räten durchzugehen. David solle vielmehr vor den päpstlichen Stuhl geladen werden. Siehe GStAPK Berlin (Sign. XX. HA, OBA n. 9413). Vor dem kgl. Kammergericht hatte Liebenwald bereits im Februar 1448 erklärt, daß die Davidsche Sache vor den Papst gebracht werden müsse. Siehe ebd. (Sign. XX. HA, Schieblade 91 n. 42).

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 24 n. 82, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1449-01-31_7_0_13_24_0_82_82
(Abgerufen am 25.04.2024).