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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 20

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K.F. beurkundet die auf heut unter dem Vorsitz Bf. Ulrichs von Gurk im Streit zwischen Jaroslaw Barnekow und der Stadt Stralsund ergangene Entscheidung seines Kammergerichts, beide Parteien von gesetzten commissarien zu verhören und Hz. Erich (II.) von Stettin (-Pommern) zum Kommissar einzusetzen, der beide Parteien auf den nächsten Gerichtstag nach sand Michelstag (29. September) laden soll. Bis zu diesem Termin sollen beide Parteien ihre durch das hzl. Siegel beglaubigten Weisungen und kundschafft vor das ksl. Kammergericht bringen. K.F. führt aus, daß Jaroslaw Barnekow Klage darüber geführt habe, daß sein Vater Raven Barnekow von den Stralsundern ohne Recht hingerichtet worden sei. Dagegen habe Arnold vom Loe1 als Anwalt der Stadt Stralsund erklärt, daß das Vorgehen der Stralsunder gegen Barnekow im Einklang mit ihrem Stadtrecht gewesen sei. Dagegen habe Barnekow erwidert, die Stralsunder hätten seinen Vater Raven in der Zeit, als dieser als Rat im Dienst des Hz. Wartislaw (IX. von Pommern-Wolgast und Barth) und in dessen Auftrag in Stralsund gewesen sei, unter Mißachtung des diesem sowohl vom Hz. als auch von der Stadt Stralsund gewährten freien Geleites in einer Kirche2 gemeinsam mit dem Buntmacher Hans (Listkow)3 gefangengenommen.4 Den Vorwurf, er habe die Stadt Stralsund übergeben wollen, habe er bis zu seinem Tod zurückgewiesen. Der Hz. habe den Fall vor sich ziehen wollen, was Jaroslaw Barnekow mit einem in dieser Verhandlung verlesenen santbrief an K.F. zu belegen suchte. Auf Grund der Beschuldigung durch den Buntmacher sei Raven als Verräter ausgerufen und on alles recht und ohne Beweise hingerichtet5 worden. Um diese Behauptungen zu beweisen, habe Jaroslaw Barnekow einen gerichtsbrief mit den anhängenden Siegeln des hzl. Landrichters Klaus Klotte und dessen Beisitzern Henning Nyeland und Marquard Stubbe vom 7. Juni 1453 dabeigehabt, aus dem hervorginge, daß die Stralsunder Ratmannen Johann Vorwerk und Rotger Steinweg6 entgegen des hzl. Verbotes Raven Barnekow zum Tode verurteilt hätten, wofür sie vom hzl. Landgericht schuldig gesprochen worden wären.7 Barnekow habe einen weiteren Brief mit anhängenden Siegeln des Hz. vom 24. Juni 1453 vorgelegt, demzufolge Bürgermeister und Rat von Stralsund vor den Hz. gefordert und von diesem befragt worden wären. Jaroslaw Barnekow habe auf diese verlesenen Gerichtsurkunden und -briefe verwiesen, aus denen die offenbare Unschuld seines Vaters und das an ihm begangene Unrecht des Stralsunder Rates und die von diesem veranlaßte Beschuldigung Raven Barnekows durch den Buntmacher (Hans Listkow) hervorginge. Letzterer habe inzwischen bekannt, daß er durch den Stralsunder Rat zu dieser Falschaussage gezwungen worden sei, was landkundig sei, und wofür er rechtlich belangt8 worden wäre. Barnekow führte aus, daß er mit den vorgelegten Urkunden und Briefen seine Klage bewiesen und die Wahrheit in der strittigen Sache offengelegt habe, und er, sollte es notwendig sein, mer beweisung und kundschafften vorbringen könne. Der Anwalt der Stralsunder verwies angesichts der durch Barnekow vorgebrachten Briefe und Urkunden darauf, daß auch die Stralsunder Gelegenheit für ihre Darstellung haben sollten, und betonte die Rechtmäßigkeit der Hinrichtung Barnekows. Als Urteiler9 waren zugegen Wolfgang von Stein, Sigmund von Roggendorf,10 Vizekanzler Ulrich Weltzli, Meister Siegmund(?), Johann Rüttler, Propst zu Rheinfelden,11 und Pilgrim von Heudorf.12

Originaldatierung:
Am funfften tag des monats martii.13
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i. Ulricus Weltzli vicecanc.

Überlieferung/Literatur

Org. im StadtA Stralsund (Sign. Städt. Urkunden n. 1308), Perg., verblaßt, stockfleckig, gerissen, Schrift teilweise verwischt,14 anh. S an Ps. ab und verloren. - Kop.: Zwei Abschriften ebd. (Sign. HS 153, Diplomatarium civitatis Stralsundensis, fol. 393r-394v bzw. HS 154, Diplomatarium civitatis Stralsundensis, S. 833-838), beide Pap. (18. Jh.). Druck: BOHLEN-BOHLENDORF, Bischoffs-Roggen S. 211-215.

Kommentar

Vgl. n. 77, n. 79-82, n. 89, n. 127-132, n. 150, n. 163-165, n. 184.

Anmerkungen

  1. 1Dieser war als ksl. Prokurator in dieser Sache tätig, wie seine Briefe an Stralsund von 1458 und 1463 ausweisen. Vgl. StadtA Stralsund, Städt. Urkunden n. 1352 und 1494. Im Schreiben ohne Tagesangabe von 1463 berichtete vom Loe, daß Barnekow sich am ksl. Hofe aufhalte und er genug mit ihm zu tun habe. Er verweist auf die am 13. Dezember (1462) erfolgte Ermordung des ksl. Rates Ulrich Riederer, welcher ihm in dieser Streitsache viel geholfen hat, und fordert von Stralsund eine Geldsendung.
  2. 2Dort tagten auf Einladung des Stralsunder Bürgermeisters Otto Voge die Vertreter verschiedener pommerscher Städte. Vgl. BOHLEN-BOHLENDORF, Bischoffs-Roggen S. 178-180.
  3. 3Nach FRITZE, Hansisches Bürgertum und Fürsten S. 162 ein Parteigänger des Hz. Wartislaws IX.
  4. 4Zur Gefangennahme Barnekows s. ebd.
  5. 5Durch das Rad am 15. März 1453, vgl. ebd. S. 163.
  6. 6Stralsunder Gerichtsherren, die das Todesurteil gefällt hatten.
  7. 7Steinweg und Vorwerk waren am 7. Juni 1453, am Ausstellungstag des hier erwähnten hzl. Gerichtsbriefes, in Wolgast durch das Rad hingerichtet worden. Vgl. BOHLEN-BOHLENDORF, Bischoffs-Roggen S. 183.
  8. 8An Listkow war am 5. Juli 1453 das Todesurteil vollstreckt worden, vgl. ebd.
  9. 9Dazu die Zusammenstellungen bei LECHNER, Reichshofgericht S. 148-153.
  10. 10Zur Person vgl. HEINIG, Kaiser Friedrich III. S. 194f.
  11. 11Ebd. S. 106.
  12. 12Ebd. S. 377f. Durch Verwischung der Schrift sind die Namen der Urteiler kaum lesbar. Es wurde auf den Druck zurückgegriffen, wo aber ebenfalls Auslassungs- und Fragezeichen stehen.
  13. 13Datierung nach Druck wegen Verwischung im Org.
  14. 14Für unleserliche Stellen wurde daher der Druck herangezogen.

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 20 n. 90, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1457-03-05_2_0_13_20_0_90_90
(Abgerufen am 24.04.2024).