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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 12

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Kg.F.1 stiftet zum Dank dafür, daß Gott die Himmelskönigin Jungfrau Maria als Mittlerin zwischen seinem strengen Gericht und den Seelen der Sünder gesetzt hat, und in der Hoffnung, der göttlichen Gnade durch ubung guter werch teilhaftig zu werden, zu seinem und seiner Vorfahren Gedächtnis und zu Heil und Trost seiner Erben, der nachfolgenden Herzöge und Fürsten seiner Fürstentümer und Länder und aller gläubigen Seelen im Namen der Lieben Frau Maria ein Kollegiatkapitel weltlicher Chorherren in (Wiener) Neustadt, das man ain halben thum nennt2, dazu einen Propst, einen Dekan und elf Chorherren. Diese sollen täglich die sieben Tagzeiten singen sowie die Tagzeiten von unser lieben Frawen lesen, dye man nennt den curs. Hinzu kommen täglich ein Frühamt von der Heiligen Dreifaltigkeit, mit vier Schülern zu singen, ein gesungenes Fronamt zum jeweiligen (Fest- oder Heiligen-) Tag und zwischen diesen beiden Ämtern ein gesungenes Amt von Unserer Lieben Frau, alle drei vollständig und, wie man zw latein pfligt zenennen, mit Sequenzen, Patrem prefation und Pater noster. Sie sollen außerdem täglich die sieben Bußpsalmen mit der Litanei mit lauter Stimme sprechen und zw yeder quottember die Vigil und ein Seelamt singen und lesen sowie Prozessionen und geistliche Gepflogenheiten nach dem Brevier des Bistums Salzburg3 sowie gemäß ihren Statuten und Ordnungen ausführen, wobei sie nach freiem Willen auch mehr als die hier festgelegten Ämter und Messen halten können. Bis eine andere Kirche dafür gebaut oder bestimmt wird, sollen sie den Gottesdienst in der Burgkapelle in (Wiener) Neustadt durchführen. Die Chorherren einschließlich Propst und Dekan sollen gemeinsam leben, in einem mit Küche und Kammer ausgestatteten Refektorium (refennt) die Speise einnehmen, in einem Schlafhaus ruhen und geistliche Zucht und gute Sitten gemäß den zu beschließenden Statuten und Ordnungen, die sie persönlich beschwören müssen, halten. Diejenigen Herzöge von Österreich, die das Ftm. Steyr regieren, erhalten das Recht, bei Vakanz der Propstei oder des Dekanats dem Eb. von Salzburg und bei Vakanz von Chorherren-Pfründen dem Propst geeignete Personen zur Bestätigung zu präsentieren. Da nach der Schrift des heiligen Evangeliums jeder Diener seinen Lohn wert ist (Luc 10,7) und die Geistlichkeit ohne zeitliche narung nicht auskommt, stiftet Kg.F. für das Kapitel die folgenden Kirchen, Lehen, Güter und Stücke: die Lehenschaft über die Pfarrkirche zu Pürgg (auff der Burg) im Ennstal in der Diöz. Salzburg, die durch geistliche gewaltsam mit allen Renten, Nutzungen und Gülten dem Kollegiatstift inkorporiert werden möge; ebenso die Burgkapelle in (Wiener) Neustadt mit allen Renten, Nutzungen und Gülten; alle Leute und Güter, die zuvor zu Grimmenstein gehört haben, mit Wäldern, Weiden, Fischwaiden, Robot und allem Zubehör; 20 Pfd. Pf. Geld aus dem Gericht zu (Wiener) Neustadt, die der Richter jährlich zu den quottember wachen, und zwar jeweils fünf Pfd. geben soll; eine Mühle an der Fischa, die zuvor dem verstorbenen Heinrich Rindscheit gehörte, mit Fischwaid und Zubehör; eine weitere Mühle, die Swerzer mül genannt, mit anderen Mühlen, Wiesen, Teichen, Häusern, Gärten und allem Zubehör. Kg.F. will Propst, Dekan und Kapitel mit weiteren Nutzungen und Renten, Gütern und Gülten ausstatten, damit der Propst 50 Pfd. Wiener Pf. der Dekan 32 und jeder Chorherr 20 fl. ung. oder Dukaten jährlich neben seiner chostung erhalten möge. Er will das Kapitel vor Unrecht schirmen und, wenn notwendig, darüber Briefe ausstellen. Bei Ausstattung der Stiftung mit weiteren Gütern, Renten, Nutzungen und Gülten, könne von Kg.F. oder seinen Nachkommen die Zahl der Chorherren und Pfründen vermehrt werden. Propst, Dekan und Chorherren sollen dasselbe Bürgerrecht haben wie die Bürger von (Wiener) Neustadt, um inner- und außerhalb der Stadt ungehindert kaufen und verkaufen zu können. Ohne Verpflichtung zur Zahlung von Ungeld können sie aus eigenem Anbau stammenden Wein, aber auch solchen, den sie aufgrund von Bergrechten, Zinsen oder Zehnten erhalten haben, in die Stadt bringen und dort verkaufen oder ausschenken. Wegen dem Bürgerrecht sollen ihnen jedoch keine Verpflichtungen erwachsen, weder zu Nachtwachen, zum Torehüten, zu Arbeiten an den Gräben noch zu anderen Sachen. Da das Kapitel dann besser Gott dienen könne, wenn es weniger mit auswendigen sorgen belastet werde, nimmt es Kg.F. mit allen Dienstleuten, Zinsleuten, Personen sowie allen beweglichen und unbeweglichen Gütern in seinen besonderen Schutz und Schirm und befreit das Kapitel und dessen Güter von Steuern, Anschlägen, auffsetzung, Mauten, Zöllen und allen anderen Belastungen in Städten, Schlössern, Märkten und Dörfern seiner Länder und Fürstentümer. Diener, Leute und Güter des Kapitels sollen keinem Hauptmann, Landschreiber, Pfleger, Landrichter, Richter, Stadtrichter und keiner anderen weltlichen Gewalt unterstehen, ausgenommen ihren stifftherren, Herren und Vögten oder dazu namentlich und rechter wissen Beauftragten. Jeder Propst soll sein (Kg.F.) und seiner Nachfahren als Fürsten von Österreich Rat sein und den entsprechenden Eid leisten. Das Kapitel erhält aus kgl. Machtvollkommenheit das Recht, mit rotem Wachs zu siegeln. Die sieben oben genannten Bußpsalmen sollen mit dem Hymnus Veni creator spiritus beginnen, dann folgt die Litanei, beginnend mit dem Gesang Exaudi nos domine; danach sollen die Bußpsalmen mit zwei gesprochenen Kollekten, einer pro pace, der anderen pro peccatis, wie man das alles ze latein also pfliget zu nennen, beschlossen werden. Kg.F. gebietet allen Fürsten, Gff. etc. und allen seinen Untertanen die Beachtung dieser Stiftung, Begnadung und Freiung, derogiert alle entgegenstehenden Gesetze, Landesgewohnheiten, Stadt- oder anderen Rechte, droht Widersachern mit dem Zorn und der Rache Gottes, seiner (Kg.F.) schweren Ungnade und einer Pön von 100 Mark Gold, die je zur Hälfte an seine Kammer und an das Kapitel zu zahlen sind. (nach Kop. A).

Originaldatierung:
an dem heiligen palmtag
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.r.i.c. presentibus venerabilibus Friderico Ratisponensi, Leonh(ardo) Pataviensi, Joh(anne) Gurczensi, Silvestro Kyemensi et Laurencio Laventinensi episcopis, Casparo Slick, canc., Conrado de Keys [!]4, magistro curie, Johanne de Neitperg, Georio de Puchaim, Johanne de Starhymperg, Alberto de Pottendorff, Sigismundo de Ebersd(orf), Johanne Ungnad, magistro camere, Walthero Zebinger, Georio Fuchss, marsch(alco) curie, et aliis quam pluribus personis fidedignis (nach Kop. A)5 . – Eigenhändiger kgl. Rekognitionsvermerk: Nos Fridericus prelibatus prescripta recognoscimus, profitemur et approbamus6 (nach Kop. A).

Überlieferung/Literatur

Org. im bearbeiteten Bestand nicht überliefert, der Kop. zufolge auf Perg. und mit goldenem (wohl:) S 9. – Kop.: Inseriert in Notariatsinstrument (A; o. O. und o.D., 15. Jh. oder frühes 16. Jh.) des öff. Notars Matthäus Inhofer, Kleriker der Diöz. Würzburg, im HHStA Wien (Sign. AUR, sub dat. 1444 IV 6), Pap., Libell, Notarszeichen. – Abschrift (B; 16. Jh.) ebd., ohne Angabe des kgl. Rekognitionsvermerkes sowie ohne KVr. Druck: PEZ/HUEBER , Codex diplomatico-historico epistolaris Tl. 3 S. 293ff. n. 121 u. 122 (lat. und dt.). Reg.: CHMEL n. 1619/1620; LICHNOWSKY (-BIRK) 6 n. 749/750; ZISLER , Die geistlichen Stiftungen S. 114f. n. 14. Lit.: MAYER, Wiener Neustadt I/2 S. 300; FASCHING, Chorherrenstifte, passim; ZISLER, Die geistlichen Stiftungen S. 21 u. 115ff.; HALBWACHS, Kaiser Friedrich III. S. 38ff.; GERHARTL, Wiener Neustadt S. 114ff.; PEZ/HUEBER, Kaiser Friedrich III. S. 34.

Anmerkungen

  1. 1Der Intitulatio vorangestellt ist die Invocatio Im namen der heiligen und ungetailten drivaltikait. Amen.
  2. 2Vorbild für diese Bezeichnung dürfte der Titel "fürstlicher Dom" für St. Stephan in Wien gewesen sein, vgl. BENNA , Hut oder Krone S. 90 mit der ebd. in Anm. 13 angeführten Lit.
  3. 3Wiener Neustadt lag in der Erzdiözese Salzburg.
  4. 4Verdorben aus Kreyg.
  5. 5Diese ungewöhnliche Form des KVr findet sich auch in der Edition sowohl der lat. als auch der dt. Ausfertigung der Urk. (vgl. Druck). Siehe auch die Einleitung.
  6. 6In Kop. A wurde vermutlich vom Schreiber des Instruments die Eigenhändigkeit des Vermerks (manu propria) hervorgehoben. Nicht auszuschließen ist allerdings, daß dieser Zusatz auf dem Org. von Kg.F. selbst stammte. Vgl. LHOTSKY , AEIOV S. 221.

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Empfohlene Zitierweise

[RI XIII] H. 12 n. 204, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1444-04-05_1_0_13_12_0_204_204
(Abgerufen am 19.04.2024).