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RI XI Sigmund (1410-1437) - RI XI Neubearb., 3

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Kg. S. schenkt (damus et donamus) dem edlen Ulrich von Rosenberg (nobilis Ulrici de Rozmberg) und dessen legitimen Erben angesichts der treuen und unentwegten Dienste, die Ulrich ihm oftmals unter Einsatz von Leib und Gut (corpore et rebus impensis et expensis diversimode) geleistet hat und künftig noch leisten soll, folgende Güter, die von Čeněk von Wartenberg alias von [Hoch] Wessely (Czenkonis de Wartmberg alias de Wesels), dem Häretiker und Verräter des Kg.s (heretici et proditoris nostri),1 an S. als den Kg. von Böhmen rechtmäßig heimgefallen sind: die Burgen Welisch (castrum Weliss)2 und Brada (castrum Brada),3 die Städte Jitschin (opidum Giczin), [Neu-]Bidschow (opidum Bydzow),4 [Hoch] Wessely (Wesels), die Burg Lipnitz [an der Sasau] mit der unter dieser liegenden Stadt (castrum Lipnicz cum opido, quod est sub castro) und die Stadt Deutschbrod (opidum Broda, quod vocatur Theotunicalis)5 mit allen bebauten und unbebauten Feldern, Wäldern, Gebüschen (rubetis), Gehölzen, Wiesen, Weiden, Jagden, Vogelweiden (aucupacionibus), Gewässern, Fischereien, Teichen (stagnis, paludibus), Wasserläufen, Zinsen, Pachtgebühren (affictibus), Einkommen, Gewinnen, Nutzen, Einkünften (fructibus, usibus, usifructibus), Ehren, Herrschaften, Freiheiten, Patronatsrechten (iure patronatus ecclesiarum), Vasallen (vasallis), Lehnsleuten (hominibus feodalibus), Erbpächtern (emphiteotis), Untertanen (ad glebam astrictibus) und allen Nutzen zu Besitz und Nutzen (possidenda, tenenda, utifruenda). Weiter gewährt S. Ulrich das Recht (plenam et liberam facultatem), diese Güter als Ganzes oder im Einzelnen wie dessen Eigentum willkürlich (tamquam de rebus propriis pro sue libito voluntatis) rechtmäßig und ungehindert zu verkaufen, zu schenken, auszutauschen, zu verfügen, zu vermachen und zu veräußern (vendendi, donandi, permutandi, legandi, testandi, alienandi re de eisque disponendi). Deswegen verzichtet S. in seinem Namen und dem seiner Nachfolger als böhmische Kgg. auf alle Rechtsmittel, die ihn und seine Nachfolger in ihren Rechten wie auch immer unterstützen könnten, einschließlich jener, die hier nicht ausdrücklich angeführt werden (renuncciantes pro nobis et heredibus nostris regibus Bohemie omni iuri, accioni, excepcioni doli mali non numerandi, non ponderandi, non vel auri vel argenti aut alii eventus suffragii tam canonicis [!] quam civilis seu eciam conswetudinis et iuris Bohemie tam in iudicio quam extra iudicium et omni alii, que vel quod eorum nobis vel nostris heredibus regibus Bohemie posset aliquod subsidium in contrarium afferre […] eciamsi talia forent, de quibus de verbo ad verbum specialem et expressam opporteret in genere vel fieri mencionem). Des Weiteren hebt er anderslautende Urkk. einschließlich seiner eigenen auf (derogamus) und verspricht, sich für die oben genannten Güter entgegen jeglicher Forderung, Rechtsanspruch und -gewohnheit im Kg.reich Böhmen zu verbürgen (disbrigare ipsa bona ab omni impeticione) und die so garantierten Güter (disbrigata) in die Hände Ulrichs zu übergeben. Dementsprechend will der Kg. den Besitz Ulrichs sichern und auch gegen jegliche Person verteidigen. Schließlich bestimmt S. dass die durch diese Urk. gewährten Rechte auch diejenigen genießen sollen, welche die Urk. nach Ulrichs und dessen Erben Willen innehaben werden (nach Kop.).

Originaldatierung:
XL – XVII – VII
Kanzleivermerke:
KV: Ad mandatum domini regis Franciscus prepositus Strigoniensis (nach Kop.).

Überlieferung/Literatur

Angebliches Orig. im bearbeiteten Bestand nicht überliefert. – Kop. lat.: Insert (Siegelankündigung für Majestätssiegel) im Vidimus der Äbte von Hohenfurt und Goldenkron und einiger Adliger vom 25. Juli 1455, Krumau, in SOA Třeboň, Bestand Cizí rody Třeboň, Inv. Nr. 167, Kart. 68 (B).

Ed.: LOR I, S. 262–264, Nr. 371.

Reg.: III, S. 498, Nr. 244 (lat., nach dem angeblichen "Orig. arch. Trebon."); Schmidt, Fälschung (1894), S. 321, Nr. 15 (dt.); RI XI, Nr. 6632 (mit Tagesdatum [1/2] Mai); Sedláček, Zbytky register, S. 221, Nr. 1624 (tsch.).

Lit.: Tomek, Dějepis, IV, S. 332 (ohne Verdacht); Sedláček, Hrady, V, S. 256 (ohne Verdacht); Schmidt, Fälschung (1895), S. 190–192, Nr. 15; Mareš, Padělané diplomy, S. 377; Šimková, Rožmberská kancelář, S. 54–55; Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 112; Maráz, K problematice padělání, S. 55.

Kommentar

Die Urk. ist lediglich als Insert im genannten Vidimus überliefert. Altmann und Sedláček führen das Tagesdatum an (den 1. bzw. 2. Mai),6 was jedoch in der überlieferten Kop. fehlt. Die Datierung stimmt zwar mit dem Aufenthalt S.s in Gran im Mai 1426 überein, wozu jedoch die Regierungsjahre nicht passen. Der Fälschungscharakter des Stücks erhellt aus zwei anderen Fälschungen Ulrichs im selben Vidimus (siehe Regg. Nr. 248 und 252) und dem von der Kanzleipraxis abweichenden Urk.-formular.

In den Jahren 1418–1420, als Ulrich nicht mehr unter der Vormundschaft Čeněks von Wartenberg stand, heiratete Ulrich Čeněks Nichte Katharina und schloss mit Čeněk eine Gütergemeinschaft.7 Nach der Aussage Albrecht Rúts von Dírná vom 8. Januar 1463 ließ Ulrich nach dem Empfang S.s in Böhmen den Eintrag über die Gütergemeinschaft in den wieder eröffneten Landtafeln suchen.8 Čeněk von Wartenberg starb am 17. September 1425, sein Sohn Heinrich von [Hoch] Wessely (gest. 26. Oktober 1434) trat das Erbe an. Am 5. Mai 1434 machte er sein Testament und vererbte seiner Tante Machna von [Hoch] Wessely alle seine Güter, unter denen jedoch die Burg Lipnitz an der Sasau und die Stadt Deutschbrod fehlten.9 Die Burg Lipnitz muss Ulrich unter uns unbekannten Umständen vor Oktober 1429 erworben haben, weil er sie gemäß dem Schiedsurteil vom 23. Oktober 1429 an den Ritter Johann Smil von Křemže abtrat.10 Johann Smil erwarb die Burg tatsächlich, doch hatte diese schon 1436 Nikolaus Trčka von Leipa im Besitz. Die spätere Aussage Ulrichs von 1452, dass er die Burg Lipnitz und die Stadt Deutschbrod dem Ritter von Leipa für 4.000 Schock böhmischer Groschen veräußert hatte, ist nach Šimůnek nicht zuverlässig.11

Bis zum 3. Mai 1436, als Katharina von Wartenberg starb, durfte Ulrich hoffen, dass er durch seine Gattin das wartenbergische Erbe erwerben würde. Nach Katharinas Tod wurde aber Machna von Wessely die Alleinerbin der wartenbergischen Güter. Damals veranlasste Ulrich wohl die Suche nach dem Eintrag über die Gütergemeinschaft in den Landtafeln. Sein Ansinnen brachte aber nicht das gewünschte Ergebnis. Im Frühling 1437 verlieh S. Machna das Recht, ihre Güter jeglichen weltlichen Personen nach ihrem freien Willen zu vererben.12 Am 6. Januar 1438 trat Machna ihre Erbgüter an Hašek von Waldstein ab und starb am nächsten Tag.13 Hašek veräußerte dann die Mehrzahl der Güter, obgleich nicht alle Übertragungen in den Quellen eindeutig nachvollziehbar sind.14 Um die Mitte der 1440er-Jahre erhob Ulrich Ansprüche auf die Herrschaft Welisch, obgleich seine Absichten im Dunkel liegen. Wahrscheinlich wollte er sie an Georg von Podiebrad abtreten oder mit ihm tauschen. Georg gab ihm aber eine ausweichende Antwort, woraus man vielleicht ableiten darf, dass er Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Ulrichs Ansprüchen hegte. Ulrichs Aufforderungen überraschten auch Hašek von Waldstein. Ulrichs Bestrebungen blieben ohne Erfolg und Georg kaufte Welisch 1452 von Hašek.15 Die Fälschung entstand offensichtlich zwischen 1438 und 1446. Dabei stehen drei Anlässe zur Verfügung, die hypothetisch die Fälschung veranlasst haben könnten: der Tod Machnas von Wessely am 7. Januar 1438, Ulrichs Ansprüche auf Welisch um 1445 oder der vergebliche Versuch, den Eintrag über die Gütergemeinschaft in den Landtafeln zu finden.16

Anmerkungen

  1. 1Dieselbe diskreditierende Bezeichnung kommt auch in der Fälschung zum 25. Mai 1423 vor (siehe Reg. Nr. 239, Anm. 6).
  2. 2Sedláček, Hrady, V, S. 256–257.
  3. 3Ebd., S. 266.
  4. 4Ebd., S. 306.
  5. 5Ders., Hrady, XII, S. 71.
  6. 6Schmidt, Fälschung (1895), S. 190–192; RI XI, Nr. 6632; Sedláček, Zbytky register, S. 221, Nr. 1624; vgl. Mareš, Padělané diplomy, S. 377 und den Kommentar zur Urk. in LOR I, S. 262–264, Nr. 371.
  7. 7LOR I, S. 26–27, Nr. 40; Březan: Výtah, hg. Kubíková, S. 143 ("statkem svým s ním se spolčil"), siehe weiter Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 108.
  8. 8 XIV, S. 119–120, Nr. 1726. Die entsprechenden Seiten fehlten zwar, doch nach der Aussage der damaligen Amtleute war die Gütergemeinschaft in den Landtafeln tatsächlich eingetragen worden.
  9. 9 XV, S. 185, Nr. 83. Dafür erscheint im Testament die Herrschaft Hradišťko, welche im Besitz der Rosenberger war.
  10. 10LOR I, S. 109–112, Nr. 163, hier S. 110: dále že pán Oldřich nadepsaný, kteréžkolvěk právo k Lipnici má a k tomu zboží lipnickému jmá, aby panu Janovi Smilovi to úplně propustil a list na to jemu učinil […]. Vgl. Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 110.
  11. 11Emler, Reliquiae tabularum, II, S. 224–225. Vgl. Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 111.
  12. 12Ed.: SRS I, S. 1022–1023, Nr. 142; Reg.: Čelakovský, De vernaculis, S. 126, Nr. 43.
  13. 13 XV, S. 190–191, Nr. 88; Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 112.
  14. 14 XV, S. 210–211, Nr. 102; vgl. Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 113–114.
  15. 15LOR III, S. 63, Nr. 83 und S. 67, Nr. 90; XV, S. 210–211, Nr. 102; siehe weiter Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 114–115.
  16. 16Überdies verweist Šimůnek, Dědictví po Čeňkovi, S. 112, auf die Übertragung der Burg Lipnitz an Nikolaus Trčka von Leipa. Nikolaus erwarb Lipnitz jedoch noch während S.s Regierung und Ulrich erhob weder damals noch später Ansprüche darauf. Schmidt, Fälschung (1895), S. 192, setzte die Entstehung der Fälschung in die Jahre 1438–1445.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XI Neubearb., 3 n. 240, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/baebb3dc-fe54-4a3c-a8fc-284cfc7edb13
(Abgerufen am 28.03.2024).