Regestendatenbank - 201.916 Regesten im Volltext

RI XI Sigmund (1410-1437) - RI XI Neubearb., 3

Sie sehen den Datensatz 249 von insgesamt 257.

Kg. S. – der anführt, dass der edle Ulrich von Rosenberg (nobilis Ulricus de Rosenberg) ihn benachrichtigt hat, dass jener die Burg Klingenberg zwar entsprechend einem kgl.en Mandat mit seinem Vermögen und Bargeld ausgelöst hat (castrum nostrum Clingberg exsolvit cum suis bonis et paratis pecuniis ex mandato nostro),2 aber Kunat [Kapler von Sulewitz] (Kunat) sich geweigert hat, die genannte Burg an Ulrich abzutreten. Kunat hat seine Haltung damit begründet, dass die Verpfändungsurk.3 nun im Besitz von Johann Předbor (Johannes Przedbor) [von Radešín] ist und er selbst als Beauftragter des verstorbenen Matthias Brus auftritt (dicens, quod Johannes Przedbor habet literam istam obligacionis nostre et quod ipse est commissarius Brussonis pie memorie).4 [Ulrichs] Gesandte [an Kunat], namentlich Nikolaus von Krchleby und andere Angehörige von Ulrichs Rat, die die Burg in Besitz nehmen sollten (isti, quos misit ad eum, sicut Nicolaum de Krchleb et alios de consilio suo, ut intromitterent se de castro),5 mussten mit Johann Předbor vereinbaren, Johann jährlich bis zur Tilgung der in der Verpfändungsurk. erwähnten Pfandsumme von 300 Schock Groschen eine bestimmte Geldsumme zu bezahlen (oportebat eos componere cum Johanne Przedbor, ut annuatim darent sibi certam summa pecuniarum usque ad exsolucinem trecentarum sexagenarum, sicut in litera nostra inpignoratum est). Deswegen hat S. in den kgl.en Registerbüchern (in registris nostris) suchen lassen, wo das Folgende gefunden worden ist: Zdeslav [Tluksa von Buřenice], der Burggraf auf Karlstein (Zdeslaus, purgravius noster in Karlsstein), hat einige Kleinodien verkauft, welche zur Entschädigung der Verteidiger der Burg Karlstein bestimmt waren. Unter diesen Verteidigern war auch Matthias Brus, und die ihm verpfändeten Güter sind damals durch Zdeslav ausgelöst worden (eciam exsolvit ab illo supradicto Mathia ista bona supradicta per nos sibi obligata) – widerruft und annulliert (cassamus, irritamus et nullius vigoris facimus) die Verpfändungsurk. durch welche er Matthias Brus (Mathie Brus) [von Kovářov] angesichts der Dienste, die Matthias ihm, S. bei der Belagerung der Burg Karlstein geleistet hat, die folgenden Güter verpfändet hat: die Dörfer [Pechova] Lhota (Lhota) und Dobrošov (Dobrussow), einen freieigenen Hof in Kovářov mit drei Zinsleuten (curiam allodialem in Kowarzow habitam cum tribus censitis) und die Dörfer Hrejkovice (Hraykowicz), Jedle (Giedl), Vladyčín (Wladyczin) und Dmýštice (Dmyssticz) des Stiftes Mühlhausen (claustri nostri Milocensis […] monasterii de Milewsk)6.

Originaldatierung:
feria secunda post nativitatem sancte Marie virginis, XLIIII – XX – 10
Kanzleivermerke:
KVr: Ad mandatum d(omini) regis Gaspar Sligk. – KVv: Ohne RV.

Überlieferung/Literatur

Angebliches Orig. Perg. lat., durchwegs stockfleckig, mit gefälschtem roten ung. Sekretsiegel (vgl. Posse 14/3) in wachsfarbener Schüssel am Perg.-streifen,7 in SOA Třeboň, Bestand Velkostatek Orlík nad Vltavou, Inv. Nr. 43, Sign. I A α 10/2, Kart. 1 (A). – Kop. lat.: einfache Abschrift aus dem 16. Jh. im sog. Zvíkovský kopiář [Klingenberger Kopialbuch] in SOA Třeboň, Bestand Velkostatek Orlík nad Vltavou, Inv. Nr. 140, fol. 5v (B); einfache Abschrift aus dem 19. Jh. in ANM Praha, Bestand C – Muzejní diplomatář, sub dato (C).

Ed.: XV, S. 296, Nr. 11 (ohne Fälschungsverdacht); LOR I, S. 268–269, Nr. 376.

Reg.: RI XI, Nr. 7776 (die Urk. ist teilweise zitiert); Sedláček, Zbytky register, S. 221–222, Nr. 1625 (tsch.).

Lit.: Tyl, Paměti zvíkovské, S. 54–55 (als echt); Šimková, Rožmberská kancelář, S. 45–46; Maráz, K problematice padělání, S. 56; Šimunek, Správní systém, S. 61–62; Bar, Neznámá falza, S. 77–79.

Kommentar

Die Urk. erweist sich durch die nicht restlos sorgfältig ausgeführte Schrift, das ungewöhnliche und nicht ganz schlüssige Diktat8, das unrichtige böhmische Regierungsjahr und nicht zuletzt das gefälschte Sekretsiegel als Fälschung. Auch inhaltlich ist die Urk. unzutreffend. Die hier angeblich annullierte Verpfändung (Anm. 6) blieb nämlich weiterhin in Kraft und wurde mehrmals an andere Personen abgetreten: 1455 von Machna von Kovářov an Johann Předbor von Radešín,9 1463 an Johann [II.] von Rosenberg10 und 1473 an Bohuslav von Schwanberg.11 In der letzten Urk. vom 28. September 1473, durch welche Heinrich [V.] von Rosenberg das Recht auf Klingenberg und Mühlhausen an Bohuslav von Schwanberg abtrat, wird eine andere beachtenswerte Urk. referiert, die mit der vorliegenden Fälschung in Datierung und Ausstellungsort vollkommen übereinstimmt (1430 September 11, Feldkirchen). Der Urk.-inhalt wird im Verzeichnis von 1473 wie folgt wiedergegeben: Item list předřečeného krále Sigmunda Římského s visutú královskú pečetí na vsi Lhotu, Dobrošov a na dvuor v Kovářově se třmi člověky, a na jiné vsi: Hrajkovice, Jedl, Vládyčín a Dmýštice kláštera Milievského s jich příslušenstvím, svrchu psanému panu Oldřichovi z Rozmberka svědčící, kterýmžto listem JMt potvrzuje smlouvy a trhu, jakož se pan Oldřich z Rozmberka s Janem Předborem smluvil o svrchu psané vsi12 unterscheidet sich jene Urk. von der hier regestierten in der Dispositio: Es handelt sich nämlich um eine kgl.e Bestätigung des Verkaufs der klösterlichen Dörfer zwischen Ulrich von Rosenberg und Johann Předbor. Aufgrund dieser Tatsache behaupten Rynešová und Šimůnek, die im Verzeichnis von 1473 erwähnte Urk. sei ein Deperditum, wobei sie über die Frage hinsichtlich der Echtheit (Rynešová), bzw. Fälschung (Šimůnek) des angeblichen Deperditums nicht übereinstimmen.13 Von einer echten Urk. kann aufgrund der angeführten Argumente jedenfalls keine Rede sein. Es kann sich nur um ein Falsum handeln, wobei noch zu erwägen ist, ob es im Verzeichnis wirklich um eine als Deperditum anzusprechende andere Urk. geht, oder nicht vielleicht eher doch um die erhaltene und hier regestierte Fälschung. Diese These basiert auf zwei Argumenten:

Erstens lässt sich kaum befriedigend erklären, warum der Verfasser des Verzeichnisses von 1473 zwar das angebliche Deperditum erwähnt, demgegenüber aber die erhaltene Fälschung mit genau demselben Tagesdatum und Ausstellungsort übergangen haben sollte, obwohl alle sonstigen an die Schwanberger abgegebenen Urkk. bezüglich der Mühlhausener Dörfer darin aufgelistet sind. Zweitens werden die Verhandlungen und dann das Abkommen zwischen den rosenbergischen Amtsträgern und Johann Předbor in der Narratio der lat. Fälschung ausführlich behandelt; demgegenüber kommt die Annullierung lediglich im letzten Satz vor, sodass der Verfasser des Verzeichnisses von 1473 die eigentliche Rechtshandlung vielleicht marginalisierte. So ist anzunehmen, dass auch das tsch. Reg. von 1473 der hier regestierten Fälschung gilt. Die Entstehungszeit der Fälschung lässt sich nicht eindeutig ermitteln. Höchstwahrscheinlich entstand die Fälschung um den 23. Oktober 1455, als Machna von Kovářov seine Rechtsansprüche auf die betroffenen Dörfer an Johann Předbor abtrat.14 Sie kann auch danach, spätestens aber 1463 ausgefertigt worden sein. Der Oktober 1455 muss nicht unbedingt als Terminus ante quem gelten, wie Rynešová annahm.15

Anmerkungen

  1. 1S. hielt sich nicht im September 1430 in Feldkirch auf, sondern vielmehr vom 20. September bis 30. Oktober 1431 – siehe Hoensch – Kees, Itinerar, S. 117; Engel – C. Tóth, Itineraria, S. 127.
  2. 2Damit sind die gefälschten Briefe vom September 1429 gemeint, siehe Regg. Nr. 241, 242 und 243.
  3. 3Es handelt sich um die Verpfändungsurk. für Matthias Brus von Kovářov auf bestimmte Güter, derer Gültigkeit S. angeblich außer Kraft setzt.
  4. 4Aus dem Satz ergibt sich nicht ganz klar, ob sich die Wendung commissarius Brussonis auf Kunat Kapler oder Johann Předbor bezieht. Matthias Brus starb um den 25. Dezember 1431 auf Klingenberg, siehe Kronika Bartoška z Drahonic, hg. Goll, S. 603.
  5. 5Obgleich der lat. Satz etwas unklar ist, geht aus dem inneren Zusammenhang der Urk. hervor, dass Ulrich von Rosenberg angeblich Nikolaus von Krchleby und andere seiner Leute zu Kunat gesandt hatte.
  6. 6Die Verpfändungsurk. vom 20. Januar 1421, siehe Reg. Nr. 39.
  7. 7Rynešová (LOR I, S. 269, Nr. 376) sah das Siegel als echt an. Ihr widerspricht die ausführliche Darlegung von Maráz, K problematice padělání, S. 71–73, der die Fälschung des Siegels ohne Zweifel nachweist. Vgl. Sedláček, Zbytky register, S. 222, Nr. 1625.
  8. 8Einige Wendungen sind nicht vollkommen klar.
  9. 9 XV, S. 303, Nr. 19.
  10. 10Ebd., S. 310, Nr. 28.
  11. 11Ebd., S. 312–315, Nr. 32.
  12. 12Ebd., S. 312–315, Nr. 32, hier S. 313.
  13. 13Šimunek, Správní systém, S. 62, Anm. 95.
  14. 14 XV, S. 303, Nr. 19.
  15. 15LOR I, S. 268, Nr. 376.

Nachträge

Nachtrag einreichen
Einreichen
Empfohlene Zitierweise

RI XI Neubearb., 3 n. 245, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/ba6fd7d0-9124-4b12-8edb-02371411f07b
(Abgerufen am 18.04.2024).