Regestendatenbank - 201.916 Regesten im Volltext

RI XI Sigmund (1410-1437) - RI XI Neubearb., 3

Sie sehen den Datensatz 1 von insgesamt 257.

Kg. S. teilt Landgraf Johann [III.] von Leuchtenberg mit, dass er, nachdem er in Frankfurt zum römischen Kg. gewählt (recht und redlich erkorn) worden war, diese Wahl angenommen hat, und kündigt an, möglichst bald ins Reich ziehen, sein kgl.es Lager vor Frankfurt halten und sich krönen lassen zu wollen. Er tut dies nicht zu seinem Nutzen, sondern zum Wohl des Reiches und hofft, dass er mit Gottes Hilfe sowohl das Reich als auch die Kirche, die beide in schwerer Unordnung (swerlich czerrissen und verfallen) sind, wiederherstellen kann. Da Johann ein Glied des Heiligen Römischen Reiches ist (wann du zu dem heiligen Romischen reichs gehorest), fordert S. die ihm gebührende Treue und Johanns Beistand bei der Umsetzung der genannten Ziele. Falls jemand, der nicht den gemeinen, sondern seinen eigenen Nutzen sucht, Johann etwas anderes schreiben sollte, soll dieser das nicht beachten (nach Kop.).

Originaldatierung:
an sant Angnete tage, 22 – 1
Kanzleivermerke:
KVr: Ad mandatum domini regis Greogius [!]1 vicecancellarius. – Adresse verso: Dem edeln Johan landgraven zum Leutemberg und graven zu Hals unserm und dez richs liben getruen (nach Kop.).

Überlieferung/Literatur

Orig. im bearbeiteten Bestand nicht überliefert. – Kop. dt.: gleichzeitige, vermutlich in der kgl.en Kanzlei entstandene Abschrift mit den Layout-Merkmalen eines Orig.s, in SOA Třeboň, Bestand Historica Třeboň, Sign. 116 (B).

Reg.: RI XI, Nr. 23 (nach B; die Kop. wird aber fälschlich als Orig. bezeichnet).

Kommentar

Der Brief gehört zu einer Gruppe von Briefen und Mandaten, die S. am 21. Januar 1411 aus Ofen an verschiedene Reichsfürsten und -städte adressierte, und in denen er die Annahme der Wahl zum römischen Kg., die baldige Krönung in Frankfurt sowie die Übernahme der Regierung im Reich ankündigte und Unterstützung forderte.2 Nach der Doppelwahl im Herbst 1410 hatte S. vorerst keine Schritte zur Durchsetzung seiner Regierung im Reich unternommen.3 Erst am 6. oder 8. Januar 1411 plante er, den Gegenkg. Markgraf Jost von Mähren in Ofen zu treffen und mit ihm eine friedliche Lösung des Thronstreites zu suchen. Jost erschien jedoch nicht, da er wahrscheinlich bereits ernsthaft erkrankt war; am 18. Januar starb er dann in Brünn.4 Es ist möglich, dass S. Nachrichten von Josts Krankheit erhalten und daraufhin mit Vorbereitungen der Regierungsübernahme begonnen hatte. Am 21. Januar erfuhr S. schließlich vom Tod Josts und übermittelte diese Nachricht noch am selben Tag durch einen Brief dem Deutschordenshochmeister.5

Auf den ersten Blick scheint es etwas überraschend, dass S. am 21. Januar 1411 die Regierungsübernahme im Reich auch dem Landgrafen Johann III. von Leuchtenberg brieflich mitteilte, da es sich bei diesem um einen kaum mehr als durchschnittlich bedeutenden Hochadeligen handelte. Der Grund, warum sich S. auch an Johann wandte, mag darin zu suchen sein, dass die Landgrafen von Leuchtenberg eine hervorragende Rolle am Hof Karls IV. und bis 1401 auch am Hof Wenzels gespielt hatten.6 S. dürfte geplant haben, an die alten Verbindungen anzuknüpfen und die Familie Leuchtenberg auf seine Seite zu ziehen. Dies ist ihm auch gelungen, und die Landgrafen Johann III. und Leopold von Leuchtenberg zählten in den folgenden Jahren zu seinen wichtigen Verbündeten und Höflingen.7 Die Abschrift des Briefes an Johann III. von Leuchtenberg wurde durch die Schwarzenberg’schen Archivare in den Bestand Historica höchstwahrscheinlich – wie die meisten Stücke dieses Selektes – aus dem alten Archiv der Familie Rosenberg übernommen. Es stellt sich allerdings die Frage, wie die Kopie eines kgl.en Briefes an den Landgrafen von Leuchtenberg ins Archiv der Rosenberg kam. Es lässt sich bspw. vermuten, dass die Kopie direkt durch S. an Heinrich [III.] von Rosenberg gesandt wurde, damit auch dieser reichste und einflussreichste böhmische Landherr über die geplante Regierungsübernahme im Reich informiert wäre.8 Genauso wäre es möglich, dass die Kopie durch den Landgrafen an den Rosenberger übermittelt wurde.9 Solche Überlegungen bleiben allerdings bloße Spekulationen, da direkte Belege über den Weg der Kopie nach Wittingau fehlen.

Anmerkungen

  1. 1Der Name des Vizekanzlers der ungarischen Geheimkanzlei Georg von Käsmark (Késmárki) ist hier verstümmelt. Zu ihm siehe Kondor, Urkundenausstellung, S. 207, 208, Anm. 5.
  2. 2Siehe RI XI, Nr. 1621, bzw. RTA VII, S. 55–56, Nr. 38 (Mandate ähnlichen Inhalts an Frankfurt, Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber, Straßburg, Speyer und Heilbronn), und RI XI, Nr. 22, bzw. RTA VII, S. 57–58, Nr. 39 (ein Brief fast gleichen Wortlauts an einen unbekannten Fürsten, wohl Herzog Heinrich von Braunschweig und Lüneburg; im kritischen Apparat der Edition in RTA wird der Text dieses Briefes mit einem weiteren fast identischen Brief an einen unbekannten Hochadeligen verglichen). Dazu kommt ein Brief ähnlichen Inhalts an Erzbischof Werner von Trier, der abschriftlich überliefert und bereits zum 12. Januar datiert ist (siehe RI XI, Nr. 14, bzw. RTA VII, S. 53–55, Nr. 37), der aber vielleicht auch erst am 21. Januar ausgestellt worden sein könnte (in der erhaltenen Kopie wäre dann ein Schreibfehler bei der Datierung anzunehmen). Am 21. Januar wurden dann auch ein weiterer Brief anderen Inhalts an die Kurfürsten Erzbischof Werner von Trier und Pfalzgrafen Ludwig (siehe RI XI, Nr. 26, bzw. RTA VII, S. 58–59, Nr. 40) sowie zwei weitere Mandate für die Stadt Frankfurt ausgefertigt (siehe RI XI, Nr. 2425, bzw. RTA VII, S. 59, Nr. 41; S. 60, Nr. 42).
  3. 3S. war in diesen Monaten mit einem Kriegszug in Bosnien beschäftigt – siehe Mályusz, Sigismund, S. 139; Hoensch, Sigismund, S. 153–154; Hoensch – Kees, Itinerar, S. 84; Engel – C. Tóth, Itineraria, S. 91–92.
  4. 4Zum geplanten Ofener Treffen und zum Tod Josts siehe ausführlich Štepán, Jošt, S. 690–699.
  5. 5RI XI, Nr. 27.
  6. 6Zu den Beziehungen der Landgrafen von Leuchtenberg zum Hof Karls IV. und Wenzels siehe Wagner, Leuchtenberg, II, S. 51–228; Kavka, Am Hofe, S. 73; Moraw, Räte, S. 288; Bartoš, České dějiny, II/6, S. 8–9 und an anderen Stellen; Hlaváček, Urkundenwesen, S. 464, Nr. 43–44.
  7. 7Siehe vor allem Bibra, Beiträge zur Geschichte, III; Wagner, Leuchtenberg, III, S. 17–101. Zu den Beziehungen beider Landgrafen zum Hof S.s gibt es auch zahlreiche Belege in RI XI.
  8. 8Es war durchaus übliche mittelalterliche Praxis, die Kopie eines Briefes für einen bestimmten Adressaten gleichzeitig auch anderen Adressaten zu senden. Über den öffentlichen Charakter der mittelalterlichen Korrespondenz siehe bspw. Köhn, Dimensionen, besonders S. 319–322.
  9. 9Die Verbreitung der empfangenen Korrespondenz durch Kopien in einem Freundes- oder Verbündetenkreis war im Mittelalter auch sehr häufig, siehe ebd., S. 319–322. Auch wenn Johann III. von Leuchtenberg und Heinrich [III.] von Rosenberg enge Verwandte waren, da Johanns Großvater Johann I. von Leuchtenberg mit Heinrichs Tante Mechtild von Rosenberg verheiratet war, sind keine engeren Kontakte zwischen den beiden quellenmäßig nachweisbar.

Nachträge

Nachtrag einreichen
Einreichen
Empfohlene Zitierweise

RI XI Neubearb., 3 n. 1, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/acd258f2-abc4-495f-8e60-f1575234727f
(Abgerufen am 19.03.2024).