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RI XI Sigmund (1410-1437) - RI XI Neubearb., 3

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Kg. S. teilt dem edlen Ulrich von Rosenberg mit, dass er Heinrich von Drahov (statečnému Gindrzichowy z Drahowa) gestattet hat, die kgl.en Abgaben von den klösterlichen Dörfern Tweras (Sweraz) und Ottau (Zaton) bis zur Tilgung einer Schuldsumme von 400 Schock böhmischer Groschen zu beziehen (aby ty platy, ješto nám od kláštera do komory našie dávají, vybral až na sražení te summy), wie seine diesbezügliche Urk. es ausführlicher darstellt.2 Ulrich hat aber Ansprüche auf die Einnahmen aus diesen Dörfern aufgrund einer Urk. Kg. Wenzels [IV.], seines Bruders, für dessen Vorfahren geltend gemacht (že ty jisté platy zdviháš a sě v ně viezeš některakým listem […] bratra krále Waczlawa […] od svých přědkóv).3 Dessen ungeachtet hat S. dem Brief Ulrichs entnommen (jsme na přěpisu tvého listu znamenali), dass die Rosenberger aufgrund der Urk. Kg. Wenzels nur die von S. nicht infrage gestellte erbliche Schutzvogtei (že tvoji přědci i ty v tom listu zapsáno nemáte nežli opravu dědičnú) über die genannten Dörfer besitzen, was die Einnahmen dieser Dörfer nicht einschließt (než neznamenáme by platy od toho jměl vzieti). Deswegen fordert S. (žádáme a prosíme se všie snažností) Ulrich auf, 200 Schock Groschen von der verschriebenen Summe (z toho zbožie) dem genannten Heinrich auszubezahlen. Den restlichen Betrag wird S. diesem aus anderen kgl.en Einkünften anweisen (a my jemu ostatek toho dluhu jinde ukážem).

Originaldatierung:
tu strzedu na swateho Jana w olegy warzeneho
Kanzleivermerke:
KVr: De mandato domini regis. – KVv: Ohne RV. — Adresse verso: Nobili Vlrico de Rozemberg fideli nostro dilecto.

Überlieferung/Literatur

Angebliches Orig. Pap. tsch. litterae clausae mit Spuren eines verso aufgedrückten roten Verschlusssiegels, in SOA Třeboň, Zweigstelle Český Krumlov, Bestand Velkostatek Český Krumlov, Sign. I 3 K β 28 y (A).

Ed.: XXI, S. 281–282, Nr. 11 (als verdächtig); LOR I, S. 278–279, Nr. 384 (als echt).

Lit.: Šimunek, Správní systém, S. 56; Bar, Neznámá falza, S. 85–88.

Kommentar

Kalousek, der den Brief in XXI edierte, äußerte als erster Bedenken gegen dessen Echtheit. Als verdächtig galt ihm vor allem der bittende Ton der letzten beiden Sätze. Die erwähnte Urk. Wenzels IV. identifizierte er mit jener vom 22. Oktober 1401, obgleich diese die Schutzvogtei über das Kloster Goldenkron und dessen Vermögen betraf,4 was Kalousek selbst bewusst war.5 Rynešová lehnte die Begründung Kalouseks mit der Behauptung ab,6 der bittende Ton sei auch in anderen Briefen S.s zu finden und der Kg. hätte die Bedeutung Ulrichs in seiner antihussitischen Politik schon damals anerkannt. Ulrich soll sich auf eine Urk. Wenzels von 1396 bezogen haben, deren Inhalt jedoch unbekannt ist, weil der ursprüngliche Text radiert und durch einen anderen ersetzt worden sei (mit "neuer" Datierung zum 11. Mai 1380, aber unter Beibehaltung des ursprünglichen KVs).7 Den Umstand, dass dem Verfasser des Briefes scheinbar nicht bewusst war, dass die Dörfer Tweras und Ottau zu zwei verschiedenen Klöstern gehörten, erklärte Rynešová als bloßen Schreibfehler. Einen schlagenden Beweis für die Echtheit des Stücks soll ihrer Ansicht nach der Verweis auf den echten Inhalt der Urk. Wenzels darstellen, welche erst später durch Ulrich verfälscht worden sei. Weiters argumentiert Rynešová, dass die nachlässige Schrift des Stücks zwar Verdacht errege, aber mit dem damaligen häufigen Ortswechsel der kgl.en Kanzlei zu erklären sei. Robert Šimůnek übernahm vollständig die von Rynešová vorgebrachte Begründung.8

Der bittende Ton des Briefes, auf welchen Kalousek mit Recht hingewiesen hat, ist nicht die einzige Auffälligkeit, die ernste Bedenken erregt. Auch der Inhalt des Briefes scheint sehr ungewöhnlich. Der Kg. erkannte demnach die Ansprüche Ulrichs auf die Einkünfte aus den Gütern zwar nicht an, gestattete ihm aber, die Verpfändung um den halben Betrag von Heinrich von Drahov auszulösen. Dass S. Ulrich damals und überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt mit solchem Wohlwollen behandelt hätte, scheint sehr unwahrscheinlich. Die bisherige Forschung berücksichtigte weiters nicht, dass der Inhalt der echten Verpfändungsurk. vom 7. April 1421 im Brief unrichtig wiedergegeben wird. Dem Brief zufolge wurden Heinrich von Drahov lediglich die kgl.en Steuern von den entsprechenden klösterlichen Gütern verschrieben (aby ty platy, ješto nám od kláštera do komory našie dávají, vybral až na sražení te summy). Die zu tilgende Verpfändung bezog sich aber tatsächlich auf alle klösterlichen Einkünfte und Nutzen (utilitatibus et iustis proventibus).9 Weiter unterdrückte der Verfasser (aus unbekannten Gründen) den Namen Bušeks von Drahov, Heinrichs Bruder, der als zweiter Empfänger in der kgl.en Verpfändungsurk. genannt wurde und zumindest bis 1436 lebte.10 Aus formaler Sicht ist weiters der KV de mandato domini regis als ungewöhnlich zu betrachten, obgleich dieser manchmal auch auf echten Urk. erscheint.11

Es ist möglich, dass der Verfasser des Briefes auf eine echte (heute freilich unbekannte) Urk. Wenzels rekurrierte, wie Rynešová behauptet. Daraus kann jedoch nicht die unbedingte Echtheit des Briefes abgeleitet werden. Die Schwäche dieser Argumentation liegt vor allem darin, dass der Inhalt der mutmaßlichen Urk. Wenzels unbekannt ist. Man kann bestenfalls vermuten, dass darin ursprünglich die Schutzvogtei (oprava dědičná oder tuitio et gubernatio) vorkam, wie in der das Kloster Goldenkron betreffenden und von Kalousek zitierten Urk. von 1401 (tutorem […] monasterii Sanctae Coronae […] in suam tuitionem et gubernationem). Die von Ulrich verfälschte Wenzels-Urk. angeblich von 1380 bezeugt dann klar den veränderten Rechtszustand. Kg. Wenzel soll nämlich laut dieser Urk. Johann [I.] von Rosenberg die von diesem den Kirchen in Tweras und Ottau geschenkten Güter unter der Bedingung zu erblichem Besitz überantwort haben, dass er und seine Nachfolger diese Güter niemandem anderen künftig veräußern oder verpfänden sollten.12

Ein Argument dafür, dass es sich um eine Fälschung handelt, liefert auch die willkürlich gewählte Jahresangabe 1422, obgleich sie mit dem Itinerar des Kg.s übereinstimmt. Ulrich löste die Verpfändung anstelle des Kg.s von Henrich von Drahov nämlich erst am 11. November 1431 aus, also neun Jahre nach dem angeblichen kgl.en Brief.13 Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass Ulrich so lange mit der Auszahlung gewartet hätte, wenn die Bedingungen der Auslösung für ihn so günstig gewesen wären. Außer Acht gelassen werden darf auch nicht, dass der Brief keinerlei Jahresangabe beinhaltet.

Die näheren Umstände der Anfertigung des Briefes lassen sich jedoch nicht ermitteln. Man kann nur festhalten, dass neben Ulrich von Rosenberg, den Brüdern von Drahov und wahrscheinlich Materna von Rohnau (siehe Kommentar zum Reg. Nr. 237) auch Johann Smil von Křemže, der eine erbitterte Fehde gegen Ulrich führte,14 Ansprüche auf die betreffenden klösterlichen Herrschaften erhob. In den in den Jahren 1427–1429 zwischen Ulrich und Johann geschlossenen Waffenstillstandsabkommen wird unter anderem erwähnt, dass entschieden wurde, dass Johann Smil vorübergehend 50 Schock böhmischer Groschen von der Herrschaft Tweras beziehen durfte.15 Um 1437 musste er aber endgültig zugunsten Ulrichs auf Tweras verzichten.16

Trotz der oben dargelegten Argumente kann weder einwandfrei nachgewiesen werden, dass der Brief eine Fälschung darstellt, noch dass er echt ist. Es kann lediglich der Verdacht einer Fälschung begründet werden. Im Gegensatz zu anderen dieselben klösterlichen Güter betreffenden echten und falschen Stücken wurde der verdächtige Brief nicht zusammen mit diesen am 21. August 1454 vidimiert.17

Anmerkungen

  1. 1Das Jahre 1422 stimmt am besten sowohl mit dem Tagesdatum (der 6. Mai fiel 1422 auf einen Mittwoch) als auch mit dem Itinerar S.s überein.
  2. 2Die Urk. vom 7. April 1421, siehe Reg. Nr. 43.
  3. 3Es soll sich hier um eine echte Urk. Kg. Wenzels [IV.] handeln, die später durch Ulrich verfälscht wurde, siehe Kommentar zur Ed.: LOR I, S. 251–252, Nr. 361.
  4. 4Ed.: UB Goldenkron, S. 330–331, Nr. 137.
  5. 5 XXI, S. 281–282, Nr. 11.
  6. 6LOR I, S. 278–279, Nr. 384.
  7. 7Ed.: LOR I, S. 251–252, Nr. 361. Die Entstehung dieser Fälschung ist nach Meinung der Forschung entweder in den 1420er- oder 1430er-Jahren (Šimunek, Správní systém, S. 56) oder nach dem Jahr 1431 (eher am Beginn der 1450er-Jahre) anzusetzen. So Schmidt, Fälschung (1894), S. 336; dessen Mutmaßung stellt jedoch Rynešová infrage (LOR I, S. 252, Nr. 361); vgl. Mareš, Padělané diplomy, S. 373–374; Hlaváček, Urkundenwesen, S. 135, Anm. 12; Maráz, K problematice padělání, S. 54, 64–65.
  8. 8Šimunek, Správní systém, S. 55–56.
  9. 9Reg. Nr. 43.
  10. 10Siehe Sedláček, Hrady, IV, S. 338.
  11. 11Siehe Forstreiter, Reichskanzlei, Exkurs, S. 8, wo dieser KV mit dem Namen eines Relators vorkommt.
  12. 12Ed.: LOR I, S. 251–252, Nr. 361.
  13. 13Reg.: LOR I, S. 134, Nr. 194. Die Quittung von 1431 ist nur als altes Reg. überliefert.
  14. 14Vgl. Schmidt, Benediktinerpropstei, S. 46–47; Šimunek, Správní systém, S. 55–56.
  15. 15LOR I, S. 96, Nr. 140; S. 111, Nr. 163. Siehe Šimunek, Jan Smil z Křemže, S. 11, Anm. 116.
  16. 16LOR I, S. 218–219, Nr. 326, hier S. 219: […] chtěli zapsati Sverazské sbožie, a jáť sem toho proti TMti učiniti nechtěl, poněvadž sem na to prvé zápisu nejměl.
  17. 17LOR IV, S. 374, Nr. 523.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XI Neubearb., 3 n. 238, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a95d6e0a-8f2b-4bb4-8997-a28c3c53d4fe
(Abgerufen am 19.03.2024).