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RI XI Sigmund (1410-1437) - RI XI Neubearb., 3

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K. S. – der anführt, dass Jesus Christus, der den Frieden und die Ruhe liebt (milovník miera a pokoje), sich nach vielen Unruhen, die im Kg.reich Böhmen (v království našem czeskem) und in dessen Nachbarländern ausgebrochen sind, seinem Volk gnadenreich wieder zugeneigt und dahin gewirkt hat, dass alle den christlichen Glauben berührenden Angelegenheiten erledigt und vor allem die strittigen Fragen um die Vier [hussitischen] Artikel zwischen dem Konzil von Basel (svatým sborem Basyleyskym) und dessen Legaten einerseits und den wohlgeborenen, adeligen, weisen und hochwürdigen Gesandten (s urozenými, statečnými, múdrými a poctivými posly) des Kg.reichs Böhmen andererseits durch den kgl.en Fleiß und dank Gottes Gnade zu einem guten Ende gebracht worden sind (v dobrý slavný konec uvedeny). Aus dieser Einheit sind Frieden und Ruhe entstanden, wie die Schriftstücke beider Parteien (spisové s obú stranú) vollkommen bezeugen.1 Als die Rede auf die kgl.e Herrschaft S.s als des wahren und natürlichen Erbherrschers (jakožto dědice pravého a pána přirozeného) gekommen ist, haben die Landherren, die Stadt Prag, Ritter, Edelknechte und andere Städte (páni, Praha, rytieři, panoše a města) Bedingungen gestellt, um besser Frieden und Gerechtigkeit im Land Böhmen herstellen zu können (pro lepšie upokojenie a řádu uvedenie země české). S. freut sich vor allem über die Einigkeit des Kg.reichs, weil er von seiner Geburt an (od počátka našeho narozenie) natürliche Zuneigung (majíce také před očima tu příchylnost přirozenú) zu dieser Krone und den Böhmen empfunden hat – gibt, um jegliche Zwietracht (žádný ústrk ani nesvornost) im Land künftig zu vermeiden, sein ksl.es Wort (dáváme a jim ciesařským našiem slovem slibujem), die folgenden Punkte einzuhalten:

1. S. verpflichtet sich in seinem und seiner Nachfolger Namen, die schriftlichen Vereinbarungen [der Kompaktaten] (spisech a umluvách) zwischen dem Basler Konzil und dem Kg.reich Böhmen einzuhalten und vor allem die offenbaren Todsünden (smrtedlní zjevní hřiechové) im Kg.reich keineswegs zu dulden.

[2.] S. wird nicht zulassen, dass die Böhmen, Mährer (Czechi neb Morawany) oder andere aus der Böhmischen Krone (kteříž sú sě v Corunie czeske jich přidrželi aneb přidržie) wegen der Kommunion unter beiderlei Gestalt oder anderer Dinge von jemandem bedrückt (utisknúti) werden, vielmehr wird er ihnen dabei mit Rat und Hilfe beistehen.

[3.] S. wird die von ihnen gewählten Mitglieder des kgl.en Rates akzeptieren und einen eigenen Kandidaten nur mit deren Zustimmung ernennen.

[4.] S. wird die utraquistischen Kapläne nach der Herrschaftsübernahme an seinem kgl.en Hof empfangen (uzříme na našem dvoře).

[5.] Zur Wiederherstellung der während des Krieges zerstörten Burgen, Festen, Klöster, Kirchen oder anderen Güter in Böhmen, Mähren oder anderswo wird S. keine Person, welchen Standes auch immer, oder Gemeinde zwingen (tisknúti) oder heranziehen, es sei denn, dass jemand dies freiwillig tun will (lečby kto z dobré a svobodné vuole co chtěl učiniti).

[6.] Mönche und Nonnen dürfen nur in Städte zurückkehren, wenn ihre Rückkehr vom Erzbischof [von Prag] und der Gemeinde oder der zuständigen Obrigkeit einstimmig bewilligt (s jednostajnú vólí) wird.

[7.] Wenn S. nach Prag (do Prahy) kommt, will er mit dem Erzbischof und dem Rat der Geistlichen sowie der Gemeinde alle Angelegenheiten besprechen, welche ehrenvoll und nutzbringend für die Universität und die tschechische Nation wirken können (ježto muože škole prazske užitečné a jazyku czeskemu poctivé býti), gleich ob es sich um Wahlstimmen oder andere Sachen handelt. S. wird sich auch um die Rückerstattung der Güter (zbožie) der Universität und der Spitäler bemühen.

[8.] Die Krone Böhmens, Urkk. Privilegien und Land- sowie Hoflehentafeln (dsky zemské i dvorské), die Heiligtümer und die Kleinodien (svátost i jiné klenoty), welche S. weggeführt hat, sollen zurückgegeben und an einem sicheren Ort in Böhmen gemäß dem dazu erteilten Rat (s radú vydanú) für S. und seine Nachfolger als böhmische Kgg. aufbewahrt werden.

[9.] S. will den Böhmen ihre Freiheiten, Institutionen (řády), Rechte, Privilegien und Urkk. gnädig bestätigen und sie dabei erhalten (potvrditi a v nich zachovati).

[10.] Bezüglich der Predigt für Tschechen in den Kirchen und für Deutsche außerhalb der Kirchen will S. entsprechende Anordnungen mit dem Erzbischof und den Gemeinden treffen, damit sie die Ehre der Nation (ku poctivému toho jazyka) und das Lob Gottes fördern.

[11.] Die Inhaber von Verschreibungen S.s sollen ihre Urkk. und Siegel zur festgelegten Zeit vor einem noch einzusetzenden Rat (před tú radú, kteráž volena bude) vorlegen. Die Entscheidungen dieses Rates werden rechtskräftig und verbindlich sein (což tú radú poznáno bude, ježto sě podobně a spravedlivě státi a moc jmieti jmá, aby sě tak stalo), deshalb sollen die Verschreibungen derjenigen, die ihre Urkk. nicht vorlegen, verfallen (a ktožby toho neučinil, aby sě tiem sám odsúdil a také, aby ten zápis žádné moci neměl).

[12.] Kein Landfremder (cizozemec) darf in Böhmen ein Amt (na úřadě) bekleiden; in den umliegenden, zur Böhmischen Krone gehörenden Ländern soll es in dieser Hinsicht so gehalten werden, wie S.s Vater [Karl IV.] und andere Kgg. von Böhmen es in ihren Ukk.en und Privilegien festgesetzt haben.

[13.] S. wird keine Verträge, welche rechtmäßig über Erbgüter (dědická zbožie), Mitgiftverschreibungen (věnné zástavy) oder Vormundschaften (poručenstvie) zwischen Verwandten oder anderen Personen, egal ob Herren, Edelleute (zemané) oder gemeines Volk, abgeschlossen worden sind, außer Kraft setzen, sofern es nicht ältere Verpflichtungen gibt, die gemäß dem Recht nicht verändert werden durften (lečby prvé jinak zavázáno bylo, ježtoby to řádně změněno býti nemohlo).2

[14.] Kammerzinse usw. (komornie platy etc.) sollen bis zu einem geeigneten Zeitpunkt, zu dem bessere Einsicht in dieselben genommen werden kann, unverändert beibehalten werden.

[15.] In Böhmen und Mähren sollen Gütergemeinschaften mit Waisen ausschließlich unter nächsten Verwandten desselben Wappens geschlossen werden (spolkóv s sirotky […] dále dávati nechcem, než aby najbližší přátelé po erbu těmi sirotky vládli). Wenn der Verwandte die Waisen ungerecht behandelt bzw. deren Güter mangelhaft verwaltet, soll er gegen einen anderen nahen Verwandten desselben Wappens (najbližší přietel téhož erbu) ausgetauscht werden, sofern nicht jemand die Vormundschaft aufgrund [eines Eintrags in den] Landtafeln oder einer Verschreibungsurk. ausübt.

[16.] S. wird verhindern, dass Waisen ohne den guten Willen ihrer Verwandten oder Vormünder vermählt werden.

[17.] S. will jegliche Unordnung bei den Landtafeln und Gerichten beseitigen.

[18.] Zum gemeinen Wohl und Nutzen des Landes (pro zemské dobré a obecnie) wird S. wieder gute Groschen (dobrý groš) in Böhmen prägen lassen, wie es unter Kg. Wenzel II. (za krále Waclawa druhého) geschehen ist; er will in Kuttenberg (Horu) nach entsprechendem Rat Maßnahmen setzen, die diese Münze wieder fördern.

[19.] S. verspricht, den Herren, Rittermäßigen (rytieřští lidé) und Städten auch diejenigen Rechte, Institutionen (řádiech) und Freiheiten zu bestätigen, welche hier nicht erwähnt sind.

[20.] Alles, was aus Feindseligkeit gegen S. geschehen ist (co sě jest stalo v těchto záštiech o tu při proti nám), soll unterlassen und künftig nie wieder erwähnt werden.

[21.] S. will entsprechend einem noch einzuholenden Rat noch zwei weitere Forderungen erfüllen: Weder wird er einen Landfremden (cizozemci) als Statthalter während seiner Abwesenheit in Böhmen ernennen, noch die kgl.en Burgen samt der zugehörigen Güter nach seinem Tod der kgl.en Kammer entziehen (aby s těmi zámky, kteréž mají a s tiem zbožím v jich ruce slíbili, aby komoře královské nebylo odtrženo).

[22.] S. fordert, dass das Heimfallsrecht nach herkömmlichen Rechten und Gewohnheiten (řádiech) in seiner Kompetenz verbleibt; diejenigen Güter, die ihm heimfallen, wird er weiterhin mit den entsprechenden Rechten und Freiheiten verleihen (což takových odúmrtí na nás padne, kteréž od sebe dáme, že ty v těch svobodách a práviech dáti chcme, jakož sú byly a na nás spadly).

[23.] Über die Rückführung der Reichskleinodien (svátost řískú) wird S. nach Untersuchung der einschlägigen Urkk. entscheiden.

[24.] S. wird die kgl.en Städte von der Zahlung der kgl.en Zinse (summy královské) befreien, die sie bislang einbehalten haben.

[25.] S. wird alle jüdischen Urkk. und Verschreibungen (listóv a zápisóv […] židovských), die Wucher (lichvy) enthalten, solcherart außer Kraft setzen, dass den Juden lediglich das Kapital ohne Zinsen (než jistina ta již bez dalších lichev, aby jim na těch listech splněna byla) zu den jeweiligen Terminen zurückzubezahlen ist (nach Kop.).

Originaldatierung:
w ten patek przed swatu Marzy Magdalenu, 50 – 26 – 16 – 4

Überlieferung/Literatur

Orig. im bearbeiteten Bestand nicht überliefert. – Kop. tsch.: einfache Abschrift (Siegelankündigung für Majestätssiegel) aus dem 15. Jh. in APH, Bestand Knihovna Metropolitní kapituly u sv. Víta v Praze, Sign. O XXII, fol. 140r–143v (alt: fol. 141r–144v) (B); Abschrift aus dem letzten Viertel des 15. Jh.s ohne Protokoll mit lat. Überschrift (Imperatoris data secularibus) und mit lat. Tagesdatum (feria vi ante festum Marie Magdalene) in ÖNB Wien, Cod. 4488, fol. 358v–359v (C); einfache Abschrift aus dem 16. Jh. in SOA Třeboň, Bestand Historica Třeboň, Sign. 333 I, fol. 10v–13v (D); einfache Abschrift aus dem 17. Jh. in SOA Třeboň, Bestand Historica Třeboň, Sign. 333 II, fol. 7r–9v (E); einfache Abschrift aus dem 18. Jh. in KNM Praha, Sign. III A 42, fol. 148v–151v (F); Abschrift in den sog. Alten Böhmischen Annalen in zwei Hdss. aus dem 16. Jh. in KNM Praha, Sign. V E 43, fol. 78v–81r, bzw. aus dem 19. Jh. in NK ČR Praha, Sign. XVII A 22, fol. 44r–46v (H).

Ed.: Bienenberg, Geschichte Königinn-Hof, Anhang, S. 13–19, Nr. 11 (nach dem verschollenen Orig.); III, S. 446–449, Nr. 21; SLČ ., hg. Šimek u. Kaňák, S. 120–124.

Reg.: Palacky, Urkundliche Beiträge, II, S. 464, Nr. 970 (dt.); CIM I, S. 219–220, Nr. 135 (tsch.); RI XI, Nr. 11370; CIM III, S. 117–118, Nr. 74 (tsch.).

Lit.: Palacký, Geschichte von Böhmen, III/3, S. 223–225; Palacký, Dějiny národu českého, III/2, S. 347–348; Tomek, Dějepis, IV, S. 711–712; Bartoš, České dějiny, II/8, S. 197; Hoensch, Sigismund, S. 444–445; Kejr, Anfänge, S. 266; Čornej, Lipanská křižovatka, S. 215; Kavka, Poslední Lucemburk, S. 202–203; Hoffmann, Jednání o kompaktáta, S. 135–137; Čornej, Velké dějiny, V, S. 638; Válka, Kompaktáta a kapitulace, S. 33–37; Šmahel, Basilejská kompaktáta, S. 74–75, 112–113, 123–124.

Anmerkungen

  1. 1Darunter sind die Urkk. der sog. Basler Kompaktaten zu verstehen, die am 5. und 6. Juli öffentlich beglaubigt wurden.
  2. 2Gemeint sind offensichtlich Rechtsgeschäfte, die vor dem Ausbruch der Hussitischen Revolution abgeschlossen worden waren, und die durch spätere Rechtshandlungen nicht verändert werden konnten.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI XI Neubearb., 3 n. 190, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a81a5483-ee8b-401f-9b1d-a8a09e967c42
(Abgerufen am 20.04.2024).