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RI XI Sigmund (1410-1437) - RI XI Neubearb., 3

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K.3 S. – der anführt, dass der edle Ulrich von Rosenberg (nobilis Ulricus de Rosenberg fidelis noster specialis dilectus) dessen Burggrafen auf Krumau (Crumlow), Matthias [Višně] von Wettern (Mathiam de Wietrzna)4, zu ihm gesandt hat, damit er Unterweisung und Anordnung erhält, wie gewisse dringliche kgl.e Angelegenheiten erledigt werden sollen (propter aliquas arduas causas nostras, volens habere a -nobis informacionem et mandatum, quomodo cum istis factis debet facere), woraufhin S. demselben Matthias ausreichende Anweisung gegeben hat. Unter anderem hat der Burggraf ihm, S. im Namen Ulrichs auch eine Bitte vorgebracht, das mit einer schweren und lebensbedrohlichen Krankheit (graviter infirmatur, quod timendum est pro ea) von Ulrichs Mutter Elisabeth [von Krawarn] (domina Elyzabeth) zusammenhängt. Ein Bote mit ihrer Nachricht ist nämlich zu Ulrich gekommen, als Matthias eben auf dem Heimweg war (nunccius venit ab ea ad eum in recessu supradicti Mathie). Ihm, S. ist in diesem Zusammenhang mitgeteilt worden, dass Elisabeth bei der Heirat mit Ulrichs Vater [Heinrich III. von Rosenberg] keine Mitgift (nullum dotalicium) eingebracht hat, weswegen [Heinrich] selbst ihr aus seinem gutem Willen (benivole) 1.000 Schock Groschen auf Burg Wildstein (Wylsstein) als Ersatz verschrieben (proscripsit) hat. Nach dem Tod Heinrichs5 hat Čeněk [von Wartenberg] (Czenko) unseligen Andenkens, der damals das Haupt der Häretiker und Verräter des Kg.s gewesen ist (male memorie, caput hereticorum et proditor noster),6 die Güter Elisabeths in Besitz genommen (intromisit se […] de bonis suis) und mit dieser eine Vereinbarung abgeschlossen, derzufolge sie alle zur Burg Wildstein gehörenden Güter auf Lebensdauer genießen darf, und Čeněk ihre Mitgift (dotalicium suum) nach ihrem Tod keinem anderen, sondern ausschließlich ihrem Sohn Ulrich übergeben soll. Darüber ist auch eine Urk. ausgefertigt worden, die von einigen Baronen und den in deren Burgen ansässigen Amtleuten (qui tempore illo fuerunt officiales in castris eius) besiegelt worden ist, und die Čeněk in Empfang genommen hat (litteram Czenko recepit ad manus suas). Diese Urk. hat Ulrich erfolglos suchen lassen.7 – überträgt (damus) aus kgl.-böhmischer Macht (auctoritate nostra regia tamquam rex Boemie) und aufgrund der von Matthias vorgebrachten Bitte Ulrich die alleinigen Rechtsansprüche auf die genannten Güter, weil die Gefahr besteht, dass Elisabeth stirbt (quod ipsa transibit viam universe carnis) und jemand anderer einen Anspruch auf die an ihn, S. heimgefallenen Güter erheben könnte. Ulrich soll diese ungehindert innehaben und besitzen. Schließlich verbietet S. jedem unter Androhung seiner schweren Ungnade, diesem kgl.en Beschluss zuwiderzuhandeln.

Originaldatierung:
in die Urbani, 51 – 27 – 17 – 22
Kanzleivermerke:
KVr: Ad mandatum d(omini) regis Caspar Sligk miles cancellarius. – KVv: Ohne RV.

Überlieferung/Literatur

Angebliches Orig. Perg. lat. mit gefälschtem roten ung. Sekretsiegel8 (vgl. Posse 14/3) in wachsfarbener Schüssel am Perg.-streifen,9 in SOA Třeboň, Bestand Cizí statky Třeboň, Inv. Nr. 770, Sign. Vildštejn II 427 Nr. 1, Kart. 94 (A).

Ed.: LOR I, S. 261–262, Nr. 370.

Reg.: Sedláček, Zbytky register, S. 221, Nr. 1623 (tsch.).

Lit.: Sedláček, Hrady, IX, S. 214, Anm. 6 und S. 216; Mareš, Padělané diplomy, S. 381 (mit falschem Tagesdatum 25. Januar); Šimková, Rožmberská kancelář, S. 54; Maráz, K problematice padělání, S. 55; Kubíková, Oldřich II., S. 99; Šimunek, Správní systém, S. 53.

Kommentar

Die inneren und äußeren Merkmale erweisen das Stück eindeutig als Fälschung: die kaiserliche Intitulatio, die inkongruente Datierung, der für das angegebene Jahr unmögliche Kanzlertitel (cancellarius) für Schlick im KV,10 das gefälschte Siegel und das von der Kanzleipraxis abweichende Urkundenformular. Auch die Angaben über Čeněk von Wartenberg sind unrichtig, weil er damals auf S.s. Seite stand und erst am 17. September 1425 starb.11

Der Entstehungszeitpunkt der Fälschung kann allerdings nur annähernd bestimmt werden. Rynešová, die nur die äußeren Merkmale der Ausfertigung untersuchte, kam mit teils unrichtigen (sie hielt das Siegel für echt) und teils zutreffenden (der Kanzlertitel und die kaiserliche Intitulatio) Feststellungen zu dem falschen Schluss, das Falsum sei als Palimpsest einer echten Urk. aus den letzten Regierungsjahren S.s anzusehen. Mareš, der vom Inhalt der Urk. ausging, setzte die Entstehung der Fälschung nach dem Tod Elisabeths von Krawar an (am 25. Juni 1444).

Burg Wildstein erwarben die Rosenberger schon um das Jahr 1360. Seitdem verschrieben sie wiederholt die Mitgift ihrer Gattinnen auf diese Burg. Demzufolge darf man die Angabe der Urk., dass Elisabeth von Krawar nach dem Tod Heinrichs von Rosenberg 1412 ihre Mitgift auf Wildstein erhalten hat, als zutreffend betrachten.12 Die folgende Behauptung, dass Čeněk von Wartenberg mit ihr einen schriftlichen Vertrag geschlossen hat, scheint dagegen eher unwahrscheinlich.13 1421 wurde die Burg von den Hussiten besetzt und zahlreiche hussitische Hauptleute wechselten sich im Besitz der Burg ab.14 Nach der Schlacht bei Lipany 1434 soll Ulrich von Rosenberg mehrere vergebliche Versuche unternommen haben, Burg Wildstein wieder zu erwerben. Zumindest schloss er einen Vertrag mit Svojše von Zahrádka, dem taboritischen Hauptmann auf Wildstein, demzufolge die Burg für 400 Schock Groschen ausgelöst werden sollte.15 Die Burg wurde tatsächlich von Zbyněk von Gottschau mit Zustimmung Ulrichs ausgelöst. Deshalb hatte Zbyněk die Burg als Pfand Ulrichs inne.16 Nach dem Tod Zbyněks 1443 entbrannte um die Burg zwischen dessen Erben und Svojše von Zahrádka ein Streit, in den Ulrich sich überraschenderweise nicht einmischte.17 Während dieser Auseinandersetzungen, am 25. Juli 1444, starb Ulrichs Mutter, weshalb dieses Datum als Terminus post quem für die Entstehung der Fälschung gelten kann. Ab 1446 ist Friedrich von Dohna als Besitzer der Burg Wildstein belegt, obgleich nicht bekannt ist, von wem er die Burg erhielt.18

Den Terminus ante quem der Fälschung könnte entweder der 14. November 1454 bilden, als Kg. Ladislaus Ulrichs Sohn Heinrich [IV.] von Rosenberg die Burg verlieh,19 oder aber der 18. Februar 1457, als der Kg. auf Bitte Ulrichs und Johanns [II.] von Rosenberg auf das Heimfallsrecht zu Wildstein verzichtete.20 Eine Datierung in die Zeitspanne 1444–1454 nimmt Šimůnek an. Die Argumentation von Šimková, die die Datierung auf die Jahre 1444–1446 einschränkt, überzeugt nicht.

Anmerkungen

  1. 1Nicht identifizierbarer Ausstellungsort; vielleicht hat der Falsator an den ung. Markt (die heute slwk. Stadt) Lučenec (ung. Losonc, dt. Lizenz) oder an den ebenfalls slwk. Ort Lošonec (ung. Losonc oder Kislosonc, dt. Loschonz) gedacht. S. hielt sich allerdings am angeblichen Ausstellungstag in Kaschau auf, vgl. Hoensch – Kees, Itinerar, S. 107; Engel – C. Tóth, Itineraria, S. 114.
  2. 2Die Regierungsjahre stimmen mit dem Jahr der angeblichen Ausstellung nicht überein.
  3. 3In der Intitulatio erscheint tatsächlich imperator, was aber nicht zum Jahr 1423 passt.
  4. 4Matthias ist für die folgenden Jahre als Burggraf auf Krumau belegt: 1414–1418, 1420, 1425–1426/1427, 1430 und 1438–1440. Im Jahr der angeblichen Ausstellung der Urk. war jedoch Buzek von Ruben Burggraf auf Krumau (1422–1425). Matthias dagegen fungierte damals als Burggraf auf Weleschin (1423–1425), siehe LOR I, S. 261, Anm. 1; Šimunek, Správní systém, S. 514, 542; ders., Rožmberská klientela, IV, S. 134–135.
  5. 5Am 28. Juli 1412.
  6. 6Dieselbe diskreditierende Darstellung von Čeněk begegnet auch in der Fälschung von 1426 (siehe Reg. Nr. 240).
  7. 7Die angebliche Urk. ist wahrscheinlich eine freie Erfindung Ulrichs.
  8. 8In der Corroboratio wird explizit das Majestätssiegel angekündigt (sub nostre magestatis sigillo), was offensichtlich falsch ist.
  9. 9Mareš, Padělané diplomy, S. 381, Sedláček, Zbytky register, S. 221, Nr. 1623, und Rynešová (LOR I, S. 262, Nr. 370) sahen das Siegel als echt an. Dagegen steht aber die ausführliche Darlegung von Maráz, K problematice padělání, S. 71–73, der die Fälschung des Siegels ohne Zweifel beweist. Überdies erscheint in der Corroboratio fälschlicherweise die Siegelankündigung für das Majestätssiegel (sub nostre magestatis sigillo testimonio literarum mediante).
  10. 10Kaspar Schlick ist als Kanzler urkundlich erst seit dem Juni 1433 belegt, siehe Forstreiter, Reichskanzlei, S. 86–95; ElbelZajic, Die zwei Körper, I, S. 92–99.
  11. 11LOR I, S. 261, Anm. 5.
  12. 12Šimunek, Správní systém, S. 46–47.
  13. 13LOR I, S. 261, Anm. 6.
  14. 14Sedláček, Hrady, IX, S. 214.
  15. 15LOR I, S. 193, Nr. 284.
  16. 16LOR II, S. 54–56, Nr. 74–75.
  17. 17Sedláček, Hrady, IX, S. 214–215.
  18. 18Ebd., S. 215.
  19. 19 III, S. 559, Nr. 662.
  20. 20LOR IV, S. 395, Nr. 573; vgl. Sedláček, Hrady, IX, S. 216.

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Empfohlene Zitierweise

RI XI Neubearb., 3 n. 239, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/a351ba05-df3d-4c4e-90e5-a27d970ede2e
(Abgerufen am 20.04.2024).